Der Spiegel, 1830. január-június (2. évfolyam, 1-52. szám)

1830-05-29 / 43. szám

reszciL führte man uns täglich an diesen Stein, den rnan hier den Stein der Blinden nennt, und wohin vns der beste der Väter mit aller nur erdenklichen Sorgfalt folgte. Wir waren alsdann vor» Massen von Alpenrosen, von weiten Flächen, von Veilchen und Gän­seblümchen umgeben, und wenn unsere Hand eine der lezteren am kur­zen Stengel, an der 'sammtnen Mündung und den seidenen Strahlen­blättern erkannte, so ergeztcn wir uns mit dem Entblättern, und wiederholten tausend und tausend Mal das herrliche Spiel der ersten Liebesunterhaltung. Ein wenig, v i e l, h e rz l i ch u. s. f., — und wenn die lügenhafte Blume dem Ausdruk meines einzigen Gedan­kens nicht entsprach, so wußte ich durch unschuldigen Betrug meine Eulalie zu hintergehen. Sie mag'6 ihrerseits wohl auch nicht besser gethan haben. Doch jezt blieb mir von alle dem nichts mehr übrig." So redend wurde Gervais immer düsterer. Seine freie Stirn umzogen Wolken des Zorns, er stampfte mit dem Fuße bewußtlos auf, und zertrat ein seit längerer Zeit auf ihrem Stengel verblühtes Al, pcnröslein, das ich denn, ohne daß er es bemerkte, anfhob und verbarg. So vergingen Minuten, ohne daß ich es wagte ein Wort an ihn zu richten, und ohne daß er seine Erzählung fortzusezen beschäf­tigt schien. Plözlich führte er seine Hand nach seinen erloschenen Au, gen, gleichsam als wolle er eine unangenehme Erscheinung verdrängen und sich mit dem anmuthigsien Lächeln zu mir wendend, fuhr er fort: ,,Ach! — Haben Sie Mitleid mit einem Kinde, das bis jezt den un, willkührlichen Stürmen seines Herzers noch nicht zu gebieten vermochte. Vielleicht wird die Überlegung auch in meinem Geiste einst niederstei­gen; ich bin aber noch so jung. . ." „Ich fürchte junger Freund, entgegnet ich ihm. indem ich seine Hände mit Herzlichkeit drükte, ich fürchte, daß diese Unterredung Sie anstrengt. Rufen Sie so peinliche Erinnerungen in ihr Gedächt­­niß nicht wieder zurük. Ich würde es mir nie vergeben können, eine ihrer Stunden durch Erinnerung eines Verlustes, den Sie so tief em­­pfittben , betrübt zu haben." „Sie rufen mir nichts von alle dem zurük," erwiederte Gervais. „Noch keinen Augenblik habe ich daran zu denkenjaufgehört, und ich wollte eher, daß meine Seele sich gänzlich vernichte, als diese süße Erinnerung zu verlieren. Mein ganzes Leben ist mein Schmerz; er ist mein lezter Freund, mit ihm erzogen, habe ich mich wohl gewöh­nen müssen mit ihm zu leben, und ich finde ihn erträglicher, wenn man mich mit Wohlwollen anhört; es erleichtert mir die Last der traurigen Einsamkeit. Ach! — werther Herr," fuhr er fort, „die Blinden sind Schwäzer. Doch man versteht mich nur so selten!"

Next