Kaschauer Zeitung, April-Juni 1891 (Jahrgang 53, nr. 37-73)

1891-04-02 / nr. 37

BT “ER,” reiundfünfzigster 3 x 1 „ii“ B: eg nne E eds ey ahrgaug 1891. u, Donnerstag Pränumerationspreis der „Kaschauer Zeitung“ 2.50, vierteljähr. F an Für Ka’yan:­anzjährig fl. 5.—, halbjähr. fl. Mit Wortversendung ait fl. 6.60, 791 40 „V. " Bei Inseraten wird die jechsmal gespaltene Betitzeile oder deren Raum mit 5 kr. 4 berechnet = Inseratensteimpel 30 kr, für jede Anzeige. 0", . 09 | 2. April. Redaetion und Expeditions-Bureau Kaschau, Hauptgasse Nr. 64. | | " d , Bei Inseraten, welche größeren Raum einnehmen und öfter eingeschaltet werden wird ein entsprechender Nachlaß gewährt. Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag.­ ­­­ Neueste Nachrichten. je . Ungarn. Unter den vielen Broschüren und Artikeln über die Verwaltungsreform, welche meist die Ernennung der Beam­­ten verherresch­en, bringt Tih­ad im "Magyar Hirlap" in Vorschlag, die Stellen auf vollkommen instrukrte Gesuche über Vorschlag einer­ ständigen Condidirungscommission durch den Minister­­ besezen zu lassen, damit Unzukömmlichkeiten Möglichst vorgebeugt werde. Oesterreich. Die neue Majorität Taaffes besteht jezt aus den liberalen Centralisten unter Plener, den Conservativ- Autonomistischen unter Ho­hen­wart und den Polen unter Zalew38ki — d.h. es stehen alle Parteien gegen die Jungczechen und Antisemiten. Gleichzeitig mit der Einberufung des­­ Reichsrathes auf den 9. April veröffentlicht das Amtsblatt die Wiederernennung­­ des früheren Präsidiums­ des Herrenhauses (Graf Ferdinand Trauttmannsdorff, Präsident , ist Schön­burg und Fürst Czartoryski, Vice 'präsidenten) für die Dauer der nächsten Legislaturperiode. Rußland. "Die kaiserliche Familie kam am 27. v. M. aus der Hauptstadt in Gatschina an, wo sie den Rest der griech. Fasten zubringen wird. Die 22. 1.­Truppen-Division (4 Regimenter) wurde von Nowgorod an die österreichische Grenze verlegt. Ueber einstimmige Befürwortung der Oberbefehlshaber in den Militärbezirken sind fünfzig Bezirkskommandos niederer­­ Art zu solchen ersten Ranges erhoben worden, welche fort­­spielige Maßregel auf umfassende Mitarbeiten in der Rich­­tung einer Mo­b­ilma­chung schießen läßt. Deutschland. Am­­ 26. wurde zu Danzig der Consulatssekretair Bernard von einem Unbekannter durch einen meuchlerisch beigebrachten Messerstich schwer verlegt. Montenegro. Der Hof ist von Rieka nach Cettinje zurückgekehrt. Die Fürstin Milena ist schwer erkrankt. Serbien. Am 30. März wurde das neue Consu­msteuer­­n­­­etz veröffentlicht, gegen dessen Entwurf sich alle serbischen Handelskreise auflehnten. Bulgarien. Am 28 ist der Finanzminister B­el­ts <­ew, welcher mit Stambulow von einer Minister-Situng durch den Stadtpark ging, von einem Individuum, von dessen drei Re­­volverschüßen ihn einer traf, erschossen worden ; das Attentat­­ galt wahrscheinlich Stambulom; der Thäter entfloh. (Siehe H. u. Fr.) — _ |­ ­ Lokal-Nachrichten. — Die Osterfeiertage sind vorbei , begleitet von einem bald sonnigen und freundlichen, bald kalten und frostigen Wetter, von­ Schnee, Regen, Wind und Sonnenschein in ab­­wechselnder Reihenfolge­­ haben sich die kirchlichen, öffentlichen u. häuslichen Feste abgespielt. Die Auferstehungsfeierlichkeiten in sämmtlichen Kirchen, besonders jene in der Seminarkirche, welche auch die Theil­­nahme des Oberhauptes der Diözese und dessen Assistenz an Glanz gewann, waren von unzähligen Scharen Andächtiger besucht und verliefen bei guter Witterung Das Hochamt am Ostersonntag las wieder Se. bischöfliche Gnaden Dr. Sigis­­mund Bubics, den Ablak verkündete der hw. Domherr Szinnye—Merse und hielt darnach der hw. Jesuiten­­pater Fl­od­ung der die Seminarkirche füllenden Menge eine populär gehaltene Predigt über die Bedeutung des Tages für alle Stände, welche auch von Sr. bischöflichen Gnaden und der ganzen h. Clerisei angehört wurde. Der Bischof spendete hierauf beim Weggehen den Segen an die Anwesenden. Während der Messe sang der Bühnentenor Herr Karl Stoll sehr schön das Agnus Dei (eigene Composition) unter gräßlicher Begleitung, die zwar uns, die wir die Chorver­­hältnisse hier kennen, gar nicht verwanderte, aber einigen gen mitleidige Bemerkungen über den Chorregenten entlocte. — Se. biscöfliche Gnaden Dr. Sigismund Bubics machte am Kharfreitag in Begleitung des hl. Jesuiten-Paters Flodung und des bischöfl. Kanzleidirec­­tors Hohmürchen Karl Belky einen Gang auf den „Kal­­varienberg um sein Gebet dort zu verrichten:. Bei dieser Gelegenheit konnte der hochwürdigste Herr die Ver­­wüstung sehen, welche an diesem Orte, sowohl in Bezug auf die Stationskapellen, die auch andererseits ihrer Bestimmung nicht ganz gewidmet sind, als auch, was die Kirche anbe­­langt , eingetreten ist. Gleichzeitig wurde das Harmonium aufgestellt, welches fromme Frauen bis sehhr zur Hälfte schon bezahlt haben und durch milde weitere Spenden wohl bald ganz ausgezahlt haben werden. — Deffentlicher Dank. Herr Conditor Franz Kriegerlied hat den Waisenkindern einen Korb Zu der­­­­für welche demselben der innigste Dan bäckerei geschenkt, abgestattet wird. — Oeffentliche Spenden betreffend, müßen wir hier die intereßirten Vereine und Anstalten, denen solche dur­c unsere Redaction zugehen, ersuchen, im Falle sie nicht abwarten wollen, bi wir es für oportun befinden und »3 unser Verkehrsdienst erlaubt, die bezüglichen Spenden ab­­zuführen, solche ihnen zugedachte und in unserem Blatte ausgewiesene Gaben persönlich oder­­ durt beglaubigte Ver­­treter abholen zu lassen. Personalien. — Herr Graf Gabriel Rh­e­d­ey hat gestern 'Kaschau zu 5 wöcentlicem Sommeraufenthalte auf seinem Befige Zsäka verlassen, wird aber den Winter, wieder hier im­ Hause seiner Adoptivtochter Frau Josef von Bally—Rh­edey zu bringen. — Der Maler Leopold Horomwig ist gegen­­­­­wärtig mit dem Porträt der Gräfin Van der Gröben in Berlin beschäftigt und wird in kurzer Zeit nach Budapest zurückkehren. — Der k. u. Staatsingenieur Hr. Paul­ Gerhardt in Leutschau concurrier auf die städtische Oberingenieursstelle ; wir­ wünschen, daß diese dem tüchtigen Techniker als Sohne unserer Stadt, welcher für dieselbe doH auch etwas Gefühl zeigen wird — zu Theil werde.­­ — Auch Herr Lucian Binder, diplomirter Tech­­niker und Sections-I Ingenieur der k. u. Staatsbahn in Deva, in deren Diensten er schon seit 15 Jahren stett , concur­­rirt um diese Stellen, zu welchen er die vollkommenste Eig­­nung besißt . Herr Binder ist mit den hiesigen Familien Binder verwandt und also auch als ein uns Nahestehen­­der jeder Berücksichtigung werth. “ der­ken . Generalversammlung. Der Munizipalausschuß Freistadt Kaschau hält Heute d. i. am 2. um 1­,5 Uhr Nachmittags im städtischen großen Rathsaale eine „außerordentliche Generalkongregation ab. An der Tagesordnung derselben erscheinen blos die Punkte : 1. Ministerial-Erlaß in Sachen der Herstellung eines Gebäudes für die kön. Rechtsakademie. 2. Die Entscheidung mit namentlicher Abstimmung über den Verkauf des gewesenen Wirthshausgebäudes in Kisfalu. 3. Die Deckung der vorangeschlagenen Baum­kosten im ai von 25262 Gulden behufs Erweiterung des Stadt­­hauses. 4. Regulirung der Nonnengasse. 5. Ministerialverordnung über Festsezung der Muni­­cipal-Organisation der Stadt. — 40 Martha. Roman aus dem ungarischen high life ‚von Helene v. Beniczky-Bajza. Autorisirte Uebersezung von Lu­dwig Greiner. Fortsetzung. Nachdrum verboten „Hat er nicht eine große Rücksichtslosigkeit gegen Kle­ Mentine gezeigt ?“ „Diese Geschichte kenne ich nicht.“ - „Aber ich kenne sie, und jedermann ist es bekannt, wie er seine Braut behandelt hat. Meiner Ansicht nach ist es noch verzeihlich, wenn ein Mann gegen den andern Mann grob ist, aber ein Mann, welcher gegen eine Dame sich unritter­­lich benimmt, ist kein Mann, sondern ein erbärmlicher Wicht.“­­ Marthas's Gesicht flammte, ihr Atem war rasch, un­­ruhig und hörbar. Einen Moment warf sie den Kopf zurück, ihre Lippen zitterten, ihr Blid flammte, doch plößlich her herrschte sie­ sich und wandte den Kopf. Den Fürsten reizte diese Ruhe. „Sie heißen meine Worte nicht gut, sind nicht­ der­­selben. Ansicht, über die Männer ?" fragte er aufbrausend, vem allgemeinen, ja. Aber es giebt Situationen, bei „welchen die Umstände die That entschuldigen , so zum Bei­­spiel "das Benehmen der Dame, gegen welche eine Unritter­­lichkeit begangen wird.“ „Sie meinen Klementine?“ „Von ihr spreche ich nie.“ Der Fürst schwieg. Er sah, daß Martha jedes ihrer Worte überlegte, und daß er in eine fast lächerliche Situation „durch ihre Ruhe gerathen könnte. Er entschloß sich daher, dieses­ Thema fallen zu lassen. Gegen zehn Minu­ten galoppierten sie wortlos neben­einander her, und als sie aus dem Walde herauskamen, blieben sie plößlich am Ende des Weges stehen. Die Wiesen und Felder dehnten sich in der Herbstsonne vor ihnen aus. Ziemlich entfernt, auf dem Wege von Rönavar, sahen sie einen geräumigen Wagen sich nähern, in welchem zwei Da­­men saßen. Sie erkannten gleich die alte Gräfin und Kle­­­mentine. „Diese kommen zu uns“, sagte mit scheinbarer Befan­­genheit Hugo „Vielleicht werden sie doch warten,­­ bis ich sie nach „meiner Ankunft aufsuche ?“ sagte Martha erregt, während sie plöglich ihr Pferd wandte. „Martha,­­ mag­ wollen (Sie) thun ?* fragte Hugo er­­schreden. „Sie wollen ihnen doch nicht ausweichen ? Sie haben uns sicherlich schon erblickt, «und dies „wirde eine ent­­schiedene­ Beleidigung sein !“ „Beleidigung gegen Klementine und meine Großmutter? * fragte Martha mit scharfer Ironie. „Sie haben eine so dide Haut, daß sie die Beleidigung nicht fühlen; übrigens ver­­dienen sie von mir feine Schonung.“ Martha trachtete aus voller Kraft, si zu beherrschen ; als sie jedoch diese Worte aussprach, füllten sich ihre Augen mit Thränen, und in ihrer Stimme lag ein so herber Schmerz, daß ihr Gatte verwirrt vor ihr stand. Er schwankte sichtlich, als die Reiterin einen­ Nebenpfad einschlug, der nicht nach Balkanfalva führte und auf welchem sie, wie sie wußte, nicht ihren Verwandten begegnen werde. Hugo blieb nichts übrig, als seiner Gattin zu folgen. Die Wahrheit gestanden, bedauerte er es nicht, daß er Martha's Gegenwart mit Klementine nicht zusammenkam. in Die Gräfin Rönavary und ihre Tochter wollten wirk­­lich nach Ballanfalva. Sie bemerkten das junge Paar sehr gut, auch sahen sie, wie dasselbe plößlich einst lug, um einer Begegnung auszuweichen, einen Nebenweg Klementinen’s Augen funkelten vor Zorn, während auf ihrem „Gesicht ein­ Ausdruch von Neid lag. „Das sol Martha bitter bereuen !“ flüsterte sie mit so gedämpfter Stimme, daß ihre Mutter die Worte zwar nicht­­ verstand, jedoch schon von Klementinen's Gesichtsausbruch ber­­­troffen wurde. XXIII. Wochen vergingen, und die Zeit neigte sich zum Spät­­herbst,­­als in Balkanfalva die Jagdsaison begann. Das Schloß war von Gästen gefüllt und unter den Eingeladenen erschien auch Paul Ecsedy. Der Fürst empfing ihn anfangs auffallend kalt, Martha gleichgiltig ; da jedoch die bereits erschienenen Gäste mit ihm befreundet waren, so freuten sie sie über sein Erscheinen. Wie es oft zu geschehen pflegt, siegte die öffentliche Meinung und befreite Ecsedy von der Unannehmlichkeit, daß Hugo ihm es begegne, der sie jedoch gegen ihn möglichst halt­enahm.­­ Paul „schien dies indes nicht zu bemerken. Er war ein leidenschaftlicher Jäger, doch gegen seine sonstige Gewohnheit ein stiller Gesellschafter. Bei der Tafel suchte er sich unten zwischen­ guten Freunden, weit von­ Martha, einen Plaß aus, ‚mit«welcher..er nur in, Gegenwart ‚anderer „Personen ‘einige Worte wechselte und dem­ Alleinsein mit ihr entschieden auswich). Dieses“ Benehmen flößte dem Fürsten, der jedes Wort, jeden Schritt und jede That Cesedy's aufmerksam verfolgte, Achtung gegen seinen Gast ein, und er behandelte ihn nach einiger Zeit bedeutend zuvorkommender, dachte „Die Lektion hat auf ihn eine gute Wirkung ausgeübt,“ er lächelnd und erinnerte sich jenes Auftrittes zwischen Martha und Paul, dessen verborgener Zeuge er gewesen war. „Wie es scheint, kam er zurüc, damit er Martha beweise,­­ er si ihre Zurückweisung nicht sehr zu Herzen genommen abe.­­ “­­ So erklärte sich der Fürst Ecsedy's Benehmen, und da Paul­ eine sympathische Persönlichkeit war, konnte­­ er dem Wunsche nicht widerstehen, häufiger in seiner Gesellshaft zu verkehren.­­ Mit der Familie Bönavary, Markus und Isidora ausgenommen, hatte das fürstliche Ehepaar fast jede Verbin­­dung gelöst. Martha besuchte ihre Verwandten nicht, und die alte Gräfin und Klementine waren nur ein einziges mal imstande, bei ihr vorzudringen, obgleich­­ Klementine ihren Hofmut bei Seite legte und­ mit­ ihrer Schwägerin Karoline zu wiederholten malen Visiten unternahm. Julius war der einzige, der viel in Balkanfalva meilte. Er nahm an den Jagdausflügen teil, stand mit Hugo in gutem Verhältnis ; da er jedoch abends nach der Jagd nach Hause ritt, speiste er nicht bei Odilia und sah Martha, selten. Davon jedoch über­­zeugte er sich, daß Ecsedy der Fürstin nicht den Hof, machte, wie dies Klementine gehofft hatte. Banody, welchen die schöne Klementine Monate hindurch mit der Trauung vertröstete, wurde schließli­ches Wartens müde und erklärte geradezu, daß er zurücktrete,­ wenn an dem Tage, den er anberaumt, die Hochzeit nicht stattfinde ; länger wollte er sich nicht mehr zum Narren halten lassen. Das war abermals eine bittere Enttäuschung für Kle­­mentine, denn sie sah, daß dieses bereits der zweite Bräu­­tigam sei, welcher, ohne sie zu besigen,­­weiter­­leben könne. Doch noch bitterer wirkte diese Drohung auf; die alte Gräfin, die bei dem Gedanken eine lebhafte , Angst­ fühlte, daß die Heirat ihrer Tochter zum zweiten male zurückgehen könnte. Sie wünschte deshalb sehr, daß die Hochzeit, stattfinde, und gab im Leben das erste­ Mal Klementinen Unrecht. Klementine bemerkte sehr wohl, daß die ganze Familie sich von ihr zu befreien trachtete .Der­ alte Markus sprach es offen aus, daß er die Ansicht habe, Klementine­­ werde eine alte Jungfrau, werden. Mit Isidora lebte sie in einem kühlen Verhältnis, Julius gab Bansdy Recht, und­ Karoline behaup­­tete, daß sie einen besseren Gemahl als Bansdy nicht finden werde. F­­f. a / A

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