Neue Zeitung, 1967 (11. évfolyam, 1-52. szám)

1967-01-06 / 1. szám

2 Eine Woche Weltgeschehen In den ersten Tagen von 1967 hatte die Weltpresse zwei Haupt­themen: die neuesten Ereignisse des Vietnamkrieges und die Neu­jahrserklärungen, in denen füh­rende Politiker und Staatsmänner über die Aussichten des neuen Jahres sprachen. Nach Ablauf der kurzen Neu­jahrs-Feuerpause flammten in Vietnam erneut die Kämpfe auf. Die Luftstreitkräfte der Vereinig­ten Staaten begannen erneut ihre Bombenangriffe, obwohl die USA vielleicht noch nie so sehr im Kreuzfeuer der internationalen Presse standen wie in diesen Ta­gen. Die Hamburger Wochenzeit­schrift „Die Zeit” schreibt in die­sem Zusammenhang folgendes: Die Amerikaner haben aus dem Luftkrieg, der gegen Deutschland und Japan geführt wurde, nicht viel gelernt. Sie glauben immer noch, man könne mit Luftangrif­fen den Widerstand der Bevölke­rung brechen. Diese Auffassung zeigt in Vietnam die gefährlichste, unnützeste und unmenschlichste Form der Eskalation. Die angesehene westdeutsche Zeitung verurteilt die unmensch­lichen Bombenangriffe der Ame­rikaner nicht nur wegen der Ge­fahr der Ausdehnung des Krieges. Die auf Hanoi abgeworfenen Bom­ben schädigten das Ansehen der Vereinigten Staaten vor der ge­samten öffentlichen Meinung der Welt schwer. Die Glaubwürdig­keit Lyndon B. Johnsons erlitt ei­nen schweren Schlag, schreibt die Zeitung. Der Präsident betonte des öfteren, dass sich die Bombenan­griffe ausschliesslich gegen mili­tärische Zielpunkte richten, und keine einzige amerikanische Bom­be auf Wohngebiete fallen kön­ne. Der nach Hanoi entsandte Mit­arbeiter der New York Times, Harrison E. Sallisbury, bewies je­doch, dass Johnson gelogen hat. Der amerikanische Journalist ver­brachte Weihnachten in Hanoi und konnte sich mit eigenen Au­gen von den durch die amerika­nischen Luftstreitkräfte angerich­teten furchtbaren Verheerungen überzeugen. Aller Wahrschein­lichkeit nach richteten die ameri­kanischen Bomber systematisch und planmässig Bombenangriffe auf Wohngebiete. Was immer auch die Erklärung dazu beinhal­tet — schrieb Sallisbury in der New York Times —, ist es eine offensichtliche Tatsache, dass amerikanische Flugzeuge grosse Mengen Sprengmaterial auf Zivil­zielpunkte abwarfen. In Washing­ton unternimmt man nicht einmal den Versuch, eine annehmbare Erklärung zu suchen. Man war sich schon zu Beginn der Bomben­angriffe darüber im klaren, dass die Tatsachen dieser schreckli­chen und unmenschlichen Kriegs­führung vor der Welt nicht ge­heimgehalten werden können. Man rechnete jedoch in Washing­ton nicht mit einer so weit aus­gedehnten und so energischen Empörung. Neujahrsbotschaft de Gaulles je­ne, die die meiste Aufmerksam­keit erregte. Der französische Staatspräsi­dent widmete natürlicherweise europäischen Problemen die Hauptaufmerksamkeit. Er hob er­neut die Rolle Frankreichs bei der Gestaltung einer günstigeren At­mosphäre zwischen den europäi­schen Staaten hervor. Der Präsi­dent sprach davon, dass Frank­reich zur Sowjetunion und ande­ren Staaten Europas fruchtbrin­gende Beziehungen wünscht. Während sich jedoch in Europa die internationale Lage verbessert hat, betonte de Gaulle, wird in Asien ein ungerechter Krieg ge­führt. Der Präsident verurteilte eindeutig und scharf die amerika­nische Aggression: „Dieser Krieg ist deshalb ungerecht, weil die Vereinigten Staaten auf vietname­sischem Gebiet eine bewaffnete Aggression durchführen. Im Na­men des nüchternen Verstandes halten wir es für eine unbedingte Notwendigkeit, dass Amerika dem Konflikt ein Ende bereite und sei­ne Truppen auf eigene Gebiete zu­rückziehe.” Für wie wichtig de Gaulle sei­nen Standpunkt hält, ist auch dar­aus ersichtlich, dass er seine Wor­te im Laufe des üblichen Neu­jahrsbesuches den in Paris akkre­ditierten Diplomaten wiederholte. Der Pariser Botschafter der Ver­einigten Staaten hörte sich die Worte des Präsidenten missmutig an und erklärte sodann auf die Frage von Journalisten, er halte es für unschicklich, über die Wor­te de Gaulles seine Meinung zu äussem. Leider bekunden auch andere Zeichen, dass die Führer der USA nicht bereit sind, auf nüchterne Stimmen, die die Einstellung des Krieges fordern, zu hören. Im Laufe seiner Neujahrserklärung war der amerikanische Präsident Johnson mit einem besonderen Ei­fer bestrebt, die Haltung der Ver­einigten Staaten von Amerika in Vietnam zu begründen. Die Jour­nalisten stellten vor allem im Zu­sammenhang mit der'Bombardie­rung von Wohngebieten der De­mokratischen Republik Vietnam Fragen. Der Präsident war sich darüber im klaren, dass Leugnen nicht mehr helfe. Er war bestrebt, die Vernichtung von zivilen Ziel­punkten als einen unvermeidli­chen Schlag des Schicksals hinzu­stellen. Johnson argumentierte folgen­­dermassen: „Die Taktik des ame­rikanischen Luftkrieges hat sich nicht geändert..Wir geben den Befehl, dass nur Militärzielpunk­te bombardiert werden, doch wis­sen wir, dass es Opfer geben wird, wir wissen auch, dass die Zivilbe­völkerung Tote haben wird.” Der Präsident Hess Bemerkungen von Journalisten, laut denen die plan­­mässige Bombardierung von We­bereien und Mühlen wohl kaum zur Taktik von Angriffen gegen Militärstützpunkte gehören dürf­te, einfach unbeantwortet. Auf solche Fragen antwortete er im­mer nur, der Krieg sei unvermeid­bar mit Opfern verbunden. Johnson war natürlich erneut bestrebt, seine Zuhörer vom Frie­denswunsch Washingtons zu über­zeugen. Er betonte, die Vereinigten Staaten von Amerika seien be­reit, sich die Meinung und die Vorschläge anderer Länder bezüg­lich der Einstellung des Vietnam­krieges anzuhören. In diesem Zu­sammenhang lobte er den engli­schen Vorschlag, in dem unter Ausschluss des Vertreters der Na­tionalen Befreiungsfront Südviet­nams Friedensverhandlungen vor­­gesohlagen, d. h. die amerikani­schen Propositionen wiederholt werden. Der amerikanische Prä­sident will nicht zur Kenntnis nehmen, dass jene Unterstützung, die er vom englischen Minister-2 Präsidenten erhalten kann, in den? Augen der öffentlichen Meinungc der Welt schon wenig Wert hatÄ Die englische Regierung, die siehe in der Vietnamfrage des öfteren? als das Sprachrohr Washingtons? erwies, geriet jetzt vor Unterbrei-? tung des neuesten „Friedensvor-c Schlages” erneut in eine unange-? nehme Lage. Sie beging nämliche den nicht wiedergutzumachendeni Fehler, dass sie sich vor der ? schweren Entlarvung des Hanoién Berichtes der New York TimesC beeilte, sich auf eigene diplomati-a sehe Meldungen berufend, eineC falsche Zeugenschaft abzulegeni und verkündete zusammen mite Washington die Lüge, dass aufi Wohngebiete der Hauptstadt derC Demokratischen Republik Viet-$ nam keine einzige amerikanische£ Bombe geworfen wurde. Von den Neujahrserklärungen? der Staatsmänner der sozialisti-? sehen Länder möchten wir kurz? die Worte Ho Chi Minhs und Wal-? ter Ulbrichts wiederholen. Der? Präsident der Demokratischen Re-S publik Vietnam fasste in seiner? der Hamburger Zeitschrift „Der? Spiegel” gegebenen Erklärung sei-? nen Standpunkt in der Frage des? Vietnamkrieges zusammen. Laut? dieser Erklärung besteht die ent-J scheidende Vorbedingung des? Friedens im Abzug aller amerika-? nischen Kräfte aus Vietnam. Das? Haupthindernis des Friedens ist? die Anwesenheit der imperialisti­schen Aggressoren. Der Präsident? der Demokratischen Republik? Vietnam verlieh seiner Überzeu­gung Ausdruck, dass der Kampf? des vietnamesischen Volkes vom? Sieg gekrönt sein werde, gleiche welche Opfer dieser Kampf for-? dem werde. Der Vorsitzende des Staatsrates? der Deutschen Demokratischen? Republik, Walter Ulbricht, unter-? suchte in seiner Neujahrserklä-? rung jene Vorbedingungen, durch? deren Erfüllung die Spannung in? Europa weiter vermindert werden? und zwischen den beiden deut-S sehen Staaten eine Annäherung? verwirklicht werden könnte. Zur? Verwirklichung dieses Ziels un­terbreitete er ein Minimalpro-S gramm, das den Weg zu einer kon-t föderativen Zusammenarbeit der? beiden deutschen Staaten eröffnend könnte. Hauptpunkte dieses Pro-? grammes sind: Zwischen der DDR? und der BRD soll zur Aufnahme? von normalen Beziehungen eine? Vereinbarung abgeschlossen teer-? den. Die beiden Staaten sollen diet Verpflichtung übernehmen, keine? Gewalt gegeneinander anzuwen-t den und ihre Rüstungsausgaben? um 50 Prozent zu vermindern. Im? Sinne des Vorschlages sollten die? beiden Partner auf den direkten? oder indirekten Besitz von Atom­waffen verzichten und ihre Be­reitschaft erklären, sich an der? Schaffung einer atomwaffenfreien? Zone zu beteiligen. Offensichtlich verletzt die An­nahme eines solchen politischen. Programmes die Interessen keines] einzigen friedliebenden Menschen,i weder in der DDR noch in der] BRD oder gleich in welchem Landi Europas. So ein Programm könnte, in der Tat die Grundlage zu Ver­handlungen zwischen den beiden deutschen Staaten sein, und im Falle der Annahme dieser Vor-1 Schläge würde das für die Sicher-, heit unseres Kontinents nur von! Vorteil sein. Georg Kertész booo<>ooeKK>oo-CK>o<>oo<>o<K><><>ooooooo<>o<>o<K>o<K>oo<><>oo<>o5 DE GAULLE: DIE USA FÜHREN EINE BEWAFFNETE AGGRESSION DURCH Die Brandmarkung der ameri­kanischen Aggression klingt auch aus den Neujahrserklärungen zahlreicher führender Staatsmän­ner hervor. Es ist selbstverständ­lich, dass die Leiter der sozialisti­schen Staaten die Gefühle ihrer Völker zum Ausdruck brachten und die Vietnamaggresision der Amerikaner energisch verurteil­ten. Doch nahmen in diesen Ta­gen auch mehrere bürgerliche Po­litiker gegen die amerikanische Aggression Stellung. Von diesen Erklärungen ist zweifelsohne die DAS PROGRAMM DER EUROPÄISCHEN SICHERHEIT Budapest, 6. Januar 1967 ■?100<K>00<>00<><>0000<><>0<>00<K><><>CH>OOeK>CK>0-0<>0Y>0<>0<K>0<>00<7' Das Wirtschaftswunder ist vorbei schrieb ich in meiner Artikelserie, die den Bericht über drei Städte der Bundesrepublik Deutschland — Frankfurt, Stutt­gart und München — anlässlich meiner Reise im vergangenen Sommer enthielt. Ich bin kein Volkswirtschaftler — und das betonte ich auch in meinen Artikeln. Meine sich hierauf bezogene Schluss­folgerung, dass „mit dem Wirtschaftswunder Schluss sei”, zog ich lediglich aufgrund meiner sachlichen Beobachtungen. Seit dem Erscheinen meiner Artikelserie kamen schon viele westdeutsche Journalisten-Kollegen nach Budapest, — und diejenigen, die mich aufsuchten, wollten mich davon überzeugen, dass sich meine Eindrücke zu sehr an der Ober­fläche bewegten und ich mich nicht tiefgehend genug mit der Lage beschäftigt hätte. Einige von ihnen sagten: „Die grössere Warenauswahl und die vorübergehend bemerkbare geringere Nachfrage — bieten noch keinen Anhaltspunkt für derartige Schlussfolgerungen.” Nun, all das, was seitdem in Westdeutschland auf wirt­schaftlichem Gebiet geschah, bekräftigte nicht ihre, sondern meine Worte. Heute gibt es nämlich nicht nur Anzeichen für das Stocken der Wirtschaftsentwicklung, worüber ich berich­tete, sondern solche, die in sich selber die Symptome der Krise tragen. Heute kann man schon nicht nur aus dem, was man mit den Augen eines einfachen Touristen sah und mit eigenen Ohren hörte, schlussfolgern, sondern es gibt schon prägnante Anzeichen für das Ende des Wirtschaftswunders und den Be­ginn des wirtschaftlichen Verfalls. Und hierbei brauche ich mich noch nicht einmal auf irgendwelche vertrauliche Infor­mationen zu berufen. Es genügen die Zitate aus westdeutschen Zeitungen und Zeitschriften. Der Hamburger „Der Spiegel” warf schon vor Monaten die Frage auf: Gibt es in der Bundes­republik Deutschland eine Krise oder nicht? Aber zitieren kann man auch aus jedem x-beliebigen Presseorgan. Jedes Zitat untermauert meine Behauptung. Droht vielleicht nicht gerade dort die Gefahr der Arbeitslosigkeit, wo man noch vor kurzem von weit über eine Million zählende Gastarbeiter sprach? Und siehe hier das Beispiel, unterstrichen durch ein Zitat aus der „Welt" vom 16. Dezember: „Zuerst die Verträge der Gastarbeiter überprüfen. Der neue nordrhein-westfälische Arbeitsminister Werner Figgen hat sich am Donnerstag für eine Überprüfung der Gastgeber- Verträge ausgesprochen. In einem Interview mit der „Neuen Rhein-Ruhr-Zeitung” meinte Figgen, keine ausländische Re­gierung und kein Volk könne es verübeln, dass „wir in der heutigen Wirtschaftssituation zuerst an die deutschen Arbeit­nehmer denken. Es müsse deshalb überprüft werden, ob die 400 000 in Nordrhein-Westfalen tätigen Gastarbeiter bleiben könnten oder ob die Zahl verringert werden müsse. Figgen warnte vor überstürzten Entlassungen von ausländischen Arbeitern. Wenn sich aber die Welle der Kurzarbeit oder der Entlassungen im nächsten Jahr noch verstärken sollte — „und einiges spricht dafür” —, dann müssten selbstverständlich die Gastarbeiter- Verträge überprüft werden.” Ich bin der Meinung, dass es dazu keines ausführlicheren Kommentars bedarf. Es sei denn, dass das zitierte Interview aus der „Welt” sehr diplomatisch abgefasst wäre. Die Formel näm­lich „und einiges spricht dafür” drückt an und für sich aus, dass weitere Arbeiterentlassungen fast als sicher anzusehen sind. Hinter der Auslegung „Überprüfung der Gastarbeiterver­träge” stehen bereits konkrete Massnahmen. So ist z. B. be­kannt, dass ein Teil der zu Weihnachten nach Hause reisenden italienischen Gastarbeiter schon nicht mehr an seinen Arbeits­platz zurückkehren kann. Freilich ist diese Frage ziemlich kompliziert. In erster Linie schon deshalb, weil die Gastarbei­ter nicht einfach durch deutsche Arbeiter ersetzt werden kön­nen. Warum nicht? Deshalb, weil dies die Fabrikbesitzer viele Millionen Mark kostet. Die Gastarbeiter erhalten nämlich zu­meist wesentlich niedrigere Löhne in Westdeutschland als die einheimischen. Das erzählten mir bei meinem dortigen Be­such mehrere Gastarbeiter. Und ausserdem: die Arbeiterent­lassungen bleiben nicht bei den Fremdarbeitern stehen. Im grossen und ganzen sind dies nämlich eingelernte oder Hilfs­arbeiter. Wo man den Belegschaftsstand senken muss, dort kommt es unvermeidlich auch zur Entlassung von Facharbei­tern. Und so liesse sich der Gedankengang noch weiter fort­setzen. Ich glaube, dass das bisher Gesagte ausreichende Beweise für den Titel dieser wenigen Zeilen liefert. Auch wenn man noch nicht von einer schweren Wirtschaftskrise in der Bundes­republik sprechen kann, so hat doch das sogenannte Wirt­schaftswunder aufgehört zu existieren. György Gräber

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