Kaschauer Zeitung, Juli-August 1914 (Jahrgang 76, nr. 74-88)

1914-07-02 / nr. 74

604 Sechsundsiebzigster Jahr lang [e halle 1% "Zeit : KASSA KARLAERERJES] ERTESITÖ­­­­­en für loco mit Tolle ion Hanse ins Haus: Ganzjährig K 10.—, 1/7jährig K 5.—, Y/sjährig K 2.50. Für das Inland mit Postversendung : Ganzjährig K 13.20, 1/sjährig K 6.60, 1/4jährig K 3.30. ur (Be PUER Peer wa jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag. Redaktion und Expeditions-Bureau: Kassa, Fö-utca No. 64. WII CEGE DEZE Bei Inseraten werden die Preise nach Tarif berechnet. Inserate werden in ungarischer und deutscher Sprache aufgenommen. Ei Nr. 4 Donnerstag, 2. Juli 1914. 224 Se ESt Ser ERRERITTEREN EEE Der Thronfolger Franz Ferdinand und seine Gemahlin tot. * N Vor­ wenigen Monaten brachten Zei­­tungen, Flugschriften und Prachtwerse die Freubensnachricht Erzherzog Franz Ferdinand, Oesterreichs zukünftiger Kai­ser und Ungarns König werde sein fünfzigstes Lebensjahr vollenden. Mehr noch als sonst richteten sich die Herzen und Augen Aller jenem zu, welcher dereinst berufen sein sollte, die Geschicke dieser Reiche zu leiten. Und schon — wie bald — richten sich diese Augen tränenerfüllt den Reichnamen zu. Das harte, böse Schicksal, böse ruchlose Ber­­zen, böse Hände, mörderische Werkzeuge wollten es anders, wollten und vollzogen unmenschliche, bestialische Taten. Wie ein Bliß aus heiterem Himmel wirkte die Nachricht, die uns der Draht aus Sarajevo übermittelte. Wieder ist ein zum herrschen Berufener einem ver­­ruchten Mörder zum Opfer gefallen und wieder wurden der Herrscher und seine Völker in tiefe Trauer verseßt. Doppelt schmerzlich trifft die Unglücks­­nachricht jedes Herz, denn die Kugel des Mörders traf einen Fürsten, dem es beschieden sein solle, der einst den Herrscherthron zu besteigen, Million­en zu beglühen. In der Ausübung seines Amtes als Befehlshaber der Armee fiel er der Kugel zum Opfer — er und seine Gemahlin, die er in treuer selbst­loser Liebe sich erkoren hat. In schwerem Kampfe hat der Thronfolger und seine Gemahlin gerungen. Mit einer Aus­­dauer, die weit über das Maß hinaus­­geht, das Liebenden sonst zu eigen ist, hat er alle Schwierigkeiten niedergerungen. Opfer außerordentlicher Art mußte er bringen, bis es ihm gelungen, die dem Erzherzog unebenbürtige Gräfin Chotek zu seiner legitimen Gemahlin zu machen. Und von diesem Augenlide an blieb er bis zum letzten Atemzuge der liebende, treue, stets opferbereite Gatte und Vater, dem die Kinder als Höchstes Familie, Frau und und Heiligstes gal­­ten. Und nun sind die Beiden, die im Leben vereint waren, auch im Tode durch das gleiche Schicksal verbunden, Schmerz und Trauer erfüllen: unser Aller Brust ob des Schauerschicksales, das den Thronfolger und seine Gemah­­lin erreichte. Tod­ herrscht volles Dunkel darüber, welches die treibenden Kräfte waren, die hinter der Schreckenstat stand­en In diesen schweren Stunden wenden sich alle Augen dem greifen, schwerge­­prüften Könige zu. Ueberm­enschliches hatte er zu überwinden, zu erdulden. Erst von einer gefährlichen Krankheit genesen, trifft ihn der Tod seines der­­einstigen Erben doppelt schwer und es gibt wohl keinen Bewohner der Doppel­­monarchie, dessen erster Gedanke bei der Schreckensnachricht sich nicht der Person des Königs und der zarten, nunmehr elternlosen Kindern zuwendet und der nicht ausgerufen hörte: Armer, alter, guter König­ arme, elternlose Waisen. Und wieder, wie leider schon so oft, wenn dieses vom Schicksal verfolgte Land von einem schweren Schlage ge­­troffen wurde, findet es seinen Halt in der Person seines Monarchen, der nie den Mut und die Zuversicht verliert und der in selbstloser, treuer Pflichter­­füllung seinen persönlichen Schmerz zu unterdrücken verstand, und wenn auch blutenden Herzens, in erster Reihe seiner Völker gedachte, so wie seine Völker auch in den schwersten Stunden mit Vertrauen zu ihm emporblichen. Das Schicksal, das dem Herrscher bisher die Kraft verliehen hat, seines schweren Amtes zu walten, wird ihn auch jett nicht verlassen, denn in seinem Schmerz teilen sich alle Völker und alle vereini­­gen sich in dem Wunsche: Gott, der Allgütige tröste und bewahre die eltern­­losen Waisen, das Schicksal beschüke send König und schirme unser Vater­­land! * * * | Der Lebenslauf des Thronfolgers. Franz Ferdinand, Erzherzog von Oesterreiche Este wurde am 18. Dezember 1863 Sohn des Erzherzogs Karl Ludwig und als ältester der Erz­­herzogin Maria Annunziata in Graz geboren. Im Jahre 1875 erbte Erzherzog Franz Ferdi­­nand nac dem Erlöschen des Hauses Modena dessen großes Vermögen und den Titel Este. Im Jahre 1878 wurde Franz Ferdinand Ritter des Goldenen Vlieses und im selben Jahre als Reut­nant zum I Infanterie-Regiment Nr. 32 in Bu­­dapest ernannt. Am 24. April 1882 wurde er Oberleutnant und zehn Monaten später zum Dragonerregiment Nr. 4 transferiert, wo er im Jahre 1885 die Rittmeistercharge, im Jahre 1888 die Majors, im Jahre 1889 die Oberstleut­­nants- und im Oktober 1890 die Obersten Charge erlangte. Im Jahre 1892 trat Erzherzog Franz Fer­­dinand eine Weltreise an, deren Eindrücke in einem großangelegten Werke verewigt wurden. Auf ärztliches Keraten mußte der Erzherzog im Jahre 1895 eine Reise nach dem Süden antreten, um gegen sein Lungenleiden Heilung zu suchen. Er kehrte 1898 vollständig geheilt nach Wien zurüc und wurde am 29. März vom König dem allerhöchsten Oberbefehl zugeteilt, wodurch er der Stellvertreter des allerhöchsten Kriegsherrn und der Vermittler von dessen Befehlen wurde. In dieser Eigenschaft inspizierte er die großen Ma­­növer und versah bei militärischen Beratungen in Vertretung des Königs die Funktionen des Vorsizenden. Im Jahre 1898 wurde er zum In­haber des Kassaer 6. Artillerieregiments ernannt und im selben Jahre mit dem Militärverdienst­­kreuz ausgezeichnet. Im­pril 1899 reiste Franz Fexbriand in Begleitung des Königs nach Budapest, wo er die Minister und Staatswürdenträger­in empfing. Die Bewohner der Hauptstadt Audienz bereite­­ten damals dem präsumptiven ig Herze­liche Ovationen. Am 1. Mai 1899 wurde geönheang Franz Ferdinand zum General der Kavallerie ernannt. Im selben Jahre leitete er die großen Manöver

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