Kaschauer Zeitung, April-Juni 1892 (Jahrgang 54, nr. 39-74)

1892-04-02 / nr. 39

= iz Ex Be, Ar RE KE e ZIP RE arte ZD Eee Se TE Se RT EEE ESEL EBERLE 17508 FEINEN SRH RIEN TER ARE N Eee 4 4 2.0 _ Vierundfünfzigster Jah­rgang 1892. Bei Inseraten wird die sechsmal gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 5 kr. berechnet. — Inseratenstempel 30 kr. für jede Anzeige. | N­r. 39. = Kasc­hauer Zeitung. KASSA-EPERJESI ERTESITO. —. | Pränumerationspreis der „Kaschauer Zeitung“ ganzjährig fl. 5.—, halbjähr. fl. 288. vierteljähr. "Für Kashau : Mit Postversendung : ganzi. fl. 6.60, n A. 3.30, 3 Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag . und Samstag. A. 125 A. 1.65 Redaction und Expeditions-Bureau Kaschau, Hauptgasse Nr. 64. — Kaschau, Samstag 2. April, Pränumerationspreis der „Kas­auer Zeitun Für Kaschau : Mit Postver­sendung : ganz). A. 6.66 Bei Inseraten, welche größeren Raum einnehmen und öfter eingeschattet werden wird ein entsprechender Nachlaß gewährt. « viertel. % 1.25 KL. 1.65 ganzjährig fl. 5.—, halbjähr. | HE Reueste Nachrichten. Rußland. Tausende von audrangirten Gewehren sendet die Re­­tung nach Afghanistan und Turkestan, mit denen sich die Turkmenen bewaffnen. Es ist ein offenes Geheimniß, daß Letztere sich bald gegen Abdurrhaman erheben werden, der die Garnison von Balleh verstärke und Besitzung nach anderen Städten schicke. ő­r Justizminister Manasse­m hat in einem Zirkular sämmtlichen Gerichtspräsidenten im Weichsel- Gouvernement nachdrücklichst eingeschärft, die Polen fortan auf kei­­nerlei Gerichtsanstellung zuzulassen. — Nach Merw wurden zur Verstärkung der Garnison zwei Infanterie-Re­­gimenter, für welche Baraken hergestellt werden, abgeschirt. Deutschland. Staatsminister Bötticher's Demission wurde nicht angenommen und sprach ihm der Kaiser in der Audienz seine Anerkennung für sein bisheriges Wirken aus. Belgien. . Der gemäßigt klerikale Senator von Mecheln, Herzog von Ursel, wurde zum Minister de3 Reußern designirt. Großbritannien. In Folge der Ankunft von flüchtigen französischen Anarchisten in London werden von den Zollbehörden der britischen Häfen die zur Zit der Londoner Dynamit- Attentate angewendeten strengen Maßregeln gegen die Ein­­schmuggelung von Sprengstoffen wieder in Kraft geseßt. Frankreich. Der Anarcistenchef Ra­vac<h­ol wurde am­ 30. v. M. zu Paris vom Polizeicommissar Dress und 6 Agenten in einer Weinstude verhaftet, wo er früh sind­e. Nach verzweifelter Gegenwehr wurde er gefesselt ; er hatte zwei Revolver bei sich und rief während der Eskortirung : „Es lebe die Anarchie !“ Ravachol wurde mit seinen Komplizen konfrontirt, die ihn anfangs verleugneten ; endlich aber gestand er lachend die Identität zu ; er leugnet jedoch, der Urheber der jüngsten Dynamit-Attentate zu sein. In seiner Wohnung fand man einen falschen Bart, Schminke und falsches Silbergeld. Italien. Die Deputirten Galli und Rapadoposi krag­­ten am 30. v. M. in der Kammer Interpellationen ein über­­gebliche Angriffe, welchen italienische Fischer in Dalmatien ausgeseßt gewesen wären. Die Interpellan­­ten fragten, ob die Regierung Maßnahmen zum Schuße der Fischer ergriffen habe. Türkei. Die Pforte unterhandelt mit dem Khedide we­gen Abtretung der Halbinsel Sinai. Bulgarien. Die Regierung besteht nicht auf der Auslieferung Schis­manoffs, da sie einsieht, daß ihn die Türkei und gar Rußland so wie so nicht an­liefern würden. Rumänien. Die Journale veröffentlichen eine in revolutionärem Style gehaltene nationalliberale Resolution, wilde das Re­<t der Krone betreffend die Auflösung des Parlaments bestrei­­tend, das Land zum Kampfe gegen die Verfassungsverlegung aufruft. Afghanistan. Die Truppen des Emirs griffen die Stadt O3mar in Kafiristan an und zwangen die Kafirs sich zu unterwerfen. Nordamerika.. Der Senat ratifizirte den Vertrag hinsichtlich der schiedsrichterlichen Entscheidung der Behrungs­meer­­frage ohne Amendement. Dem Vernehmen nach beschloß die Regierung der Unionstaaten, die Vorschläge des Lord Salisbury betreffend die Erneuerung des modus vivendi anzunehmen, jedoc mit gewissen Einschränkungen bezüglich der Entschädigungsfrage. Brasilien. In der Provinz Matta Jl trag am 30. v. M. eine große Revolution aus. Aus dem Reichstage. Das Abgeordnetenhaus trat am 30. nach einer Un­­menge von Einläufen und Meldungen in die Bud­getdebatte ein. Referent Alexander Hegedüs beleuchtete die Glanz­­seiten, aber auch die schwächeren Punkte des Budgets, um zu der Särußfolgerung zu gelangen, daß noch immer die größte Vorsicht noththut, soll unser Staatshaushalt auf siche­­ren Grundlagen beruhen, namentlich muß die Reform mehre­­rer indirekter, aber auch einzelner direkter Steuern durchge­­führt werden. Ein übereilter Schritt und die gesammten finanziellen Errungenschaften stehen auf dem Spiele. Seitens der Unabhängigkeits-Partei motivirte nun Helfy deren Beschlußantrag, welcher die Ablehnung des Budgets bezweckt, nachdem er­ seine Bedeukens gegen das Budget selbst und gegen die finanzielle Lage zum Ausdruc gebracht. Ueber die Valutaregelung sprechend, bat er den Minister, darauf zu achten, daß aus diesem Unlasse keine neue gemein­­same Angelegenheit geschaffen und die Nation in der Bank­­frage freie Hand gewinne. Mit Tipa polemisirend, korrigirre Helfy denn aug mit Berufung auf Palßky, Klapka und Türr die allgemein verbreitete irrige Ansicht, als ob die Idee einer Donaukonföderation von Kossuth ausgegangen wäre ; derselbe war anfangs gegen diese Idee und entwarf seinerseits erst dann einen einschlägigen Plan, als die S14Y2 publizistisch aufgegriffen worden war. Dann aber suchte HA dem Finanzminister gegenüber die Durchführbarkeit des Pro­­gramms der Unabhängigkeits-Partei zu beweisen. Am Schluß der Situng richtete Ferdinand H­o­­ränßky an das Gesammtministerium eine Interpellation wegen einer Korrespondenz der „Kölnischen Zeitung“, in welcher vom Abgeordneten Julius Horváth behauptet wird, derselbe sei in die Opposition gegangen, weil Graf Szapáry ihm nicht mehr für­ materielle Begünstigungen gewähren wollte wie die frühere Regierung. Ministerpräsident Graf Szapáry antwortete, er sei für die Mittheilung eines fremden Blattes nicht verantwortlich, ebenso wenig sei dies­elbe vom Preßbureau inspirirt ; übrigens habe er weder als Finanz­­minister noch in seiner jenigen Stellung dem genannten Ab­­geordneten Vortheile gewährt, konnte ihn solche also auch nicht entziehen. Der Interpellant war mit dieser A­uskunft nicht zufrieden, weil der Ministerpräsident nicht a­uch im Namen der übrigen Minister gesprochen. Die nahm aber die ministerielle Antwort zur Renntatß. Majorit­ät . Am Donnerstag (31.) wurde die Budgetdebatt­e gesc­hloßen, nachdem nor Emil Bab 6 (1843-­) und Gcaf Apponyi, Gaäl und C­anady gespocchen. Auf Appony '3 Beschlaßantrag, den er nach Aus­­dru> seines vollsäindigen M­ zteauens gegenüber der Kraft und dem guten Willen der Regierung, auf Nichtannahme des Budgets stellte, antwortete G­al Szapáry, die Bereitwillig­­­keit der Regierung kundgebend, bei concreten Daten über Wahlmißbräuße (mit Bezug auf die Mitth. der Köln 3.) die Klärung solcher Fälle zu veranlassen. = Zum Schülupe empfahl Koloman Graf C 3 äky die Zips der Unterstüzung der Regierung. Lokal-Nachrichten. Ernennungen. — Alexander S­ip­p 8, Vicenotär in Ezer (Erlau), zum Notär am Arader Gerichtshofe ; Alexius Stephany zum Vizenotär in Besztercze (Bistriz) ; Nikolaus Danis­lovics zum Vicenotär in Munkács; Bela Ki3-Kori zum Gerichtskanzlisten in M.-Sziget. 3 — Generalversammlung. Der hiesige wohlthätige Frauenverein hält am 8. d. 3 Uzc im Rathhaussaale sein­e jährliche Generalversammlung ab, wozu alle Vereins­damen und Mensc­henfreunde höflichst eingeladen werden. Das Präsidium. Militärisches. — Laut Verordnungs­-Blatt No. 11 vom 30. März wurde transferirt: Lieut. i.d. Rd­. Vinzenz M­ans<ell von IR. 85 zu Nc. 5, in die Reserve übersetzt : Oberlieutenant Heinrich Berkovits Personalien. des FR. No. 5. — De. Peter Lorbeer hat seine Advokaturs­­kanzlei in das Haus No. 10, Löderersches Haus verlegt. — Der Intendant der landw. Lehranstalt Herr Gustav Cz­or­ba wird morgen Kaschau verlassen, um sich auf seinen neuen Bestimmungswort Kotztholy zu begeben ; derselbe hin­ I EI EEE EEE ELSEN Die heutige Nummer umfaßt 6 Seiten. Feuilleton. Offener Brief an Fräulein Lola. Gestatten Sie mir, daß ich Ihnen vor Allem mei­­nen herzlichsten Dank abstatte, für die hohe Ehre und das ganz besondere Vergnügen, welches mir durch Ihre zarte Aufmerksamkeit zu Theil wurde. Ich schäße mich überglücklich, daß Sie meine Gnädige, gleich den anderen vierundzwanzig meiner verehrten Freundinnen, sich meiner freundlichst erin­­nerten und mir vielleicht ganz unbewußt zu einem silbernen „Buzaszemek“-Jubiläum verhalfen. Nicht minder gerührt, anerkenne ich Ihre liebenswürdige Absicht, mir zur Touristen- Saison einen kostenfreien Ausflug nach den romantischen Ge­­filden des blassen Mondes zu ermöglichen. In der That, wenn auch alle hundert Schritte auf den 40.000 Meilen bis zum schelmischen Patron der Liebespaare eine Station stünde, mein Vorrath an Rundreise-C­o­up­on 2 (zu lumpigen 10 kr.) ließe mir den Luxus erlauben, in Ihrer seligen Beglei­­tung zu reisen. Und dies Alles verdanke ich eigentlich den armen, hungernden Rastelbindern in der Magura. Sind Sie überzeugt theuerste Freundin, daß kaum jemand mit den ar­­men Teufeln so mitfühlt wie ich, der, wenn die famosen Herr­­chen von der „Kaschauer Zeitung“ nicht bald aufhören, selbst, aus purem Mitgefühl, ein oberungarischer Nothleidender wird! Bitte, wollen Sie die Güte haben, den guten alten Bäcsi von einem Bankgouverneur der 10 kr. Banknoten, von mir bestens zu grüßen. Hoffentlich hat er endlich den Metallfond beisammen und hört auch bald mit dem Zetteldrue auf. Zur Valuta-Re­­gulirung der Kaschauer Bürger hat das hochlöbliche Comits verflucht wenig beigetragen. Im Uebrigen aber mache ich hier in Kukutyin die kritischen Tage mit der größten Seelenruhe mit. Was bedeutet so ein großmäuliger Wind gegenüber den Verwüstungen der Beschränktheit, die aus gewissen Verord­­nungen ins gesellschaftliche Leben hinausfluthen. I< verstehe nur zu gut Ihren Berger, daß Sie am Sonntag verhindert sind, zur Antispiritisten-Vorstellung zu gehen, und daß die hochlöbliche Behörde von Kukutyin keine zweite Vorstellung erlaubt ! Man will dem Theater durch Erlaubniß von nicht schaden ? ! Etwas Antispiritisten-Vorstellungen ist ja an der Sache, se touchent ! In den Antispiritisten-Vorstellungen Les extremes wird gegen die Geister gekämpft, während im Theater bei uns in Kukatyin gegen den Geist Schlachten geliefert werden. Produziert man in der Seance die Kunst ohne Geister, so bekommen wir hier Geistloses ohne Kunst ! Sehen Sie werthe Freundin, zur Dummheit gehört eben angeborenes Genie ! Ja die Kunst ! Da fällt mir Ihr Vorwurf über die zu sehr geschmeichelten Referate unserer Concert-Saison ein. Sie verübeln es also den armen Kritikern, daß sie so gerne ein Auge zudrücken, wenn sie vor dem zweiten das rosafarbige Monocle für Wohlthätigkeits-Leistungen eingezwigt halten ! Mein guter Himmel! Haben Sie [chon eine Bora aus der blauen Adria mitgemacht ? Wenn so gerade 2 Stunden vor dem Diner ein veritables Mal du­her ihr Inneres durchwühlt, die tiefsten Geheimnisse des Magens an das Tageslicht bringt u. Sie dann endlich freiaufathmend, matt u. s.wach, anstatt des superben Diners, ein Stück Sciffszwiebal zwischen Ihren Berlenzähnen zermahlen, halten Sie dies nicht für das herr­­lichste Gebäß, begehrenswerther als die duftende Linzer- und die epigramatische Pischinger Torte ? ! Sehen Sie Hochver­­ehrteste, ich sang in Sonetten Egon über dies Thema ! Die stürmische Bora des Elends und des Hungers dar<fur<te auch unser Gemüth, Verzweiflung und Hilferuf erregte das Mal du mer, und da bieten in Form opferfreu­­­diger Mitwirkung Kunst und Künstler . . . . . Schiffszwiebal ! Ist das nicht rühmenswerth ? Andererseits haben Sie voll­­kommen Recht ! ** behandelt das Clavier etwas zu manierirt, der Seber (ein Schelm) wollte manierlos schreiben ! AH ja, mit dem Schreiben ist's auch bald zu Ende, die Leute machen selbst zu viele Romane. Heute schreibt man nicht mehr Romane, man erlebt sie! Haben Sie theuerste Freundin nicht den ersten Musikkorso mitgemacht ? ! Sie werden doch die beiden Herrchen betrachtet haben, die, obzwar Rivalen, doch Arm in Arm dem Heinen zierlichen Tausendgulden-Kräutchen nachstiegen und ihr wahre vierundwanzigpfündige Blide zuwarfen. Die Leute scheinen es dem Grafen Andrassy abgegabt zu haben, der seine Freundschaft zu Gortschakoff illustrierend sagte : wenn ich mit meinem Feinde am Rande eines Abgrundes promenire und seine Absicht, mich hinab zu stürzen merke, umarme ich ihn. Aehnlich die beiden Mitgiftsjäger. Mittlerweile führt aber die kleine geheime Correspondenz mit einem . . . . Huszár ! Passen Sie­­ mal auf, was sich da entpuppt ? ! Sie geben in Ihrem lezten Schreiben Ihrer Verwunderung Ausdruck,­­ daß das Eheschließen bei uns so seh­en wird. Ja aufrichtig gestanden, freut mich dies ganz außerordentlich. Trozdem ich jon wieder,­­ bekannt sich jeden Frühling einmal verliebt bin. Es graut dem Menschen anständig, wenn er die vielen Ehescheidungs-Prozesse liest, die nach dem Braten des Leitar­­tikels und den zu verglaub­ten Torten der Feuilleton- und Consomme-Suppe der Tagesneitig leiten, als Assiete dann den Lesern aufgetischt werden. Ohne Reactionär zu sein, wünschte ich das Gesetz der Maria Medicis für unsere Heirathscandidaten beiderlei Ges­­chlecht3 angewendet zu sehen. Zur Zeit ihrer Regentschaft für die Minderjährigkeit Ludwig des XIII. nämlich mußte die hohe Versammlung der Notabeln in Paris vor Eröffnung ihrer Eigungssession drei Tage lang fasten. Die Verordnung hatte zur Folge, daß nur äußerst W­nige um die Ehre baten und der Zank und Hader der Versammlung für eine Zeit lang sistich wurde. Sehen Sie theuerste Freundin, lassen wir die Heirat hat Candidaten aufrichtig und ehrlich fasten, und mit der Liebe ist's bald vorbei! Wie vielem Unglück könnte da vorgebeugt werden. IH gedenke mir das Patent für diese Idee wieder auffrischen zu lassen. Wissen Sie schon weshalb Kukutyin mit einer chinesischen Mauer von Kasernen umgeben wird, die Spaßen zwitschern schon Uebrigens : „Es versuche der Mensch nimmer und nimmer zu schauen, Was die Götter bedeuten mit Nacht Aufs Wiedersehen beim Sonntags Fir und Grauen.“ o ZWE: Di DANAOT. .."' * » ea EE ATA

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