Kaschauer Zeitung, April-Juni 1883 (Jahrgang 45, nr. 37-73)

1883-04-03 / nr. 37

METERT TT zs ine Nr. 37. 2 x EEE e RETTET TE Brämumerationspreis ohne „Zluftr. Unterhaltungsblatt“ it Postverseundung: „ fl. 6.60, ve , „ XLV. Jahrgang. 1883. ür Kaschau: ganzjährig fl. u halbjähr. f er vierteljähr. 4 a und­­ 6. . 3.3 . 1.65 Bei Inseraten wird die sechsmal gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 5 kr. berechnet. — Inseratenstempel 30 kr. für jede Anzeige. Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag amstag. Redactions- und Expeditions - Bureau Kaschau, Hauptgasse Nr. 60. Kaschau, Dienstag, 3. April. Mit dem „Illustr. Unterhaltungsblatt“. Für Kaschau, ganzjährig fl. 7.— , halbjähr. fl. 3.50, vierteljähr. fl. 1.75 Mit Postversendung: „ fl. 8.60, fl. 4.30, a. K 2.15 Bei Inseraten, welche größeren Raum einnehmen und öfter eingeschaltet werden, wird ein entsprechender Nachlaß gewährt.1 .73 ii „ KASSA­ E: PERIES: ERTESIEO. Kascchauer Zeitung. Georg von Mailath. Die erschütternde Kunde vom Morde des ersten un­garischen Würdenträgers, des obersten Richters, fand im ganzen Lande entgegensvollen Widerhall! Noch ist nicht Festgestellt, ob ein Racheakt oder Raubmord vorliegt; die Bestialität, mit welcher das Opfer umgebracht wurde (die Obduction weist 32 Verlegungen auf!) läßt aug auf ersteren schließen, während die Entwendung der Uhr u­nd der Geldtasche (in welcher stets mehrere Exemplare von jeder Banknotengattung sich befanden) den Raub­­word wahrscheinlich macht. Die Bestürzung über die fürchterliche Unb­at machte bereit einer Erbitterung gegen die Mörder Plat, als welche man den Leibhußar Berecz des Ermordeten, dann einen wazirenden Herrschaftsbedienten Spanga im Verdachte hat. Ersterer ist verhaftet, gesteht aber nichts, uoch sind seine Aussagen widersprechend und sehr gravirend. Die „allgemeinste Version über die Ermordung ist folgende : Der Mörder stlich mit Hilfe des Leibhußaren in das Palais, drang in das Zimmer Mailaths, tö­tete ihn, als er eben beim Entkleiden war und zu Bette gehen wollte (das Bett war unberührt), nahm Uhr und Geld­ Tasche, versuchte die Werthheimkasse zu sprengen, ließ sich dann an einem Striche vom Balcon auf die Basteimauer und von dort abermals mittelst eines Strikes auf die Ofner Albrechtöstraße nieder. Beide Strike und einige Blutspuren wurden auf der Straße gefunden. In seinem Schlafzimmer fand man Mailath auf dem Boden liegen, Im Munde einen Knebel, Hände und Füße gefesselt, den Kopf angeschwollen von Hieben, die Zähne eingeschlagen, «auch einzelne blutige Stellen, welche vom Ringen mit dem auch mit einem Messer bewaffnet gewesenen Angreifer hers­tühren. Dieses Messer, nach anderen zwei Messer, fand man nebst einem zerplagten blutigen feinen Handschuh auf der Straße. Das Paar zu letzterem wurde im Quartiere des Spanga, aus welchem dieser entwichen, gefunden; dieser ist als ein kühner Kletterer bekannt und scheint der Strid auch nicht bewußt worden zu sein, da die Knoten mod­lose gefunden wurden, was der Annahme des fingirten Entweichens mittelst des Striches Berechtigung leiht. Einige Journale berühren Familien­ und Schichten, welche auf den Mord bezogen werden. Erbschaftsge­­— e3 wäre in diesem Falle der Mörder nur das Werkzeug der Rache gewesen und hätte nur nebenbei den Raub verübt. Die Einsegnung der Leiche Georg v. Majlath’3 er­­folgte am 31. v. M. Nachmittags 4 Uhr in der Wohnung Des Verstorbenen durch den Fürst - Primas von Ungarn Cardinal Johann Simor.­­Es waren hiebei anwesend : die Witwe, die Söhne und die Schwiegertochter Mailoth's, Erzherzog Joseph, der Vertreter des Königs General-Adjutant Baron Mendel, die Minister, die Mitglieder beider Häuser des Parlaments, der Landes- Kommandirende Baron Edelöheim-Gyulai, die Staatssec­­retäre, der Vice-Präses Bela Perczel und die Mitglieder des Obersten Gerichtshofes, sowie der königlichen Gerichts- Tafel und der Akademie der verschiedenen Kunst­ der Wissenschaften, die Mitglieder und Literatur-Gesellscaften und der Universität, Herren und Damen der höchsten Aristok­­ratie, sowie ein zahlreiches distinguirtes Publicum in Trauer. Der Leichenzug war so imposant, wie ihn Budapest seit lange nicht gesehen. Erzh. Josef ging zu Fuß vorne »:3 auf den Bahnperron. — Nach dem Einfangen am Bahnhofe wurde die Leiche nochmals eingesegnet und um H Uhr der Sarg in den Waggon gehoben Die Leiche ging mit dem Personenzuge um halb 10 Uhr nach Locz-Breßto­­vány und von dort zur Bessezung nach Za­var im Preß­­burger Comitat ab. Die Bestattung erfolgte am 2. April, bei welcher die Curie durch 3 Mitglieder vertreten war. In der Bevölkerung beginnt die ruhigere Stimmung plaßzugr­eifen, do< werden fortwährend Gerüchte über neue Komplizen kolportirt. Ungarn hat in Georg v. Mailath einen der wenigen Cdlen verloren, der den Muth und Charakter hatte, das Fahrwasser der allgemeinen Strömung, wo er dieselbe in unheilvolle Bahnen gerathen sah, zu meiden und starr, wie als oberster Richter an den Prinzipien des Rechtes, als erster Cavalier an jenen der Ehre, als hervorragender Staatsmann an den Grundlagen politischer Klugheit auch als einer der besten Patrioten an seinen erhabenen Ideen für das Heil des Vaterlandes festhielt. Einer unverantwortlichen postalischen Fahrlässigkeit wegen blieben wir bis zum Erhalt der Freitag-Frühblätter ohne offizielle Kenntniß des entsetzlichen Ereignisses und konnten e­­ben nur in Kürze nach) eingetroffenen Telegram­­men berühren, denen die Authentizität mangelte und welche auch die Details unrichtig angaben. Der „Kaschauer Zei­­tung“ wurde telegrafisch ein Expreßbrief avisirt, welcher mit dem Freitagsfrüh-Gilzug an und gelangen sollte, jedoch erst Freitag Aben­d5 7*­, Uhr in unsere Hände gelangte. Anm. der Red. KReueste Nachrichten. Ungarn. Budapest. Die Ernennung Gabriel Baross' zum Staatssekretär des Kommunikations-Mini­­steriums wird nächster Tage im Amtsblatte publizirt werden. Die Septemviraltafel entschied in Angelegenheit des von Dr. Roycewicz gegen das über ihn wegen Speicerung eines Geldbriefes verhängte Urtheil einer siebenjährigen Kerkerstrafe erhobenen Recurses (Dr. Roycewicz war be­­kanntlich vor zwei Wochen aus dem Agramer Gefängnisse entflohen, wurde aber schon am nächsten Tage wieder festgenommen­, daß das Strafausmaß von sieben auf drei Jahre herabzusehen sei. Oesterreich. Wien. Die „Wiener Zeitung“ vom 29. v. M veröffentlicht das Geleg über die Abänderung und Ergänzung der Gewerbe-Ordnung, sodann eine Ver­­ordnung des Handelsministers betreffs der gewerbsmäßigen un zu Zwecken der Erzeugung der Leitung der Elek­­rizität. Unter Borsig Sr. Majestät fand am 29. v. M. Mit­­tags ein Ministerrath statt, an welchem die Minister Taaffe, Pino, Falkenhayn, Prazak, Ziemialkowski und Dunajewski t­eilnahmen. Der Konflikt des Hauses Rothschild mit dem Ver­­waltungsrath der Kreditanstalt wird als beendigt angesehen. Die Modalitäten der Verständigung werden in der Gene­­ralversammlung bekanntgegeben werden. Die eingeleiteten strafgerichtlichen Erhebungen wegen des Manifest­ 3 der orthodoxen jüdischen Rabbinen Galiziens, welches über die Führer der jüdischen Fortschrittspartei den Bannfluch verhängte, werden auch nach dem Tode des Rabbi Schreiber gegen die zahlreich mitunter fertigten Rab­­binen fortgefegt. Die vielfach verbreitete Behauptung, daß der Staatsanwalt in diesem Falle nicht spontan, sondern in Folge Weisung aus Wien vorgegangen sei, wird als völ­­lig unbegründet bezeichnet. Aus dem Occupations - Rayon. Folgendes verlautet authentisch über den neulichen Aufenthalt eines russischen Generals in der Herzegovina. Graf Grigor Miloradovits­, russischer Generalmajor à la suite, ein Enkel jenes russischen Heerführers, der in den Türken­­kriegen 1806—12 eine Rolle spielte, kam in Begleitung zweier Frauen und eines Kindes von Ragusa nach Met­­rovics und begab sich von hier nach dem angeblich von seinen Vorfahren begründeten Kloster Zsitomis<lic, wo er sich einen Tag lang aufhielt. Von hier reiste er über Gattaro direkt nach Getinje. Der Injurgentenführer Stefan Rovaczepich ist mit seiner Bande aus Montenegro in der Gegend von Gacko eingebrochen und erbeutete 29 Rindftüce. Rußland. Petersburg. Der gewesene Gou­­verneur von Kasan, Staatsratd Skarjatin, wurde endlich auf Beschluß des Petersburger Senats dem Straf­­gerichte eingeliefert, welches Skarjatin nicht weniger als 37 verschiedener Verbrechen beschuldigt. Zugleich meldet man über eine gleich sensationelle Verhaftung, über des Tulaer Adels-Marschalls Staatsrat des Fürsten O­b die er bewötit, welcher an den Schwindeleien der Kronstädter Bank betheiligt gewesen sein soll. Deutschland. Berlin Das Befinden des Kai­­sers ist gut.­­ In gut unterrichteten Kreisen circulich das Gerücht der Reichstag3 Auflösung. Andere woll­­ten wissen, daß die Auflösungsgedanken nur in der Umge­­bung Puttkamer­s gehegt werden, während Fürst Bismarc alle Versuche, ihn für die Auflösung zu gewinnen, bisher energisch zurückwies. Der Kaiser soll neuerdings im Gespräche mit hochges­­tellten Officieren erklärt haben, keine Reichstags-Auflösung zu wollen, fen würde, selbst wenn das Militär-Pensionsgeiet verwor. Dieses Geset sei für ihn nur annehmbar, wenn es ohne den Vorschlag von Seite der Liberalen, die Offi­­ciere auch zu den Gemeindesteuern heranzuziehen, votirt werde. Großbritannien. London. Am 29. v. M. wur­­den zum erstenmale Schildwachen an den Eingängen zum königlichen Gerichtshofe und den Regierungs-Bureaux in Somersethouse postert. Im Unterhause kündigte Mac Coan für die zweite Lesung der parlamentarischen Eide3-Bill einen Antrag an, wonach jede Bill, welche die Zulassung von Atheisten er­­leichtert, als unzweimäßig, verfassungswidrig und gefähr­­lich erklärt werden soll. Dem Polizei-Chef ist ein Schreiben der Fenischen Ge­­sellsshaft zugegangen, welches die Androhung enthält, daß die Fenier, falls man die des Mordes im Phönix-Parke­in­­gefragten nicht sofort freilasse, Vergeltung üben und noch in dieser Woge das Central-Bureau für Posten und Tele­­graphen in der City Liverpool­ in die Luft sprengen würden. Die Polizei san­irte am 28. v. M. eine Kiste mit Explosivstoffen und Höllen-Maschinen, wel­­che von Cork per Dampfer hierhergekommen war. Ein am Bord des Schiffes befindlich gewesenes Individuum wurde kurze Zeit nag der Ausschiffung verhaftet. Die Polizeibehörde hält diese Beschlagnahme für wichtig. Die genaue Untersuchung ergab, daß die Kiste Nitroglyzerin enthielt. Am 28. v. M. Morgens wurde­­­­ bei Liverpool ein junger J Irländer (Eisenbahn-Beamter) verhaftet, welcher der Theilnahme an der Angelegenheit verdächtig erscheint. Frankreich. Paris. Der Herzog von Aumale, welcher eine Sequestration seiner Güter befürchtete, ver­­kaufte sein Schloß in Chantilly an Engländer und ist nach Sizilien abgereist.­­ Louise Michel wurde am 30. März Morgens kraft eines Verhaftebefehles wegen Plünderung eines Bäderla­­dens an der Spite einer bewaffneten Bande in dem Augen- DG­ae als sie die Wohnung eines ihrer Freunde verließ. Mehrere Prinzen des Hauses Orleand haben eine Einladung zur Krönungs­feier in Moskau erhalten. Offi- 3108 wird der Widerruf der vom Generalstab beschlossenen Gesammt:Kavalleriestrebungen unter Kommando Gallifet's — den 200 Generalstabs-Offiziere begleitet hätten — an der Ostgrenze mit ARücsichten der Konvenienz Deutschland gegenüber motivirt. Die eigentliche Ursache dürfte politiv fest Mißtrauen gegen Gallifet sein. Die gesammte republikanische Presse, mit Ausnahme der Republique Francaise“, greift den Kriegsminister Thibaudin wegen der Ernennung Gallifet’s zum General en chef der gesammten Cavallerie heftig an. „Progres Militaire“ sagt : „Nie habe in der Monarchie ein Prinz diejenige Stellung im Heere gehabt, welche die Republik Galliffet einräume. Man stelle für ihn den Rang des römischen Magister equitum wieder her“. Griechenland. Athen. Die Kammer votirte 12 Millionen für Eisenbahnen. Im Parlamente wurde ein Gesetzentwurf eingebracht, welcher während der Abwesen­­heit des Königs die Regentschaft Trikupis anvertraut. Prinz Friedrich Karl ist am 28. 9. M. hier angekom­­men, dejeunirte bei dem König und reiste am 29. Abends nach Italien, begleitet von Dr. Schliemann. Gerüchtweise verlautet, daß der Finanzminister K­a­l­­liga , um seine Entlassung anzusuchen beabsichtige. Der österreichisc-ungarische Gesandte Fürst Wrede reist am Sonntag nach Oesterreich-Ungarn ab und kehrt erst nach einem Monat zurück. Man glaubt die Ernennung Kontostavlo­s zum Minister des Aeußern sei bevorstehend. Spanien. Madrid. Als Folge des Abbruches der deutsch-spanischen Vertragsverhandlungen steht ein Wechsel der gegenseitigen Gesandtschaftsposten in Aussicht: es heißt, Fürst Bismarc zürne dem Grafen Solms, weil dieser ihn nicht zur rechten Zeit von der Absicht der spa­­nischen Regierung, den Zoll zu erheben, verständigt habe, und die Demüthigung der Ueberrumpfung verschulde. Auch vom Grafen Benomar heißt es bestimmt, er werde nicht auf den Berliner Posten zurückkehren, da er vorzugsweise für das Scheitern der Verhandlungen verantwortlich ge­­macht wird. Aus dem Vatikan. Die Antwort der preu­­ßischen Regierung auf die Note Jakobini's ist sehr höflich gehalten. Sie ladet den Vatikan ein, seine Wünsche in Ber­treff der Freiheit der kirclichen Hierarchie und des Unter­­richtes des Clerus zu formulieren. Die Regierung werde diese Wünsche einer Prüfung unterziehen und dieselben als= so in Form eines Gefegentwurfes dem Landtage unterb­reiten. Montenegro. Cetinje. Fürst Alexander von Bulgarien meldete offiziell seinen Besuch beim Fürsten von Montenegro an. Fürst Alexander wird um die Hand der Prinzessin Milica, der zweiten Tochter des Fürsten Nikita, ausuchen, weshalb in Cetinje große Empfangsvor­­bereitungen getroffen werden. Nordamerika. New­ York. „Evening Post“ er­­wähnt ein Gerücht, wonach England seinen Einfluß auf die Vereinigten Staaten geltend mache, um dieselben zur Mitwirkung an der Bildung einer internationalen Polizei gegen die Anarchisten zu bewegen. Anderweitige Bestäti­­gung liegt nicht vor, wesen von un rauen Lokal-Nachrichten. — Generalversammlung. Die General-Congre­­gation des Municipal-Ausschusses der kön. Freistadt Kassau hat den Cyclus von Sitzingen, deren erste am 28. 9. M. stattfand, am 31. desselben Monats beschlossen. Bei der lezten Session wurden die auf den Bezug der Re­­galrechtegebühren bezüglichen Propositionen des hiezu ent­­sendeten Ausschusses verhandelt und es wurden der bei Spirituosen zu entrichtende Erzeugung 3- und Ginfuhr 8= Zoll für jeden Grad des nach dem 100grädigen Maaßstab zu taxirenden Branntwein 3 a Hektoliter mit 6 Kreuzer, Liqueur, mit 2 fl. 50 kr., Silvorium, Cognac und Rosoglio 4 fl. 25 fl. und Rum mit 4 fl.7 die übrigen Tarife, näml­lich Pflaster-, Brüden-Zoltarif wurden mit geringen Modi­­ficationen beim früheren belassen. Der Tarif bezüglich der Markt-Raum-Taxen im größten Theile der einzelnen Posten gehoben. Der Pflaster-Mauth-Tarif der von der Eisen­­bahn geführten Waaren wurde ganz dem­ Commissiond- Vorschlage entsprechend normirt, wornach die einzelnen Posten des früheren Tarifs ebenfalls gehoben worden sind. ARMEE v7 SIR DBA a 19775753

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