Kaschauer Zeitung, Oktober-Dezember 1896 (Jahrgang 58, nr. 113-150)
1896-10-01 / nr. 113
Kaschauer JNASCHAU, IJUULUISVAZ Mo VALUVVOL, Zeitung. KASSA-EPERJESI ERTESITÖ. Pränumerationspreis der „Kaschauer Zeitung“ ganzjährig fl. 5.—, halbjährig A. 2.50, vierteljährig A. 1.25 Mit Postversendung: ganzjährig fl. 6.60, halbjährig fl. 3.30, vierteljährig A. 1.65 Für Kaschau: Bei Inseraten wird die sechsmal gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 5 kr. berechnet. — Inseratenstempel 30 kr. für jede Einschaltung. | an 2 Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag u. Samstag. Redaktion und Expeditions-Bureau : Kaschau, Hauptgasse Nr. 64. Für Kaschau: Mit Postversendung: ganzjährig fi. 6.60, halbjährig A. 3.30, vierteljährig A. 1.66 Bei Inseraten, welche grösseren Raum einnehmen und öfter eingeschaltet werden wird ein entsprechender Nachlass gewährt. Pränumerationspreis der „Kaschauer Zeitung“ ganzjährig A. 5.—, halbjährig A. 2.50, vierteljährig A. 1.28 Neueste Nachrichten. Ungarn. Von mehreren Seiten wird übereinstimmend gemeldet, daß Minister-Präsident Bánffy das Auflösungsreskript für den Reichstag bereits in Händen hat und daß die Auflösung um den 10. Oktober bestimmt erfolgen soll. In der heute "Donnerstag" stattfindenden Ligung des Abgeordnetenhauses werden von der Nationalpartei und der Unabhängigkeitspartei Neuerliche Interpellationen, betreffend die Auflösung des Hauses, sowie wegen der Nichtbeachtung der staatsrechtlichen Stellung Ungarns bei der Eröffnung des eisernen Thores eingebracht werden. Oesterreich. vnd Der gegenwärtig in Veldes weilende Statthalter Dasoll anstatt des in Bonfion tretenden Appel nach Sarajevo kommen; zum Statthalter von Dalmatien soll General Pinter designirt sein. Deutschland. Trotz aller Dementis der lezten Zit ist der Rücktritt des Reichskanzlers Fürsten Hohenlohe beschlossen? Sache. Die Verhandlungen zwischen dem Kaiser und Reichskanzler, sowie wegen der Person des Nachfolgers sind bereits zum Absluß gelangt. Großbritannien. Salisbury hatte eine einstündige Audienz beim Czaren in Balmoral. Aus dem Vatican. Der Papst hat Monsignore Azarian aufgefordert, allen Einfluß aufzubieten, um die Pforte zur Annahme der gütlichen Rathschläge der Mächte zu bewegen. Gleichzeitig wurden die Nuntien und Legaten angewiesen, den Regierungen eine energische einheitliche Aktion zu Gunsten der Christen aus Herz zu legen. Türkei. Die malkonrente Bewegung in der mohamedanischen Welt beginnt sich neuerdings duch allerlei Symptome zu äußern. Ein in der Stambuler Mesernet Moschee vorgefundenes Plakat fordert zur Erhebung der Türken auf. In Skutari wurde eine rothe Fahne mit einer aufrührerischen, dem mohamedanischen Scheri entnommenen Inschrift saisirt. “Eine von jungtürkischer Seite massenhaft verbreitete, in Genf gedruckte Schrift enthält F etwas der Ulemas der Moschee Elezher in Kairo über den Sultan. Diese Erscheinungen steigern die Aufregung in der amtlichen türkischen Welt und veranlassen zahlreiche Verhaftungen. Local-Nachrichten. — Rothes Kreuz. Herr Stefan von Maléter ist mit 50 fl. als gründendes Mitglied dem Rothen Kreuzvereine beigetreten, wofür demselben von Seite des Vereins der innigste Dank ausgesprochen wird. — Personalien. Se. Excellenz FZM. Rovács de Mad besuchte am 29. v. M. die geronautische Abtheilung in der Millenniumsausstellung und machte mit dem Oberst des Generalstabscorps Ritter von Ziegler einen Ausstieg im Vesselballon „Hungaria.“ — Jubiläum Ladislaus Nevy's. Einer der populärsten und bekanntesten Pädagogen Ungarns, der Präsident des Landes-Vereins der Handelsschul-Professoren und Director der Budapester Handels-Akademie. Dr. Ladislaus Nevy, Schwiegervater des Herrn Professor Arthur Willmotter, begeht am 25. Oktober d. J. das Jubiläum seiner 2>5jährigen Lehrtätigkeit an der Budapester Handels-Akademie. Kaum ein zweiter in ganz Ungarn kann neben einer im Dienste des Schulwesens entwickelten intensiven Thätigkeit auf eine so vielseitige Wirksamkeit im öffentlichen Leben zurückliden, wie N 6vy y. Er war stets bemüht, dahin zu wirken, daß die Budapester Handels-Akademie, an der die Lehrsprache ursprünglich die deutsche, ein ungarisches Lehrinstitut werde, was sie auch geworden ist. Todesfälle. — Am 28. v. Nacht5 starb der Sohn des Eigenthümers und Herausgebers dieses Blattes, der 25jährige Karl Werfer junior nach einer langen Krankheit zu Budapest, wo am 2. d. — morgen - um 2 Uhr Nm. das Begräbniß am Centralfriedhofe stattfindet. Der tiefbetrübte Vater ist im Namen der Familie, welcher wir hiemit unsere innigste Theilnahme ausdrücken, zum Begräbnisse abgereist. — Am 29. v. M. verschied zu Abauj-Kenyhecz der Butäbefiger Herr Josef Horváth de Felsö-Mora im 68. Lebensjahre und findet dessen Beerdigung heute den 1. Oktober um *,4 Uhr all dort statt, tag den — Einkleidung von Klosterkandidatinen. Sonn 4. Oktober 7. Uhr Vormittag findet in der Kloster» fire der hiesigen ehrw. M. M. Ursulinerinen die Einkleidung der Kandidatinen Frl. Irma Jäger, Gisela Oravsky Aloysia Kölkedy Anna Ruby und Elisabeth Pohl statt. Die kirchliche Zeremonie vollzieht Se. Hw. Herr zi. Propst, Domherr Eduard von Medveczky. — Kirchliche Ernennungen. Der hw. Kaplan und Pfarr-Protokollist Herr Julius Aranyossy wurde zum Vicerector des bischöflichen Briester-Seminars ernannt und versieht die pfarrämtl. Protokoll-Agenden Hw. Kaplan Stefan JU € 8. Als Kaplan wurde zur hies. Pfarre Hochwürden Bela Derfinyak aus Nagy-Mißhaly. berufen. Ernennungen. — Josef Krauß zum Vicenotac beim Bezirksgerichte zu Hupt. — Georg Komlósy in M.Sziget, Josef Migaß in Szepespombat, Zoltán Mariassy in Torna, Georg Tamás in Halmi und Johann Harsányi in Erlau zu Kanzlisten. — Präseswahl in der isr. orthod. Gemeinde. In der am 27. dss. bei der hiesigen orth. isr. Gemeinde stattgehabten neuen Vorstandswahl ist der hiesige Weingroßhändler Herr M. Liebermann einstimmig zum Präses gewählt worden, nachdem der bisherige sehr verdienstreiche Präses Herr Simon Saarmann zum lebhaftesten Bedauern der Gemeinde zurückgetreten ist. Trauungen. — Samstag den 3. b. um 5 Uhr Nm. findet die Trauung des städtischen Beamten Herrn mit Fräulein Mari 8ka, Tochter des k. u. Finanzbeamten weil. Herrn Johann Klobassa statt. Hymen. — Herr Adolf Leitmann, Kaufmann in Kaschau, hat sie mit Fräulein Johanna, Tochter des Herrn Josef Burger verlobt. Militärisches. — In dem Militärvorbereitungscours für Einjährig-Freiwillige-Aspiranten des Herrn Johann Fabry (Rovácsgasse Nr. 52) beginnt der Vortrag am 5. Oktober, wobei wir bemerken, daß, dass auch solche Hörer meldeten, die schon zur nächsten Stellung gelangen, dieselben derart vorbereitet werden, daß sie die Prüfung schon im Monat Februar bestehen können. Die Einschreibungen dauern, wie wir schon bereits erwähnten, bis 15. Oktober. — Beurlaubung der Einjährigen. Die Reserve- Offiziersprüfungen sind überall beendet und die Meisten der Einjährigen stolzirten bis heute als Titular-Feldwebel oder Wachtmeister daher, legen aber heute den langen Säbel ab, denn heute werden sie sämmtlich beurlaubt ; mit ihnen rüsten auch Diejenigen ab, welche die Prüfung wohl nicht bestanden, aber durch ihre während der Dienstzeit bekundeten besonders Senilleton (Nachdru> verboten.) Das erschlossene „Eiserne Thor". Von Alex. Popodics. Zu den Festlichkeiten, welche anläßlich der Milleniums- Ausstellung in Budapst arrangirt worden sind, gehörte auch die feierliche Auflassung des „Eisernen Thores", j'nes Felsenriffes, welches kurz Hinter der Grenze Ungarn’ mitten durch die Donau vom serbischen nach dem rumänischen Ufer einen mächtigen Wall von Klippen und Riffen gebildet hat. Thatsächlich waren die Reaulirungsarbeiten scon im Frühjahr beendet, aber die offiziellen Feierlichkeiten wurden bis September vertagt, um in den Rahmen des Milleniums3 » Gepränged eingefügt zu werden. Und wenn diesem National- Feste “Icon die 400 Schulen, welche im Lande neu errichtet wrden, ein Denkmal seßen, dauernder dem Erz, so ist die Erschließung des Eisernen Thores als eine Kulturthat ersten Ranges zu betrachten. Die Donau, der zweitmächtigste Strom Europas (2900 Kilometer) legt der „Scifffahrt keinerlei Hindernisse mehr in den Weg, die Strecke ist frei von Passau bis zum swarz'n Meere ; eine Donaufahrt bringt den Reisenden durch Halb Europa, sie führt ihn aus den Thälern des Schwarzwaldes bis fast vor die Thore von Konstantinopel. Die Obere Donau von Regensburg-Straubing-Rasjau bis hinunter nach Ybb38-Wienungarische Grenze ist für viele Reisende keine terra incognita mehr, auch der Mittellauf bis Budapest hat die Beachtung der Touristen gefunden, welche er verdient. Aber der Unterlauf ab Belgrad, durch den Kasanpaß-Orsava-Eisernen Thor wird viel zu wenig aufgesucht, boßem er der interessanteste ist, welchen die Danubia überhaupt aufzuweisen hat. Er ist interessant sowohl wegen seiner düsteren und pittoresken Schönheit, als auch wegen seiner historischen Entwickelung. Als Kaiser Trajan (im Jahre 102) seine Legionen auf Holzbrücken durch die Stromenge führte, hat er sich's wahrscheinlich nicht träumen lassen, daß in knapp zwei Jahrtausenden ein eleganter Salondampfer der Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschaft ohne jede Fährlichkeit an der Stelle vorübergleiten werde, an welcher er den Felsen mühsam Schritt für Schritt Terrain abgewinnen mußte ! Das „Eiserne Thor“ bildet den Schluß einer ganzen Reihe von Felswänden, welche das Donaubett versperren und die ihre Vorposten in Gestalt des Felsens Babaka bis zur Insl Moldava vorgeschoben haben. Hier beginnt die Kataraktenstrebe, welche ohne Stoff zu lehrreichen Betrachtungen aller Art bietet. Unterlaß Gegenüber der maleristen Ruine Kolumbács liegt am ungarischen Ufer die „Kolumbacher Höhle“, der Schlupfwinkel der Kolumb cser Fliege. Dieses Insekt ist derart gefürchtet, daß die Bewohner der umliegenden Gegenden während des Sommers einen regelmäßigen Waßtdienst zum Schuß vor diesen Bestien eingerichtet haben. Sobald die wärmere Jahreszeit beginnt, schwärmen aus der Höhle ungeheuere Schaaren von Fliegen und überfallen das Vieh, das auf die Wide getrieben worden ist Den Mensen lassen die Kolumbäcker Fliegen in Ruhe, dem Vieh aber bringt ihr Stich sicheren Tod.€s sind schon wiederholt Anstrengungen gemacht worden, um die Brut des Insektes zu vernichten, aber dieselben haben den Erfolg gehabt ; wenn der Sommer ins Land zieht, beierscheint auch die ungarisch-serbische Tse-Tse-Fliege wieder und findet ihre Opfer. Das erste Scifffahrtshinderniß, welches beseitigt werden mußte, war die Granitbank Stenka, dann folgen die Slimmerriffe von Kozla und Dojte Die Kalkwände von Izlas und Tachtalia sind fegt beseitigt und an der Felsbloch am Steben hat dem Dynamit weichen müssen. Die Stromsgnete Jucz (Granit und Porphyr) war schon schwerer zu überwinden, aber der Arbeit der Bohrmaschinen vermochte auch sie nicht zu widerstehen. Nun folgt die merkwürdigste Stelle des ganzes Flußlaufes : die Stromenge von Kazan. Von rects und links treten hohe, steile Felswände bis an die Ufer. Während das Strombett kurz vorher gegen 570 Meter breit war, wird es ganz plößlich, ohne allen Uebergang, durch die Feldwände bis auf 180 Meter eingeengt. Die Tiefe der Donau ist an jener Stelle auf 70 bis 80 Meter festgestellt . Am linken Ufer, in den Felsen gehauen, läuft die Széchenyi-Straße, rechts sind neg die Spuren der Trajan8-Straße bemerkbar. Etwa zwei Meter über der Hochwasserlinie ziehen sie zwei Reihe von in die Felsen gehauenen Löchern dahin. Die größeren dienten „anno dazumal“ zur Aufnahme der Tragbalken, die kleineren zur Befestigung der Stoßbalken. Der Holzweg schwebte also zur Hälfte über dem Strome A) der Imperator das műthsesige Werk vollendet hatte, ließ er eine Gedenktafel am Fels anbringen. Dieselbe ist noch Heute gut erhalten und würde Wind und Wetter gefropt habe, wenn nicht muthwillige Verschänzungen stattgefunden hätten. Die ferbtige Regierung erbarmte si endliH des antiken Schaßes : unter sachkundiger Leitung wurde die Tafel gereinigt, ausgeliefert und mit neuer Aufschrift versehen. Der überhängende Fels ist derart ausge Beh daß er eine natürliche Schubwand für die Inschrift ildet. Die Dampfer der Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschaft haben im Kazan-Paß keine Anlegestelle, wer die Tafel näher besichtigen will, muß einen Tag Zeit nebst einigen Gulden= zetteln opfern. IH brachte dieses Opfer um so eher, als mein Reisebegleiter ein Amateur-Photograph war, der alles auf seine Platte brachte, was an Bord umherwimmelte. Ihm verdankt iH eine Aufnahme der Tafel, die wiedergegesben sein mag getreu dem Original : Tapula, Traiang Imp. Caesar. Divi. Nervae F. Nerva Traianos Avg. Germ. Pontif. Maximos Trib. Pot. III triaebas. Der Dampfer erreicht nach einer halben Stunde Fahrt die legte ungarische Station : Orsova. Von hier ist die Regulirung des Eisernen Thores geleitet worden, denn hier errichtete der „Stab“ der Ingenieure seine Zote, soweit er nicht auf dem Felde der Arbeit zu verbleiben hatte. Das gefürchtete Eiserne Thor liegt hiet hinter der Türkeuninsel Ada-Kaleh zwischen dem serbischen und rumänischen Ufer. Vom serbischen Ufer aus beginnend schiebt si, wohl an zwei Kilometer breit, gegen Rumänien mitten durch den Strom die Prigada-Bank, welche ein Meer von Klippen, Felsspizen und Riffen bildet. Zwischen den Steinzaden schäumt und brodelt der Strom in reißendem Lauf. Kein Sciff vermochte diese Strebe zu passiren, es wäre sonst unrettbar verloren gewesen. Die Bemannung war umso mehr dem Untergang geweiht, als jede Hilfeleistung unmöglig war. Die Donau ist da uin nicht mehr das „zahme“ Flüßchen wie bei Passau und Linz, sie ist ein mächtiger Strom geworden. Wer sich ihr muthwillig anvertraut, ist verloren, er erleidet einen Schiffsruch. Der Gedanke, dieser so bösartigen Stelle der Donau ein anderes, ruhigeres Bett anzuweisen, ist Jahrzehnte lang lebendig gewesen, aber die Ausführung ist erst jegt erfolgt, nachdem am 15. September 1890 der erste Sprengschuß am „Greben“ durc das Flußthal gehalt war. Der ungarische Minister von Baross hat diesen Schuß abgefeuert, wie denn überhaupt Ungarn die Initiative immer ergriffen hat, sobald es galt, der Schönen blauem Donau zu Hilfe zu kommen. (S3luß folgt.) Késés