Kirchliche Blätter, 1916 (Jahrgang 8, nr. 1-44)

1916-01-01 / nr. 1

segnest mich denn.Und darum von innen Glaube, Vertrauen,Zuversicht..,Gottes Herrschaft ist in euch,« das ist das Kernwort des Evangeliums,und darum in der Botschaft der Weihnachten,die den Heiland ver­­kündet,die gläubige Zuversicht:Fürchte dich nicht! Diesen Gruß nimmt in vollem Klange die Orgel auf.Denn ihre vornehmste Aufgabe ist ja,hier im Gotteshaus unser gemeinsamem Lied zu begleiten und zu tragen,unser Lied,das in Worten und Melodien von dem Glauben Zeugnis ablegen will, der in und treibt. Evangelisches Kirchenlied! Lied unserer Muttersprache! Wie drängt in ihm doch all das empor, was in uns zum Leben geworden ist: Bitte und lage, Buße und Gelöbnis,­­Ver­­trauen und frohe Zuversicht. Schmudlos und doc tief ergreifend, aus Hundert Stimmen gewoben und­­ doch in einen lang verschmolzen, tausendfachem Erleben Ausdruck leihend und doch zu einem­­ Be­­kenntnis zusammengefaßt. Und was Heinlaut und schüichtern sie kaum von der einzelnen Lippe wagt, das Schwillt im Frastvoll sichern Bekenntnis der Gemeinde zum mächtigen Chore an und flutet stärkend, erhebend, mitreißend zum Einzelnen zurück. So hat das evangelische Kirchenlied dem Evangelium die Bahn gebrochen. So ist e8 überall da, wo es wirklich noch lebendig und nicht zum hohlen Schatten herab­­gefunden ist, noch Heute das Nacgrat des evan­­gelischen Gottesdienstes. So bezeugt e8 und pflanzt e8 auch unter uns die Kraft, die in uns wirkt, Glaube, Vertrauen, frohen Danf. An würdigen Akkorden umrauscht aber und trägt der Orgelklang den Gemeindegesang und faßt ihm zu sicherer Har­­monie zusammen. Und wo darum dieser Orgelklang eifhallt, da durchflutet er unsere Seele, da wird’s in ihr wach und lebendig, da drängt er zum Be­­kenntnis, zur Tat. Wie Schmettern der Trompetenton reißt er und fort: „V­erzage nicht, du Häuflein Klein!” und wie im sichern Schritt fieggenwohnter Heere rauscht S durch unsere Reihen: „Ein’ feste Burg ist unser ort.“ So grüßt uns die neue Orgel: „Bürc­hte Dich nicht" Das ist der Weihnachtsgruß der neuen Orgel, mitten in einer Welt vor Thränen ein Wort des Trosted. „Siehe, ich verfündige euch große Freude.“ Weihnachten, sonst das Seil des Yubels und der glänzenden Kinderaugen! Und heute? Wohl seit vielen Jahrhunderten sein Heiliger Abend, an dem über den Erdenrund so heiße Thränen geweint worden, als gestern Abend. Und die glänzenden Kinderaugen tun uns weh. Sie verstehen noch nicht, was ihnen geschah. Und doch legt das Weihnachts­­evangelium fort: „Siehe, ich verfündige euch große Brende!” Der Heiland, der heute geboren ward, hat und die Freude wieder gegeben. In seiner eignen Art. Nicht daß er die Not gebrochen hätte auf Erden und alles Leid gefü­llt, aber er hat uns ge­­lehrt, die Not getrost zu tragen, unter Thränen zu lächeln und unter der Last des Kreuzes Fröhlich zu sein. Denn er hat uns den Reichtum des Gemüts erschlosfen und uns darin eine Welt der Freude auf­­getan, die auch von Thränen nicht getrübt wird: rende in der Gemeinschaft der Liebe und Treue, in Gemeinschaft des Scehnens und Gedenkens. Die weiter reicht als unsere Augen. Auch über ferne Straßen hinüber. Und über das Grab. — Das ist ein Klingen und Singen in unserer Seele. Melo­­dien, die sich suchen und fliehen, aufjubeln und ferne verhallen. Und Leise flicht sich der Klang der Orgel ein i­hr stolzes Vorrecht, als der „Königin der Instrumente“ ist es, aus der Fülle ihrer Töne auch menschlich zum menschlichen Empfinden einzuklingen und die besondere Gabe unseres Künstlers ist es, sie so eindringlich zum Gemüte sprechen zu lassen. Das schluchzt und weint mit uns, wie wenn ein Freund den Arm um unsern Naden schlingt. Da steigt flehend die Klage auf, und von oben antwortet in Engelsreinheit der milde Klang des Trostes, wie wenn einen die Mutter tröstet. Da quillt er unter Tränen wie verhaltener Zobel auf. Ueber dem Toben des flürmenden Meeres öffnet sich schweigend des Himmels Klarheit und freundlich schimmern die hellen Sterne. Da wird die Seele Stille und in ihr erglüht ein wundersames, goldnes Leuchten. Das Leid gelöst, das Lebensopfer versöhnt im Adel des Schönen! — &3 mag sein Zufall sein, daß der Höchste Vorwurf, den die Orgelkunst je gewagt hat, das Leiden und Sterben und Auferstehen des Hei­­­ands gewesen ist. „Siehe, ich verfündige euch große Freude.” So grüßt uns die neue Orgel am Weihnachtstag. *­­ Und das ist der Weihnachtsgeuß der neuen Orgel: Mitten in einer Welt voll Streit und Kampf eine Botschaft des Friedens. Friede auf Erden! Wann Hätte die Welt tiefer ergriffen dieser Botschaft gelausht als in unsern Tagen?! Und wann hätte sie schmerzlicher empfunden, wie weit noch ihre Erfüllung ist?! Was wir Menschen nur tun konnten, um den Frieden zu stören, das haben wir vollauf getan. Dürfen wir nach diesem Erleben überhaupt noch je erwarten, daß Frieden auf Erden sei? Und doch Spricht der Heiland, den Weihnachten versündigt, zu uns: Friede sei mit euch! Aber er Hat­ung gelehrt, daß dieser Friede nicht ein Geschent ist, das wie ein Stern vom Himmel fällt, sondern ein fernes, fernes Bier, und ein langer, langer Weg bis dahin. Ein Weg über Sertum, Schuld und Menschenleid. In uns müssen wir den Frieden suchen, ein jeder zuerst in sich selbst. Dann reichen wir den Brüdern die Hand und wandern getrost dem fernen Ziele zu. Zu solchem Frieden will auch der Orgelflang di geleiten. Gedrüht von Sorge, belastet von Schuld, tränenschwer triffst du in das Otteö­­haus. Da rauscht dir mächtiger Orgelflang ent­­gegen. Stimme mit ein in den Gemeindegesang,­­aß in dir anfachen den Funken des Glaubens, der Bauversicht der noch in die lebt! Gib Raum der Lebens­­kraft, die Doch auch­ in dir noch drängt! Laß dich tragen und heben vom markigen Orgelklang. Danke und lob­ . * 5 * .

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