Neue Zeitung, 1965 (9. évfolyam, 1-53. szám)
1965-01-01 / 1. szám
2 Kolonialherrschaft in den letzten Zügen Die auch in mehreren Fremdsprachen erscheinende sowjetische Zeitschrift „Nowoje Wremja” wollte ihre Leser zum Neujähr damit erfreuen, dass sie in einer Beilage sämtliche Nationalflaggen der Länder der Welt in Farbdruck brachte. Gleichzeitig aber entschuldigte sich die Zeitschrift in einem Artikel: wie sehr sich auch die Redaktion bemühte, möglichst eine komplette Serie von Flaggen zu bieten, die Fahnen dreier Länder fehlten dennoch. Die farbige Illustration war bereits in Druck gegeben worden, als danach Malawi, Malta und Sambia unabhängig wurden. Dieser Fall zeigt deutlich, in welch unerhörtem Tempo der Zerfall des Kolonialsystems, die Befreiung der unterjochten Kolotdalländer in unserer Epoche vor sich geht. Mit ein- wenig Übertreibung könnte man sogar behaupten, dass die Presse selbst mit diesem Vorgang kaum Schritt halten kann — wie dies auch der Fall der „Nowoje Wremja” beweist, Siegesjahre Und wirklich, die wichtigsten Erscheinungen der nationalen Befreiungsbewegungen in unseren Tagen sind deren Erfolge und Siege. Bereits heute hat die überwiegende Mehrheit der einstigen Kolonialvölker ihre staatliche Souveränität erkämpft und erreicht, dass ihre Länder auf internationaler Ebene anerkannt wurden. Das Tempo dieser Entwicklung ist atemberaubend. Vor kaum einem Menschenalter, unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg, als Lenin die Frage des Kolonialismus wissenschaftlich untersuchte, gab es auf mehr als -77 Prozent der Gesamtfläche der Erde, Länder, die in Kolonial-, Halbkolonial- oder Dominium- Gebieten unter Fremdherrschaft schmachteten. Etwa 70 Prozent der Bevölkerung der Welt lebte unter kolonialer Unterdrückung. Die Kolonialherrschaft zerfällt sozusagen vor unseren Augen. Heutzutage befinden sich nur mehr 7,5 Prozent des Gesamtgebietes der Erde und etwa 1,5 Prozent der Bevölkerung unter offener Kolonialherrschaft. Besonders rasch und auffallend ging die Befreiung der Kolonialvölker im Laufe der letzten Jahre vor sich. 1960 lebten noch mehr als 100 Millionen Menschen unter Kolonialherrschaft. Deren überwiegende Mehrzahl hat seitdem die Freiheit erlangt. Selbst erkämpft Welche sind die Kraftquellen dieser beispiellos dastehenden Siegesserie, die das Bild der Erde in so entscheidendem Masse veränderte? Zweifelsohne ist der Zusammenbruch des Kolonialsystems vor allem ein Ergebnis des heldenhaften Kampfes, den die unterdrückten Völker für ihre Freiheit und Unabhängigkeit führen. Der Erfolg dieses Kampfes wäre jedoch unvorstellbar gewesen, wenn das Zustandekommen der sozialistischen Staaten und vor allem der Sowjetunion nicht die günstigen Voraussetzungen für die nationalen Befreiungsbewegungen geschaffen hätte. Zum Sieg über die Kolonialherren war es vor allem notwendig, dass die Herrschaft des Imperialismus, die sich auf die ganze Erde erstreckte, aufhörte und sich das internationale Kräfteverhältnis grundlegend zu Gunsten der antiimperialistischen Kräfte änderte. Die „Neue Zürcher Zeitung” kommt, die Geschichte der antikolonialistischen Bewegungen analysierend, zu folgendem Schluss: „Der zeitgenössische Antikolonialismus der Entwicklungsvölker fusst eindeutig auf westlichem, antikolonialem Gedankengut...” Diese Feststellung ist jedoch offensichtlich einseitig und falsch. Die Kolonialvölker benötigen keinerlei europäisches Gedankengut, um das Kolonialjoch und den Wunsch, sich davon zu befreien, zu spüren. An der Behauptung der Schweizer Zeitung ist jedoch auch etwas wahr. Gemeinsam mit den veränderten Kräfteverhältnissen erhöhte sich die Hilfe der sozialistischen Staaten für die Völker, die für ihre Befreiung kämpfen ... Die Weltlage wurde zur Verbreitung der Ideen des Antikolonialismus, der Unabhängigkeit und des nationalen Selbstbestimmungsrechtes günstiger. Der Zusammenhang zwischen der Erhöhung des internationalen Gewichtes der sozialistischen Staaten und der sich verbessernden Lage der antiimperialistischen und antikolonialistischen Kräfte ist offensichtlich. Das kann man am Beispiel der UNO gut wahrnehmen. Im UNOGrundsatz wurde das Selbstbestimmungsrecht aller Völker bereits 1945 als grundlegendes Recht festgelegt. Es muss wohl nicht ausführlich erklärt werden, dass die diesbezüglichen Punkte der UNO-Charta nie zustandegekommen wären,- wenn die Sowjetunion nicht von Beginn an für die Befreiung der Kolonialvölker und im allgemeinen für die Sicherung der nationalen Selbstbestimmung gekämpft hätte. Methoden der Neokolonialisten Die Erfolge der Befreiungsbewegungen bedeuten jedoch überhaupt nicht, dass die Kolonialfrage völlig gelöst ist. Davon ist keine Rede. In Afrika, Asien und anderen Punkten der Welt gibt es noch bedeutende Gebiete unter offener Kolonialherrschaft. Nicht weniger wichtig ist der Umstand, dass die formelle Erlangung der Unabhängigkeit bei den meisten ehemaligen Kolonien noch nicht die wahre und völlige Unabhängigkeit bedeutet, sondern lediglich einen günstigeren Ausgangspunkt zur völligen Beseitigung des Einflusses der ehemaligen Kolonialherren ist. Der 'Imperialismus wendet in der Kolonialpcäitik neue formen und Methoden an. In einigen Ländern, ist er bestrebt, mit politischen Mitteln die tatsächliche politische Unabhängigkeit zu verzögern oder zu verhindern. Wir sind Zeugen von Machinationen — z. B. in Malaysia —, wo die englischen Imperialisten, sich auf die reaktionärsten Schichten der Bevölkerung stützend, eine Föderation zustande brachten, die in diesem Raume einen ständigen Spannungsherd darstellt. Die Imperialisten schrecken jedoch auch vor militärischer Einmischung nicht zurück, die von der Errichtung von Militärblöcken und Stützpunkten bis zur offenen Intervention, wie wir dies in jüngster Zeit im Kongo und anderen Ländern erleben konnten, reicht. Fünf Milliarden Dollar Besondere Bedeutung unter den neokolonialistischen Methoden hat der wirtschaftliche Kampf. Laut Errechnungen von Fachleuten konnte der Imperialismus in zahlreichen ehemaligen Kolonialländern die wirtschaftliche Ausbeutung auch in letzter Zeit steigern. In der Mehrzahl der befreiten Staaten haben die imperialistischen Monopole noch immer führende Positionen inne und erzielen riesige Profite. Die Profite, die aus den ehemaligen Kolonialgebieten stammen, betragen laut Schätzungen jährlich mehr als 5 Milliarden Dollar. Die grossen Monopole beuten die Arbeiter der Entwicklungsländer schonungslos aus, kaufen von diesen Staaten unter äusserst günstigen Bedingungen Rohstoffe und verkaufen an diese Staaten die Fertigwaren dagegen teuer. Hier ist nicht nur davon die Rede, dass sie daraus einen riesigen finanziellen Nutzen ziehen, sondern sie versuchen dadurch, trotz der geänderten Verhältnisse die gesamte Volkswirtschaft der befreiten jungen Staaten auf Kolonialniveau zu halten. Hilfe der sozialistischen I ander Aus diesem Blickwinkel ist auch die Hilfe der Sowjetunion und anderer sozialistischer Staaten von unschätzbarer Bedeutung. Da die Gesellschaftsordnung der sozialistischen Staaten jedwede Ausbeutungsbestrebungen ausschliesst, bietet diese Hilfe für die Entwicklungsländer die sicherste Grundlage, die tatsächliche, auch das gesamte Wirtschaftsleben einschliessende Unabhängigkeit zu erlangen. Die sozialistischen Staaten bauen in den Entwicklungsländern Industrieanlagen, stellen hohe Kredite zur Verfügung, liefern wichtige Industrieartikel. Damit verfolgen sie kein anderes Ziel, als den jungen Staaten zu' helfen, sie im wirtschaftlichen Aufbau zu unterstützen und zur Verhütung der neokolonialistischen Versuche beizutragen. Die ehemaligen Kolonialländer aber festigen die internationale, antiimperialistische Front weiter und tragen dazu bei, dass auch die Reste der Kolonialherrschaft von der Erde verschwinden. —kg— Atomminensperre im Herzen Europas Auf der Sitzung des Ministerrates der NATO in Paris wurde ein beunruhigender Vorschlag unterbreitet. Der Vorschlag sieht die Schaffung einer Atomminensperre entlang der Grenzlinie zwischen der Bundesrepublik und der DDR auf westdeutschem Boden vor. In Westdeutschland sind bereits Atomwaffen angehäuft, die etwa 5000 Atombomben wie die auf Hiroschima abgeworfene hergeben würden. Es ist leicht verständlich, dass in Westdeutschland und vor allem in den betreffenden Grenzgebieten, so in erster Linie in Hessen, der Plan eines Atomminenfeldes, der den Vorrat an nuklearen Waffen in Westdeutschland weiter erhöhen würde, grosse Unruhe hervorrief. Westdeutscherseits ist man vorläufig nicht geneigt, über die Minensperre genaue Aufklärung zu geben. Verantwortliche westdeutsche Politiker weichen den Fragen von Journalisten aus, indem sie behaupten, es handle sich um ein Militärgeheimnis und es sei noch kein endgültiger Beschluss gefasst worden. Man gab lediglich bekannt, der Plan sei zum erstenmal nicht auf der Pariser NATO-Konferenz, sondern bereits früher, so u. a. im Laufe des letzten ’ Amerika-Besuches des westdeutschen Verteidigungsmi-nisters von Hassel erörtert worden. Wo die Idee, im Herzen Europas einen Atomkordon zu errichten, auch immer ihren Ursprung hat, so viel ist gewiss, dass ihre Verwirklichung die Kluft zwischen Westdeutschland und der DDR weiter vertiefen und die Unruhe der in vieler Hinsicht sowieso stark in Anspruch genommenen Bevölkerung in den Grenzgebieten weiter steigern würde. Laut Feststellung der angesehenen bürgerlichen „Süddeutschen Zeitung” ist dieser Plan geradezu katastrophal, lässt politische Gesichtspunkte ausser acht und würde die Spannung zuspitzen. Noch erschreckender ist der Plan im Hinblick auf das gesamte internationale Leben. Er erinnert an die alten kaltkriegerischen Methoden, die die Welt schon so oft an den Rand der Katastrophe schleuderten. Heute, da jede nüchterne politische Kraft bestrebt ist, die weitere Verbreitung der Atomwaffen zu verhindern, lenkt der Plan des Atomminenfeldes unsere Aufmerksamkeit auf die Gefährlichkeit westdeutscher Militärkreise und ermahnt uns gleichzeitig, alles zu unternehmen, um die westdeutsche Atomaufrüstung zu verhindern. Budapest, 1. Januar 1965 Aufbauarbeit 1964 Das Wärmekraftwerk Donau, das nach Beendigung der Bauarbeiten im Jahre 1967 mit 600 Megawatt Energie arbeiten wird, entsteht bei Százhalombatta. Es wird durch die Ölleitung „Freundschaft” mit Heizmaterial gespeist Auf den Erdgasfeidern bei Hajdúszoboszló entsteht eine neue Gasolin- und Propan-Butan-Fabrik. Nach ihrer Fertigstellung wird das Gas durch Leitungen nach Budapest geführt. Auch das Chemiekombinat Tisza wird das Gas aus Hajdúszoboszló erhalten Das Wärmekraftwerk (200 Megawatt) und das Chemiekombinat Borsod (200 000 Tonnen Kunstdünger pro Jahr) sind die beiden wichtigsten industriellen Anlagen der jungen sozialistischen Stadt Kazincbarcika. die 1964 ihren zehnjährigen Geburtstag feierte. Die beiden Riesenbetriebe wurden vor kurzem mit einer Dampffernleitung miteinander verbunden. Unser Bild zeigt die Montage der Leitung Der neue, moderne „Palast der Kunst und Kultur” in Szombathely