Kaschauer Zeitung, April-Juni 1913 (Jahrgang 75, nr. 36-73)

1913-04-01 / nr. 36

Fünfundsiebzigster Jahrgang. Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag Redaktion und Expeditions-Bureau: Kassa, Fö-utca No. 64. Chefredakteur: Dr. BELA KEMENY Abonnementspreise für loco mit Zustellung i in's Haus Ganzjährig K. 10.—, Ysjährig K. 5.—, Yajährig K. 2.5€ Für das Inland mit Postversendung:: Ganzjährig K. 13.20, und K. 6.60, ans K. 3.36 Rundschau. Ausland. König Ferdinand hat seinen Ein­­zug in Adrianopel gehalten. Bei der Erstürmung Adrianopels sind 17 Paschas, 1220 Offiziere und 50.000 Mann in Gefangenschaft geraten.­­ — Rußland hat an Montenegro die Warnung gerichtet, von der Beschießung Skuteris abzu­­lassen. Nikita erklärt, daß er vom Besitz Skutaris nicht abstehe. Die europäische Lage wird hiedurc eine sehr ernfie. — Die verbündeten Balkanstaa­­­­ten haben die Mediation der Mächte angenom­­men. — Die Botschafterkonferenz für die Ver- | mittlung im rumänisch-bulgarischen Streitfalle | durfte ihre Arbeiten im Laufe der nächsten | Woche beeudigen. Allem Anscheinte nach wird Bulgarien die Abtretung Silistrias an Rumänien | geraten werden. — Die Leiche des griechischen Königs ist in Athen schon angelangt. Die Bel­­­erbigung wird wahrscheinlich Donnerstag statt­­finden. — Der Attache der öft­-ung. Gesandte schaft in Rom, Erbprinz Vinzenz von Windisch­­gräß, hat sich dortselbst erschaffen. Inland. Ministerpräsident Lukács wurde vom König in Audienz empfangen. Die Gerüchte über seine Demission wie auch über die Demission des Honvedministers Hazai werden energisch der­mentiert. — Erzherzog Josef Franz, der älteste Sohn des Erzherzogs Josef, wurde am 28. März­­ 18 Jahre alt und errei­he dadurch seine Groß­järigkeit. — Ritter Ludwig d­’ Elvert gew. Chef der Szombathelyer Filiale der Oeff.-Ung. Bank wurde wegen Wechselfälschung verhaftet. | | : | ! | | : | | | | 20. a ee. ai | Ingenieurnot bei den Htaats­­bahnen. Dor einigen Tagen haben wir erst­­ an dieser Stelle von der Ueberfüllung | gesprochen, welche in allen Kategorien­­ der Staats- und sonstigen öffentlichen Beamten herrscht. Es müssen die unglaublichsten An­­­strengungen gemacht werden, um auch nur zu einer schlecht bezahlten Diuinisten­­­­stelle zu gelangen. Unter solchen Ver­­hältnissen ist gerade­zu erstaunlich, daß die kgl. ung. Staatsbahnen schon seit­­ Jahren an einem Ingenieurmangel leiden, der früher oder­­ später zu einer Krise des technischen Dienstes an diesem volks­­­­wirtschaftlich und kulturell­­ so hervor­­ragend wichtigen Institut führen muß. Die Sache kam so, daß als vor Jahren­­ Industrie und Handel einen plötlichen lebhaften Aufschwung nahm, ist ein großer Bedarf an den verschiedenen J Ingenieurkategorien entstanden. Diese­­ Unternehmungen absorbierten einen großen Teil der Abiturienten unserer einzigen technischen Hochschule und haben ihre J­ungieure sehr gut, viel besser als der Staat bezahlt. Man kann es daher den­­|­jenigen Ingenieuen­ nicht verübeln, wenn | | | "inger Dienstzeit als Oberingenieur mit einem Gehalt in Pension zu gehen, den die private Industrie in manchen Bran­­­­chen als Anfangsgehalt bezahlt. Die absolvierten Techniker haben da­­her schon in den letzt verflossenen Jahren einen förmlichen Boykott gegen die Staatsbahn erklärt, der nur in sehr wenigen Fällen gebrochen wurde.­­ Aber nicht nur an jungem Nachwuchs mangelt es den Staatsbahnen, sondern gerade die besten, hervorragendsten Köpfe, in der Praxis bewährte Fachmänner verlassen in der letzten Zeit fluchtartig den Dienst der Staatsbahnen um in die Dienste von solchen privaten Unterneh­­mungen zu treten, welche Gelegenheit hatten ihre Fachkenntnisse bei Verhand­­lungen usw. kennen zu lernen. Für die wirklich krassen Verhältnisse der Staatsbahningenieure ist es bezeich­­nend, daß genau die Hälfte aller Jage­­. in der untersten, der staatlichen X. entsprechenden Gehaltsklasse konzen­­triert ist, und die beiden untersten Ge­­­­haltsstufen fast drei Viertel aller Inge­­nieure enthalten. Beinahe noch schlechter ist aber rela­­tive die Lage der insgesamt 13 leitenden Männer der Staatsbahnen, deren Be­­­­hälter schon seit Jahrzeiten von aller sie eine Karriere meiden in der ihnen Regulierung unberührt geblieben sind. úgy "SUR na: winkt ER: 36 ea So­ae der Di­elagSpräsident „Der Feuilleton. Die Einsamen. Novellette von O. Czitinski. (Feuilleton der „Kaschauer Zeitung“). (Nachdrug verboten.) Vor Sven Nilsens Haus lag Tork, der Hunt­ und sonnte sich. Faul sich rekelnd, blinzelte das struppige, kleine Tier in die Lichtflut um sich. Hier gab's so wenig, was seine Aufmerksamkeit erregen konnte. Erst als sein Herr in der niedri­­gen Tür erschien, wandte der Hund den Kopf, gähnte, erhob sich so wanzwedelnd und schlich sich an seinen Herren heran. Der beachtete das Tier ni<t. Finster blidie Swen Nilsen in die sonnige Landschaft hinaus. Zu seinem lichtblonden hübschen Gesicht und seiner Regengestalt paßte die finstere Miene so fe<t. Allein Sven Nilsen war ein vereinsamter Mensch. Nicht immer war er ein so finsterer, unzugänglicher Geselle gewesen. Allein Helga, sein Weib, hatte Unglüc und Schande über ihn gebracht. Sie hatte sich mit einem anderen eingelassen und Mann und Kind in Stich gelassen. Die Nemesis hatte sie erreicht — sie war verdorben und gestorben. Doch was wüßte das ihm? Jett saß er hier in der Ein­­samkeit, allein mit des mutterlosen kleinen Inge — ein verbitterter, freudloser Mann. — Exe hatte alle Brüden hinter sich abgebrochen und war hierher gezogen, um sich und seinem Kinde hämisc­hes oder mitleibiges Geschwäg s fernzuhal­­ten. Allein wie sol ein Mann — nor dazu mit einem kleinen Kinde — allein mit der Wirtscaft fertig werden? Da gehörte ein Weib hinein. Sein Töcher<en bedurfte der Pflege, weiblicher Fürsorge. Bisher hatte er sich immer gesträubt , jetzt hatte­­ er doch nachgeben müssen. Da war drüben, jenseits des Sands, sein Vetter — ein armer Lehrer. Der hatte einen Haufen Töchter. Eine davon mußte ihm aushelfen. Er hatte offen seine Bedingungen ges­­tellt. Nur eine ruhige, fleißige Person, die auf jeglichen Umgang verzichte, könne er brauchen — keine Lebenshungrige. Und der Vetter hatte ihm geschrieben, die Karen werde kommen. Die eigne sich wohl am Besten von seinen Töchtern für das ernste Amt. Karen sei 38 Jahre alt und habe gewissermaßen mit der Jugend abgeschlossen. Jetzt war die Karen unterwegs und er hatte sie nur vom Dampfer abzuholen. Er hatte die kleine Inge, die gehorsam seine Hand faßte und neben ihm hertrippelte. Ihnen nach s<li< Tork, der Hund. Nach einer Stunde standen sie auf der Randungsbrüde, just als der Dampfer herankam Forschend Überblidte Swen die wenigen Passa­­giere, die hier ausstiegen. Ein großes schwarzes Mädchen fiel ihm auf. Es war Karen. Sclicht trat sie auf ihn zu und reichte ihm die Hand. Dem Kind fuhr ihre große Hand leicht über den Scheitel. Swen nahm den leichten Reisekorb auf die Schulter, waren das Kind an die Hand und so zogen sie, gefolgt vom mißtrauisch knur­­renden Tork, nebeneinander des Wegs. Anfangs wartete Swen auf die vielen Fragen, die jetzt auf ihn einstürmen würden. Das war doch Weiberart. Aber Karen schien gar nicht neugierig. Mit ruhigen­ Augen sah sie in die Gegend hin­­aus und nur zuweilen nichte sie der kleinen Inge freundlich zu. Da fing Swen selbst an zu reden. In knappen Worten schilderte er sein­ Leben hier und ihre Pflichten. Sie müßte sich nichts — rein gar nichts erwarten. Im Winter seien sie abgeschlossen von der Welt. Verkehr habe er keinen. Das Land ernährte ihn und eine Ziege sorge für Mil — zwei Schweine würden im Jahr gesc lachtet — außerdem wären da Hühner und Tauben. Sie hörte ruhig, ohne 5.0 Gesicht­­ zu verändern, zu. Ihre Scweigsamkeit reizte ihn. Fast brüsk verwies er sie auf Inge Die Kleine brauch, |

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