Neue Zeitung, 2001 (45. évfolyam, 1-52. szám)

2001-01-05 / 1. szám

NZ 1/2001 JAHR(HUNDERT)WECHSEL Liebe ungarndeutsche Landsleute! In den ersten Wochen des neuen Jahrtausends, im Februar 2001, kommt es in unserer Heimat wieder zu einer Volkszählung. Zäh­ler klopfen bei uns an und fragen uns, wo, wie und wovon wir leben, welcher Nationalität wir angehören, welche Sprache wir sprechen. Die letzte Volkszählung hat das Zentralamt für Statistik im Jah­re 1990 abgehalten. Seitdem hat sich die Welt stark verändert. Wir bauen eine europäische Demokratie auf, einen Rechtsstaat, der die Menschen- und Minderheitenrechte seiner Bürger achtet und schützt. Das haben wir vor gut einem Jahrzehnt gewollt, des­halb haben wir den friedlichen Systemwechsel migestaltet, dafür haben auch wir Ungarndeutschen gearbeitet. Die Verfassung, internationale Abkommen, der ungarisch­deutsche Freundschaftsvertrag schützen unsere Rechte. Gesetze garantieren, daß mit unseren persönlichen Daten kein Miß­brauch getrieben werden kann, daß wir keine nachteilige Unter­scheidung erleiden müssen, weil deutsch unsere Nationalität, Deutsch unsere Muttersprache ist. Auch wir haben uns viel verändert. Wir haben unsere Vereine gegründet. Wir haben von den Möglichkeiten des Minderheiten- Selbstverwaltungssystems Gebrauch gemacht. Unsere Institutio­nen sind erstarkt. Der Welt und auch uns selbst haben wir bewie­sen, daß wir unsere Muttersprache, unsere Traditionen, unsere kulturellen Werte erhalten und bewahren wollen. Wir haben bewiesen, daß wir keine Angst haben, und daran glauben, daß sich die ungerechten, grausamen und unmenschlichen Folgen der Volkszählung von 1941 nie wiederholen werden. Liebe ungarndeutsche Landsleute! Bekennen wir uns mit dem gleichen Glauben und derselben Verpflichtung auch bei der Volkszählung im Jahre 2001 zu unse­rer Identität! Bekennen wir stolz, erhobenen Hauptes und reinen Herzens: Als loyale Bürger Ungarns wollen wir Deutsche bleiben in unse­rer gemeinsamen europäischen Heimat! Otto Heinek Vorsitzender der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen Wort des Jahres 2000: Schwarzgeldaffäre Die Gesellschaft für deutsche Spra­che (GfdS) wurde 1947 in Lüneburg gegründet und hat heute ihren Sitz in Wiesbaden. Laut Satzung ist sie ein politisch unabhängiger Verein zur Pflege und Erforschung der deut­schen Sprache. Seit 1978 veröffent­licht die GfdS alljährlich vor Weih­nachten die charakteristischen „Wör­ter des Jahres“. Diese Wörter werden nicht nach der Häufigkeit ihres Vor­kommens ausgewählt, sondern sie müssen jahrestypisch und gesell­schaftlich repräsentativ sein. Fach­sprache scheidet bei der Wahl aus. „Schwarzgeldaffäre“ heißt das Wort des Jahres 2000, das den größ­ten politischen Skandal Deutsch­lands beschreibt, der zur umfassen­den personellen Erneuerung der CDU führte. Auf Platz 2 folgt die „BSE-Krise“, besonders nach dem Fund eines an Rinderwahn erkrank­ten deutschen Rinds beherrscht(e) das Wort die Schlagzeilen. Prägend war aus Sicht der Forscher auch der aus dem Englischen stammende Begriff „Greencard“, der in den USA die befristete Arbeits- und Auf­enthaltserlaubnis für Ausländer bezeichnet, in Deutschland aber ausschließlich als Schlagwort in der Debatte um den Mangel an Compu­terfachleuten diente. Aus dem Bereich der Politik kommt auch die viertplazierte Wortschöpfung „gegen Rechts“. „Rechts“ steht als Sammel­begriff für alles, was rechtsradikal und gewalttätig ist. „Gegen Rechts“ ist ein Ausdruck, der die Reaktion der demokratischen Mehrheit auf die Gewalt von Rechtsextremisten beschreibt. Auf Platz 5 findet sich ein im Jahr 2000 viel gebrauchtes Kurzwort: „SMS“. Die Abkürzung für das englische short message ser­vice, im Deutschen oft als Textbot­schaft wiedergegeben, kennzeichnet die Ausbreitung von Mobiltelefonen. Platz 6 belegte der „Kampfhund“: Mehrere Attacken, eine davon mit tödlichem Ausgang, haben den Bür­gern Deutschlands bewußt gemacht, welche Gefahr von diesen Tieren ausgehen kann. Im Zusammenhang mit der CDU-Spendenaffäre steht der auf Platz 7 gewählte Ausdruck: „brutaistmöglich“. Mit diesem Wort beteuerte der hessische Ministerprä­sident Roland Koch (CDU) seine Entschlossenheit, die schwarzen Kassen seiner Landespartei zu durchleuchten. Mit dem viel disku­tierten Begriff der „Leitkultur“ (Platz 8) wollte sich die CDU in den letzten Monaten des Jahres gegen das Konzept einer multikulturellen Gesellschaft wenden. Auf Platz 9 steht „Big-Brother-Haus“, die zum Medienspektakel gewordene, von der Außenwelt abgeschirmte Wohn­gemeinschaft. Ein aus dem Italieni­schen stammendes, aber den Deut­schen bereits vertrautes Fremdwort schließt die Liste: Es ist das Wort „basta“, mit dem Bundeskanzler Gerhard Schröder öffentlich seine Entschlossenheit unterstrich, die Rentenreform auch gegen Bedenken der Gewerkschaften durchzusetzen. L A. Spielhölle tarnt sich als ungari­sches Konsulat Die Polizei in Guatemala sei einer Bande auf die Schliche gekommen, die ein illegales Spielkasino als ungarisches Konsulat getarnt hatte, berichtete die namibische Zeitung „PLUS“. „Ehren-Konsulat der Repu­blik Ungarn“ stand an der Fassade des Hauses in Guatemala-Stadt, wo zahlreiche Spielautomaten sicherge­stellt wurden. Auch eine „Ungari­sche Stiftung für die Kinder in Gua­temala“ entpuppte sich als Spielhöl­le. Glücksspiel ist in Guatemala strikt verboten. Gerüchte, wonach in dem angeblichen Konsulat ein Bor­dell sein sollte, hatten die Polizei auf die Spur geführt. 3 Beginn des 3. Am 1.1.2000 wurde weltweit das neue Millennium gefeiert. Der eigentliche Jahrtausendsprung fand aber erst jetzt, zum Jahreswechsel 2000/2001, statt. Doch nach dem vergangenen Jahrtausendrummel herrschte keine Euphorie, Silvester wurde auf der ganzen Welt zu einer „normalen“ Neujahrsfeier. Obwohl der Mehrheit der Menschen bewußt war, daß das 3. Jahrtausend erst am 1.1.2001 begann, hatte es für sie kei­ne größere Bedeutung. „Das Thema ist durch“ - sagen Werbeexperten. Letztes Jahr haben sich die Leute von der Zahl 2000 berauschen lassen. Aber warum beginnt das 3. Jahr­tausend erst am 1.1.2001 ? Der Grund dafür ist einfach: Unsere Zeitrech­nung fängt nicht mit dem Jahr Null, sondern mit dem Jahr eins an. Im 6. Jahrhundert unserer Zeitrechnung erhielt Dionysius Exiguus vom Papst den Auftrag, eine christliche Zeit­rechnung auszuarbeiten, die ihren Anfangspunkt im Geburtsjahr Christi haben sollte. Da die Null bis Mitte des 16. Jahrhunderts in Europa völlig unbekannt war, folgt auf das Jahr eins vor Christi Geburt sofort das Jahr eins nach Christi Geburt. Ob Dionysius Exiguus das Jahr der Geburt Christi richtig bestimmte, ist zweifelhaft. Nach neuesten archäolo­gischen Erkenntnissen stellte man fest, daß König Herodes im Jahre 4 v. Chr. starb. Da Jesus zu diesem Zeit­punkt nach biblischen Berichten ver­mutlich bereits ein Alter von ca. drei Jahren hatte, muß seine Geburt auf das Jahr 7 vor unserer Zeitrechnung fallen. Das heißt, die „wahre“ Mill­­lenniumsfeier haben wir um einige Jahre verpaßt. Die Welt kennt aber die verschie­densten Jahreszählungen, auch beeinflußt durch die Weltreligionen. Jahrtausends Für die Juden beginnt die Zeitrech­nung 3761 vor Christi Geburt, in dem nach der Überlieferung die Welt erschaffen worden sein soll. Für die antiken Römer galt die Gründung Roms als Ausgangspunkt. Die Budd­histen legten sich auf das Jahr 480 vor Christus fest — Buddhas Geburts­jahr. Die Japaner lassen die Zeitrech­nung jeweils mit der Krönung eines neuen Kaisers beginnen. Die Hindus leben bereits im letzten der vier Welt­zeitalter ihrer Glaubenslehre, das nach christlicher Zeitrechnung 3102 vor Christus begann. Und auch die Moslems leben in einer anderen Zeit­rechnung: Die Jahreszählung des islamischen Kalenders beginnt mit der Flucht Mohammeds aus Medina (Hedschra) nach Mekka 622 n. Chr. Der von uns gebrauchte Gregoria­nische Kalender wurde im Jahre 1582 eingeführt. Um den angewach­senen Fehler des Julianischen Kalen­ders von zehn Tagen auszugleichen, ließ man auf Donnerstag, den 4. Okt­ober 1582, sofort den 15. Oktober folgen. Die Regelungen des gregori­anischen Kalenders wurden bis 1585 für die meisten Länder mit römisch­­katholischem Glauben eingeführt. (In Ungarn galt der Gregorianische Kalender seit 1584 im bürgerlichen Leben, aber erst drei Jahre später folgte die gesetzliche Einführung.) 1700 folgten Deutschland und die skandinavischen Länder, Großbri­tannien stellte 1752 den Kalender um. Am längsten behielten die Län­der mit vorzugsweise orthodox gläu­biger Bevölkerung den alten Kalen­der bei: Rußland bis 1918, Griechen­land bis 1923 und Rumänien bis 1924. In der Türkei wurde der isla­mische Kalender gebraucht, der 1927 dem Gregorianischen Kalender wei­chen mußte. So war dieses Mal ein besonderes Ereignis: Erstmals hat an einem ein­zigen Tag die Menschheit „global“ die Schwelle zu einem neuen Jahr­tausend, Jahrhundert überschritten. Ilona Amrein

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