Neue Zeitung, 1998 (42. évfolyam, 1-52. szám)
1998-01-03 / 1. szám
NZ 1/98 GEMEINSCHAFTEN DER UNGARN DEUTSCHEN 3 Nur müssen wir diese Frage eben lösen (Fortsetzung von Seite 1) rantiert. Es tut mir leid, daß dies manche parlamentarische Parteien verhindern wollen. Ich bin aber zuversichtlich, da die Chance besteht, daß das einschlägige Gesetz bis Ende Februar doch das Parlament passiert. Vertrauen Sie dabei auf die Zwei-Drittel-Mehrheit der Koalition? Die Zwei-Drittel-Mehrheit ist nicht das wichtigste dabei. Alles, was mit dem Wahlrecht in Zusammenhang steht, beschließen wir seit 1990 aufgrund eines Konsenses aller parlamentarischen Parteien. Die Regierungskoalition, und dies gilt auch für unsere Vorgängerin, entscheidet nicht allein. Dazu zwingt uns kein Gesetz, nur das „Gebrauchsrecht”. Deshalb wäre es vernünftig, wenn auch die Opposition behilflich wäre, um das Gesetz unter Dach und Fach zu bringen. Fürchten Sie im Falle der Ergebnislosigkeit nicht auch einen Druck auf das Auslandsungartum seitens der betroffenen Regierungen? Das glaube ich nicht, und außerdem wollen wir das Gesetz im Interesse der inländischen Minderheiten verabschieden. Die Ungarn-Organisationen wie etwa RMDSZ in Rumänien oder „Zusammenleben” in der Slowakei beteiligen sich an den Wahlen als politische Parteien. In Ungarn sollen dies Selbstverwaltungen oder Verbände tun können. Ich sehe also keine Parallelen. Was sagen Sie zu der These, daß durch die Begünstigungsklausel das Wahlrecht erschüttert wird? Das Verfassungsgericht hat zu dieser Frage bereits 1992 Stellung genommen. Danach konnte kein Gesetz verabschiedet werden, aber wir nahmen in unserem Regierungsprogramm auf uns, diese Frage zu regeln. Die Minderheiten selbst brauchten aber auch annähernd ein Jahr, um einig zu werden. Die Sechs-Parteien-Verhandlungen begannen dann im Frühjahr 1997, doch stockten die Verhandlungen von Sitzung zu Sitzung. Ich schlug also vor, noch vor den Feiertagen eine weitere Parteienrunde abzuhalten, damit sich die parlamentarischen Parteien endlich einig werden. Welche Rolle spielt dabei die bemängelnde Feststellung der Europäischen Union, die gerade die fehlende parlamentarische Vertretung ansprach? Dies wird also von der Europäischen Union verlangt, doch werden keine Termine genannt. Aber, wie gesagt, es ist ein europäisches Bedürfnis in bezug auf die Minderheiten. Wir brauchen uns aber nicht zu schämen, ist es doch einmalig, wie wir die Selbstverwaltungen der Minderheiten ins Leben gerufen haben. Ähnliche Beispiele könnte man in Europa kaum finden. Oder denken wir an die als positive Diskriminierung bezeichnete Plusquote. Wir sind also nicht en bloc in Verzug, nur müssen wir diese Frage eben lösen. Herr Ministerpräsident, wir danken Ihnen für dieses Gespräch! Pflege der kulturellen Traditionen und der Kontakte Das Bundesministerium des Innern der Bundesrepublik Deutschland (BMI) unterstützte den Verein der Pomázer Ungamdeutschen nach Antragstellung am 13.11.96 durch Vermittlung der Gesellschaft für Internationale Wirtschaftliche Zusammenarbeit Baden-Württemberg MBH (GWZ) mit einer Summe von 3200 DM zur Verwendung des Einbaus einer Heizanlage in der Begegnungsstätte in Paumasch/Pomáz. Die Unterstützung ist am 3.6.97 angekommen, somit wurde es möglich, die Heizung der Begegnungsstätte einzuhauen und die geplanten Programme auch im Winter weiterzuführen. Wir bedanken uns fiir die Unterstützung. In der Begegnungsstätte werden außer den regelrechten Klubabenden auch die kulturellen Programme der Jugendgruppen des Vereins vorbereitet und veranstaltet. In der letzten Zeit sind im Rahmen verschiedener Veranstaltungen folgen-de Gäste empfangen worden: Selbstverwaltungsmitglieder und Zivilorganisationen der Partnergemeinde Oberhausen-Rheinhausen aus Baden-Württemberg (Angler- und Kegelverein usw.); Partnerverein der vertriebenen Paumascher, der „Pomázer Heimatverein” aus Waldangelloch; die Mitarbeiter der Geschäftsstelle der Landesselbstverwaltung der Ungamdeutschen Albert Koncsek und Franz Kemer; Vertreter des öffentlichen Lebens in Paumasch, Selbstverwaltungsmitglieder, Vertreter der Minderheitenselbstverwaltungen, des weiteren Leiter des Schulwesens und anderer Institutionen; die beim Nationalitätentreffen mitwirkenden Chöre, Tanzgruppen und Kapellen. Unsere Begegnungsstätte erfüllt die Aufgabe, wegen der wir sie schufen: Eine Stätte zu haben, wo wir unsere kulturellen Traditionen sowie die örtlichen und Deutschland-Kontakte auffechterhalten und pflegen können. Csordás Tiborné V ereins Vorsitzende Tag der ungarländischen Minderheiten ln der Wieselburger Móra-Ferenc- Grundschule feierte am 13. Dezember der Komitatsverband Ungamdeutscher Selbstverwaltungen Raab-Ödenburg-Wieselburg den Tag der Minderheiten. Zur Feier wurden Deutschpädagogen der Unterrichtsinstitutionen des Komitates eingeladen. Bei der Feier hielt Alfred Krisch, Vorsitzender des Komitatsverbandes, eine Rede, aus der wir untenstehend zitieren. Wir wollten am Minderheitentag unter uns, unter „unseren Leuten”, unter Freunden sein. „Unsere Leute” möchten wir all diejenigen nennen, die sich Hand in Hand mit uns um unser wichtigtes Ziel, die kommende ungamdeutsche Generation, kümmern. Es kommt mit Sicherheit darauf an, ob es uns deutschen Abgeordneten, also den Politikern, gemeinsam mit Ihnen, Pädagogen, gelingen wird, die ungamdeutsche Kultur an die Ihnen anvertrauten jungen Leute weiterzugeben. Die „ungamdeutsche Kultur” wird von uns im weitesten Sinne des Begriffs verstanden und beinhaltet an erster Stelle das Erlernen und die Pflege der deutschen Sprache als wichtigsten Kultur- und Identitätsträger, durch die auch das Kennenlemen der Kultur der deutschsprachigen Mutterländer gewährleistet wird. Darüber hinaus beinhaltet der Begriff die Pflege des ungamdeutschen Liedund Tanzgutes, also die Traditionspflege schlechthin. Bei dieser Aufgabe muß sowohl dem Elternhaus als auch dem Kindergarten und der Schule eine große Bedeutung zugemessen werden. Und Kindergarten und Schule eine immer größere. Die rechtliche Regelung und der Selbstverwaltungsstatus stecken einen Rahmen ab, der zumindest die Möglichkeit zur Bewahrung und Vererbung der Eigenständigkeit der ungarländischen Volksgruppe darstellt. Das dort eingeräumte Recht auf eine kulturelle Autonomie mit Übernahme von Kindergärten und Schulen muß jedoch bis zur Sicherung der dazu notwendigen Finanzen ein schöner Traum bleiben. Der Verband der Deutschen Selbstverwaltungen im Komitat Raab-Wieselburg-Ödenburg unterstützt nach Kräften die deutschen Kindergarten- und Schulgruppen. Im Kindergartenbereich wird in 4 der insgesamt 10 ungamdeutschen Kindergärten im Komitat, in Agendorf, Kroisbach, Ödenburg-Wandorf und Raab-Cuha Str., nach dem zur Zeit effektivsten Modell, „Eine Person — eine Sprache”, gearbeitet. In zwei Gruppen ist es gelungen, daß die deutsche Sprache von Erzieherinnen aus Deutschland (Sandra Mark) und Österreich (Judith Rabelhofer) vermittelt wird. Unsere Bemühungen sind dahingehend, daß wir allmählich an einen jeden Ort, wo es eine Ungamdeutsche Selbstverwaltung gibt, eine Kindergärtnerin mit deutscher Muttersprache vermitteln. Dabei möchten wir, daß uns das benachbarte Burgenland immer mehr zur Seite steht. Erste Ergebnisse gibt es schon, die Kindergärtnerin Judith Rabelhofer wurde aus österreichischen Mitteln nach Ödenburg-Wandorf entsandt. Im Grundschulbereich wollen wir einerseits unsere bisherigen Basisschulen weiter ausbauen helfen. Hierbei sollte man die im NAT, dem Nationalen Grundlehrplan, vorgegebenen Minimalanforderungen erfüllen. Wir möchten die Schulen darin unterstützen, daß sie die sog. Kopfquoten als Zusatzleistungen erhalten und dieses Geld zweckentsprechend in den ungamdeutschen Unterricht einfließen lassen. An zwei dieser Grundschulen arbeiten ebenfalls deutsche Gastlehrer: an der Móra-Schule in Wieselburg (Sabine Weiche) und der Ödenburger Grundschule „Kiefemplatz - Fenyő tér” (Sigrid Reuter). Auch hier, im Grundschulbereich, ist der Einsatz von Muttersprachlern enorm wichtig. An diesen beiden Schulen werden außer Deutsch auch andere Unterrichtsfächer in deutscher Sprache unterrichtet - die Evangelische Hunyadi-Grundschule in Ödenburg plant das im kommenden September einzuführen —, die kleineren Schulen haben aber selbst bei der im NAT vorgesehenen Erhöhung der Pflicht- Deutschstunden von 3 auf 5 zum Teil große Schwierigkeiten. Im Mittelschulbereich gibt es zur Zeit bloß eine einzige Schule, das Evangelische Berzsenyi-Lyzeum in Ödenburg, wo ungamdeutsche Klassenzüge bis zur Matura geführt werden und zwar sowohl in der vierklassigen als auch achtklassigen Gymnasialform. An diesem Gymnasium werden sieben Fächer in deutscher Sprache unterrichtet, es arbeiten zwei deutsche Gastlehrer (Luise Rauchenecker und Holger Wendlandt) am Lyzeum. In Wieselburg gibt es das zweisprachige Kossuth-Gymnasium, an dem auch einige Gastlehrer tätig sind, und das sich eventuell mit dem Aufbau von ungamdeutschen Klassenzügen beschäftigt. Das Ungamdeutschtum vom Heideboden würde dadurch aber ein gutes Gymnasium dazugewinnen. Im Hochschulbereich ist in unserem Komitat alleine die Elek-Benedek-Hochschule in Ödenburg zu nennen, wo ungamdeutsche Kindergärtnerinnen ausgebildet werden. Als deutsche Lektorin ist hier Emőke von Puttkamer tätig, der es u. a. gelungen ist, das vorher erwähnte Modell „Eine Person - eine Sprache” ins Bildungsprogramm der Hochschule aufnehmen zu lassen.