Kaschauer Zeitung, Oktober-Dezember 1898 (Jahrgang 60, nr. 114-152)

1898-10-01 / nr. 114

. 83 4 | TESTER pi. ; € => Be ie a a TT. RA Pe ae u; SR He ge Sechzigst Kaslchauer Zeilung, KASSA-EPERJESI ERTESITÖ. er Jahrgang 1898. Nr. 114. Kaschau, Samstag #. October. Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag. Redaction und Expeditions-Bureau : Kaschau, Hauptgasse Nr. 64. Pränumerationspreis der „Kaschauer Zeitung“: Man pränumerirt am besten direkt und mittelst Postanweisung. N I zzz eze sal Mit Postversendung _..­ _.. ...­anzjährig fl. 5.—, halbjährig 1 2.50, vierteljährig N. 1.25 --- ganzjährig fl. 6.60, halbjährig 0. 3.30, vierteljährig fl. 1.65 Bei Inseraten wird die sechsmal gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 5 kr. berechnet. Inseratenstempel 30 kr. für jede Einschaltung. Inserate werden in ungarischer u. in deutscher Sprache aufgenommen. Neueste Nachrichten. Ungarn. An Stelle Albert Berzeviczy's, der, falls er am Sams­­tag wieder zum Vizepräsidenten des Abgeordne­­tenhauses gewählt wird, diese Würde nicht annimmt, ist Neichstagsabg. Koloman Kardos ausersehen.­­ Oesterreich. Die Obmänner der Linken beschlossen, die e­­r­st­e Le­sung der Ausgleichsvorlagen zuzulassen. Die Deutschen sind dagegen und wollen sich dem obi­­gen Beschlusse nicht fügen. Handelsmin. Dr. Baernreither hat demissionirt. Rusland. Rußland wird sich keinesfalls an den gewaltsamen Schritten gegen die Türkei betheiligen, obgleich von engli­­scher Seite ein sehr energisches Vorgehen gefordert wird. Die russische Regierung ist der Kretafrage schon müde und wünscht, daß der Sultan den Prinzen Georg als Gouverneur annehme. Andere Vorschläge werden die Unterstüzung Rußlands nicht finden. Deutschland. Die deutsche Regierung hat Frankreich offiziell verstän­­digt, es sei dem Oberst Schwarzkoppen gestattet worden, in Paris oder auf der französischen Botschaft in Berlin als Zeuge eidlich erklären zu dürfen, zu Dreyfus seiner­lei Beziehungen gehabt zu haben. Frankreich. Botschafter Paul Cam­bon wurde von Constanti­­nopel nach London verseßt. Wegen der Dreyfusaffaire stehen Veränderungen im Ministerium bevor. Als im ersten Volksraad vom 27. v. M. der Antrag eingebra<t wurde, allen Rechtsan­wälten, welche nicht Bürger der Republik sind, die Lizenzen zur Ausübung der Praxis zu versagen, erschien Prä­­sident Krüger und bat, den Antrag zurückzuziehen, da er gegen die Londoner Konvention verstoße, welche die Freiheit Italien. Die Regierung erlaubt dem Obersten in der Dreyfusaffaire als Zeuge nach Paris Panizardi, zu gehen, wenn er verhört werden soll. Transvaal. des Handels für die Angehörigen aller fremden Länder vor­­sehe. Der Antrag wurde mit 19 gegen 6 Stimmen abgelehnt. China. Der Vizekönig von Tschili, Yüln ist von Tientsin nach Peking verlegt worden. Wie Kan­g-Y­u-M­ee i sich äußerte, besteht zwischen Yüln und dem Kaiser eine bittere persönliche Feindschaft. Die Kaiserin-Mutter erläßt weitere Edikte, durch welche Mitglieder der Reformpartei geächtet werden. — Gegen drei Anhänger Kang-Yu-Mei's ist die Untersuchung unter der Anklage eröffnet worden, daß sie sich gegen die Kaiserin-Mutter verschworen hätten und­ mit den Führern des Aufstandes in Südchina in Verbindung stünden. Chile. Die Kammer nahm in erster Lesung den Gejegentwurf betreffend das Abkommen mit Pe­ru an, welches sich­ auf die Abtretung der Provinzen Ta­cna und Arica bezieht. Auf dem Reichstag. Am 29. v. M. wurde im Abgeordnetenhause der Ge­­legentwurf über das Andenken der Königin () nach einer glänzenden Rede des Referenten Si­v­ak im Allgemeinen und im Detail ohne Bemerkung angenommen. Am 30. v. M. erfolgte die dritte Lesung und die­­ Feststellung der Wahl des Bureaux auf Samstag. Albert Berzeviczy wird wieder zum Vicepräsidenten gewählt werden, aber die Wiederwahl nicht annehmen. *) Der Gefegentwurf lautet : Gefegentwurf ! die gejegliche Inertitulirung des An­kens der verewigten Königin Nachdem der unerforschliche Wille des Allmächtigen Elisabeth. Ihre kaiser­­liche und königliche Majestät die Königin Elisabeth aus der Reihe der Lebenden gerufen, verewigt die Legislative das Andenken der Verklär­­ten in Folgendem : 8­1. Sie mnartikulirt das mit dem Danke und mit der Pietät der Nation bewahrte gesegnete Andenken unserer heißgeliebten verewig­­ten Königin, des wohlthätigen Genius des Vaterlandes in das Gesetz. 8­2. Sie beschließt die Errichtung eines der Verewigten würdi­­gen Denkmale in der Hauptstadt des Landes — mit Inanspruchnahme der auf dem Wege der im ganzen Lande freiwillig eingeleiteten Samm­­lungen einfließenden Beträge — und daß zu diesem Behufe die no­t­­wendigen Verfügungen durch Entsendung einer Landeskommission sofort getroffen werden sollen. 8 3. Weber die getroffenen Verfügungen, das Resultat derselben und über die Angelegenheit des Denkmals überhaupt ist beiden Häusern des Reichstages am Schlusse eines i­ jeden Jahres Bericht zu erstatten insolange, bis nicht das Denkmal thatsächlich errichtet sein wird. 8 4. Dieses Geieg tritt nach der Verkündigung sogleich ins Le­­ben ; mit dem Vollzuge desselben wird das Ministerium betraut, übe den Die heutige Nummer umfaßt 6 Seiten. 7Local-Nachrichten. — Kreuzeinweihung. Am 29 v. M. -- Donners­­tag 10 Uhr wurde das neue Kreuz am Centralfriedhofe ein­­geweiht. Nachdem um 9 Uhr in der Sanct-Michaelcapelle — als am Tage des Erzengels Michael — durch den Pfarr­­stellvertreter Probstdomherrn Stefan Le­s 8­k­6 eine Insular­­messe celebrirt wurde, zog die mittlerweile meist aus den Gläubigen der Vorstädte sich gebildete Prozession unter Vor­­antragung der Kirc­henfahnen zum Centralfriedhofe, wo auch Se. Hochw. Stefan Les5k6 in Begleitung des Magistrats­­rathes Julius Eder und des Kirchencurators Andreas Grega eintraf. Das imposante majestätische Kreuz gereicht dem Dom- Bildhauer Zeno­ner, der die schöne lebensgroße Christus­­figur, und dem Dom-Steinmetzpolier Franz Hasc­hek, der das Postament und das schöne Kreuz fertigte, ferner dem Hln. Magistratsrath Julius Ed­er zur Ehre, der es auf dem schönsten Plaße gerade inmitten des Friedhofes aufrichten ließ, von wo es, sehr weit sichtbar, besonders gut ins Auge fällt. Während der Einweihung umgaben die Gläubigen das Kreuz und als Se. Hoch wurden Lessky auf die Stufe des Kreuzes trat und zuerst in ungarischer, dann in slavischer Sprache über das Thema „Wir werden auferstehn" sprach, der Stadt für ihre edle Widmung und dem Bürgermeister und Magistratsrath Eder für deren Fürsorge dankte, weinte das Bolt und gab schluchzend seiner dankenden Anerkennung dafür Ausdruck, daß inmitten des Friedhofes diesen das Zeichen des­ Christenthums ziert. Jett fehlt nur noch die Kapelle und eine kleine Glocke ; es steht jedoch zu hoffen, daß zur Freude der Gläubigen dort auch bald die Todtenmessen wer­­den gelesen werden können.­­­­ Die Gedenktafel an Baron­-Szabs David, welche südlich vom Thore des Prämonstratenserhauses ange­­bracht wurde, wird am 16. dss. feierlichst enthüllt werden. — Am 6. Oktober wird von unserer patriotischen akademischen Jugend auch heuer das Andenken an die 13 Märtyrer feierlichst begangen werden. Nach dem Trauergottesdienste wird im Akademiesaale Herr Franz P­app (IV. Jahrg.) die Festrede halten, Herr Josef Neuwirth (II. Jahrg.) ein Gelegenheitsgedicht deklamiren und der Gesangschor des Instituts unter Leitung des E. u. Rathes Herrn Lorenz Jm­re mehrere Piecen exekutiven. Feuilleton. Eine Herrschernatur. Novelle von Gisbert von Wrede, 6) Er küßte sie, indem er ihr die Hand reichte, die sie jedoch festhielt. „Ich möchte aber so gern wir, Feodor, das kann Dich doch nicht stören. Ich mache mich ganz rasch fertig“, bettelte sie und sah ihn zärtlich an. . „Nein, es geht nicht, daß Du mitgehst. 34 habe es Dir doch eben erklärt". — Es klang schon etwas gereizt, was ihr nicht entging und ihren Troß wachrief. — „Erklärt hast Du gar nichts. Weshalb soll ich denn nicht mit? Wie kann Dich das stören ?" „Gott im Himmel, es stört­ mich aber, weshalb ist doch ganz gleichgültig !" sagte er ungeduldig, fügte aber begüti­­gend Hinzu: „Also finde Dich darin und erwarte mich". Er beugte sich vor, um sie nochmals zu küssen. Sie­­ :" kam ihm aber diesmal nicht entgegen. a „Dann will ich Dich wenigstens hinbringen und nach­­her Läden besehen“, bestand sie auf ihren Willen. „Allein ? Das geht nicht". „Geht nicht ?" echote sie. „J< bin doch kein kleines Kind, Feodor". „Es ist mir aber unsympathisc, Dich allein auf der Straße zu wissen. Ich wünsche, daß Du hier bleibst. Und­­ damit gut." Seine Stimme klang fest. „Hier im Hotelzimmer, nein, hier bleibe ich nicht. Das­­ ist mir zu langweilig. Dann gehe ich eben allein aus". „Das wirst Du nicht thun“, sagte er unerbittlich. Doch, ich kann thun, was ich will", erwiderte sie eigensinnig. “ „Bera“ erklang es warnend und drohend zugleich. Sein Gesicht hatte einen finsteren Ausdrug, die Augenbrauen zogen sich zusammen. „Ich will, daß Du hier bleibst, und Du wirst Dich fügen“. „Nein“, kam es tragig von­ ihren Lippen. „Ich gehe aus, ich habe keine Lust allein hier zu bleiben“. „Ganz wie Du willst,“ sagte er kalt und verließ das Zimmer. Vera hörte den Schlüssel im Schloß knirschen Sie traute ihren Ohren nicht und rüttelte an der Thür. Vergebens. Da brach sie in Thränen aus. „Eingeschlossen, eingeschlossen hat es mich. Wie ein dummes Kind. Oh, das soll ihm nichts wüßen. Nun gehe ich gerade aus". Sie schellte. Der Kellner klopfte: „Bitte, schließen Sie die Thür mal auf, Herr Car­tatoff hat den Schlüssel aus Versehen eingestedt”. „Verzeihung, gnädige Frau. Wir haben seinen zweiten Schlüssel und als der gnädige Herr weggingen, sagte er ausdrücklich, die gnädige Frau schlafe und solle unter seinen Umständen gestört werden, deshalb nähme er den Schlüssel mit"­ „Es ist gut". Vera brachte es mühsam heraus. Sie war vor Wuth ganz blaß geworden. Das hatte er ja herrlich gemacht. Sie sann vergeblich darauf wie sie entkommen könnte, denn die Thür mit Gewalt öffnen lassen, hätte sie vor den Hotelbediensteten doch zu sehr blamiert. Es war zum rasend werden. Vergeblich versuchte sie zu lesen, immer fing sie von neuem an zu weinen vor Berger. So ging die Zeit hin und Feodor kam zurück. Er begrüßte sie: „Nun wollen wir eine Tasse Thee trinken.“ Sie rührte sich nicht „Nun, hast Du seinen gemacht ? Zeit genug hattest Dn doch". Er sah sie an. „Hm, hm, geweint“ machte er. „Ja, das hättest Du Dir Alles ersparen können“. Sie fing von Neuem zu weinen an, und zwischen dem Schluchzen kam es heraus : „Ver den Kellnern schämst Du Dich nicht, deine Frau zu blamieren. — Es ist empörend. — Ein anderer Mann würde sich freuen, wenn seine Frau ihn begleiten wollte ; aber Du —­ neues Schluchzen — „Du“ — „Du bist ein Unmensch, sag' es nur“. „Du brauchst mich nicht auch noch zu verspotten“, sagte sie immer noch weinend. Er sah sehr ernst aus. Ich habe Dir schon gesagt, daß Du Dir das Alles hättest ersparen können, wenn Du einfach gutwillig hier geblieben wärst. Du selbst hast mich gezwungen, Dich so zu behandeln. Ja habe Dir als Braut gesagt, ich verlange von der Frau, die mich liebt, daß sie sie mir fügt, und sage es Dir heute nochmals. Davon werde ich nicht einen Deut zurückweichen. Versuche nie wieder, Dich gegen meinen Willen aufzulehnen, so wirst Du mich nie anders kennen lernen, als von der liebenswürdigen Seite. Trog und Eigen­­sinn lasse ich mir nicht gefallen. Das solltest Du doch wissen. In Zukunft richte Dich danach. — Nun gieb mir eine Tasse Thee; 7 „I< bin nicht Deine Sklavin“. — „Schön, ganz wie Du willst“. Er setzte mit der größ­­ten Gemüthsruhe seinen Hut wieder auf, und verließ das Zimmer. Diesmal schloß er nicht hinter sich ab. Er mußte, jegt würde sie es denn doc nicht wagen, auszugehen. Vera begriff ihn erst, als er schon fort war. Sie wollte rufen, aber sie vermochte es nicht. Thränen erlitten ihre Stimme. Vom Weinen erschöpft blieb sie ruhig fißen und starrte mit den rothgeränderten Augen vor sich hin. Sie grübelte und redete sich in einen förmlichen Haß gegen Feodor. Diese Tyrannei, und das ihr, Vera Paulowna ! Der angebeteten, verwöhnten Vera ! Die Alles umschmeichelt und verzogen hatte ! Warum hatte sie auch so schnell Ja gesagt? Von vornherein hatte er sich den Vortheil verschafft, ihr nicht zugeredet, ja nicht einmal um sie geworben zu haben. Sie war ihm ja bei seiner ersten Frage in die Arme gesunken. Er hatte weder gekniet noch gebeten, er hatte einfach gefragt. Und um ihn, der sie fasciniert, nicht auf immer zu verlieren, hatte sie zu allem Ja gesagt. Nun sollte sie ihr ganzes Le­­ben zu allem Ja sagen Das hatte sie nun davon. Eben hatte er es­­ noch deutlich selbst ausgesprochen, in seiner unerträglichen, halb spöttischen, halb gleichgültigen, kalten,­­ harten Weise. Und er würde genau derselbe bleiben, bis sie sich fügte. Sie seufzte. Das Schmollen half auch nicht, er ging einfach fort Wenn sie nicht die ganze Reise verderben wollte, mußte sie sich zusammen nehmen. Jetzt wollte sie sich zur Ruhe begeben und morgen ihmn, als ob nichts vorgefal­­len. Das würde das Beste sein. Mit dem Entschluß ging sie zu Bett, aber der Schlaf wollte nicht gleich kommen. Immer kehrten ihre Gedanken zu dem Punkte zurück. Feodor. Er liebte sie, darüber war kein Zweifel, aber zu beeinflussen war er nun einmal nicht. Er konnte auch ohne sie existiren, das bewies er jeden Tag. Sein Wille galt. Wenn sie sich dagegen auflehnte, so war er hart und kalt wie Stein. Seine Liebe schien erloschen. Ehe er sich änderte, würde er auf sie ver­­zichten. Je leidenschaftlicher er war, konnte er selbst auf ihre Liebe scheinbar leicht verzichten , gab es denn nur keine Macht, ihn zu fesseln. ? (Fortsezung folgt.) [/ WERNE ERES WER -

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