Neue Zeitung, 1991 (35. évfolyam, 1-52. szám)
1991-01-05 / 1. szám
2 Rund um Woher kommt fachliche Hilfe? In den letzten Jahren ist die Lage des Sprachunterrichts in unseren Schulen kaum besser geworden. In den kleineren Dörfern gibt es auch heute keine deutschen Sprachbeschäftigungen in den Kindergärten. Auch in den anderen fehlen die ausgebildeten Kindergärtnerinnen. Nur in wenigen Kindergärten strebt man danach, den Sprachunterricht ernst zu nehmen und zu erneuern. In vielen Grundschulen unterrichten Lehrer die Sprache, die keine Sprachausbildung haben. Bisher war das seitens des Ministeriums, Verbands, OPI und der Schulen keine strenge Forderung. Die Lehrerausbildung muß an erster Stelle geregelt werden, die Gastlehrer sind für unsere Schulen nicht die beste Lösung. Unter dem Lehrermangel leidet der zweisprachige Unterricht. Man braucht überhaupt nicht darüber zu staunen, wenn dieser Unterricht auch nicht die Ergebnisse bringt, die wir von ihm erwarten. Trotz der vielen Schwierigkeiten, die die Lehrer täglich bekämpfen, freuen wir uns darüber, daß einige gute Schüler in den deutschsprachigen Gymnasien weiterlemen können! Ab Februar beginnt in einer Klasse im Mörer Gymnasium der zweisprachige Unterricht, ohne daß die wichtigsten Vorausseztungen gesichert sind! Die Möglichkeit besteht, aber es sieht wieder so aus, daß die Schule allein die Verantwortung trägt, aber sie möchte auch keine fachliche Hilfe und keine Ratschläge annehmen. Es ist auch nicht in Ordnung, daß die Deutschlehrer kein Landesinstitut haben, das die Arbeit der Schulen koordinieren, die Fortbildung der Lehrer organisieren und methodische Hilfe leisten könnte. Momentan ist es auch unsicher, ob die Fachberater in den Komitaten bleiben oder nicht. Die zweisprachigen Schulen haben kaum Kontakte zueinander, niemand kümmert sich darum, wie die Deutschlehrer in diesen Schulen ihre Erfahrungen, methodischen Materialien austauschen und einander helfen könnten. Am Anfang jeden Schuljahres sind wir unsicher, ob die neuen Lehbrücher erscheinen. Die zweisprachigen Lehrbücher sind gut verwendbar, mit ihnen kann man gut arbeiten, auch die deutschen Bücher aus Stuttgart kann man verwenden. Ein Institut für Ausbildung von Nationalitätenpädagogen wäre bestimmt eine Lösung, wo Kindergärtnerinnen, Lehrer für Unter- und Oberstufe, Lehrbuchverfasser, Fachberater, Methodiker usw. ausgebildet werden könnten. Ein alter Traum wurde auch nicht erfüllt, die Deutschlehrer haben nämliche keine methodische Zeitschrift. In Mór existiert ab September eine kirchliche Schule mit einer ersten Klasse, in der auch Deutschunterricht erfolgt. Die Schule denkt jetzt schon darüber nach, wie sie den zweisprachigen Unterricht einführen könnte. Franz Erdei Neue Zeitung Ungarndeutsches Wochenblatt Chefredakteur: Peter Leipold Redakteur dieser Nummer: Johann Schuth Redaktion: 1065 Budapest VI., Nagymező utca 49 II. em. Telefon: 132-6334,131-7245 Postanschrift der Redaktion: Budapest, Postfach 224 H-1391 Verlag: Pallas Lap- és Könyvkiadó Vállalat 1073 Budapest VII., Erzsébet krt. 9—11 Verantwortlich für die Herausgabe: Generaldirektor József Horti Satz und Druck: Druckerei Révai Verantwortlicher Leiter: Horváth Józsefné Dr. Index: 25/646. 91/3606 Druckerei Révai HU ISSN 0415-3049 Anzeigenannahme direkt in der Redaktion. Unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos werden weder aufbewahrt noch zurückgeschickt. SONDERKONGRESS DES VERBANDES DER UNGARNDEUTSCHEN NZ 1/91 Programm für unsere Zukunft 1. Die Delegierten zum Sonderkongreß des Verbandes der Ungarndeutschen am 16. Dezember 1990 verliehen als gewählte Vertreter der Ungamdeutschen ihrer Überzeugung Ausdruck, daß unsere Volksgruppe die schwere nationale Krise, in die wir infolge der Heimsuchungen nach dem Zweiten Weltkrieg (Verschleppung Vertreibung, Enteignung und Entrechnung) und infolge der verfehlten Minderheitenpolitik Ungarns in den zurückliegenden 45 Jahren geraten sind, überwinden kann. Wichtigste Voraussetzungen dafür sind, — daß wir selber die erforderlichen Anstrengungen unternehmen, — daß in der Minderheitenpolitik Ungarns eine Wende eintritt und zwar im Sinne entschlägiger europäischer und internationaler Bestimmungen über die Menschenund Minderheitenrechte; — daß die deutschsprachigen Länder, vor allem die Bundesrepublik Deutschland, den Ungamdeutschen weitere tatkräftige Hilfe — größere als bisher — angedeihen lassen. 2. Der Kongreß ruft die Ungamdeutschen auf: — wirken wir nach Kräften mit an der weiteren Entfaltung der Demokratie in Ungarn; — helfen wir Ungarn, durch nützliche, fleißige Arbeit die Wirtschaftskrise zu überwinden; — setzen wir uns für ein gutes Verhältnis, für eine ersprießliche Zusammenarbeit mit der Mehrheitsnation und mit anderen in Ungarn beheimateten Minderheiten sowie für den gesellschaftlichen Frieden ein; — ebnen wir Ungarn auch durch die Erweiterung unserer Beziehungen zu Deutschland und zu den anderen deutschsprachigen Ländern mit den Weg nach Europa. 3. Der Kongreß ruft die ungarndeutsche Bevölkerung auf: — wahren wir die Einheit unserer Volksgruppe, die Einheit in Vielfalt; — nutzen wir restlos die Möglichkeiten, die uns demokratische Umgestaltung, die Entwicklung in Ungarn und in Osteuropa sowie die Wiedervereinigung Deutschlands bieten; — bekennen wir uns zum Ungarndeutschtum, zur deutschen Muttersprache und Kultur, bleiben wir gleichzeitig loyale Bürger unserer Heimat Ungarn; — organisieren wir uns, gründen wir weitere Vereine, Ortsgruppen und andere Gemeinschaften, die die Interessen der Ungarndeutschen vertreten und verteidigen; — tun wir unser Mögliches — mehr als bisher — für die Wahrung, für die Rückgewinnung unserer Muttersprache, für ihren umfangreichen Gebrauch im alltäglichen und öffentlichen Leben sowie für eine wirksame Pflege und Bereicherung unserer nationalen Kultur. 4. Der Kongreß wendet sich an die Bevölkerung Ungarns, an die Mehrheitsnation, das Parlament, die Regierung, die Kirchen, die kommunalen Selbstverwaltungen, die Parteien und die Presse mit der nachdrücklichen Bitte; — mögen sie mehr Toleranz für unser Anderssein walten lassen, uns größere Unterstützung für die Wahrung unserer nationalen Eigenheiten, für unseren Fortbestand als Volksgruppe zukommen lassen. Die ungarische Öffentlichkeit muß auch durch die Massenmedien wahrheitsgetreu über unsere Vergangenheit und Gegenwart sowie über unser Vorhaben für die Zukunft informiert werden; — die Verabschiedung eines Minderheitengesetzes duldet keinen weiteren Aufschub mehr. Das Gesetz muß uns eine umfassende umfangreiche kulturelle Autonomie einräumen. Es muß gesetzliche Garantien für die Schaffung unentbehrlicher Voraussetzungen für unser Weiterleben als Volksgruppe verankern: so u.a. für ein eigenes Schulwesen vom Kindergarten über die Grund-, Mittel- und Fachschule bis hin zur Universität. Die Beschaffenheit dieser Einrichtungen, die Sprache des Unterrichts wollen wir selber bestimmen dürfen. Das Gesetz muß unserer Volksgruppe eine angemessene parlamentarische Vertretung zusichern: namentlich drei Plätze, über deren Besetzung die Volksgruppe selber entscheiden will. Genauso stehen uns dem europäischen Maßstab entsprechende eigene Medien wie Rundfunk, Fernsehen, Zeitungen und andere Publikationen zu. 5. Die Ungamdeutschen erheben Anspruch auf eine volle Rehabilitierung und eine gleichberechtigte Entschädigung. Die Vertreibung, die Verschleppung, die Enteignung und Entrechtung unserer Volksgruppe — die kollektive Bestrafung der Ungarndeutschen — muß auch vom Parlament in einem Gesetz als ein schwerer Verstoß gegen die Menschenrechte verurteilt werden. 6. Der Kongreß wendet sich an die Bundesrepublik Deutschland mit der Bitte: die Ungamdeutschen müssen als Angehörige des deutschen Volkes, der deutschen Nation, in vieler Hinsicht wie Staatsbürger der Bundesrepublik behandelt werden. Wir er• warten von der Bundesrepublik Deutschland vielseitige moralische, politische und materielle Hilfe für den Fortbestand unserer Volksgruppe: so u.a. möglichst viele Stipendien für Voll- und Teilstudien aller Berufe sowie für postgraduelle Bildung; und Arbeitsmöglichkeiten in Deutschland; weitere Gastlehrer und Lektoren für den muttersprachlichen Unterricht; technische Ausrüstungen und Bücher für die Sprach- und Kulturpflege; Unterstützung für die Entfaltung der Infrastruktur in deutschbewohnten Orten. Hilfe erwarten wir auch von Österreich und der Schweiz. 7. Der Kongreß spricht sich für eine vielseitige Zusammenarbeit mit den deutschen Volksgruppen und anderen Minderheiten in europäischen und anderen Ländern sowie mit europäischen und internationalen Minderheitenorganisationen aus. Die Ungamdeutschen unterstützen die baldige Verabschiedung eines europäischen Volksgruppenrechts. 8. Der Kongreß beauftragt den Landesrat, den Vorstand und das Sekretariat, die Durchführung obiger Vorhaben und der in der Satzung verankerten Zielsetzungen zu organisieren, ihre Tätigkeit oder Entwicklung in Ungarn, in Europa und in der Welt anzupassen.