Kirchliche Blätter, 1925 (Jahrgang 17, nr. 1-53)

1925-06-25 / nr. 26

Kirchliche Blo­ck Nummer 26 Sermannitadt, 25. Juni 1925 XVII. Sahrgang Snhalt: Der Tröster. — Das germanische Jesusbild im „Heliand“. — Die ev. Fürsorge als gegenseitige Hilfe. — Aus meinem Amtsstübchen. — Aufruf. — Nachrichten aus Zeit und Welt. — Bücher: und Leitschriftenschau. — Amtliches. — Anzeigen. halbjährl. Lei 100—. Ausland: ganzjährl. 7 Mark, halbl. M. 3:50. Preis einer Einzelnummer 5 Lei. Erscheint jeden Donnerstag. Bezugspreis: sun. AUS Der Ev. Landeskirche U. B. in Siebenbürgen Evangel. Wochenschrift für die Glaubensgenossen aller Stände Berlag: „Honterus” Buchbrucerei u. Ber­­ugsanstalt d­ er. Landeskirche U.B. in Grebenbürgen, Hermannstadt. Injertionspreis: Die eingespaltene Nonpareillezeile oder deren Raum Lei 6.—, bei größeren Aufträgen Nachlaß. Der Stöfter, Ev. Johannis Kap. 15, 26. Der Urteit nennt an dieser Stelle den heiligen Geist allerdings nicht Tröster, sondern Fürsprecher; aber es ist doch eine außerordentliche sprachliche Feinheit Luthers, die auf tiefem Empfinden für die Sache, um die es sich handelt, ruht, wenn er „Tröster“ sagt. Denn damit enthält die­ser Spruch über den heiligen Geist etwas Warmes und MWohltuendes. Zugleich werden wir sofort an Lebenslagen erinnert, in denen wir besonders des Trostes bewürfen und an denen uns deutlich wird, was es eigentlich um Trost und damit um den heiligen Geist it. Gemeinhin brauchen wir Trost in Zeiten der Trauer, in denen ein Schmerz so in­ uns bohrt und wühlt, daß alles Interesse, alle Teilnahme für andere Dinge voll­­kommen verschwindet und alles gütliche Zureden wirkungslos von uns abprallt. Wir haben das see­­liiche Gleichgewicht verloren; die eine MWagschale hat ih i­ die Tiefe gesenft und auf der anderen fehlt die Kraft, das Gleichgewicht wieder­herzustellen. Ein einfaches Beispiel mag dies verdeutlichen. Einem Kind ist die geliebte Puppe zerbrochen; die Tränen stürzen aus den Augen und wollen­ ss nicht troc­­nen lassen. Erst wenn ein neues Spielzeug be­­schafft ist, kehrt die Freude und die Luft am Spielen wieder und wir sagen: es hat ich getröstet. Trost stellt ji also ein, wenn uns — nüchtern gesagt — ein Erlaß gegeben ist, den wir für gleichwertig mit dem B Verluste erachten. Darum ist Trösten so schwer, weil wir dem Schmerzgebeugten etwas geben müs­­sen, das für diesen etwas dem Verluste Gleichwerti­­ges bedeutet. Hat er aber seine ganze Leidenschaft einer P­erson oder einer Sache geschenkt und si darin erschöpft, so wird es allerdings schwierig sein, etwa mit dem Trost, daß Gott troß allem die Liebe ist, etwas auszurichten. Und auf der anderen Seite wird nur der zu trösten im Stande sein, der aus eigener Erfahrung weiß, daß es für allen­­ Verlust etwas gibt, das die Ruhe, den Frieden, das Gleich­­­­gewicht wieder herstellen kann. „Tröstet Euch mit dem Troste, mit dem Ihr von Gott getröstet seid“. Der ganz selbstsüchtige Mensc wird sie entweder nie trösten lassen oder seinen Trost in rein äußer­lichen Dingen suchen, und wenn es schließlich der Alkohol ist. Nur der ganz selbstlose, durch Leiden hindurchgegangene und trogdem zum Frieden ge­­langte Mensch wird zu trösten im Stande sein. Der Gelbstsüchtige­­r stammelt wohl einige Beileidsworte, die aber auf die feiner gestimmte Seele fast beleidi­­gend wirten müssen. So sehr nun Luther mit dem Worte Tröster uns rar zu machen weiß, daß es sich bei dem heiligen Geist um die Kraft handelt, die uns verhindert, in die Tiefe zu sinfen, so ist der Ausdruch doch insofern irreführend, als die Meinung entstehen kann, wir hätten den heiligen Geist nur in den Tagen des Schmerzes und der Trauer nötig. Wenn er aber, um es im Bilde zu jagen, die Kraft ist, die uns im Gleichgewicht Hält, so muß er überall notwendig sein, wo­ wir in Gefahr stehen, dieses zu verlieren. Wir sind Menschen und leben in einer Welt, aus der fort­­während Reize und Bem­uhungen an uns heran­treten, und dieses unser Menschsein antwortet mit seinen Trieben, Neigungen, Schwächen nur allzu oft und all­zu gern darauf. Der heilige Geist aber ist nicht nur Tröster, er ist­­ auch der Geist der Wahr­­heit, der Zucht und Ordnung. Er bewahrt uns die innere Sauberkeit und treibt uns zur Pflichterfül­­lung. Und in dem allen erscheint uns die Persön­­lichkeit I­esu Christi, als des Menschen, der Heili­­gen Geist in si trug und, von ihm geleitet und ge­­trieben, seinen Lebensweg ging. „Wenn aber somst men wird der Geist der Wahrheit, der wird zeugen von mir.“ So mehr nun Zeitläufte und die Men­­schen in ihnen der Wahrheit, der Zucht und Ord­­nung entbehren, um so notwendiger ist das­ Gebet um den heiligen Geist. 9. P.

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