Der Spiegel, 1843. január-június (16. évfolyam, 1-51. szám)

1843-03-22 / 23. szám

Der Spiegel 1943. 179 einer schönen Frau von einem Deutschen, sah ich ihn ein mit Gold durchwirktes Feuil­leton aus der Tasche ziehen, in welches er die Bemerkung aufzeichnete. Dieser sonderbare Mann erregte meine Neugierde, ich sezte mich daher neben den Unbekannten, um ihn nicht mehr aus den Augen zu verlieren. Seine ganze Erscheinung bot etwas Geheimnißvolles dar, und die immer zunehmende Spannung, in welche ihn die Unterhaltung versezte, die funkelnden Blike, welche er auf den Sprechenden warf, das ironische und kalte Lächeln, womit er die Aeußerung eines schlechten Geschmakes bekritelte — Alles dies bewies mir hinlänglich, daß es kein gewöhnlicher Reisender sei. — Endlich nahm ich das Wort. „Meine Herren," sagte ich, „wenn man den Preis der Schönheit vertheilen will, muß man sich hüten, es wie Paris zu machen. Ich weiß, daß die stolze Juno unter den stolzen Andalousierinen eine Nebenbuhlerin finden würde, die Töchter Roms werden mit Pallas an Kraft wetteifern, und mehr als eine Pariserin kann sich erkühnen, selbst mit Venus um den Apfel zu kämpfen. Die Schönheit gehört nicht einem Lande an, sie ist überall. Heut in Amerika, morgen in Europa und über­morgen vielleicht in Indien. Die Sonne allein, welche Alles überschaut, könnte di'e ein­zige Preisrichterin sein. Was mich betrifft, der ich die verschiedensten Länder besucht, wenn wir je eine Frauengestalt begegnet, von der ich sagen konnte: das ist die schönste in der Welt! so bekenne ich, daß dies weder in Spanien, noch in Italien und Frank­reich gewesen..." — „Nun wo?" fragten wohl zehn Stimmen aus einmal. — Ich wandte mich um und begegnete den schönen Augen des Unbekannten, welche eine solche Ungeduld ausdrükten, daß ich ihr Feuer kaum ertragen konnte. — „Wo haben Sie diese Frau gesehen? mein Herr," wiederholte dieser noch einmal, und suchte die Antwort in meinen Bliken zu lesen. — „In Griechenland," sagte ich, „in der Ebene Athens." ■— »In Athen?" murmelte leise der Fremde, wie ein Kind, welches ein Wort nachbuch­­stabirt, um es besser seinem Gedächtniß einzuprägen. »Das ist nicht so unmöglich," bemerkte ein Anderer, „Griechenland war Jahrhunderte lang der klassische Boden der Schönheit, und Sie sind nicht der Einzige, welcher behauptet, daß die Atheuiensifchen Bäuerinen noch immer sehr niedlich sind." —- „Ich rede nicht von einer Bäuerin," er­widerte ich, „denn dieses Prädikat würde schlecht die Frau bezeichnen, welche ich gese­hen. Es handelt sich hier um eine Frau, deren Stand ich nicht kenne, die aber einem eben so hohen Kreise anzugehören scheint, wie der ist, welchen ihr die Natur angewie­sen. Ich werde," fügte ich hinzu ■— als ich die lebhafte Neugierde meiner Zuhörer wahrnahm — „Ihnen nun die näheren Umstände mittheilen, wie ich jene Dame, von welcher ich jezt spreche, gesehen. Es ist ein kleines romantisches Abenteuer, welches mir in einem Alter von zwanzig Jahren wichtig geschienen hätte, das ich nun aber, ohne eine Indiskretion zu befürchten, erzählen kann." — Meine Zuhörer schlossen einen Kreis um mich, und der schöne junge Mann placirte sich so, daß ihm keine einzige meiner Gesten verloren gehen konnte. Ich erzählte Folgendes: »Ich war vor anderhalb Jahren'vor Athen, auf einer königlichen Fregatte. Eines Morgens benuzte ich das schöne Wetter, um zu Fuß einen Ausflug nach jener Gegend zu machen. Ich gelangte bald nach den Ruinen des Venus-Tempels. Dieses Denkmal, welches immer mehr in Verfall geräth, bildet den Mittelpunkt einer herrlichen Land­schaft. Schon war ich einige Zeit unter den Trümmern von Marmor und anderem Ge­stein umhergeirrt, als ich mich im Schatten, in eine Eke der Mauer, niederlicß, etwa zwei Schritte von dem Flusse des Waldstromes entfernt. Die Sonne war erst vor eini­gen Stunden aufgegangen und verbreitete ein magisches Licht auf dieses Meisterwerk an­tiker Baukunst. Es war mit dieselbe Zeit, wo hier, zwei Jahrtausende früher, das Atheniensische Volk den Mysterien der Venus opferte. Ich sah in der Phantasie die Landsleute des Alcibiades und die Zeitgenossen der Aspasia in weißen Gewändern her­beiströmen Mit ihnen trat ich in den mit Blumen geschmükten Tempel, in welchem heilige Chöre ertönten und sah die Opfer auf dem Altäre der Göttin der Schönheit dar­bringen. So in Träume versunken, vernahni ich plözlich ein schwaches Geräusch über mir; ich schlug die Augen auf, und glaubte, daß die Erscheinung der Göttin sich ver­wirklicht hätte. Eine Frau in weißem Gewände und flatternder Schärpe, ging lang­samen Schrittes um den Gipfel der Mauer, welche mir den Schatten bereitet hatte, ein­her. Ohne mich zu bemerken, war sie bis zu einem Belvedere gelangt, hier konnte ich sie nun mit Muße sehen und bewundern. Sie, meine Herren, die sie noch jung sind,

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