Der Spiegel, 1843. január-június (16. évfolyam, 1-51. szám)

1843-06-10 / 46. szám

362 Der Spiegel 1943. nahm das schwere, ruffige und mit Feilspänen fast überzogene Gesicht des Schmieds, welcher alle Tage regelmäßig kam. sich in die Mitte der Bude hinsezte und seinen Hals über dem Barbierbeken von Porzellan mir rothen Blumen, in welchem Chastellier seine Seife zu Schaum zu schlagen pflegte, ausstrekte, ziemlich kalt auf. Andiol bemühte sich indessen nach Kräften, dem Barbier zu gefallen. Ohne sich um die ihn erwartende Mahlzeit zu kümmern, hörte er ruhig dessen lange Erzählungen an, veranlaßte diesel­ben sogar durch seine Fragen und verlängerte die Sizung so viel als möglich. Mitun­ter ließ er sich sogar einen Zopf drehen, und einmal auch sein Haar mit Pomade ein­salben und pudern. Ein Ausbruch des Lachens verhinderte ihn für immer daran, noch einmal in dieser Weise auf die Lieblingsideen des Herrn Chastellier einzugehen. — Ach! wir müssen es bekennen, dieses Lachen, es kam von den Lippen der Tochter des Haar­künstlers, Mionoe Chastellier, sie selbst hatte das Opfer der Ideen ihres Vaters so grausam verspottet. ■— Mionoe war das hübscheste und koketteste Mädchen in Cavaillon. Von ihrem Vater, der seit siebzehn Jahren Witwer war, ward sie vergöttert; man hätte sie sehen müssen, wie sie mit ihrem niedlichen brünetten Gesichrchen in der Stube ihres Vaters saß! Ohne sich über ihren Stand zu erheben, wußte sie doch ihrer Toi­lette eine gewisse Eleganz zu geben, wodurch sie die Blike aller Vorübergehenden, moch­ten sie jung oder alt sein, auf sich zog, und häufig hörte man den Ausruf: „Welch' ein reizendes Mädchen !" Ihre Augen, welche scheinbar auf eine Näharbeit gerichtet wa­ren, beachteten sehr wohl diese Blike der Vorübergehenden, ja sie rief sich dieselben oft mit innerer Befriedigung in's Gedächtniß zurük und verschaffte sich durch einen in der Nähe hängenden Spiegel die Gewißheit, daß die Leute mit jenem Urtheil vollkommen Recht hätten. — Der Leser wird jezt schon ahnen, daß Mionöe bei der Wahl, welche Andiol in Hinsicht seines Barbiers getroffen hatte, und bei der Pünktlichkeit, mit wel­cher er täglich seinen Bart dem Messer des alten Praktikers Preis gab, bedeutend in Rechnung kam. Jndeß war sie die einzige, welche das Geheimniß des Schmieds entdekt hatte. Seine Kameraden, und selbst Chastellier ahnten nichts davon, mit so viel Vor­sicht ging Joselon dabei zu Werke. Er sprach von seiner Liebe nicht zu derjenigen, welche er anbetete, denn als einzige Stüze seiner alten Tante konnte er sich noch nicht verheirathen. Sein Verdienst machte es ihm kaum möglich, der alten Frau die Bequem­lichkeiten, welche ihr kränkelnder Zustand erheischte, zu verschaffen. Einmal gingen zwei Tage vorüber, ohne daß er in der Stube des Meisters Ehas­­tellier erschien. Als er darauf wieder kam, las Mionee in seinen Gesichtszügen zugleich Traurigkeit und freudige Hoffnung. Sie irrte sich nicht, denn die Tante des Schmieds war gestorben. Andiol ftand es nun frei, sich zu verheirathen, und ohne daß er es wollte, strahlte dieser Gedanke troz seiner Betrübniß in seinen Augen wieder, wie wohl ein Sonnenstrahl ein Aprilgewölk durchbricht. Er seufzte, als er das junge Mädchen begrüßte; er verlängerte seine Unterredung mit dem Barbier, und sprach lange, nicht ohne eine Thräne zu troknen, von dem erlittenen Verlust, er ließ unter Anderem etwas von der Einsamkeit, in welcher er nun leben müsse, merken: „Ich bedürfte einer guten Frau," fügte er mit großer Bewegung hinzu . . . Ach! ein spöttisches Gelächter ant­wortete auf seine bedeutungsvollen Worte und ein zweites Gelächter diente dem ersten als Echo. Es rührte von dem Burschen des Haarkräuslers, Jean Voran, her, welcher auf diese Weise den Gedanken des jungen Mädchens begegnete und dieselben endlich laut aussprach: „Eine Frau für einen Schmied, der immer schwarz und ruffig ist, dürfte nicht leicht zu finden sein; nicht wahr, Mademoiselle Mionee V‘ fragte er ver­ächtlich lächelnd. Sie antwortete nur durch ein bejahendes Kopfniken. — Joselon Andiol verließ die Barbiersiube in großer Bestürzung und mit tief gekränktem Herzen. Zum ersten Mal in seinem Leben ging er in eine Kneipe und trank daselbst mehr Wein, als es unter andern Umständen bedurft hätte, um seinen Verstand hinwegzutrinken. Es half ihm nichts, sein Verstand und sein Gram blieben ihm. Am Abend verließ er das Wirthshaus, bleich und krank, ohne auch nur auf eine Minute das Spottgelächter in der Stube des Barbiers und die Worte des Burschen vergessen zu können. Andiol hatte einen Plagegeist, die Eifersucht, kennen gelernt. Er kehrte in die Schmiede zurük. Jeder bemerkte sein zerstreutes Wesen und seine Traurigkeit. Er schlug nur schwach auf das Eisen los, und würde sich zwei- bis dreimal beinahe verwundet haben, wenn seine Ka­meraden den Schlag nicht abgewendet hätten. Endlich wart er seinen Hammer hinweg,

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