Kaschauer Zeitung, Oktober-Dezember 1880 (Jahrgang 42, nr. 114-150)

1880-10-02 / nr. 114

* XLI. Jahrgang 1880. Nr. 114. — en mn nm mm mm mon mm an mm one ton Ir - = nn L ye yzy ye TTSTNNOTNENAZEI Prännumeration3-Bedingnisse auf die „Kaschauer Zeitung“ allein (ohne Wochenbeilage) : mit Postversendung 6 fl. 60 kr. ö. W.| Pränumeration, Inserate und Einschal­ 3 fl. 30 ganzjährig für Kaschau : 5 fl. — fr. Halbjährig., N 2 fl. 50 kr. i­ 1 Vierteljährig , h 1.7.20 tr: „ „ Jungen im „Offenen Sprechsaal“ werden daselbst übernommen ; ferner nehmen auch alle Bestan­­stalten und Buchhandlungen Branımeration an. Halbjäh Pränumerations-Bedingnisse auf die „Kaschauer Zeitung“ und das „Illustr. Unterhaltungsblatt“ : Ganzjährig für Kaschau: 7 fl. — kr. rig „ „ Vierteljährig „ “/ mit Postversendung 8 fl. 60 kr. 6. W 3.59.) , b 4fl. 30 kr. „ 1 fl. 75 fl. De 18 2f.15k. , Bei Inseraten, welche größeren Raum einnehmen und öfter eingeschaltet werden wird ein entsprechender Nachlaß gewährt. a Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag. Megjelen minden kedden, cas6törtökön és szom­­baton. Unfrankirte Briefe an die Redaktion werden nicht angenommen. Annonhm­e Briefe werden nicht berücsichtigt. afchauer Beitung.­­ Zandschaftsblatt für Kaschau und Eperiss. Inseraten-Am­aßine Lokalblatt für Volks-, Saus- u. Landwirthschaft, Industrie u. geselliges Leben. (KASSA-EPERJESI ERTHESITOÖ). m Lfl60 ÉT, Bei Inseraten wird die sechsmal gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 5 tr.­ Manuscripte werden in keinem Falle zurückgestellt. berechnet. — Inseratenstempel 30 kr. für jede Anzeige. tr. [2 Redactions- und Speditions-Bureau Kaschau, Hauptgasse Nr. 60. Preis einer einzelnen Nummer 6 Kr. in den Annoncen-Expeditionen: von Saafenstein & Bogier in Dest und Wien; ferner bei A. Oppelik, Rudolf-Mosse und Gebr. Korabeß in Wien, sowie die G. L. Daube & Komp. in Frankfurt a. M. und deren Ge­neral-Agenturen, j so 1 ; ; 2 Zur Tagesgeschichte. Die Operationen gegen Dulcigno vertagt ! 63 bestätigt sich, daß die Flotten-Action vor­­läufig vertagt ist. Die Wendung der Dinge, wie sie in den jüngsten Tagen eingetreten, die Erklärungen Riza Vaschas und das Zaudern Montenegros, haben die bisherigen Grund­­lagen der Action erschüttert und neue Verhandlungen der Mächte unter­einander und mit den Flotten-Commandanten in Ragusa nöthig gemacht. Wohl ist es nicht vollständig richtig, daß Riza Pascha die Ueberschreitung der Grenze seitens der Montenegriner als einen casus belli bezeichnet habe. Riza Pascha hat in seiner Unterredung mit Lord Walter Kerr nur gesagt, daß er diesen Schritt Monte­­negros als „uns acte d’hostilit6“ ansehen müßte, doch gilt es nicht als zweifelhaft, daß Riza Pascha gegebenen Falles offen den M­ontenegrinern entgegentreten würde. Diese fegieren waren ursprünglich geneigt, auch mit den Türken den Kampf aufzunehmen, zaudern jedoch gegenwärtig und behaupten (vielleicht steht eine Einflüsterung Rußlands da­­hinter ?), daß sie, ehe sie ein so opfervolles und gewagtes Unternehmen, wie es ein Kampf mit der Türkei ist, be­­ginnen, sich versichern müssen, wie weit die Unterstüßung, die sie zu gewärtigen haben, reicht. Sie verlangen ferner Garantien von den Mächten, daß der Ausgang des Unter­­nehmens, wie immer er sich gestalte, weder den Besitz noch die Rechtsansprüche des Fürstenthums gefährden werde. Um diese Punkte drehen sich die gegenwärtigen Verhand­­lungen und vor der Beendigung der letzteren ist an die Aufnahme der Action kaum zu denken. Nach einer Meldung der „N. fr. Presse“ traf am 29. September der montenegrinische Minister Radonich mit dem Kanonenboot „Helikon“ in Cattaro ein und hat in Begleitung des österreichisch-ungarischen Generalconsuls Demmel und des englischen Vertreters in Cetine, Green, welche ihn in Cattaro erwarteten, sogleich die Reise nach Cetinje fortgelegt. Nachdem Radonich dem Fürsten Nikita „Über die Ragusaer Reise Bericht erstattet, wurde eine Conferenz abgehalten, an welcher sämnttliche in Cetinje weilenden fremdländischen Minister-Residenten theilnahmen. Gewiß ist, daß von Seite Montenegros vorläufig und so lange jede Action unterbleibt, bis die Berliner Vertrags­­m­ächte „neue Beschlüsse gefaßt haben. Die Montenegriner stellen sich überhaupt auf den Standpunkt, daß die Groß- Mächte für die Besitzergreifung bietserweiterung sorgen müssen. der ihnen zuerkannten Ge- Man besorgt übrigens in Cetinje als nächste Folge der Declaration der Pforte an Montenegro die Abberufung der französischen und deutschen Schiffe von der Demonstrations-Flotte. Man hält eine ge­­meinsame Action aller Vertragsmächte für unwahrscheinlich und hofft nur auf Die active Unterstüßung Rußlands und Englands. Aus Bu­dga wurde am 29. September telegraphisch gemeldet, daß Dulcigno in hellen Flammen sehe. Die „Pall Mall Gazette“ schreibt: Die Crisis im Orient, welche jer den Ministerrath beschäftigt, bildet, was England betrifft, ein sehr kritisc­hes Moment. Die Schwierigkeit beschränkt sich nicht auf Dulcigno,­ sondern betrifft die ganze Orientfrage. Ein friedlicher Ausweg ist kaum zu hoffen. Dem Sultan wurde die Maske abge­­rissen und der sogenannte albanesische Patriotismus zeigt sich als ein Scheinvorwand zum Widerstande gegen den Willen Europas. Angesichts der Lage im Orient und in Irland sollen einflußreiche Liberale Englands die Wiedereinberufung des Parlaments im Monat November befürworten. . Der in Zürich erscheinende „Socialdemocrat“ bringt in seiner lezten Nummer eine Correspondenz aus Rußland, nach welcher die im Bahndamme bei Jekaterinoslam " entdeckten zwei Minen nicht Pulver, sondern Dynamit ent­­hielten. Die Gntderung hatte zahlreiche Verhaftungen in Livadia und wurde namentlich in Moskau zur Folge. In letzterer Stadt im Viertel der Studenten aufgeräumt. In Folge von Mittheilungen, die auch in die Oeffent­­lichkeit gelangt sind, ist seitens England ein Befehl er­­gangen, daß der Zutritt zu der Werfte, wo die für den Kaiser von Rußland bestimmte Yacht „Livadia“ erbaut wird, allen nicht befugten Personen untersagt wird. Weiter verlautet, die dortigen Polizeibehörden wurden von der Petersburger­ und der Genfer Polizei benachrichtigt, daß drei Nihilisten mit zwei Höllenmaschinen, in der Form von Uhren, nach Glasgow unterwegs wären. Diese Individuen sollen schon von London abgereist sein. Die Polizei von­ Glasgow forschte in allen Hotel Garni nach, namentlich in den von Ausländern besuchten, jedoch­­ kam bis jezt seine Verhaftung vor. Man untersucht auch sorgfältig alle Theile der Yacht nach einer etwa dort ver­­steckten Maschine. Die „Pall Mall Gazette“ meldet ferner: Der bereits verladene Kohlenvorrath der Yacht „Livadia“ wurde aus­­geschifft. Die Taucher untersuchen den Kiel der Yacht. Die Londoner Nihilisten sollen die Gristenz einer Ber­schwörung zugestanden und ihre englischen Be­­kannten benachrichtigt haben, daß es gefährlich sei, am Bord der „Livadia“ zu fahren. „Garibaldi und Menotti Garibaldi de­missionirten als Deputirte und erklärten, sie wollen nicht an der Gefeßgebung in einem Lande theil­­nehmen, wo die Freiheit mit Füßen getreten und das Ge­­säß nur angewendet wird, um die Freiheit und anderer Feinde der italieni­­chen Freiheit der Jesuiten zu schüßen. Die Veranlassung hiezu soll die dem Schwiegersohne Gar­ribaldi­­, dem General Canz­io, zugestellte Gerichts-In­­timation sein, die über ihn verhängte Freiheitsstrafe anzu­­treten. Das griechische Kriegsministerium wurde ange­­wiesen, für achtzigtausend Mann die Equipirung bereit zu halten. Ein neuerlicher Artikel des „Romanus“ über die Donaufrage behauptet, das österreichisch - ungarische „Avant-Projet“ ziele auf die Beschränkung der Freiheit der­ Schifffahrt zu Gunsten Oesterreich-Ungarns ab. Der " romanul" ist überzeugt, diese Beschränkung müßte zum Ruin der ökonomischen Interessen Oesterreich-Ungarns, in Bulgarien, namentlich in Rumänien führen. Das erwähnte Blatt gedenkt nächstens durch Ziffern und mittelst stati­­stischer Daten nachzuweisen, daß durch die Annahme des Avant-Projet Oesterreich-Ungarn und Rumänien die s<wersten über die öeonomischen Interessen erfolgt. Einvernehmen erzielt werde. Hat­ungen über die Modalitäten der für den Bau der serbischen Eisenbahnen zu ertheilenden Concession beendigt. Die Anträge der Special-Commission auf Ge­­währung einer Brutto-Garantie und­­ Einführung eines Verluste erleiden würden. Wir wünschen, sagt „Romanus“, leuchten, daß ein derartiger Unterricht, von geschi>ter Hand I­z­­en­en geführt, in erwünschtester Harmonie die­­ Entwickklung des Harmonie keine gedeihliche sein, wenn nicht die Einigung Demnach sei es nothwendig, die gegenseitigen Interessen zu analysiren und enaue Rechenschaft hierüber zu geben, damit ei­nes wird, so kann fühn behauptet werden, daß kein Unterrichts5= EN DEL­ IL SET sál­eg DEUT ENIE Der serbische Ministerrath hat kürzlich die­ses auf der einen Seite nur die religiösen Momente, auf der andern Seite aber das sogenannte humanistische Studium der altclassischen Sprachen der Griechen und Römer als zu Wahrer, menschenwürdiger Bildung führend erachtet, wobei beide genannten Parteien oft eng verbrüdert Front gegen die mächtig empor wuchernden Naturwissenschaften machten und ihnen Das Recht, die Bildung unsrer Jugend mit zu beeinflussen, pure absagten; „denn“, so bedach­te man, „wie kann eine Wissenschaft, die nur auf irdischen Erwerb und Wohlstand abzielt, die durch ihre Nußan­­wendung in den banalsten Erwerbsverhältnissen nicht viel mehr als ein höheres Handwerk ist, jenen Geistesspiifen­­schaften gleichstehen 2" Unzweifelhaft befinden sich aber diese Gegner der Naturwissenschaften in dem Wahne, daß eine Wissenscaft bereits durch die Möglichkeit ihrer Nußan­­wendung im Rangs unter die übrigen Wissenschaften herab­­gedrückt würde; in demselben Wahne hat man auch den Naturwissenschaften überhaupt den Makel schnöder Gewinn­sucht, Verführung zu grobem Materialismus u. |. w. an­heften wollen. Weniger schroffe Gegner räumen wenigstens so viel ein, daß die Naturwissenschaften, eine reiche Quelle praktischer Kenntnisse, in unsrer Zeit, die practische Menschen verlangt, in der Schule nicht entbehrt werden könnten ; aber befähigt zu allseitig gründlicher Ausbildung des Bei­­standes, Gemüths und Characters mag man sie auch auf dieser Seite nicht anerkennen. Daß die Naturwissenschaften in eminenter Weise den Verstand zu bilden vermögen, möchte wohl alsbald ein­­gesehen werden, wenn man bedenkt, daß der naturwissen­­schaftliche Unterricht in nichts Anderem besteht, als in einer stetigen Anleitung zum scharfen Beobachten und deut­­lichen Unterscheiden der Dinge der Außenwelt, in der un­­ausgeseßten Nöthigung zum Vergleichen verschiedener Gegen­­stände und Erscheinungen und der Aufsuchung der überall Pro j­ag.­­ a­ wirkenden Ursachen und Gejege. 63 muß NE ein beiderseits die herzlichsten Beziehungen, allein nach dem Sprichworte „klare Rechnungen, gute Freunde“ könnte die wurde die beantragte Einführung eines specifischen Tarifs Eisenbahn mit einem Jahresgehalt von 25.000 Francs = a... Denken3 fördern muß. Wenn aber dieser Entwicklungsgang, der von der sinnlichen Beobachtung zur Erkenntniß des wirkenden Naturgesetes führt, als der richtige erkannt fach bessere Gelegenheit zu einer derartigen Gymnastik des Geistes geben kann, als die Naturwissenschaften. — Ein ander Ding scheint es zu sein mit dem Werthe der N­atur­­wissenschaften für die Bildung des Gemüths, für die Richtung des Willens auf alles Gute und Edle. Man ruft in dieser Beziehung laut und oft genug den Lehrern der Naturwissenschaften zu: „Ihr tödtet mit euern Hämmern, Messern und Säuren die Feinheit des Gefühls; ihr stumpft Maximal- und Minimaltarifs wurden angenommen, dagegen durch das Hinmorden von Pflanzen und Thieren die Zart­­abgelehnt.. Der Director der Buschtiehrader Eisenbahn, Herr Polyvka, wurde zum Ober-Director der serbischen Zeit des Gemüths ab und macht die Schüler zu viel­­wissenden Barbaren“. Troßdem ist ein richtig geleitetes Studium der Naturwissenschaften nicht allein ein sicheres Präservativ gegen allerhand Aberglauben, sondern auch | ernannt. ; pa { EM 1­5 x ist. . ; | | eine Hauptstüße wahrer Moral und guter Sitte. Sind dem Knaben, dem Jüngling nur einmal die Augen auf­­gegangen über die Wunder, welche in seiner Art der win­­zige Wassertropfen, wie der unermeßliche Ocean, ebenso der einzelne Krystall, wie die ganze feste Erdkruste, die einzelne Pflanze, wie der unergründliche Urwald in sich Man wird diese bergen, hat er die Unendlichkeit des Als und die strenge Gesetmäßigkeit der tausendfach verketteten Erscheinungen des Großen und Kleinen ahnen gelernt, sollte dann wirk­­lich nu< die Phantasie todt bleiben oder gar ertödtet werden, oder sollte ihr dadurch eine Richtung auf gemeine materielle Ziele gegeben werden? Wenn endlich die Natur­­wissenschaften unaufhörlich auf die Verwirklichung jenes Gotteswortes: „Machet euch die­­ Frde unterthan“, hin­­arbeiten, indem sie zum Heile des Menschen die Natur­­kräfte und Naturschäße immer in dessen Dienst zu stellen suchen, so verliert der Vorwurf, als ob die Naturwissen­­schaften den Kampf ums Dasein schürten, immer mehr an reeller Wahrheit; vielmehr muß dieser Kampf durch die Herbeischaffung immer zahlreicherer Gristenzmittel immer mildere Formen annehmen. Cz Darf dem naturwissenschaftlichen Unterrichte : „ 14 Ps 2 Eu DEDS 2 DUdM­INALA“ Zugewanden Werden: „Bildung macht frei“ ist eines der allbekannten ge­­flügelten Worte unseres Jahrhunderts. Worte, mit welchen die rühmlichst bekannte Buchhändler­­firma Meyer ihre Groschenbibliothek, die erste wohlfeile Volksausgabe classischer Werke, unter das Publikum brachte, unbedingt beipflichten müssen, wenn man dabei die wahre Bildung des Menschen im Auge hat. Freilich nennt sich heutzutage der mit Vorliebe gebildet, welcher mit Hilfe allerlei angelernter Redensarten, eingeübter Büdlinge das Wohlgefallen vieler seiner Mitmenschen spielend erlangt, obgleich er in Allem, was den Menschen wahrhaft zieret, unendlich arm ist. Freilich besteht die Bildung auch nicht bloß in der Schulung und Schärfung des Verstandes; denn dann müßten die Gauner und Hochstapler der Groß­­städte, welche oft einen erstaunlichen Scharfsinn in der Ueberlistung ihrer Opfer und der Irreführung der Nemesis ent­wickeln, zu den Gebildetsten der Nation gehören. Auch jene schwärmerischen Seelen können wir nicht auf dem Wege wahrer Bildung erbliden, welche den Blic von der Außenwelt abwenden und nur in einem gemüthstiefen Innenleben, in einem Glauben ohne Wissen, das Heil der Seele suchen. Und endlich muß auch die Erziehung als eine verfehlte angesehen werden, welche den Willen in seiner ganzen rohen Natürlichkeit emporschießen läßt, weil angeblich nur ein starker selbstständiger Wille in der Welt zur Geltung kommen könne. Vielmehr muß der Mensch in seiner Totalität nach Verstand, Gemüth und Character der größtmöglichen Vollkommenheit zugeführt werden. Daß dies auch doch den naturwissenschaftlichen Unterricht ge­­­­schehen kann, ist viel bestritten worden. Man hat vielmehr . | | ; Kaschau, Samstag 2. Oktober. N­eusstes. Budapest, 30. September. Die Stadt Dulcigno wurde auf Befehl der albanesischen Liga niedergebrannt , das ist die neueste Nachricht, die uns der electrische Draht vermittelt. Die Stadt, welche zum Zankapfel in Europa zu werden drohte, liegt in Schutt und Asche. Noch bevor die verheerenden Flammen das elende Nest ergriffen hatten, um welches Europa seine Flotten mobilisirte, hat die montenegrinische Frage eine neue Wendung genommen, welche die Gefahr kriegerischer Conflicte im Oriente, die so acut schien, bedeutend abzuschwächen geeignet

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