Der Spiegel, 1840. január-június (13. évfolyam, 1-52. szám)

1840-04-22 / 33. szám

Nachkomme des Androkles, ein zweiter Am pH i o n und Orpheus, der die Thiere statt mit der Leier mit Blik und Peitsche zur Aufmerksamkeit nö­­thiget. — Es ist van Amburgh, welcher des lieben Geldes wegen sein Leben tausendmal wagt, und statt eine Arie zu trillern, oder einen Monolog von Ra­cine mit antikem Faltenwurf zu deklamiren, seinen Kopf in den Rachen des Löwen stekt, dem Tiger den Bart zupft, wie's die alten Vorfahren der Pariser den auf den kurilischcn Stühlen sizenden Senatoren des eroberten Roms tha­­t.n , und der Hyäne einen Nasenstüber gibt, als wär's ein nasenweiser Bursche: Alles, um den Beifall und Zulauf eines Parterres zu erhalten» das seinen leb­ten Frank gutwillig hingibt, im der angenehmen Hoffnung vielleicht das Glük zu haben, den neuen Amphion von seinen bestialischen Eleven — auffressen zu sehen! Amburgh sollte in einigen Tagen nach Petersburg reisen, daher b:e Neugierde der Pariser mit jedem Tag stieg und die Räume des Theaters und das Port senile des Bestienerziehers sich zum Plazen füllten. Tritt mit mir, lieber Leser, in den Tempel, der den Musen geweiht ist, nun aber durch Spekulation und Gelddurst in eine Menagerie verwandelt wurde. — Du glaubst schon in der Ferne das Gebrütle der Pädagogen v. Amburghs zu vernehmen, aber du irrst: was du hörst, ist die „erste Nation der Welt." — So lange der Vorhang die ideale Welt von der wirklichen scheidet, glaubt der Pariser den Musen keinen Respekt schuldig zu sein; sein Hang zur Geselligkeit regt sich, und während das Parterre eine Marseillaise pfeift oder sich mit Be­kannten in der andern Eke des Saales mit erhöhter Stimme unterhält, üben die Gallerien ihr artiges Talent in Thierlauten, als hätte sich hier das Haus der Gemeinen versammelt, um einen unbeliebten Redner auszutreiben; denn bald läßt der galische Hahn, bald der Geistesverwandte des Midas, die wohllau­tende Stimme hören. In den Logen hingegen hatte sich die vornehme Welt ein­gefunden, die mit dem Tumulte des Parterres und den fröhlichen Bewohnern des Paradieses keine Gemeinschaft machten, sonder» sich begnügten, die Wunderwerke der Mode zu betrachten, und dabei mit aller Ruhe einer gebildeten Nation, den guten Namen der Mitwelt zu zerreißen und den Vorlesungen aus der Chronik skandaleuse ein geneigtes Ohr zu leihen. — Nur eine Loge war fast leer. Ein einziger junger Mann lehnte an einem Pfeiler derselben, und schien an allen dem, was um ihn herum vorging, keinen Antheil zu nehmen. Ein melancholi­scher Zug machte sein blasses Gesicht besonders interessant. Sein einfacher, ge­wählter Anzug zeigte von gutem Geschmak, vorzüglich schön kleidete ihn die schwarze Krawate, durch welche die interessante Blässe seines Antlizes noch mehr bervortrat. Was „kein Verstand der Verständigen" sieht, das erblikt sicher das Auge der Frauen — von ihnen war der blaffe Fremdling mit der genialen Phi­­siognomie nicht unbemerkt geblieben; sein Teint ließ sie vermuthen, daß er nicht zu den Glüklichen gehöre, und eine moderne, innere Zerissenheit seine Ruhe ge­fährde. Entweder war es der Weltschmerz oder eine unglükliche Liebe, die in ihm herrschte; in beiden Fällen konnte er der weiblichen Welt nur interessant erscheinen. Dem junge Manne schien jedoch, ganz gegen die Art der jezigen jungen Männer, die stillschweigende Theilnahme der Frauenwelt keineswegs angenehm zu sein, denn kaum hatte er bemerkt, daß er der Gegenstand der Aufmerksam­keit sei, hüllte er sich in seinen Paletot, und zog sich in den Hintergrund der

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