Neue Zeitung, 1971 (15. évfolyam, 1-53. szám)

1971-06-11 / 24. szám

NEUE ZEITUNG des Demokratischen Verbandes der Deutschen in Dngarn XV. JAHRGANG, NUMMER 24 Preis: 80 Fillér BUDAPEST, 11. JUNI 1971 Wochenblatt Verheissungsvolle Ernte Den Anzeichen nach zu urteilen, wer­den heuer noch vor dem Peter-Paul- Tag, der ja seit eh und je traditionelles Symbol des Erntebeginns in unserer Heimat ist, die Kombines auf die Kornfelder fahren. In den heissen Mai­tagen — vor 120 Jahren wurde das letz­­temal im Mai eine derartige Hitze ge­messen — beschleunigte sich das Wachs­tum der Pflanzen, darunter des Wei­zens, der Gerste und des Roggens, aus­serordentlich. Während sich die Stir­nen der Landwirte im Mai vergangenen Jahres wegen der Überschwemmungen und Binnenwässer sorgenvoll umwölk­ten, bewirkte dies heuer die Furcht vor der Dürre. „Wenn es binnen einer Wo­che nicht regnet, dann setzt die Not­reife des Getreides ein, und der Kuku­ruz und die Kartoffeln fangen an zu ver­welken”, sagte in der Gemeinde Zics im Komitat Somogy einer der LPG-Leiter um den 20.- Mai herum. Zum Glück setzten einige Tage später ringsherum ergiebige Regenfälle ein, und wenn auch der Weizen unter der sengenden Sonne etwas gelitten hat, haben sich die Ähren doch schön und voll entwik­­kelt. Die Aussicht auf die Ernte ist gut. Im Komitat Baranya beginnen sich die weiten Kornflächen schon goldgelb zu färben, und die Wirtschaften berei­ten sich fieberhaft auf die Ernte vor. Der überwiegende Teil der Kombines und Erntemaschinen ist bereits repa­riert, und jetzt geht es darum, eine ge­wisse Reserve an Ersatzteilen zu be­schaffen. Mancherorts bemüht man sich nur darum, denn wie wir den Komi­­tatsnachrichten entnehmen, bestehen auch heuer an vielen Plätzen Sorgen um die Beschaffung von Ersatzteilen. Die Gefahr ist also auch in diesem Jahr vorhanden, dass Kombines auf den Fel­dern bleiben müssen, nur weil Ersatz­teile von lächerlich kleinem Wert feh­len. Interessant zu beobachten ist, dass sich im Laufe der heurigen Erntevor­bereitungen ein grosser Teil der LPG auf die Ernte mit der Sense überhaupt nicht mehr einstellt. Das lässt zwei Schlussfolgerungen zu: der Maschinen­park der LPG erweiterte sich, nahm an Umfang zu. Die Kollektivwirtschaften kauften z.B. in den vergangenen Mo­naten fast 2000 neue Kombines, darun­ter viele aus der DDR, die sich unter den Landwirten grosser Beliebtheit er­freuen. Andererseits verwendet man auf die Organisierung und Übereinstim­mung der Arbeit von Ernteeinbringung und Maschinen viel mehr Sorgfalt. In den meisten Wirtschaften wurden die Traktoristen und die Maschinenführer immer zu je einem Paar „gekoppelt”, die sich in den Satteln der Kombines und Erntemaschinen ablösen. Es wur­den auch Transportbrigaden gebildet, das Ballenpressen und Strohraffen or­ganisiert. Die in den letzten Wochen er­folgten Regengüsse, die übrigens Goldes wert waren, machten jedoch auch dar­auf aufmerksam, dass es zweckmässig wäre, auch einige Menschen für die Handmahd in Bereitschaft zu halten. Das Korn hat sich hie und da gelegt, die Maschinen können das vom Winde zerzauste Getreide nicht schneiden. Wenn wir heute die Ernte auch nicht als „Kraftprobe der Landwirtschaft” be­zeichnen — sie wurde in jedem Dorf die Aufgabe von 20—30 Menschen, hauptsächlich von Traktoristen und Ma­schinenführern —, muss doch betont werden, dass diese Menschen gerade jetzt ihre ganze Kraft einsetzen müssen. Die erfolgreiche Ernte erfordert, dass die Leiter diese Werktätigen besonders betreuen und ihre Versorgung, angefan­gen von warmen Speisen bis zu Erfri­schungsgetränken, sichern. Jeder Vorsit­zende und jeder Agronom weiss, welch grosse Rolle der materielle Ansporn bei der erfolgreichen Verrichtung der Ar­beit spielt, jedenfalls keine geringere als die aktive Teilnahme an den Komi­­tats- bzw. Landeswettbewerben. Eines lässt sich schon mit Bestimmt­heit prophezeien: heuer werden die Monteure nicht so viel Arbeit haben, die Maschinen werden weniger Scha­den erleiden. Das ist die Folge der schön gepflegten und unkrautfreien Ge­treideflächen. Die sich hierauf bezie­hende Entwicklung ist gegenüber dem Vorjahr direkt augenfällig. Freilich lernten viele Wirtschaften aus ihrem eigenen Schaden: unter grossbetriebli­chen Umständen darf kein einziges, not­wendiges agrotechnisches Verfahren ausgelassen werden; auch ist es nicht einerlei, wann der Zeitpunkt für das Streuen der Chemikalien gewählt wird. Heuer wurde auf 750 000 Hektar Getrei­de die wirksame, chemische Unkraut­vertilgung angewandt, was fast doppelt soviel ist wie im Vorjahr. Es ist auch ein gutes Zeichen, dass in einem grossen Teil der LPG die Vor­bereitung nicht nur bedeutet, dass die Kombines und Erntemaschinen repa­riert werden^ An immer mehr Plätzen werden die zum Kornreinigen und -trocknen notwendigen Voraussetzungen geschaffen, die erforderlichen Maschi­nen angeschafft. Die Aufkaufsorgane stellen nämlich höhere Ansprüche an die Reinheit des Korngutes, und das vergangene Jahr ist der beste Beweis dafür, welch grosse Verluste die Wirt­schaften treffen können, wenn sie diese Arbeitsprozesse unterlassen oder nicht in entsprechender Qualität durchführen. Die Wirtschaften, in denen Trockner grosser Kapazität in Betrieb genommen werden, können die Ernte 2—3 Tage früher beginnen, was einen immensen Vorteil bringt. Eine der Voraussetzungen für die in unserer Heimat in optimaler Zeit ein­zubringende Ernte liegt darin, dass die Kombines der nördlichen Komitate, wo das Getreide 5—6 Tage später reift, zu­erst in die südlichen Komitate dirigiert werden. Zu gleicher Zeit besteht die Möglichkeit, dass die örtlichen Wirt­schaften der Südkomitate nach Ernte­abschluss ihre Maschinen in den Nor­den schicken, um Hilfe zu leisten. Durch diese Zusammenarbeit kann erreicht werden, dass die Leistung des derzeiti­gen Bestandes — 12 000 bis 13 000 Kom­bines — um 10 Prozent gehoben wer­den kann, d.h., auf diese Weise können rund 1000 Kombines ersetzt werden. Im Zustandebringen solcher Kooperationen könnten sich die Gebietsvereinigungen der Genossenschaften, der LPG her­vortun. Die Flur ist vielversprechend — hört man die Landwirte sagen. Die erste Mahd des Halmfutters brachte eine gu­te Ernte, der Kukuruz, die Kartoffeln und Rüben entwickeln sich prächtig, und auch die Weinstöcke hängen voller Trauben. In dieses verheissungsvolle Bild gehört auch das Getreide. Die Äh­ren haben sich voll und gleichmässig dicht entwickelt. All das zeigt, dass die Bodenvorbereitung, die Saat und die Pflege des Getreides in guten Händen lag und gewissenhaft durchgeführt wurde. Wo schätzungsweise schon fest­gestellt werden kann, dass heuer mit ei­ner besseren Ernte als im Vorjahr zu rechnen ist, sind die Leiter noch immer vorsichtig: sie äussern sich über die zu erwartenden Durchschnittserträge nicht in Zahlen. „Das Korn schläft noch ei­nige Wochen draussen unter freiem Himmel, da kann noch viel passieren”, hörten wir von einem Agronomen im Bezirk Mohács. Wenn uns die Witterung nur ein klein wenig hold gesinnt ist, kann kein gro­sses Malheur mehr geschehen. Die wich­tigsten Voraussetzungen sind erfüllt, da­mit der Segen der fleissigen, gewissen­haften und fachkundigen Arbeit unter geringstem Kornverlust in die Speicher und in die Mühlen gelange — die täg­liche Nahrung des Volkes, das Brot. Ernő Keserű AussenpoHtik • Aussenpolitik • Aussenpo/itik • Aussenpolitik • Aussen Erste bemannte Raumstation Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit umkreist eine bemannte Raumstation die Erde. Das sowjetische Raumschiff So jus 11, an Bord mit Kom­mandanten Georgi Dobrowolski, Flug­ingenieur Wladislaw Wolkow und Test­ingenieur Viktor Patsajew, führte — wie die Nachrichtenagenturen berichteten — ein in der Geschichte des Raum­fluges bisher alleinstehendes Manöver durch. So jus 11 wurde automatisch in eine Entfernung von 100 Meter an die seit dem 19. April auf einer Erdumlauf­bahn kreisende Orbitalstation Salut her­angesteuert; die weitere Annäherung wurde von den Kosmonauten mit Hand­steuerung durchgeführt. Nach dem An­legen von Sojus wurden beide Raum­körper auf mechanischem Wege starr verbunden und die elektrischen und hydraulischen Systeme miteinander ge­koppelt. Hierauf stieg die Mannschaft von Sojus 11 in die Orbitalstation um. Das sowjetische Kontrollzentrum bestä­tigte, dass alle Instrumente der be­mannten Raumstation einwandfrei ar­beiten. Unsere letzte Nachricht vor Re­daktionsschluss war, dass die sowjeti­schen Kosmonauten die erste histori­sche Nacht auf der Raumstation ange­nehm verbracht haben. Das grossartige Ergebnis der sowjeti­schen Raumforschung hat in der Welt­öffentlichkeit ein grosses Echo ausge­löst. Die Sowjetunion hat damit die er­ste Stufe jenes Weltraumforschungspro­grammes erfüllt, das auf lange Sicht die Errichtung bemannter Raumstationen vorsieht, deren Besatzung in gewissen Abständen mittels „Weltraumfähren” abgelöst und ausgewechselt werden kann. Westliche Nachrichtenagenturern kommentierten: „Die Sowjetunion konn­te im Wettstreit um die Erforschung des Weltraumes einen weiteren Triumph erringen.” Der Direktor der amerikani­schen Weltraumbehörden NASA, James Fletcher, würdigte die Bemannung der sowjetischen Orbitalstation Salut als ei­nen bedeutenden Meilenstein in der Er­forschung des Weltraums. Jordanischer Bürgerkrieg erneut entflammt Seit der bewaffneten Aggression, die Israel gegen die arabischen Nachbar­staaten durchgeführt hat, sind vier Jah­re verstrichen. In diesen vier Jahren wurden zur Wiederherstellung des Frie­dens im Nahen Osten recht viele diplo­matische Bemühungen an den Tag ge­legt, doch sind die Aussichten auf Frie­den auch heute noch ungünstig. Der Grund der Nahostkrise ist, dass Israel an der Expansionspolitik hartnäckig festhält, die Beschlüsse des Weltsicher­heitsrates ausser acht lässt und nicht bereit ist, sich an die vor dem 4. Juni 1967 bestandenen Grenzen zurückzuzie­hen. Diese Haltung ist deshalb möglich, weil die Vereinigten Staaten von Ame­rika zur Fortsetzung der Aggression jede politische und militärische Unter­stützung zur Verfügung stellen. Im Laufe der Auswertung der Nahost­reise des amerikanischen Aussenmini­­sters Rogers betont auch die Moskauer „Prawda” die Unhaltbarkeit der Lage. Die führende sowjetische Zeitung stellt fest, der sog. Regelungsplan von Rogers will das Hauptproblem, den Rückzug der israelischen Truppen, umgehen. Wie die „Prawda” feststellt, ist der ameri­kanische Plan darauf abgezielt, die gu­ten Beziehungen zwischen den arabi­schen Staaten und ihren Freunden zu schwächen und den amerikanischen Einfluss zu erhöhen. Mit den amerika­nischen Machenschaften im Nahostraum hängen auch jene Erscheinungen zusam­men, von denen einzelne Westmäehte, sich auf Quellen aus Tel Aviv beru­fend, berichten. Laut denen fordert Israel, die USA sollen als Antwort auf den sowjetisch-ägyptischen Vertrag vergeltende diplomatische Schritte un­ternehmen. Der Washingtoner Botschaf­ter Israels, Rabin, unterbreitete einen Vorschlag, laut dem Washington mit Tel Aviv einen Militärpakt abschliessen solle. Später wurde die Meldung jedoch sowohl israelischer- als auch amerika­­nischerseits dementiert. Das Loslassen solcheer „Enten” ist nicht zufällig. Es kann ebenfalls nicht als Zufall be­trachtet werden, dass in Jordanien der Bürgerkrieg wieder aufgeflammt ist. Das Wiederaufflammen der Zusammen­­stösse zwischen Palästinensern und dem königlichen Militär fällt mit den anti­ägyptischen Äusserungen des Herrschers Jordaniens, Hussein, zusammen. All das zeigt, dass die sogenannten Vergeltungsaktionen Husseins immer in engem Zusammenhang mit den Plänen Washingtons stehen. Aus dem Inhalt: Redaktionsbrief 2 Besuch in Balatoncsicsó 3 Rundreise der Pilisvörös­­várer und Hartaer 5 Gaudeamus igitur... 6 Die Nato-Konferenz in Lissabon Die Konferenz der Aussen- und Kriegsminister der NATO-Länder be­zeugt vor allem, dass sich die NATO vor den Friedensanregungen der sozia­listischen Staaten — in erster Linie vor denen der Sowjetunion — immer weni­ger verschliessen kann. Laut den offi­ziellen Erklärungen war die hinsichtlich der Ost-West-Verhandlungen an den Tag zu legende Haltung und in diesem Zusammenhang die Frage der Vermin­derung der in Europa stationierten Truppen Hauptthema der Beratung in Lissabon. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich die Minister der NATO-Län­der unter teilweisem oder völligem Aus­schluss der Öffentlichkeit nicht auch mit der Entwicklung der Rüstung und anderen militärpolitischen Problemen eingehend befasst hätten. Allein die Tatsache aber, dass offiziell die Antwort auf die sozialistischen Initiativen im Mittelpunkt der Konferenz in Lissabon stand, stellt einen gewissen Fortschritt dar. Dieser Fortschritt wurde auch durch die Tatsache zum Ausdruck ge­bracht, dass, obwohl in meritorischen Fragen keine Resolution gefasst wurde, der Ministerrat der NATO im Zusam­menhang mit den Ost-West-Verhand­­lungen wenigstens die Reihenfolge eines Verfahrens ausgearbeitet hat. Bei der Auswertung dieses Ergebnis­ses muss man jedoch den riesigen Druck in Betracht ziehen, der von seiten der öffentlichen Meinung der einzelnen NATO-Länder auf der Beratung in Lis­sabon gelastet hat. Seitdem die soziali­stischen Staaten die Frage der Festi­gung der europäischen Sicherheit aufge­worfen hatten, genauer gesagt, seit der Veröffentlichung des Budapester Ap­pells, ist der Nordatlantikpakt gezwun­gen, sich auf allen Beratungen mit die­ser Frage zu befassen. Seit den konkre­ten Abrüstungspropositionen, die die SU in letzter Zeit vorgelegt hat, ist die NATO noch mehr gezwungen, Schritte zu unternehmen. Unmittelbar nach der Lissaboner Konferenz hat eine der füh­renden amerikanischen Tageszeitungen, die „New York Times” geschrieben, nach der in Tbilissi gehaltenen Rede von Leonid Breshnew könne die NATO Ver­handlungen mit den Mitgliedsstaaten des Warschauer Vertrages über die Re­duzierung des Standes der Truppen nicht mit reinem Gewissen ablehnen. Gewiss hat Präsident Nixon mit der öffentlichen Meinung Amerikas gerech­net, als er am Vorabend der NATO-Be­­ratung versprochen hatte, Lissabon wer­de auf dem Weg, der zu Verhandlungen zwischen den USA, der NATO und der Sowjetunion über die Verringerung des Standes der Truppen führt, eine Sta­tion sein. Diesen Hintergrund in Betracht zie­hend, scheint es, als wäre der in Lissa­bon erzielte Fortschritt wesentlich klei-ner als der mögliche. Da im Sinne der in Lissabon gefassten Resolutionen vor­läufig erst Beratungen von informati­vem Charakter abgehalten werden, kann es nur die Zukunft zeigen, ob sich die führenden Kreise der NATO tatsächlich bereit erklären, mit den sozialistischen Staaten meritorische Verhandlungen zu führen, oder aber sich wieder ein­mal der Taktik des Ausweichen®, der Verzögerung zuwenden. Prinzipiell wur­de zwar in Lissabon deklariert, man wünsche in Frage der Reduzierung der Truppen so bald wie möglich konkrete Verhandlungen zu beginnen, effektiv wurde jedoch lediglich die Resolution gefasst, die stellvertretenden Aussenmi­nister der NATO-Länder werden die Frage erneut untersuchen. Laut Mei­nung der angesehenen amerikanischen Zeitung „Washington Post” geht es da­bei lediglich um das Weiterführen der Taktik des Zeitgewinnens. Die Zeitung weist darauf hin, dass der in Lissabon angenommene Plan — den nebenbei ge­sagt der amerikanische Aussenminister entworfen hat — die NATO-Partner nicht dazu verpflichtet, die meritori­schen Verhandlungen aufzunehmen. Die Bestrebung, die Zeit zu verzögern, kommt in der in Lissabon an den Tag gelegten Haltung der NATO-Konferenz im Zusammenhang" mit Westberlin, mit der europäischen Sicherheit noch mehr zum Ausdruck. Die in Lissabon wahrgenommenen Bestrebungen, die darauf abgezielt sind, das Westberlin­problem mit der Einberufung der euro­päischen Sicherheitskonferenz zu ver­binden, weisen jedoch unmissverständ­lich in Richtung des Ausweichens und der Zeitverzögerung. Die Bestrebung, eine Teilnahme an der gesamteuropäi­schen Sicherheitskonferenz von der Lö­sung des Wes'tberlinproblems abhängig zu machen, ist in der Tat nichts ande­res, als eine Rückkehr zur Politik, Be­dingungen zu stellen, d. h. vor V erhand­­lungen auszuweichen. Unmittelbar vor der Beratung in Lissabon wurde sowje­­tischerseits bekanntgegeben, dass schon auf der europäischen Sicherheitskonfe­renz eine separate Arbeitsgruppe Fra­gen der Reduzierung der Truppen zur Diskussion stellen könnte. Eben deshalb ist es keineswegs beruhigend, dass die Führer der NATO erneut von Bedin­gungen sprechen, und zwar von solchen, die mit der Sicherheitskonferenz selbst nichts zu tun haben. All dies macht den Kommentar der sowjetischen Nach­richtenagentur TASS, laut dem in Lissa­bon die Mehrzahl der NATO-Länder auch weiterhin an den veralteten politi­schen Formeln festhielt, und gar nicht verheimlichte, dass sie mit den soziali­stischen Staaten aus der Position der Stärke verhandeln möchten, völlig be­gründet. Eine Gruppe der Teilnehmer der Lissaboner Nato-Ministerratssitzung: Ganz links Joseph Luns, der holländische Aussenminister, der zum neuen General­sekretär des Nordatlantikpaktes gewählt wurde, rechts aussen William P. Ro­gers, der amerikanische Aussenminister. VON WOCHE ZU WOCHE Der Moskaubesuch von Erzbischof Makarios, des Staatsoberhauptes Zy­perns, war ein hervorragendes Ereignis des diplomatischen Lebens der letzten Tage. Die Bedeutung des Besuches wird dadurch unterstrichen, dass die Zusam­menarbeit zwischen der Sowjetunion und Zypern nicht nur im Interesse der beiden Staaten steht, diese Zusammen­arbeit kann im Raume des Mittelmee­res, wo sich drei Kontinente, Europa, Asien und Afrika, treffen und wo sich viele komplizierte Interessen begegnen, zur Festigung des Friedens und der Si­cherheit in bedeutendem Masse beitra­gen. Erzbischof Makarios hat die Ver­handlungen als nützlich und konstruk­tiv bezeichnet und betont, Zypern un­terstütze alle Bemühungen, die auf die Herabsetzung der internationalen Span­nung, auf die Einschränkung der Auf­rüstung abgezielt sind. Makarios er­klärte, in diesem Zusammenhang unter­stütze er auch die Einberufung der euro­päischen Sicherheitskonferenz. Eines der Hauptthemen der Skandina­vienrundreise des stellvertretenden Au­­ssenministers der Sowjetunion, Zarap­­kin, war ebenfalls die europäische Si­cherheitskonferenz. Der vor kurzem ab­gewickelte viertägige Finnlandbesuch des polnischen Aussenministers Jedry­­chowski stand ebenfalls im Dienste je­ner Bemühungen, die die sozialistischen Staaten im Interesse der Einberufung der europäischen Sicherheitskonferenz an den Tag legen. Über seine Verhand­lungen hat der Aussenminister erklärt, in den Hauptfragen der internationalen Politik vertreten die Regierungen Finn­lands und Polens Auffassungen, die nahe zueinander stehen. Der polnische Aussenminister sprach mit Anerken­nung über die finnische Aussenpolitik, die hinsichtlich der Vorbereitung der europäischen Sicherheitskonferenz zur Zusammenarbeit bereit ist. Die Weltpresse beschäftigt sich auch weiterhin häufig mit dér Lage der ost­pakistanischen Flüchtlinge. Die Zustän­digen Ostpakistans zwingen noch im­mer bedeutende Massen zur Flucht. In Indien wächst die Zahl der Flüchtlinge täglich um mehrere Tausend an. Die Flüchtlinge treffen erschöpft und ausge­hungert ein, und deshalb werden viele von ihnen Opfer der Choleraepidemie, die in den Flüchtlingslagern wütet. Georg Kertész

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