Kaschauer Zeitung, April 1897 (Jahrgang 59, nr. 38-44)

1897-04-01 / nr. 38

. Neunundfünfzigster Jahrgang 1897, Kaschauer Zeitung. KASSA-EPERJESI ERTESITO. Pränumerationspreis der „Kaschauer Zeitung“ ganzjährig fl. 5.—, halbjährig fl. 2.50, vierteljährig fl. 1.25 Mit Postversendung: ganzjährig A. 6.60, halbjährig A. 3.30, vierteljährig A. 1.65 Für Kaschau: Bei Inseraten wird die sechsmal gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 5 kr berechnet. — Inseratenstempel 30 kr. für jede Einschaltung. Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag u. Samstag. Redaction und Expeditions-Bureau : Kaschau, Hauptgasse Nr. 64. Kaschau, Donnerstag 1. April, ganzjährig fl. 5.—, halbjährig A. 2.50, vierteljährig A. 1.25 Pränumerationspreis der „Kaschauer Zeitung“ Für Kaschau: Mit Postvergendung: ganzjährig fl. 6.60, halbjährig A. 3.30, vierteljährig 4. 1.65 Bei Inseraten, welche grösseren Raum einnehmen und öfter eingeschaltet werden wird ein entsprechender Nachlass gewährt. TREE 27 Einladung zur Pränumeration auf die „Kaschauer Zeitung“ für das II. Quartal 1897. Erscheint : Dienstag, Donnerstag und Samstag. Pränumerations-Preis: Viertelj. mit Postversend. fl. 1.65 für Kaschau fl. 1.25 Halbjahr. „ A fl.3.30 „ s fl. 2.50 Gang. „ 5 fl. 6.60 , 2 1.5. “ Inserate finden nugbringendste Verbreitung, da unser Blatt in Kaschau fast in­ jedem Hause und im­ ganz Ober­­ungarn bei der Intelligenz verbreitet ist und dadurch einen stabilen Abonnentenkreis errungen hat ; dieselben haben deshalb auch stets sicheren Erfolg. Probe-Nummern gratis und franco ein. Die p.t. auswärtigen Pränumeran­­ten werden ersucht, bei Erneuerung der Pränumeration der Bequemlichkeit und Vereinfachung wegen sich gefälligst der Postanweisung zu bedienen. Die Administration der „Kaschauer Zeitung“, Kasc­hau, Hauptgasse 64, senden wir auf Verlangen 10) ) dx u: ee SCH VÖGELSNESTGL­EEN Neueste Nachrichten. Eine Konferenz am 29. vM der Gesand­­tem beim zössischen Besandten Oau in Stambul hatte den Zwe, den Wortlaut der an die griechische Regie­­rung zu richtenden Kollektivnot­e festzu­­stellen, worin diese aufgefordert wird, die Zurückzi­e­­hung der an der Grenze konzentrirten Truppe­n anzuordnen Eine gleiche Rote soll der türkischen Regierung überreicht werden. Die Zurücziehung soll von beiden Seiten gleich­­zeitig erfolgen. Beide Mächte hätten dieser Aufforderung nachzukommen, widrigen,als über deren Haupt­­häfen die Blod>dade verhängt würde. Sollte sich eine Macht weigern, so würden Zwangsmaßregeln gegen sie allein ergriffen werden. Ungarn. In Szigetvár hat am 28. eine Volksversammlung statt­­gefunden, in welcher Ritter Rudolf v. Biedermann neuerlich zum Abgeordneten kandidirt wurde. Der­­selbe ist in Fünfkirchen und wurde nach eine Deputation von seiner Kandidirung verständigt. In Rosenau hat die Opposition, welche sich aus Anhängern aller Parteischaftirungen rekrutirt, in einer Sonntag fon Julius stattgehabten Konferenz beschlossen, gegen den Gra­ Undraffy einen Kandidaten in der Person des­­ Gutsbesitz1s Andor Mariässy, der ehemals als Abgeordneter der Unabhängigkeitspartei angehörte, aufzustellen. Oesterreich. Der Reichsrath wurde­ am 29. durch Se. Majestät eröffnet ; in der Thronrede wird der Aufgaben gedacht, welche im Parlamente durchgeführt werden sollen und das ver­­trauensvolle Zusammenwirken der Mächte zur Erhaltung des territorialen status quo betont. Fraakreich. Die Kammer ertheilte ohne Abstimmung, aber nach langer Debatte, die Bemächtigung zur gerichtlichen Verfol­­gung jener Abgeordneten, welche in die Panamaaffaire ver­­widert sind, vertagte jedoch die Benennung der Untersuchungs­­commission in dieser Affaire. Türkei. In Skutari d'Albania ist eine gefährliche zwischen Muslims und Katholiken eingetreten, welche Spannung letztere­r eine Moschee entweiht haben sollen. Kreta. As Zivilgoueerneur der Zinsel sol ein Belgier oder Holländer berufen werden. In Rethymo entstand am 29. v. ein Kampf zwischen Insurgenten und Türken, welch letztere es verhinderten, daß die abgesandten engl. und ruf, Offiziere den Insurgenten die Proclamirung der Autonomie bekannt geben konnten. Jede Macht hat nog 800 Soldaten beizustellen. 1 = 0 200002 27222 EVET ARE TEK Aus dem Reichestage. Am 29. v. M. meldete der Borfigende des Abgeord­­netenhauses, daß Karl Morzcányi (der neugewählte Ablegat des hauptst. VII. Bezirkes) und Rudolf Bieder­­mann, dessen Wahl in Szigetvár angefochten wurde, ihre Mandate zurückgelegt haben, dermann Protestirenden ihre Kosten ferner daß die gegen Bie­­erseßt haben wollen. Nach Unterbreitung eines die Zsombolyaer Vicinalbahn betreffenden Actes durch den Minister Daniel und nachdem noch Abt Molnár seine gestrigen vom Gin. Stefan Tipa miße­rstandenen Worte erklärt? und der Vorfig’nde für einen von gepfeng gestern gebrauchten Ausdruch (hazugság) nachträglich demselber dem Ordnungsruf ertheilte, begann Karl Kal­mann eine zweistündige Rede gegen das jenige Regierungssystem, besonders gegen das Triumph­at C3 ály , Bänffy und Tipa und schließt mit dem Wunsche, die Regie­­rung möge zu Gott zurückkehren. Graf Stefan Ti­ß­a fordert den Vorredner auf, das Urtheil des Hauses zu provoziren, statt er sich selbst zu vin­­diziren ; seine Stellung bei der „Adria“ stehe mit seiner politischen Wirksamkeit nicht im Widerspruch, Kalmann meldet hierauf den Grafen Tißa, Karl Hieronymi und Lukas Engedy Stefan als diejenigen an, deren Stellungen bei der Agrarbank mit dem Abgeordnetenmandate unvereinbar seien. (Die Meldung wird dem Inkompatibilitätsausschusse zugewiesen.) Josef Farkas, der wegen der Kirchenpolitik von der Regierungspartei zur Volkspartei übertrat, acceptirt die Bors­lage nicht ; ebenso A. M­a­c­k­y (Volksp.) welcher behauptet, die Volkspartei sei liberaler als die Regierung, denn sie habe die Erweiterung des WahlreGtes im Programme . Exzesse Einzelner seien niit auf Conto der ganzen Partei zu legen. Auf Antrag Bänffy's wurde beschlossen, tag die Duozenddeputation zu wählen, am Donners­­. Am­­ 30. vM. nahm noch Graf Johann Zichy an der Appropriationsdebatte theil, indem er den vom Gra­­fen Albin Csáky gegen die Volkspartei erhobenen Beschul­di­­gungen entgegentrat und alles negirte, was dieser vor­ge­­bracht hatte. Zuletzt gab er seinem Mißtrauen gegen die­ Re­­gierung Anspruch, die Hierauf hielt der Ministerpräsident eine längere Rede, er mit einer Anekdote schloß, in welcher er Victor Hu­­go'8 Freund zu den in Belgien si aufhaltenden Gegnern Napoleons III. sagen läßt: „Was jammert Ihr ? Warum achtet Ihr Napoleon gering, diesen auf Frankreichs Throne fig­nden Kaiser ? Be so denket , wenn er ein so so wählic­her, unfähiger Mann ist, dann beweist dies nur, daß Ihr noch schwächer, no< unfä­­higer seid.“ Er wolle seine eigene Kraft, seine eigene Fähig­­keit nicht messen , aber er bitte aus dem Gesagten den Schluß zu ziehen, welcher der Opposition gut dürft und ihn auf den Abgeordneten Polónyi zu beziehen. Referent schußberi<t und beanzichtigt die Volkspartei, daß deren Mit­­glieder hier im Hause Alles, was ihnen zur Last gelegt wird, in Abrede stellen, während außerhalb desselben von ihrer Seite nichts geschieht, um Diejenigen zu des­avouiren, welche ich Mißbräuche zu Schulden kommen lassen. — Karl Eötvös, befaßte sich in seinem Schluß­­worte vornehmlich mit der Rede des Minister-präsidenten und meldete, daß seine Partei in den nächsten Tagen einen Antrag einbringen werde, laut welchem es den Mitgliedern der Gesdhgebung gestattet sei, in die zwiscen der Regierung und einzelnen Instituten abgeschloss­­en Verträge vom Ge­ ul pt vertheidigt nochmals seinen Aus Senilleion. Das Findelkind. Bon A. Zlleny: „Nun ja, ja, Kindchen ! Werner sprach vorgestern abends hier auf der Terrasse sehr fess­end über dieß Ding. Ia für mein Theil verstehe blutwenig davon Lilien. Wenn mir Staub in die Kehle kommt, dann huste ich so lange, bis ich ihn herauskriege, und ich für mein Theil vermeide ihn, so viel ich kann, trog aller neuen Forschungen, fegte er iro­­nisch hinzu. Es war rein zum rasendwerden, der Onkel Felix be­­hielt immer ,das legte Wort. Lili ballte die kleine Hand zur Faust, aber wohlweislig in der Tasche ihres Kleides. Wie­­ unbequem doch manchsmal so ein Eckonkel werden konnte. Sie suchte verächtlic die Achseln und warf einen flüchtigen Blick auf die ewig mit einer langweiligen Stickerei beschäf­­tigte Tante. Der Onkel Präsident s<lummerte imm­er noch, Rose blieb unsichtbar, dafür kam jedoch Werner auf die Villa zu ; Lili schlüpfte rasch in den Salon. Schon ehe der junge Fabriksherr die Terrasse erreichte, tönte ihm der gedämpfte Klang eines mit großer Kunstfer­­tigkeit gespielten Bravourstücks entgegen. Er blieb auf der lezten Stufe stehen und lauschte. Er kannte das Stil genau, er selbst hatte es oft gespielt, und nun hörte er aufmerksam zu, denn er wußte, welche Schwierigkeiten zu überwinden wa­­ren, um es so sicher und klar zur Geltung zu bringen, wie es Lili im Salon b­at. Nicht lange­ zögerte er , Onkel Felix nichte neuerdings schlaftrunfen mit dem Haupte, Tante Hermine war in das Zählen ihrer Kreuzstiche ganz vertieft, er konnte keinen gün­­stigeren Moment finden, um möglichst unbemerkt in den Sa­­lon zu treten ; leise Öffnet­­er Sein erster Bli> fiel auf die Thüre und trat ein, das goldhaarige Mädchen, welches ihm­ den Rüden zuwendete, sein zweiter auf einen an der Wand gegenüber hängenden riesigen Spiegel, in welchem er ihr volles Bild sah. Er blieb gefesselt stehen. Er wußte, daß Lili siö­ war, und wog schöner zu werden ver prach, und daF entzüdte ihn das wunderliebliche Bild, welches ihm aus dem Spiegel entgegen strahlte, doch seinen hinreißenden Zauber, dur einen Zauber, der nicht nur bedingt wurde dur die unzah­lhafte Regelmäßigkeit der Züge, sondern vielmehr noch duch einen ganz eigenartigen, schalkhaften Ausdrug, der diesen Zügen eigen war, durch das bald träumerische, bald spottsüchtige Lächeln der feingeschnittenen rothen Lippen, durch die stahlblauen, duch ihren Ausbruch ewig wechselnden Augen, welche unter langen goldenen Wim­­pern hervorsahen, durch die quersilberne Grazie, welche in jeder Bewegung der jungfräulich zarten Gestalt lag. Lili von Saliß spielte, trog ihrer großen Jugend sehr fünftfertig, selbst die überschnelle Bewegung der Hände und Finger, welche über die Tasten fortflogen, strengte sie nicht an, und darin lag der Hauptreiz ihres Spieles. Jetzt war das Stück zu Ende; Lili saß einen Augen­­lili träumend da, dann senkten sie ihre Hände abermals auf die Tasten, sie mußte den wechselnden Gefühlen, die in ihrer Seele wogten, einen Ausdrug geben. Was sie spielte, sie wußte es nicht, die Töne rauschten durcheinander, sie lösten si harmonisch auf in ihren Phan­­tasien ; sie spielte träumend, ganz der Gegenwart entrüdt, die Töne waren die Worte, welche sie an ihren Kindergespie­­len, F­r­anz richtete, und melche Franz weder hörte, noch verstand. Da vernahm sie Geräusch hinter sich, sie sprang auf, ihr erster Bli> traf Werner. Er hatte hinter ihr gestanden, sehr reichte er ihr in tiefer Bewegung die Hand. In seinen Augen schimmerte es feucht. „IH danke Dir, Lili," sagte er weiß, „sag an, hast Du dieses Stür für mich gespielt?“ So mächtig der Eindruck war, den Lilis Spiel am mei­­sten vielleicht auf sie selbst gemacht hatte, so rast wurde er abges<wäc­ht doch Werners Gegenwart. Sie fühlte sich peinlich berührt durch seine Worte und eine helle Blutwelle ergoß sich über ihr reizendes Gesicht. „Um der Wahrheit die Ehre zu geben, Werner, ich wußte gar nicht, daß Du da standest.“ „Aber Du dachtest dog an mich, Lili, sprich,“ drängte er, ohne ihre schlanken Fingerchen frei zu geben. „Gedanken sind zollfrei,“ sagte sie nedisch, „auf die kann keine bewaffnete Macht lauern, vnd auch Du­­ wirst es aufgeben müssen, sie mir von der Stirne sefen zu wollen, das dulde ich nicht, nie!" Sie war so seltsam erregt, troß ihrer zur Schau ge­­tragenen Schelmerei und dabei funkelten ihre unergründlichen Augen wie Werner in Thränen, gab ihre kalten Hände frei und trat einen Schritt zurüc. „Berzeih’, ich habe mich geirrt und beging ein Unrecht Dich in Deinen Phantasien zu stören ; eigentlich wollte ich bloß wissen, was Du mit Franz hattest. Du liefst so auf« geregt der Villa zu.“ Er hatte sie also beobachtet und glaubte am Ende, sie sei wahrhaftig in Franz — nein, das durfte Niemand ahnen !­­­a. Wenn Lili von Salig liebenswürdig sein wollte, konnte sie es sein — so hatte der Onkel Rath oftmals gesagt , jedenfalls wollte sie es an diesem­ Tage sein und sie war es, und bezauberte Werner Hartmann vollständig. Sie plauderte so harmlos und unbefangen, so reizend gab sie Franzens „Verliebtsein“ zum Besten, sie war dabei so Herzlich und zu­­thunlic­ ß, daß Werner gar nicht umhin konnte, nach und nach seine kühle Reserve aufzugeben. — Aber zu einem vertrau­­lichen Wort kam der Besitzer von Fabrikshof heute nicht mehr und auch in den nächstfolgenden Wochen nicht . Lili verstand es, sch aalglatt durchzuwinden sobald Werner auf ein so gefährliches Thema lossegelte, sie umging jede Klippe und ihre wunderschönen Augen flammten oft auf im bitteren Spott, oft auch in sinnverwirrender Verheißung. Werner litt unter diesem ikindischen, koketten Spiel. Sein Auge hatte den seltsam flimmernden Glanz bekommen, den er nur zeigte, wenn er stark erregt war, das sonnige Lächeln, welches ihm eigen war, spielte selten um seine Lippen. Eine innere, schwer zu unterdrückende Unruhe schien ihn zu quä­­len, und sie machte sie auch geltend, wenn er seine Geige im Arm hielt und spielte. Oft meinte Felix Dähn, er höre aus den zügellos wilden Tönen den Angstschrei eines tief ge­­marterten Herzens, dann wieder fühlte er sich fortgerissen in ein wirres Tonc­haos, zwischen zubelndem Glü> und tiefem Leid. Aehnliches empfand auch Rose, die oft, wenn Werner spielte, so tief bewegt war, daß ihr flimmernde Thränen in die dunklen Augen schoßen und oft und ofte richtete sich ihr kindlicher Bli> in stummer Frage auf Lilis ewig wechselnd? Züge, als müßte sie dort die Lösung dieses Räthsels finden. /Fortsezung folgt.) | 7

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