Kirchliche Blätter, 1907. Mai -1908. April (Jahrgang 12, nr. 1-53)

1907-05-02 / nr. 1

5 . Az. 1. 6 Unterstoßung den einzelnen konfessionellen Schulen unter Außerab­tlasfung der auf Grund des $ 47 des XXX. ©.­N. dv. 3. 1883 geschlossenen Verträge direkt zuzumenden gedenkt und fährt dann also fort: „Indem ich einerseits diese Tatsache mit Freuden konstatiere, kann ich anderseits nicht umhin, als ungarischer Reformierter und als derzeitiges leitendes Oberhaupt der Kirche meinen schweren Sorgen Ausdruck zur geben. Ich und mit mir viele hervorragende leitende Männer der ungarischen reformierten Kirche wissen es längst, daß jede derartige von Seite des Staates dargebotene Unter­­ftügung, unter welchem Titel immer sie gegeben wird, bei jeder Gelegenheit je ein Stück aus der Autonomie der ungarischen reformierten Kirche ausbricht. So ist es geschehen anläßlich des XXX. ©.­U. v. 3. 1883, ferner gelegentlich der Besoldungsergänzung der Geistlichen und Volfsschullehrer, ebenso bei den auf Grund der Gehege dargebotenen Hilfsdotationen und so geschieht es jeßt bei dem oberwähnten Unterfrügungsstatut, welches auch den aus­ rein konfessionellen Fonden bezahlten und unter auto­­nomer kirchlicher Disziplinargewalt stehenden Professoren gegenüber gewisse durch die Regierung auszuübende Ober­­aufsichts- und Disziplinarrechte festlegt. Wir wissen es auch sehr wohl, daß, wenn der Staat auf diese Art und unter diesem Titel in unsre Autonomie hineingreift, er nicht ausschließlich die ungarische refor­­mierte Kirche im Auge hat, sondern an alle übrigen Kon­­fessionen denkt und vornehmlich daran denken muß, daß gewissen Konfessionen gegenüber höhere staatliche, und zwar nationalstaatliche, politische Gesichtspunkte zur Geltung kommen müssen. Wir wissen auch das, daß gewisse Gleich­­heitsprinzipien, welche auch in unsern Gelegen zum Aus­­druch gelangen, es nicht sehr zulässig erscheinen lassen, daß zwischen den einzelnen Konfessionen differierend, mildere und strengere Satungen, der einen und der andern gegenüber, festgestellt werden. Und gerade bei diesem P­unkte tritt das Aufeinander­­prallen ein. Als eine uns selbst einzugestehende Tatsache steht es vor uns, daß während zum Beispiel die romanische und serbische griechisch-orientalische Kirche und ihre innerhalb­­ ihrer Autonomie stehenden Gläubigen und Führer schon vermöge ihrer Sprache und ihres Rassencharakters nicht nur feine Stügen des ungarischen Staates sein können, sondern vielmehr feine Unterwicler sind, die Gläubigen der ungarisch-reformierten Kirche nicht nur die den Staat und die Nation erhaltende Nafje bilden, sondern ihre farhliche Autonomie Hat gerade infolge unfrei­ verkrüppelten nationalen Staatlichkeit mit den Komitatsmunizipien eine mindestens gleichwertige Verfassungsfrage in der Ver­­gangenheit dargestelt und wird sie in aller Zukunft dar­­stellen, jedoch nur in dem Falle, wenn es gelingt, diese firchliche Autonomie der Staatsgewalt gegenüber nicht nur in formaler Unversehrtheit aufrecht zu erhalten und zu bewahren, sondern sie womöglich noch weiter auszu­­bilden. Schon oben habe ich jene Gesee bezeichnet, welche in die Autonomie der ungarischen reformierten Kirche formell, besser gesagt rechtlich, Bresche geschlagen und sie unwesentlich geschwächt haben. Roc) viel verderblicher ist jedoch jene Wirkung, welche die oberwähnten Staatsunterftügungen und die in Zukunft noch zu gewährenden in bezug auf die Herabdrückung des ethischen Gehaltes der Autonomie der ungarisch-reformierten Kirche auszuüben vermögen. Es ist überflüssig Eurer &x­­zellenz darzulegen, daß die vollkommenste rechtliche Auto­­nomie ohne sittlichen Gehalt wertlos ist und gerade diesen sittlichen Gehalt saugt der Staat mit seinen unter den bisherigen Modalitäten dargereichten Unterftügungen aus. Die im Dienst der Kirche stehenden Geistlichen, Professoren, Lehrer halten jenen für ihren Oberherrn, von welchem sie die Bezahlung­­ oder materielle Unter­­ftügung bekommen und infolgedessen Tocert fi) immer mehr das geistige und sittliche Band zwischen der Kirche und ihrem Generalstab. Mit einer Seitenbewegung ge­­raten sie unter die Schugflügel des allmächtigen Staates, so werden wir von Tag zu Tag ohnmächtiger gegenüber der allgegenwärtigen Staatsgewalt und so bricht die ge­­waltige Widerstandskraft zusammen, welche einen so großen Wert der reformierten Kirchenautonomie auch in politischer Hinsicht ausmachte. Und unter diesen bildete die aller­­größte Gefahr, wenn solche Unterftügungen gegeben werden, wie der jüngst in das Budget eingestellte Titel von 600.000 K, welcher eher ein Almosen ist, und welchen jede Regierung in jeder Minute zurücziehen kann und dadurch einen namhaften Teil des Generalstabes der ungarisch-refor­­mierten Kirche vollständig in der Gewalt hat; denn wenn der Staat nicht unterfrügt, so reizt er höchstens zum Kampf an, aber dort, wo die bereits gewährte und genoffene Unterfrügung entzogen wird oder mit der Entziehung ge­­droht werden kann, bricht die Furcht des Verlustes bereits genoffener materieller Vorteile auch stärkere Seelen zusammen. Ich verschließe mich nicht vor der Tatsache, daß bei den gegenwärtigen wirtschaftlichen und sozialen Verhält­­nissen der Befig der Mittel eines anständigen Anskommens in erster Reihe die Bestrebungen der Menschen in Be­­wegung seßt. Ich befige die schmerzliche Erkenntnis dessen, daß unsre Kirche arm und außer Stande ist, jenes in dem Ausmaße darzureichen, wie der Staat; übrigens ist unsre Kirche überlastet und kann von der in neuerer Zeit gejundenen Opfermilligkeit die materiellen Hilfsmittel nicht erhoffen. Wir sind gezwungen und an den Staat zu wenden. Hierin eben liegt das Dilemma, der circulus­ vitiosus. Nächstens wird die Durchführung des XX. ©.­W. v. 3. 1848 vor­ang stehen, welche, wenn sie nicht in ent­­sprechender­ Weise erfolgt, die Autonomie unsrer Kirche mit unvergleichlich größern Gefahren bedroht, als e3 die­­ * a Be ER Kr

Next