Neue Zeitung, 1992 (36. évfolyam, 1-52. szám)
1992-01-04 / 1. szám
UNGARNDEUTSCHES WOCHENBLATT 36. Jahrgang, Nr. 1 Preis: 10 Ft Budapest, 4. Jänner 1992 Schule, Schule, Schule! In der ersten Nummer im neuen Jahr darf man sich wohl etwas wünschen. Die meisten ungamdeutschen Eltern, also die Familien, sind nicht mehr in der Lage, ihren Kindern die Mundart oder Hochsprache zufriedenstellend beizubringen. Mit jedem Jahr gehen der deutschen Minderheit viele-viele Kinder verloren, weil sie in ihrer Muttersprache „sprachlos” werden. Wo es keinen Kindergarten und keine Schule mit ordentlichem Deutschunterricht gibt, dort vollzieht sich automatisch die sprachliche Assimilation. Und wieviele solche Orte jibt es? Wünschen wir uns also mehr Lehrer in mehr Schulen und mehr Kinder, die von ihren Eltern zum Erlernen der deutschen Sprache angehalten werden. Und nicht nur wünschen sollen wir, sondern vor allem tun. Es sollte gesagt werden, wo und wie viele ungarndeutsche Kinder in der Hinsicht schlecht, unzureichend oder unversorgt sind. Erst dann wird man sagen können, was man braucht. Die Schule — für mich das wichtigste Minderheitenproblem — auch — 1992. Wie lange noch? Peter Leipold MDF für Minderheiten-Autonomien Auf seiner fünften Landesverammlung kurz vor Jahresschluß hat las Ungarische Demokraten-Foum (MDF) auf Sektionssitzungen n wichtigen Fragen Stellung geíommen. In diesen Stellungnahnen, die der Regierung als Richtlilien empfohlen wurden, geht es luch um die Minderheiten. Dieses ninderheitenpolitische Konzept ist icht zuletzt auch deshalb von Beleutung, weil es die stärkste politi;che Partei Ungarns und der Regie•ungskoalition ausarbeitete. In der Stellungnahme heißt es: dDF betrachtet die Außenpolitik, lie Landesverteidigung und die Minderheitenpolitik als mit der naionalen Erneuerung und dem nationalen Aufschwung zusammenängende und hochwichtige Elemente. Die mit diesem Themen befaßte Sektion der Landesversammlung hält die Selbstbestimmungsbestrebungen der Völker Ostmitteleuropas als determinierende Erscheinung des historischen Epochenwanlels. Entsprechend ihrem Programm unterstützt MDF jene Aulenpolitik, die auf ein freundschaftliches Verhältnis zu sämtlichen demokratischen Ländern der Welt ausgerichtet ist. Besonders großes Gewicht legt sie auf die friedlichen, gegenseitig vorteilhaften Kontakte der Völker des Donaubeckens. Sie unterstützt die regionale Zusammenarbeit, die wirtschaftliche und kulturelle Verbindung der Grenzgebiete, und zwar aus dem Grunde, damit in unserer Region die Grenzen ebenso an Bedeutung verlieren wie sie in den letzten Jahrzehnten in Westeuropa an Bedeutung eingebüßt haben. * • Es ist unser historisches Erbe, daß in dieser Region die Grenzen von Staaten und Nationen nicht Zusammentreffen, sondern die Bevölkerung vermischt zusammen lebt. Nationale Selbstbestimmung kann in vielen Fällen nur im System der Minderheiten-Autonomien realisiert werden. Ungeduld und auf nationaler Plattform erfolgende Diskriminierung können aber die politische und wirtschaftliche Gestaltung dieses Raumes gefährden, heißt es in der Stellungnahme der Sektion, die die gewaltsame Veränderung der ethnischen Zusammensetzung gleich welchen Territoriums und der bestehenden Grenzen aufs entschiedendste verurteilt. In der Stellungnahme wird im Interesse der Verringerung der regionalen Spannungen die baldmöglichste Erarbeitung der Charta der nationalen Minderheitenrechte in Europa und deren breite Akzeptanz für dringend erklärt. Sie fördert die Rechte der ungarländischen Minderheiten und — dort, wo die Möglichkeit besteht — deren territoriale Autonomiebestrebungen. Im Interesse dessen hält es MDF für angebracht, daß das Parlament sofort mit der Debatte des Minderheitengesetzes beginnt. In der derzeitigen unsicheren und gefahrenträchtigen internationalen Lage betrachtet es MDF für außerordentlich wichtig, daß Ungarn bereit und fähig sei zum Schutze seiner Souveränität und Unabhängigkeit — deshalb ist die Schaffung einer gut ausgebildeten und modernen Armee unerläßlich. Vertrag Ungarn—Deutschland paraphiert Noch vor Weihnachten wurde der Staatsvertrag zwischen Ungarn und Deutschland von den Außenministern der beiden Länder paraphiert. Er soll Anfang des Jahres von Bundeskanzler Kohl und Ministerpräsident Antall in Budapest unterzeichnet werden. Im Artikel 19 des Vertrages wird mit Bezug auf die Ungarndeutschen festgehalten, daß die deutsche Minderheit in Ungarn das Recht hat, einzeln oder in Gemeinschaft ethnische, kulturelle, sprachliche und religiöse Identität frei zum Ausdruck zu bringen, zu bewahren und weiterzuentwickeln und nicht gegen ihren Willen assimiliert zu werden. Das Dokument setzt sich auch für den freien Sprachgebrauch in allen Situationen und für volle Gleichheit vor dem Gesetz ein. Die Zugehörigkeit zur Minderheit ist eine persönliche Entscheidung, die keinen Nachteil mit sich bringen darf. Laut Vertrag sieht Ungarn Maßnahmen zur Förderung der Deutschen in Ungarn vor und ermöglicht solche auch der Bundesrepublik Deutschland. Ferner sollen die Ungarndeutschen das Recht haben, an Entscheidungen, die sie betreffen, mitzuwirken. Die Vertragsparteien treten für die rechtliche Verbindlichkeit des internationalen Schutzes von nationalen Minderheiten ein. Im Vertrag wird das besondere bilaterale Verhältnis zwischen Ungarn und Deutschland betont. Experten sagen... ...daß es wichtig ist, einen Meinungsaustausch mit und über die Minderheiten zu führen, über jenes Bild, das durch die Medien über die Minderheiten im Mehrheitsvolk entsteht, mit dem Ziel, daß beide besser zusammenfinden, weil das für alle — und eigentlich nur das — gut ist. Wenn man überhaupt so sehr vereinfachen darf, dann war im Grunde das die Botschaft einer vor kurzem stattgefundenen Experten-Konferenz, die vom Minderheitenamt, vom Journalisten verband (MUOSZ) und dessen Nationalitätensektion veranstaltet wurde. Um einen Meinungsaustausch zu führen, muß man erst wissen, wie man steht. Die Konferenz befaßte sich deshalb vorrangig damit, wie das „Minderheitenbild in der Massenkommunikation“ ist, denn die Medien — das ist wohl unumstritten — prägen sehr einflußreich dieses Bild. Nun, wie ist dieses Bild? Eher verworren und eher oberflächlich. Trotz neuerlicher Bemühungen noch mangelhaft. Mangelhaft nicht nur was die Minderheiten in Ungarn, sondern auch was die ungarische Minderheit im Ausland betrifft. Auch Vertreter der Auslandsungarn waren auf der Konferenz zugegen. Merkwürdig: Minderheiten im In- und Ausland fanden schnell die gemeinsame Sprache — trotz zum Teil erheblicher Unterschiede! Die Zielgruppe der Konferenz waren eigentlich die ungarischen Medien, die von Experten hören sollten, was sie gut und falsch machen. Ihnen müßte klar geworden sein, daß man von ihnen eine gründlichere „Bildgestaltung“ verlangt, mehr und tiefere Kenntnisse, ja, sogar Verantwortung. Man wird sehen! Diese Konferenz sollte eine Art Einleitung für den weiteren Meinungsaustausch sein, um später dann auch über die einzelnen Minderheiten extra sprechen zu können. Denn auch unter den verschiedenen Mindeheiten gibt es zum Teil sehr unterschiedliche Probleme. Über die Ungarndeutschen hielt auf dieser Konferenz Josef Bayer, Professor für Politikwissenschaft, einen Vortrag. Diesen können Sie gekürzt auf Seite 2—3 lesen. - pl -