Neue Zeitung, 1957 (1. évfolyam, 1-15. szám)

1957-09-20 / 1. szám

Budapest, 20. September 1957 Deutscher Schulbeginn in Pilisvörösvár Die Schüler begrüssen im Rundfunk ihre Freunde in Deutschland — ... Beginnen wir, Kinder! Erzählt jetzt vor allem, was der Herr Lehrer bei der Eröffnungs­feier sagte. — Der Herr Lehrer hat ge­sagt . .. beginnt eine schüchterne Kinderstimme. *— Nicht so, mein Kind! Sprich nicht1 Schriftdeutsch, sondern so, wie ihr zu Hause sprecht, schwä­bisch! .:. Na das hast du sicher sehr gut gesagt denn ich verstehe davon kein Wort... Der Rundfunkreporter lachte und die Jungens lachten fröhlich und laut mit... Wir sind also im sonnigen Hof der Grundschule für Knaben in Pilisvörösvár, wo Schüler der unteren Klassen mit deutscher Muttersprache den Reporter der deutschsprachigen Sendung des Budapejäter Rundfunks neugierig umringen, während dieser ihnen die Behandlung des kleinen, trag­baren Magnetofons erklärt. Langsam erwärmt sich die ötimmung, Die Kinder antworten 'immer mutiger auf die Prägen und als der Rundfunkreporter sie auffordert, den Schülern in Deutschland eine Botschaft zu senden, erklingt im Chor die Antwort:... „Wir grüssen unse­re deutschen Kameraden!“ ... Dann singen sie noch das be­kannte Lied: „Sah ein Knab‘ ein Röslein stehn ...“ und der Rund­funkbericht ist damit beendet. Nachher unterhalten wir uns mit den beiden deutschen Schullehrern Gyula Szarka und Antal Foga­­rasi über- das soeben beginnende Schuljahr. Sie berichten, dass sich in Pilisvörösvár bisher 400 Knaben und 300 Mädchen deut­scher Mutersprache in den bei­den Grundschulen zum deutsch­sprachigen Unterricht gemeldet haben. Es ist dies eine wesent­lich höhere Zahl, als im Vorjahre. Cie Schulbücher für die Grund­schule erhielten sie zur rechten Zeit, aber an Anschauungs- Requisiten mit deutschen Auf­schriften herrschte grosser Man­gel und wenn es ginge, diese zu beschaffen, wäre es für sie von grossem Nutzen. Aber auch deut­sche, billige Märchenbücher wä­ren sehr nötig, denn dafür herrsche grosses Interesse. Die sonst ausgezeichnete Gemeinde- Bibliothek mit 4000 Bänden, lässt aber an deutschem Material noch viel zu wünschen übrig, denn es sind dort nur insgesamt 200 deut­sche Bücher vorhanden! Und auch diese wurden nicht gerade für Schüler ausgewählt. Es gibt bei­spielsweise keine Werke von Goethe, Schiller, Heine in deut­scher Sprache — um nur von den grössten deutschen Dichtern zu sprechen — die die Jugend unbedingt kennenlernen müsste. Natürlich sind sich auch die Lehrer im klaren, dass nicht alles auf einmal erledigt werden könne und sie hoffen, dass ihnen mit der Zeit entsprechender Le­sestoff für die höheren Unter­richtsstufen zur Verfügung ste­hen wird. Es sei noch erwähnt, dass sich in Pilisvörösvár auch viele El­tern meldeten, deren Mutter­sprache nicht deutsch ist. Sie möchten auch ihre Kinder in die Grundschule mit deutschem Un­terricht schicken. Dieser Bitte kann nicht stattgegeben- werden, da laut Lehrplan am deutschen Unterricht nur Schüler, die deutsch sprechen, tleilnehmen können. Die Pilisvörösvárer Pä­dagogen befassen sich jedoch mit dem Plan, Lehrzirkel zu bil­den, in denen Schüler, die Fremdsprachen erlernen wollen, deutschen Sprachunterricht er­halten. L. A. Der Reporter des Budapester Rundfunks Siegfried Brachfeld und der Lehrer Samuel Szarka im Kreise der Schüler gross und stark und freundlich stand sie da, grüsste: „Guten Tag allen“ und gab jedem die Hand. „Recht so, Julie, leist’ uns ein bissei Gesellschaft“, sagte Zeither. Die Alten luden sie freundlich zum Sitzen ein. Die Bäuerin scherzte gutmütig: „Meinetwegen kannst du mich auch für immer öblösen, Julie. Dir geht es ganz anders von der Hand als mir.“ Ju­lie fühlte sich geschmeichelt und begann sofort zu pflücken. Sie entwickelte dabei eine erstaun­liche Fingerfertigkeit. Sie wusste die Blüten so geschickt in Bün­deln zu fassen und vorschrifts­­mässig mit den Stielen und mit einem Griff abzupflücken, dass ihre hohle Hand sich bei jedem Griff füllte. Selbst Daniel schaute ihr verwundert auf die flinken Finger. Lang und sehnig und kräftig waren sie, wie Zangen — aber so war eigentlich alles an Julie. Alles an ihr schien zum Zupacken eingerichtet, auch die lauernden grauen Augen in dem knochigen Gesicht. Zeither berichtete von seinem Gang durch die Hopfenfelder, sichtlich nur deswegen, um ein Gespräch in Gang zu bringen. Daniel pflückte stumm weiter und wenn er auf schaute, fühlte er den verstohlenen Blick Julies auf sich gerichtet, bis diese endlich sagte: „Na. Daniel, du bist ja gar so still. . . Du bist doch sonst nicht so — so ums Wort verlegen ...“ „Deswegen muss ich doch nicht immerfort reden, antwortete Da­niel ärgerlich. Er verstand recht gut, warauf Julie anspielte. Be­leidigt war sie, weil er den ganzen Sonntag und Montag keinen Blick für sie übrig gehabt hatte. "1 etzt waren von draussen Stim- Cy men zu hören. Die Böhmen benutzten ihre Freizeit, um in dem einen oder anderen Hof Be­kanntschaften vom vorigen Jahr aufzufrischen. Und schon traten die Pflücker vom Wandacher in die Stube, einige Männer und Frauen, darunter Theres. Sie merkte sofort, dass sie zu recht ungelegener Zeit gekommen war. ln ihrer Verlegenheit gab sie Ju­lie zuerst die Hand. Dabei schoss ihr das Blut ins Gesicht, wie eine arme Sünderin stand sie da und ihr buntkarrierter Rock und ihr Mieder mit dem schwarzen Samt­besatz machten die Sache nicht besser. Die fränkischen Frauen tragen Röcke von solch lebhaften Farben nur als Unterröcke, und sie sagten es auch, und viele in einem deutlich abfälligen Ton: „Dass Sie sich nicht schämen!“ sagten sie verwundert und dach­ten dabei recht deutlich an Un­terröcke und an Männer. Auch Julie war vom Kopf bis Fuss recht ordentlich angezogen: feste Schuhe, selbstgestrickte Strümpfe, ein Kleid aus derbem grauen Stoff. An Gestalt über­ragte Julie die Theres fast um Kopfeslänge. Theres war kaum mittelgross, jedoch ihre Schultern waren fest und voll und auch die Arme und Beine waren kräftig, aber ihr schwarzes Haar und ihre Augen und ihre recht kleinen Füsse in den Lederpantoffeln, zu­sammen mit der Buntheit ihrer Tracht, verliehen ihr etwas Zige­unerhaftes. Als sie nun auch den Alten ihre kleine, fleischige Hand reichte, fühlte sie ein Kreuzfeuer von musternden Blicken auf sich gerichtet. Auch die anderen Hopfenpflü­cker begrüssten die Zeither und Julie, und nun mussten von den Gastgebern anstandshalber ein paar freundliche Worte gesagt werden, im anderen Falle war damit zu rechnen, dass die Gäste durch die frostige Aufnahme ver­trieben würden. Das gab dann im Dorf ein unnützes Gerede, und der Wandacher konnte saugrob werden, wenn jemand seine Tag­löhner oder Hunde schikanierte. Deswegen fragte Zeither die Böhmen: „Noch immer noch ge­sund. und munter?“ Und die Zeit­her sagte: „Hoffentlich habt ihr einen guten Hopfenpreis mitge­bracht.“ Das reichte aus, um auch den Gästen einige belanglose Reden­sarten zu entlocken, doch diese Rederei verlief recht kalt. Da fasste Daniel sich ein Herz und. forderte die Gäste auf: „Singt uns ein schönes Lied vor!“ Den Böhmen war natürlich nicht verborgen geblieben, wie Theres zu Daniel stand, und der Vorschlag, schon am ersten Pflück­abend einen Besuch bei Zeither zu machen, war von denen gekom­men, die die Sache von der scherz­haften Seite ansahen. Theres war das gar nicht recht gewesen; sie hatte sich zuerst geweigert, aber dann hatten die anderen gedroht, ohne sie zu gehen — und welchen Grund hätte sie auch angeben können, nicht mitzugehen? Nur einen lächerlichen und unglaub­haften Grund und deswegen hatte sie dann zugesagt. Zum Singen war ihr jedoch nicht zumute, und hätte sie den hämischen Blick Julies nicht bemerkt, so wäre sie vielleicht auch bei ihrer Weige­rung geblieben. Aber nun er­wachte der Trotz in ihr. „Also wir singen unser Böhmerwald-Lied“, sagte sie mit merkwürdiger Ge­fasstheit, stimmte an und fand so­fort den richtigen Ton zum Ein­satz: „Tief drinn’ im Böhmerwald, da ist mein Heimatsort!“ Sie san­gen das Lied ihrer Heimat wie einen Protest. Bei der Strophe: „ ... wo ich als Kind genoss das allerhöchste Glück!“ fiel auch Daniel mit ein und sang mit: ,,.. .zvo ich am Vaterhaus auf grüner Wiese stand und weithin schaute in mein Heimatland!“ Selbst die alten Zeither summten den Refrain mit: „Das war im Böhmerwald, wo meine Wiege stand, im schönen, grünen Böhmerwald...“ 'Julie, stand mit verkniffenen (fj Lippen da, aber die Pflücker beachteten sie nicht weiter. Theres hatte sich in Hitze gesungen und es war wohl und warm ums Herz: „Jetzt müssen wir aber machen, dass wir wieder hinüberkommen“, sagte sie frei und fröhlich. „Gute Nacht allerseits!“ Sie ging als erste aus der Tür, die andern folgten. Die Böhmen nahmen alle guttt Stimmung mit fort und zurücK s blieb ein bedrücktes Schweigen, das durch belanglose Worte nicht verscheucht werden konnte. Julie war auch nicht mehr aufgelegt zu ihrem früheren neckisch-spitzen Ton. Sie fühlte sich zurückgesetzt und beleidigt. „Dann werd’ ich halt auch wieder gehen“, sagte sie, und es war gut herauszuhören, wie gekränkt sie war. Daniel wusste sehr wohl, dass sie nun darauf wartete, er solle sie vor die Tür begleiten, sich nun irgendwie zu ihr bekennen, auch die Alten erwarteten es. Aber Daniel blieb sitzen und seine Erwiderung auf den Gute-Nacht-Gruss fiel recht frostig aus. Erst als er glaubte, nun müsse Julie zu Hause sein, ging er hinaus. Als der Vater ihm nach eine Weile folgte, sass er im Dunkeln auf der Bank an der Scheune. Zeither setzte sich neben ihn und sagte nach kurzem Schweigen: „Mir scheint, du willst es einfach nicht wahrhaben, wie es um uns und auch um dich steht?“ Dann setzte er Daniel aufs Neue auseinander, dass er ein Spiel auf Biegen und Brechen spiele und nur noch einen Trumpf in der Hand hätte: die Julie! Daniel schwieg und Zeither sagte dann noch: „Aber betteln will ich dich nicht darum, Daniel. Am Ende musst du ja alles selber vor deinem eigenen Gewissen ver­antworten. (Fortsetzung folgt) Ein alter deutscher Bergarbeiter geht in den Ruhestand... Die Reden, die auf dem Podium des kleinen, von Bäumen umring­ten Hügels von Pilisszentiván ge­halten wurden, waren beendet, die Treue- und Jubiläums-Belohnun­­gen verteilt, harte Arbeiterhände steckten als Belohnung Sparkas­senbücher mit verschieden grossen Beträgen in die Taschen, die Bergarbeiterkapelle Metzger spielte für das sonntägliche Publi­kum, das sich auf dem Karussell, beim Ringelspiel, auf dem Schiess­platz und bei den verschiedenen Büffets unter Zelten unterhielt, lustige Märsche. Drei Millionen Forint verteilte der Staat unter den fleissigen Piliser Kumpeln, die höchste Treue-Belohnung, je 6000 Forint, erhielten Julius Stubner und Markus Gregor. Unter den Aus­gezeichneten, die sich bei der Ar­beit niemals nur um eine Minute verspäteten, ist auch ein alter deutscher Hauer, Eugen Rusz, der als Belohnung für Treue und zum Jubiläum. 5000 Forint erhielt. Von morgen ab beginnt aber in seinem Leben ein neuer Abschnitt: er geht in Pension,... nachdem er 40 Jahre tätig war, 40 Jahre hin­durch Kohle aus der dunklen Tiefe der Piliser Berge geholt hatte. -In Gedanken verloren raucht er seine Zigarette, während wir kurz die Geschichte seines einfa­chen, arbeitsreichen Lebens, in dem. es keine Sensationen gibt, notieren. Bergarbeiter war auch sein Vater, waren seine Brüder und Bergarbeiter wurde auch er. Sicher wäre es auch sein einziger Sohn geworden, wäre er nicht schon so früh gestorben. Eugen Rusz wurde hier in Pilisszentiván geboren und arbeitete in der hiesi­gen Grube 40 Jahre lang... Wie­viel Kohle er in den vier Jahr-zehnten zu Tage förderte? Er dachte wirklich nicht daran, es zu vermerken, aber eines ist sicher, viele Lokomotiven fauchten, viele tausende elektrische Lampen leuchteten, viele Maschinen liefen mit der aus der Unmenge Kohle produzierten Energie, die der alte Kumpel der Piliser Erde entriss .. Eugen Rusz ist mit dem, was er erreichte, zufrieden. Er besitzt ein kleines Haus, ein Joch Wein­garten, auch etwas Geld in der Sparkasse und seine Pension wird ungefähr 1200 Forint betragen. Davon wird er mit seiner Frau ganz gut leben und sich nebstbei in seiner Hauswirtschaft umsehen können. — Ich habe das Meinige getan, von nun an werde ich die kurze Zeit, solange das Leben dauert, in Ruhe verbringen — sagt-er-zum- Abschied einfach und steigt lang­sam den Hügel hinan, heimwärts, um seiner Frau seinen letzten Ver­dienst, das Sparkassenbuch mit den 5000 Forint Belohnung zu überbringen. Die Kapelle spielt gerade, wie zum Abschied, den Bergarbeiter- Marsch, als die gebückte Gestalt des alten Hauers in der Biegung des Hügels verschwindet. A. L. Der verdiente Kumpel, der nun in den Ruhestand geht Wirtschaftliche Kurse für die Jugend Das Landes—Organisations— Komitee der Verbandes der Kom­munistischen Jugend (KISZ) be­schloss, der Dorfjugend zu hel­fen und eröffnet mit Unterstüt­zung der Vaterländischen Volks­front im Winter einen Wirt­schaftskurs. Vorderhand werden diese zweijährigen Kurse in 44 Orten beginnen, deren Lehrma­terial im Grossen sich mit dem der „Silberähren-Kurse“ deckt. So werden unter anderen die Grundprinzipien der Bodenbe­bauung gelehrt, die Methoden der neuesten Obst- und Pflanzen­zucht sowie der Tierzucht. In dieser Winterschule wird aber auch zur allgemeinen Bildung beigetragen und politische und naturwissenschaftliche Vorträge gehalten. Neben der Winterschule wer­den Mustergärten von einigen Joch errichtet, damit die Jugend die praktische Arbeit erlernt. Jede Gemeinde, in der Winter­schulen errichtet werden, ist ver­pflichtet, ein bis zwTei Joch für Mustergärten zu überlassen. Der Kurs dauert vom 25. Oktober bis zum 4. April und diejenigen, die erfolgreich die Prüfung ablegen, erhalten Diplome. (a. I.) 3

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