Kaschauer Zeitung, Juli-September 1883 (Jahrgang 45, nr. 74-110)

1883-07-03 / nr. 74

Xr. 74. XLV. Jahrgang. 1853. Kaschau, Dienstag, 3. Juni. P­ränumerationspreis ohne „Illustr. Unterhaltungsblatt” Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag Mit dem „Illustr. Unterhaltungsblatt“.­ür Kaschau: ganzjährig fl. 5.—, halbjähr. fl. 2.58, bierteljähr. fl. en und Samstag. Für Kafhau: ganzjährig fl. 7.— , halbjähr. fl. 3.50, vierteljähr. fl. 175 it P­ostversendung: „ fl. 6.60, re­it A fl. 1 nun Mit Postversendung: „ fl. 8.60, „., fl. 4.30, ai fl. 2.15 = wm merem Auen Tr 253. Km nme E mg Nm mn nr Bei Inseraten wird die jehemal gespaltene Betitreife in deren Raum mit 5 fr. berechnet. — Inseratenstempel 30 kr. für jede Anzeige. Redactions- und Expeditions - Bureau Kaschau, Hauptgasse Nr. 60. Bei Inseraten, welche größeren Raum einnehmen und öfter eingeschaltet werden, wird ein entsprechender Nachlaß gewährt. Kaschauer Zeitung. KASSA-E PERJESIERTESITO. a Neueste Nachrichten. Sonntag trat in Klausenburg die österreichisch ungarisc-rumänische Grenzregulirungs- Kommission zusammen. Rumänien ist durch den frü­­heren Minister des A­ußeren Jonescu und die Gene­­rale Pencovici und Barozzi vertreten. Ungarn. Budapest. Der Minister des Innern hat an die Municipien einen Erlaß gerichtet, in welchem diese aufgefordert werden, bis spätestens Ende Juli das Verzeichniß derjenigen Familien einzusenden, welche laut den Landesgelegen berechtigt sind, im Oberhause Sitz und Stimme zu beanspruchen. In dem Verzeichnisse soll auch angeführt werden, wie viel Grundsteuer die einzelnen Mit­­glieder dieser Familien für 1883 zu zahlen haben. Das Verzeichniß soll als Datenmaterial bei den Vorarbeiten Deni des Gesetzes über die Reform des Oberhause d­ienen. Justizminister Bauler wollte seinem eigenen Wunsche und dem unaufhörli<en Drängen der Antisemiten folgend, den in Nyiregyháza amtirenden Staatsanwalt Szeiffert abberufen. Ministerspräsident Tipa opponirte und so unterblieb die Abberufung. Im Schoße des Mi­­nisteriums herrsct Zwiespalt. Der Rücktritt Pauser's ist ganz zweifellos. Die froatische Huldigungd Deputation bestehend aus dem Banu3 als Führer, dem Kardinal Mi- Halowic, dem Patriarchen Angyelic, dem Landtags-Prä­­sidenten Krestic, dem Grafen Rudolf Erdödy, dem Grafen Josef Drastopic, dem Kämmerer Julius Jellacic und dem Deputirten Orestovic, wird am 12. Juli in Laibach von seiner Majestät dem Könige empfangen werden. Oesterreich. Wien. Die „Wiener Abendpost“ ver­­öffentlicht einen Erlaß des Unterrichts-Ministers vom 12. b. an den Zandes:Chef zur Information der unterstehenden Schulbehörden und Schul-Aufsichts-Organe Der Erlaß führt aus, daß das Gesetz vom 2. Mai d. 3. das bestehende Boltschul-System ungeändert lasse und nur den Zweck habe, die Mängel, welche sich während des Bestandes des Reichs-Volksschul-Gesezes vom 14. Mai 1869 herausstell­­ten, zu beheben und die wirthschaftlichen Verhäl­tnisse der Bevölkerung insoweit zu berücksichtigen, als es mit der Aufgabe der Volksschulbildung vereinbar ist. Der Erlaß gibt sodann Informationen zu einzelnen Paragraphen des Boltschul-Geseßee­­vention Die „Wiener Zeitung“ publizirt die Additional-Kon­­zu dem Angliederungs-Betrage mit Italien, den Armenrechtevertrag zwischen Oesterreich-Ungarn und Italien, die Konzessions-Urkunde betreffs der Lokomotivbahn Szer­­nowig-Nomwostelia, das Gesetz betreffend die Gewerbe-J­n­­spektoren und die Kundmachung des Finanzministers, nach welcher mit Rücksicht auf die Beendigung des Reklamations- Verfahrens das Grundsteuerperzent vom 1. Jänner 1883 bis 31. Dezember 1895 mit 227­,, perzent bei Reinertragen Festgestellt wird, weiters die Verlängerung der Ausnahms3­ “geseße für Dalmatien bis Ende 1883, ferner die österrei­­chisch deutsche Medereinkunft betreffend die gegenseitige Zu­­lassung der an der Grenze wohnhaften Medizinalpersonen. Am 29. 9. „M. traf die Königin Olga von Griechen­­land von Mostan hier ein und ist sofort nach Triest­­ weitergereist. Gastein. Fürst Alexander von Bulgarien wird durch drei Wochen das Bad gebrauchen und mit ihm auch sein Bruder Franz Josef Prinz zu Batten­­berg zum Kurgebrauch ankommen. — Die Ankunft des A­r8 Wilhelm erfolgt am 15., längstens am 18 Juli. Rußland. Petersburg. Die Polizeibehörde trifft verschärfte Maßnahmen für die Sicherheit des Grars. Am 28. Juni (10. Juli) findet das 150 jährige Ju­b­i­­lä­um der Inauguration der B Peterpaul- Festung - Kathedrale statt. Bekanntlich ist die Festungs-Kathedrale die Grabstätte der Mitglieder der Czaren-Familie. An diesem Tage wird eine große Garnisons-Kirchenparade sattfinden. 63 sollen Anordnungen getroffen sein, bis dahin die Festung,-Gefängni­s­se von allen ver­­urtheilten Staatsverbrechern zu e­vacuiren. Dieselben werden jezt in Gruppen von 30 bis 50 Mann über Nischnei- Nowgorod auf der Wolga in Gefangenschiffen nach Sibirien transportirt. Bezüglich der zahlreichen Untersuchungs-Ge­­fangenen ist eine Disposition noch nicht getroffen. Der russische Kommunikations-Minister hat die Wei­­sung erlassen, die Exproprierung der für die zu bauenden strategischen Eisenbahnlinien erforderlichen Grundstücke in Litthauen mit thunlichster Raschheit durchzuführen. In Kiew, Odessa und Mos­kau sollen neuer­­dings nihilistische Mauerans­läge gefunden worden sein, welche von der Partei „Tscherny Peredel“ aus­­gehen, und den Bauern baldige Erlösung versprechen. Die im Krönungsmanifeste enthaltenen „Gnaden und Steuer­­nachlässe” werden verspottet. Man erzählt, die Proclamatio­­nen bringen Schilderungen, wie man noch am 14. (26) Juni, am Tage der Verkündigung des Manifestes, Bauern die [ote Kuh und ihr nothb­endigstes Geräth verpfändete, daher die Steuer-Annestie nur ohnehin zahlungsunfähigen Bettlern zugute komme. Deutschland. Berlin. Schlözer erhielt am vergangenen Freitag eine Note Jacobini's, wonach die Kurie das einseitige Vorgehen der Regierung mit der kirchenpolitischen Vorlage bedauert, aber von weiteren diplomatischen Verhandlungen eine Verständigung er­­wartet. Die Kurie würde im Falle einer entgegenkommen­­den Antwort Konzessionen bezüglich der An­zeigepflicht machen. Der französische Botschafter de Courcel machte vor vier Wochen bei der Reichsregierung Vorstellungen wegen des Vertrages, wonach die in Stettin gebaute fine­­sische Panzer-Corvette „Ting­ Ynen“ durc­h ein deutsches Marine-Commando nach Ost-Asien gebracht werden sollte. Unter den Anspielen des vortragenden Rathes im Cultusministerium, Lü­ders, wird eine von Pecht (Mün­­chen) angeregte deutsch-österreiche Gewerbe und Kunstgewerbe-Au­sstellung in Berlin pro 1885 geplant. Belgien. Brüssel. General Brialmont, einer der tüchtigsten belgischen Militärs, soll seinen Abschied erhalten, weil er ohne Genehmigung der Regierung statt in Karlsbad, wohin sein Urlaub lautete, in Bukarest an­­wesend ist und Festungsbauten leitet. Großbritannien. London. Das Oberhaus verwarf mit 145 gegen 140 Stimmen die Bil­l, welche die Ehe eines Witwers mit der Sc­wester seiner verstorbenen Frau legalisirt. Frankreich. Paris. Nachdem das Schreiben A, Papstes Characters an den Präsidenten Grövy privaten ist, entschied die Regierung, daß dasselbe nicht veröffentlich­t werden könne. Die in diesem Schreiben enthaltenen Bemerkungen haben übrigens eine sehr gemäßigte Form. Die Regierung, welcher die Ange­­legenheit nicht offiziell vorliegt, wird keine Antwort ertheilen, aber Grévy wird persönlich in derselben Form antworten. gierung Der spanische Botschafter wachte der französische Re- Vorstellung wegen der enfaifden Insulti­­rung des König3s und der Königin von Spanien durch die Presse bei Besprechung der Familienvorgänge . Ferry wies auf das Recht des Königs hin, wegen Belei­­digung zu klagen. — Der für den Herbst erwar­­tete Besuung des Königs in Paris diesen Umständen unwahrscheinlich ist unter Die Regierung hat die Verstärkung der Be­­festigungen von Marseille und die Armirung der Küsten-Batterien mit Geschüßen i<wersten Kalibers ange­­ordnet. Rumänien. Bukarest. Der österreichisc-unga­­rische Gesandte wird die Rede des Senators Gradisteanu zum Gegenstand einer Interpellation an den rumänischen Minister des Aeußern machen. König Karl und Stourdza sind am 29. v. M. ein­­getroffen. Serbien. Belgrad. Der österreichisc­h-ungarische Gesandte in Belgrad, Graf Khevenhüller, ist am 26. v. M. von seiner Urlaubsreise zurückgekührt und wurde vom König Milan in mehrstündiger Audienz empfangen. Hier fanden Verhaftungen angesehener Persönlichkei­­ten statt. Die Polizei beschuldigt dieselben staatsverräthe­­rischer Bestrebungen. Unter den Verhafteten befindet sich der Präsident der radikalen Partei von Kragujevac, der Priester Bocsicz und der Ortsvorstand von Boljevac Tonking. Die Anamiten stehen stark verschanzt, gut bewaffnet und voll Zuversicht 25 Meilen unterhalb H­a- Noi. Die Franzosen wollen sofort nach Ankunft der Ver­­stärkung den Feind angreifen. Angeblich werden­ 12.000 Soldaten in der Nähe von Shanghai konzentrirt. Einer Aeußerung des Marquis Tseng zufolge wären die Aus­­sichten auf eine friedliche Beilegung des Konfliktes wieder schwieriger geworden. Lokal-Nachrichten. — Se. Exc. unser hochw. Herr Bischof hat mit Rundschreiben am 26. o. an alle Kirchen seiner Did­­hese den Befehl erlassen, für die glücliche Entbindung der Kronprinzessin, welche für die zweite Hälfte Juli in Aus­­sicht genommen ist, ein Gebet in die allgemeinen Kirchen­­gebete aufzunehmen. Weiters ist angeordnet, daß am Tage der glücklichen Entbindung, je nachdem die Nachricht davon hier anlangt, um 11 Uhr Vm. oder 6 Uhr Nm. ein Te­­deum abgehalten wird. — Verwaltungsausschußsizung. Die Verwal­­tungs-Kommission der kön. Freistadt Kas <­au hält ihre dreimonatliche ordentliche Sizung nächsten Donnerstag, d. i. den 5. I. M. um 4 Uhr Nachmittags, am hiesigen Stadt­­hause, ab. — Schuß- und Jubelfeier. Die Schlußfeier aus Anlaß der Beendigung des­ Schuljahres 1882/3 am hiesi­­gen unter musterhafter Führung des Premonstratenser- Ordens stehenden kath. Obergymnasiums fand am 29. Juni statt. Den Anfang der Solennität machte die mit andäch­­tigem Absingen begonnene Messe in der Gymnasial-Kirche. Nach derselben versammelte sich die Jugend in dem sogenannten großen Saale des Hauses. E53 fanden sich auch sehr viele Gäste, insbesondere kamen dort ein. Unser geehrter Bürgermeister Theodor Münster war gleichfalls anwesend.“ Das Professoren-Collegium erschien im vollen Ornate, an der Spitze der Director des Instituts. Seine Hochwürden Franz Benedek. Der Gesang3­ Chor der Jugend sang zur Einleitung eine National-Hymne ab: „Isten 41d meg hazänkat, Isten ald, meg a magyart !“ Nun richtete der Director an die Versammlung eine jener Anreden, welche nicht nur die Jugend zur Befolgung des Guten und Schönen mächtig aneifern, sondern welche auch in den Herzen der Eltern und Unterrichtsfreunde wohlthuende Gefühle erregen. Diesmal verglich Se. Hochwürden das Professoren­­collegium zu dem Elternpaare, insbesondere der Mutter, die im lezten Augenblickk des Scheidens noch einmal so gerne wiederholen würde Alles, Alles schon unzählige male Gesagte, um nur die besten Garantien des Lebendgrac­s den in die weite Welt entlassenen Kindern auf ihren Les­benspfad mitzugeben. Se. Hochwürden leitete dann mit beredten Worten die kurze Berührung der Geschichte des eben am Schlusse befindlichen Schuljahres ein. Er konstatirte, daß dasselbe im Ganzen mit Erzielung von zufriedenstellenden Resulta­­ten abgelaufen sei 2c. 2c. Die Classificationen wurden öffentlich verkündet, zahlreiche Prämien unter den Würdigeren­­ in werthvollen Büchern und Geldbeträgen zu 16 bestehend und zu 10 fl. ausgetheilt. Dann ermahnte der Direktor Diejenigen, die nach den Tagen der Ruhe wiederum noch zuzükehren sollten zur Arbeit, zur Einhaltung einer vernünftigen Eintheilung der Stunden. Es seien einige Stunden — sagte er — wohl der Zerstreuung, der Erholung gewidmet; die andern paar Stunden sollen aber der fleißigen Arbeit angehören, — da nicht, so leicht Denjenigen, ist, als zu vergessen ! die mit diesem Augenblicke vom Insti­­tute für immer scheiden, ertheilte er die besten Rath­­schläge, indem er ihnen mittheilte, daß die Vorstände bö­­herer Institute, ferner dann das Leben selbst an sie nur jene Erfordernisse stellen werden, denen sie hier zu entspre­­chen angeeifert wurden. Dies sind die Forderungen der Religion und Moral, im Schulstyle gutes Betragen genannt. Insbesondere mahnte die Schule die Jugend zur Erfüllung der von den Religionslehrern detaillirt vorge­­tragenen und erklärten Pflichten zu Gott, zu uns selbst und zu unsern Nebenmenschen. Dies wird von ihnen unter der Benennung, Ehrlichkeit, auch das Leben fordern. Endlich begehrte die Schule unermüdlichen Fleiß, Ausdauer, Pünktlichkeit und zwei mäßige Thätigkeit, lauter Ansprüche, die an den Menschen auch das Leben stellt 2c. 2c. Preis „Die Götter geben den Menschen Alles nur um den der Arbeit“, sagten ja schon die Alten. „Schäße, irdische Güter kann man mittelst Erbschaft gewinnen , doch die höheren Schäße, die des Geistes, die Wissenschaft können einzig und allein nur durch eigene Arbeit erworben werden !“ Hierauf erzählte Se. Hochwürden, auf welche Art Tamerlan die ausdauernde Arbeitsamkeit von einer Ameise gelernt hatte. Auch eiferte er die Jugend zum P­atriotismus an, betonend, daß der echte Patriot nur der Mensch sei, wel­­cher die aus seinem Stande fließenden Obliegenheiten ge­­wissenhaft erfüllt. Dieß und daß mit allen Mitteln zur Beförderung des Wohles der Mensc­hheit mitgewirkt wer­­den könne, soll sich die Jugend merken und diese Gesin­­nung bestrebe sie sich, mit aller Wärme des Herzens aufs recht zu erhalten. Nachdem der Diretor sich bei den Gästen für D18 Interesse wärmst bedankte und das Institut dem allge­­meinen Wohlwollen anempfohlen, schloß er mit den Worten: „Isten äldja meg szeretett hazänkat, uralkodö fejedelmün­­ket, városunkat s benne óvja meg intezetünket. Isten veletek ! Jetzt kam die zweite Abtheilung der Festlichkeit. Professor Koloman Schmidt, der wegen seiner Leute­seligkeit und Mens­chenfreundlichkeit in allen Kreisen sehr beliebte Kálmán Kácsi erfüllte mit diesem Schuljahre einen 30jährigen Cyklus seiner Professoren-Funktion. Aus diesen Anlaß begrüßte ihn Se. Hoc­hw. Franz Benedek und mit Hervorhebung seiner Verdienste beglück­­wünschte er den Mann, der an einer schwierigen Laufbahn mit großem Amt 53­ Eifer, großer Ausdauer, einen edeln Kampf gefochten hatte. Nach Dämpfung der Ovationen trat aus der Reihe des Publikums Josef Timkó, Redacteur des "Abauj-Kassai­­. Közlöny" hervor und überreichte beim Gefeierten als dessen Schüler vor 20 Jahren einen silbernen schönen Pokal im Namen seiner Verehrer. Gerührt dankte Schmidt für die ihm erwiesene Ehre und versprach auch für die Zukunft der Fire eifrige, den Eltern gehorsamte und dem Vater= lande nüßliche Kinder zu erziehen. Einmal ertönte dann nur in Begleitung des Phy3­­harmoniums der Gesang, dessen Schwingungen diesmal — vielleicht auch von der Wärme dieses familiären Festes getragen — inniger um das Menschenwohl an die Him­­mels-Pforten angeschlagen haben mochten. =.

Next