Kaschauer Zeitung, Juli-September 1903 (Jahrgang 65, nr. 74-112)

1903-07-02 / nr. 74

- ; ' . mn gm — IT j Fünfundsechzigster J­ahrgang. Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag. Recaction und Expeditions-Bureau : Kassa, Hauptgasse Nr. 64. Donnerstag, 2. Juli 1903 Bei Inseraten wird die sehesmal gespalten Petitzeile oder deren Raum mit 10 h. berechn­­­e „3.30 KASSA-EPERJESI ERTESITO. Abonnementspreise des Blattes: für loco mit Zustellung in's Haus ganzjährig K 10.—, halbjährig K 5.- , vierteljährig K 2.50 für das Inland mit Postversendungen „ Be ÖVE „ 6.60. Man pränumerirt am Besten direkt und mittelst Postanweisung.­­ Inserate werden in ungarischer u. in deutsch Sprache aufgenommen. en­t waere TN un TE — Einladung zur Pränumeration auf die „Aaschauer Zeitung“ (KASSA-EPERJESI ERTESITÖ) für das III. Quartal 1903. Erscheint : Dienstag, Donnerstag und Samstag. Pränumer­ations-Preis: Ganzj. mit Postvers. 13 Kr. 20H. für Kassa 10Kr.— H, Halbj. » ” a 7­007. 78 „ O , — , Viertels. „ 4 32, 730%. Ba Inserate finden uugbringendste Verbreitung, da die Kaschauer Zeitung in Kassa fast in jedem Hause und in ganz Oberungarn bei der Intelligenz verbreitet ist und dadurch einen stabilen Abonnentenpreis­etzungen selben haben deshalb auch stets sicheren Erfolg­ hat ; die­ Probe-Nummern senden wir auf Verlangen g­ra­tis und franco ein. Die p.t. auswärtigen Pränumeran­­ten werden ersucht, bei Erneuerung der Pränumeration der Bequemlichkeit und Vereinfachung wegen sich gefälligst der Postanweisung zu bedienen. Die Administration der „Kaschauer Zeitung“. Neueste Nachrichten. Ungarn. Ministerpräsident Coloman SzEel hat sich am 26. v. nach Rätet begeben ; er verbat sich jede Abschiedsaufwartung, sowohl von Seite der Partei, als auch der Beamten. Das neue Ministerium ist das alte geblieben, blos an Stelle des Honvedministers Fejérváry ist GM Desider Kolozsvári und an Stelle des Ervin Czech Nicolaus Tomasies getreten. Das Ministerium a latere für Graf Jul. Szapáry­­ versieht nebst dem des Innern der Ministerpräsident. Die Mi­­nister wurden nach Eidesablegung am 29. im liberalen Club­­­ geziemend begrüßt. Das Handschreiben des Königs an Coloman Szél ist besonders huldvoll, das an Br. Fejerváry einfach ge­­wöhnlich ; derselbe soll Commandant der neureformirten ungarischen Leibgarde werden. Beim Abschied aus dem Hon­­vedministerium meinte Fejerväry : „Es ist vorbei, ich habe die Schlacht verloren und gehe!“ Die Unabhängigkeitspartei beschloß in einer Konferenz am 29. v., in der großes Mißtrauen gegen den neuen Mi­­­nisterpräsidenten laut wurde, sich von diesem nach jeder Richtung eingehend orientiren zu lassen. Franz Kossuth wurde aus seiner Partei hinausge­­sprengt und Barabás übernahm das Präsidium der Un­­abhängigkeitspartei.­­ Baron Bánffy nimmt scharfe Stellung gegen das neue Cabinet ; er will Neuwahlen, den einsprachigen unga­­rischen Nationalstaat und Parlamentreform. In Croatien kam es in Kunovez (Bez. Ludbrey) am 26. v. zu schweren Ausschreitungen der Bauern; vier der­­selben wurden von der Gensdarmerie getödtet, 3 schwer und viele leicht verlegt; 28 wurden verhaftet. Oesterreich. Am 25. v. wurde im alt. Auftrage der Reichsrath vertagt. Russland. Kaiser Nikolaus genehmigte die Bittgesuche von 79 Finnländern, die sich im Jahre 1902 der Wehrpflicht­­behörde nicht gestellt hatten, um Gestattung der nac­hträg­­lichen Ableistung ihrer Wehrpflicht und gewährte ihnen Straflosigkeit. Gleichzeitig stellte der Kaiser es dem Generalgouverneur von Finnland anheim, ale Wehr­­pflichtigen, welche sich im Jahre 1902 nicht gestellt hatten und ihre Handlungsweise aufrichtig bereuen, straflos aus­­gehen zu lassen und sie ebenso, wie die erwähnten Bittsteller un­mittelbar in die Miliz einzureihen. Finanzminister Witte wurde zum Staatskanzler ernannt, welcher Posten seit Gortschakoff unbelegt war. Der Regierung der vereinigten Staaten wurde no­­tifizirt, daß man den Beschluß des Präsidenten Rosevelt, eine Bittschrift jüdischer Bürger wegen Kischenew der russi­­schen R­gierung zu übermitteln, tief bedauere, diese Petition werde übrigens zurückgewiesen werden. Deutschland. Am 28. v. M. wurde zu Ehren der amerikanischen Escadre in Kiel ein Festmahl abgehalten, bei welchem Kaiser Wilhelm auf den Präsidenten Roosevelt, die amerikanische Marine usw. teasterte. Im Reichstage haben die Sozialdemokraten 32 Site errungen und kommen mit 81 Mann ins Parlament. Italien. Wegen den in der Kammer von 60 sozialistischen De­­putirten laut angekündigten Kundgebungen gegen den Czar, die zu verhindern der Minister des Innern ohnmächtig ist, demissionirte derselbe. Der Czarenbesuch dürfte auch wohl unterbleiben . Die Kammer nahm in geheimer Abstimmung das sechs­­monatliche Budgetprovisorium mit 241 gegen 92 Stimmen an. Montenegro. Man will den Erbprinzen Danilo zum Verzicht auf die Thronfolge zu Gunsten des beliebteren Prinzen Mirko veranlassen, der auch der Liebling des Fürsten Nikita ist. Griechenland. Lewis übernimmt das Ministerium des Innerr Kalageropulos8 das Justizportefeuille, Stefan­opulos die Marine und Lombardos, das Unterrichts­portefeuille Ministerpräsident T­eotokis wird interimistisch das Kriegsportefeuille übernehmen. Marokko. Die Truppen des Sultans unter dem Befehl des Kriegsministers El Menebhi haben bei Tazza in Folge Verrathes der Kabylen eine sch­were Niederlage erlitten. Der Verlust wird auf 300 Mann geschoßt. Arabien. Der Scheik von Saada hat als „Nachfolger des Profeten“ die Feindseligkeiten gegen die türkischen Truppen in Yemen begonnen. Somaliland. General Maning ist ohne Widerstand zu finden, in Damote eingerückt; der Mullah soll geflüchtet, sein Anhang desorganisirt sein. Von anderer Seite wird eine große Niederlage der Engländer gemeldet, deren Offiziere fast sämmtlich (39 vor 42) gefallen sein sollen. TIER TERN Aus dem Reichstage. Am 30. v. M. stellte sich das neue Ministerium dem Abgeordnetenhause und dem Magnatenhause vor. Pichler, Vazsonyi, Zolt, Lengye­l und Bolt. Papp begrüßten den kroat. Minister Nic. Tomasics in böhm­sscher Weise (derselbe­ hat 1, 3. die Meinung ge­­äußert, nur ein 20 Millionen Magyaren zählendes Ungarn habe zur eigenen Commandosprache ein Recht). Bei Ent­­wicklung des Programmes duch den Ministerpräsidenten Grafen Karl Khuen-Heyderváry unterbrachen denselben bei dem Passus, der von der wegen Herstellung der par­­lamentarischen Ordnung geschehenen Suspendirung der Wehrvorlagen handelt, Ugron und Bäzsonyi welche nebenbei auch höhnisch­ die Kossuthpartei fragten, ob das ihr Sieg sei, während Letterer den Ministerpräsidenten rüde apostrofirte. Die Kossuthpartei rief „Er hat uns an» geschmiert ! Er lügt!" , 38mvio Tomasics" „Abzug Tomaftes“ „Abzug Banus!" Nur mit Mühe beendete der Minister­­präsident sein Programm, in welchem er sich streng an die Fußstapfen Szell's halten will. Seine Rede wurde mit Elsens von­ der liberalen, mit Zsm­­os von der linken Partei honorirt. Franz Kossuth erklärt, daß er dieses Programm für sein glückliches halte und daß seine Partei in den na­tionalen Forderungen nicht nachgeben werde. Graf Johann Zichy sieht in­ dem Bankrott des alten Systems die cristliche Tendenz im neuen Curse. Franz Nagy vertheidigt den Liberalismus, indem auch die Erfüllung der nationalen Aspirationen enthalten sei. Béla Barabás will erst morgen reden, weil heute die Kossuthpartei noch konferieren wird. — Eingereicht werden die Entwürfe über die Quote und die Rekrutirung. (31.) unter "alle Feuilleton. Dunkle Lebenswege. Roman von E. Eiben. Nachdru> verboten. Als das Paar sich entfernt hatte, huschte der Zwerg aus seinem dustigen Verste>, dem blühenden Bosquet, her­­vor und nahm in der Laube Plat. Er zündete sich eine­r Cigarre an und paffte drauf los, als gelte es, sich in einen undurchdringlichen Wolkenschleier zu hüllen. Wie ein Kobold zusammengekauert, in den Augen zuckende Blige, brütete er finster vor sich hin. Seine dunkle Seele schien nach Licht zu ringen .Plötzlich sprang er von der Bank, schleuderte wüthend den Rest der Cigarre auf die Erde und zerstampfte ihn mit ‚dem Fuß, imer in den Scuft, den — den — dep — 9­ er ist „So, so," keuchte er dabei, „so möcht' ich den Freiherrn sein Ausbruch schlecht ! — Gone­­ Kanaille !“ . Er legte sich der Länge nach auf die Bank, die Hände unter den Kopf und starrte hinauf zu dem Blätterdach. Nach einer Weile murrte, brummte und schalt er vor sich hin: „Ic. hielt ihn für einen Leichtfuß, der toll in den Tag hineinlebt — und ein solcher Herr paßt zu meinen Passi­­­onen. — Erst neulich, als seine Liebe, die Klara, in den­ je "Käfig kam, erwachte in mir der Verdacht, er könne sie zu der Unterschlagung verleitet haben, vielleicht gar ein Dieb fein und ich nahm mir vor, hinter die Wahrheit zu kommen — jegt zweifle ich nicht mehr an seiner Schuld! — Wart' nur, wart nur! 34 werd's schon herauskriegen, Du Schelm! Kommt body dabei meine eigene Haut in Frage! — Die Sarah ist gar nur dumm, wenn's auch eine dumme Ge­­schichte ist, daß sie mich für einen Galgenprinzen Hält! Sie soll es mir noch eines schönen Tages abbitten, sag' ich, so wahr ich wieder aus der Gänsehaut gefahren bin, die sie mir mit ihrem Verdacht angezogen hatte. Der räthselhafte Kassenbote hängt gewiß mit der Diebesgeschichte zusammen. Vielleicht war's der Freiherr selbst — er verkleidet sich ja oft, wenn er auf galante Abenteuer ausgeht. Will mal unter seinen Kleidern herumstöbern, ob ig da nicht den abgelegten Kassenboten finde. — Ein Mörder soll er sein?! Mir gruselt's! Ic­h traue ihm das Allerschlimmste zu. Wenn er anfängt, mich fürchterlich zu finden, könnte er auf die Idee kommen, mich den Teufel grüßen zu lassen. Wie wenn er gewisse Flaschen Wein vergiftete? Hu! J< erwische eine davon und sterbe wie eine Ratte im Kellerlos. Das wäre unangenehm, Gnom, darum — trint’ seinen Wein erst dann, wenn dem Pudel ein Theil davon gut bekom­­men ist!“ Er schwieg wieder und sann wag. Plötzlich leuchteten seine Augen im hellen Vergnügen auf. „Gefunden !" jubelte er: „So — so geht's ! So bist Du mein und des Henkers, gnädiger Herr! Und haben wir Beide Dich erst beim Kragen, rettet Dich kein Teufel mehr ! Herrlich, herrlich !" fuhr er, sich die Hände reibend, fort. „Der Gnom wird Dir zeigen, gnädiger Herr, daß er Dir trog seiner Winzigkeit gewachsen ist! Ja, ja, Gnom! Er­leg’ ihn, wie der kleine David den großmächtigen Goliath und halte als siegreicher König Deinen Einzug in das Herz einer Israelitin! Hahaha! Schöne Sarah! Dein Postillon d'amour darf sie das schon erlauben! Zur Liebe werd’ ich Dich noch zwingen ! Zur Strafe dafür aber, daß­­ Du mich für einen schwarzen Sünder hälst, sollst Du mich einst versilbern, damit meine Unschuldsfarbe wieder zum Bors­schein kommt. Hahaha!“ Weber en unwunderlichen Gedankengang lachte er in ausgelassener Freude auf,­­drehte sich dabei auf die Seite, und rollte von der Bank auf den Boden. „Das heißt umsonst eine Priefe bekommen — Hazi !" sagte er, ein paarmal niefend. „Der Skaub scheint hier ja der beste Schneeberger zu sein, nach dem Prideln in mei­­ner Nase geurtheilt. Hazi! Hazi! Uebrigens freu’ Dich, Gnom," fuhr er fort, während er sich erhob, „Du hast Deinen Plan selbst beriefen müssen, ein Beweis dafür, daß er herrlich gelingen wird, — Nun geh’ aber heim, "­ ist Zeit! Sieh’ nur, der Himmel schminkt sich schon, der Tag macht Toilette.“­­ Nachdem er sich sorgfältig abgestäubt hatte, schlich er zur Pforte, kletterte hinüber und kam mit dem ersten Son­­nenstrahl zu Hause an. Er legte sich ins's Bett, nahm seinen dort schon sclummernden Pudel zärtlich in den Arm, rollte sich wie ein Murmelthier zusammen und bald schnardten Beide mit­einander um die Wette. 16. Eine Schuldurfunde, Freiherr von Leo ging als Kassenbote verkleidet in die Stein’sche Fabrik, um dem Auftrage des Bankiers Cohn gemäß den Wechsel einzulösen. Er übergab dem Kassirer Weber ein Päd den Banknoten im Betrage von zehntausend Mark. Weber richtete die uns bereits bekannten Fragen an ihn und brauchte ihn dadurch einen Augenblick aus der Fas­­sung. Der Freiherr entfernte sich hastig, nahm aber das dunkle Gefühl mit sich, daß der Kassirer irgend einen Ver­­dacht gegen ihn gefaßt habe. Auf dem Heimwege nichte er zufrieden vor sich hin, ein Lächeln des Triumphs lag auf seinem Antlig. „Den Vogel werden wir bald im Käfig haben und da mag er sehnsüchtige Lieder an die schöne Sarah singen,“ sagte er zu sich. „War ein genialer Gedanke“ von mir, ihn der Mitschuld an der Unterschlagung der Klara verdächtig zu machen. Sollte sie das Märc­hen von einem gewissen Kaufmann Werner auftischen, der wahrscheinlich ihr Ver­trauen getäuscht und sie überlistet habe bei jenem Zusam­­mentreffen, so verstärkt es vielleicht noch den Verdacht gegen Weber und Werner sind Namen von verwandtem Klange — die überklugen Richter dürften die Träger leicht für identisch halten, namentlich,­­ wenn Klara und Weber sich in die sonderbarsten Widersprüche verwideln, was nicht aus­­bleiben kann. Die Widersprüche wird man aber nur durch das Bestreben sich rein zu waschen, erklären können. Das vermehrt den Schein der Schuld wider Beide und­­ der je heutige Nummer umfaßt 8 Seiten. .

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