Neue Zeitung, 2010 (54. évfolyam, 1-53. szám)

2010-01-01 / 1. szám

NZ 1/2010 GEMEINSCHAFTEN DER UNGARNDEUTSCHEN 3 Deutsch sogar schon ab der Kinderkrippe Bildungszentrum von der Kinderkrippe bis zur Mittelschule Emmerich Ritter (links im Bild) ist der Vorsitzende der Deutschen Komitatsselbstver­­waltung Pest. Der 57jährige Steuerberater hat große Pläne im Interesse des Ungam­­deutschtums. NZ: Was sind Ihre Aufgaben als Komitatsvorsitzender? ER: Die Komitatsselbstverwaltungen sind eine wichtige Stufe, denn früher gab es nur die lokalen deutschen Selbstverwaltungen und die Landes­selbstverwaltung. (In Budapest gab es schon von Anfang an eine Deut­sche Selbstverwaltung auf Haupt­stadtebene - Anm. der Red.). Und so kann man natürlich nicht arbeiten. Wir merkten das schon ganz am Anfang, deswegen haben wir die Verbände der deutschen Selbstver­waltungen ins Leben gerufen, damit haben wir diese fehlende Stufe ersetzt. Das war natürlich nicht offi­ziell und nicht gesetzlich geregelt. Nach 15 Jahren wurde dann gesetz­lich die Gründung von Komitats­selbstverwaltungen ermöglicht. In der Region Nord haben wir einen Vertrag mit dem Verband gemacht und über die wichtigsten Programme gemeinsam abgestimmt, wer was organisiert, wer was unterstützt. Wir sind auch diesbezüglich immer am Drücker, bei welchen Wettbewerben das Komitat teilnehmen und wo sich der Verband bewerben kann, um die Möglichkeiten bestens zu nutzen. NZ: Wie ist die praktische Zusam­menarbeit mit dem Verband der Komitatsselbstverwaltungen? ER: Der Verband hat bei uns sehr gut funktioniert, drei Leute sind von ihnen bei uns im Vorstand. Außerdem haben wir auch ganz junge Leute, damit sie Einblick gewinnen in die ganze Organisation. Die Zusammen­arbeit ist immer sehr gut gewesen, wir laden sie auch jährlich mehrmals zu Sitzungen ein. Wir halfen auch dabei, daß die Kulturgruppen offizielle Ver­eine gründen können, das war wichtig wegen den Bewerbungen. Die Verei­ne und die Selbstverwaltungen arbei­ten auch sehr gut zusammen. NZ: Welche Ortschaften vertreten Sie? ER: Das Schwierige ist in dieser Gegend, daß hier vor dem Zweiten Weltkrieg in mehreren Ortschaften die Deutschen in der Mehrheit waren. Nach der Vertreibung war das aber nicht mehr der Fall, die verbliebenen Deutschen konnten lange Zeit nichts machen. Inzwi­schen sind 50 deutsche Minderhei­tenselbstverwaltungen gegründet worden. Wir haben sehr viele große Veranstaltungen und eine immer bessere, engere Zusammenarbeit. NZ: Wo sehen Sie die größten Pro­bleme? ER: Die größten Probleme sind die gleichen wie im ganzen Land. Das Minderheitengesetz gibt Möglich­keiten, finanziell und juristisch, eine Garantie hat es aber nicht in jedem Bereich. Es ist 99prozentig abhän­gig von der örtlichen Gemeinschaft, vom Bürgermeister, vom Notar, wie sie zur Minderheit stehen, und das ist natürlich eine sehr schwere Situ­ation. Vor allem, weil in diesen ört­lichen Selbstverwaltungen die Mit­glieder oft auch Arbeitnehmer sind, wie Pädagogen zum Beispiel. Gegen den Arbeitgeber ist es sehr schwer zu kämpfen. NZ: Was ist Ihr Ziel auf diesem Posten? ER: Einerseits eine gute Zusammen­arbeit mit dem Komitat Pest, die letz­ten zweieinhalb Jahre waren diesbe­züglich in Ordnung. Die größte Auf­gabe ist, daß wir in der Zukunft den jungen Generationen bessere Kinder­gärten, Grundschulen und Mittel­schulen zur Verfügung stellen. Das ist meiner Meinung nach die wichtig­ste Aufgabe, denn wenn wir unsere Sprache verlieren, dann werden wir früher oder später auch unsere Iden­tität verlieren. Wir wollen schon vom Kindergarten an, oder sogar von der Kinderkrippe an, daß die Kinder das, was die meisten zu Hause leider nicht mehr erhalten, nämlich die Sprache, bekommen und für sie die deutsche Sprache und die Identität Normalität sind. NZ: Möchten Sie diese Arbeit auch weiterhin machen? ER: Ich denke schon. Ich bin schon seit den Anfängen mit dabei, seit den ersten Wahlen. Wir haben noch viel zu tun auf dem Gebiet, bis wir unser Ziel erreicht haben. In Wu­­dersch, wo ich wohne, haben wir die Möglichkeit, in der Trägerschaft der hiesigen Deutschen Selbstverwal­tung in den nächsten ein-zwei Jah­ren ein Bildungszentrum ins Leben rufen zu können. Ein solches Zen­trum von der Kinderkrippe bis zur Mittelschule könnte der ganzen Region Nord fachliche Unterstüt­zung reichen. Wenn ich das mal geschafft habe, dann könnte ich sagen, ich habe meinerseits die Auf­gabe mehr oder weniger gemeistert, dann können junge Leute kommen, die das weiterführen. Chr. A. Trautsondorf/Hercegkút ist eines der Weindörfer des zum Welterbe gehörenden Tokajer Weinbaugebietes. Die erste Gruppe der deutschen Ahnen kam vor fast 260 Jahren aus der Gegend des Bodensees und aus dem Schwarzwald, was auch durch ein Ansiedlungs­patent vom 15. August 1750 bezeugt wird. Sie kamen auf der Donau mit der „ Ulmer Schachtel“ bis nach Ofert/Buda und von dort mit dem Wagen oder zu Fuß. Von den Ankömmlingen erforderte das Schaffen eines Zuhauses große Anstrengungen: Sie rodeten verwil­dertes Gebüsch und Wälder, um Baugründe herauszubilden. Vier bis fünf Jahre lang wohnten sie in Fel­sen gehauenen Höhlenwohnungen, sie hatten einen gemeinsamen Back­ofen, Mehl zum Brotbacken beka­men sie von der Pataki-Herrschaft. Grundlage des Lebensunterhaltes sicherte die Lohnarbeit auf dem umliegenden Weingut. Nach 1767, nach Herausgabe des Urbarial- Patents, bekam die Ortschaft bedeu­tende Grundstücke, dazu wurden auch noch die zum Kauf angebote­nen Felder der umliegenden Dörfer der Reihe nach erworben. Ende des 19. Jahrhunderts, nach der Filloxera, wurden auf großen Gebieten neue Weingärten angelegt und die Gegend wurde zum Mit­glied des Tokajer Weinbaugebiets. Das Heimatmuseum, in dem Gegenstände und Andenken aus ver­gangenen Zeiten ausgestellt waren, wurde im Juni 2006 von einem Blitzschlag getroffen. Das Schilf­dach fing Feuer und brannte völlig aus. Die von den Trautsondorfem jahrzehntelang aufbewahrten und anschließend zur zeitgetreuen Ein­richtung der Ausstellung gespende­ten Möbel, Werkzeug, Urkunden sind unersetzbar, an jedes einzelne Stück knüpften sich persönliche Erinnerungen. Im Jahre 2007, nach der Sanierung des Hauses, wurde eine neue, über ein ähnlich großes Ausstellungsmaterial verfügende Sammlung zustandegebracht. Eine Besonderheit der Ausstellung ist z. B. eine bemalte Brauttruhe aus dem Jahre 1900 oder eine Wiege aus dem Jahre 1875. Die Ausstellung ist nach Anmeldung zu besichtigen! Adresse: Trautsondorf/Hercegkut, Kossuth u. 9/A Telefon: 06 30/561-2653; 06 47/346-101 Häuser, die uns erzählen Trautsondorf - Heimatmuseum

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