Pester Journal - Abendblatt, Mai 1877 (Jahrgang 4, nr. 3-25)

1877-05-02 / nr. 3

tr­ . . . Buddapest, Deittwoch 5 Der Aufstand in Bosnien. Budapest 2. Mai. Meber die Insurreftion in Bosnien Es gibt der folgende Brief der „Bolit. Corr." ein übersichtliches Bild. Man schreibt dem Blatte aus Serajewo, 22. April : Das hiesige Amtsblatt der bosnischen Wilajet3:Regie­­rung, die , Bosna", hat vor einigen Tagen das längere Schweigen wieder unterbrochen, welches es über die Bor­gänge auf dem bosnischen Infurrestions-Schauplatte beobach­­tet hat und konstatirte mit dürren Worten die Existenz von Gefahren, zu deren Befeitigung zwei Generale mit ansehn­­lichen Kräften abgeschictt werden mußten. Da man in gewissen Kreisen außerhalb Bosniens die Erxistenz von Insurgenten in Bosnien leugnete, so sei es mir gestattet, die betreffende Meldung aus der , Bosna" Nr. 564 vom 1. Rebinlaher 1249 [15. April 1877]­ hier wörtlich mitzutheilen: „Seit Anfang des Monates März, als die Witterung sich günstiger gestaltete und viele Agitatoren­­ von auswärts in unser Land kamen, haben iih Insur­­genten,5 Haaren in der Umgegend von Ban­jaluTa gezeigt und begannen abermals ihr Unmelen zu treiben. Der Miralima (Brigade - General) Js­met Baiha begab ih nach Trapnit, Miraliwa Salikh-Sipi Pascha marscirte in der Richtung gegen Banialuta ab, und beide Generale haben den Auftrag erhalten, die Rebellen aus den Orten, wo sie sich fonzente­rt haben, zu vertreiben und der Leberhandnahme des Aufstandes Grenzen zu regen." So weit das Amtsblatt, Brivatna­chrichten, für deren Zuverlässigkeit gebürgt werden kann, melden, daß die Servrretittions.ch mim.e.t mehr am Ausdehhnring gewinnt, so zwar, dab eigentlich verganze Raum zwischen Ban armer ta NEE, Livno.und Be 1rova& von I nsurgenten­haaren überschwemmt ist An einzelnen Abtheilungen gicht nur weniger als 14; die Stärke derselben variirt zwischen 400 und 600 Mann, die eigentliche Infurgentenmacht des fest förmlich in m­ontenegrinischen Diensten stehenden Despotovit 3 n­i­ch­t mitgerechnet. Was Despotovnit­s betrifft, so bestätigt es sich, daß er bei Liv­n­o Aufstellung nahm, bis­iegt aber in Unthätigkeit verharrt, was in einen Befehle ang Cettinje seinen Grund haben sol. Despotovits wurde nämlich ange­­wiesen, bis zum Beginne der Operationen in der Herzego­­wina und Albanien sich in Reserve zu halten. Diese kurze Muhe benütze er, um seine Mannschaft mit neuen Waffen zu versehen und einzuüben. Aus Gettinje sind dem Despoto­­vits 4500 Gewehre neuester Konstruktion zugenommen. Üb­ rigend dürfte es bald zu Zusammenstößen kommen. Was die trfische Streitmacht in Bosnien betrifft, so ist sie,wenigstens in ihren regulären Bestandtheilen, in den Testen sechs Tagen tar­ reduzirt worden Er geschah zwar in aller Stille, trog dem entging e3 einzel­­nen Beobachtern nicht, dab 12 Bataillone Nizams und Res­difs, also Kerntruppen, über Mitrovita nach Bul­­garien beirigirt wurden. Auch Suleiman Pascha in der Herzegowina gab von seinem Korps 8 Bataillone an die Donauarmee ab. Von einer ausgiebigen Offensive du­rfte in der Herzegowina sowohl als auch in Bosnien in den näch­­sten Wochen schwerlich die Rede sein. Was indessen die Streit­­e der Regierung in Bosnien betrifft, so wird der Ab­­gang der Regulären durch Heranziehung Prregulärer theil­ mesie gebedt. 38met und Salihb Balga verfügen immerhin noch über 16.000 Mann, wovon freilich bloß 5800 Reguläre sind. Jedenfalls wird diese Macht den Insurgenten das Terrain streitig machen können. Ein sehr empfindlicher Uebelstand ist es, daß die tür­­kischen Truppen Mangel an Allem Leiden. Der Kriegsmini­­ster wies die Kommandanten auf die Hilfsmittel des Landes an und diese sind leider bereits vollstä­ndig erschöpft. Gegen Rußland. Budapest,2. Mai. Aus Wien wird telegraphirt : Die österr­-unge­­rische Negierung hat bei der rumänischen N­egierung wegen Beschrankung der Schifffahrt der „Woyd“Dam­­pfer auf der Donau reflamirt. Die Folge davon w­ar, das die Wasserst­rafe­­ wieder eröffnet wurde. Nur die Häfen von Galat und Braila wurden geschlossen. Die Einstellung der Schifffahrt auf der Donau, welche bekannt"­ eine ruffische Maßregel "war, hat ein herbes Urtheil provoziet. So schreibt heute „Ellenör": Oesterreich: Ungarn hat eine einzige Weltverkehrsader : die Donau. Diese Ader ist abgeschnitten. Oesterreich-Ungarn hat einen einzigen offenen Markt, wo es seine kommerzielle Thä­­tigkeit mit Nuten verwerb­en kann: die östlichen Länder. Die Thore derselben haben sich geschlossen. Und wir haben feinen Mund und feine Hände, wir können höchstens brum­men. Wir sind eine Großmacht und bezahlen uns diesen Titel mit unseren brach liegenden Feldern und geschloffenen Kauflächen. Wir können exerceiven und mandöpriren bei Klin­­gen dem Spiel, aber wenn davon die Rede ist, das Gewicht der Millionen, Wehrkraft, der öffentlichen Meinung, des Mu­­thes und Selbstvertrauens in die Wagschale zu werfen, dann sind wir nicht zu Hause. Das heißt: mir sind nur zu sehr zu Hause, wir fiten Hinter verschlosfenen Thüren, damit uns Niemand dabei ertappe, wie­ wir unsere großmächtlich drohende Faust — in der Tasche ballen. Wie die obige Meldung zeigt, hat sich das Wiener Kabinet denn doch zu einer Reflamation aufgerafft, welche auch von dem gewünschten Erfolge begleitet war. In der ungarischen Presse finden mir heute noch einige antirussische Enunziationen. Nemzeti Hirlap“ äußert sich über den gestrigen Beschluß des Abgeordnetenhauses in Betreff der Corvina wie folgt: Dieses Dankgefühl macht es nig zur Pflicht , wenn schon die Lage der Monarchie die faktische Hilfeleistung für die Türkei nicht erlaubt, jede Solidarität mit Rußland zurüchzumessen. Wenn die Stunde der Entschei­­dung kommt, müssen wir im­nteresse des Bestandes unserer Monarchie und der nationalen Existenz unser Wort für die Integrität der Türkei und deren Bestand erheben und gegen jede derartige Veränderung protestiren, welche die Hegemonie des flavischen Elementes auf der Balkan-Halbinsel herbeifü­h­­ren würde. „Bayersrieg" empfiehlt die gestrige Abstimmung im Abgeordnetenhause über das Dantesvotum an den Sultan der Erwägung der Wiener und hält sie versichert, daß die Nation zu einer raffenfreundlichen Bolitii­nie die Einmilli­­gung neben merde und daß jene Jünglinge, die heute an den türkenfreundlichen Demonstrationen theilnehmen, ihr Schwert niemals gegen die Türken ziehen werden. ha ik * Als interessantes Gegenstüc zu diesen Stimmen sei hier ein Artikel des offiziösen „Fremdenblatt" erwähnt, das I an . RER NIE Abendblatt des Peiter Journal, 2. Mai 1877, der Meinung ist, [England dutefte schon demnächt in A treten, man fi unterd Ak­ion beileidet eine Theilnah am Kriege gegen Rubland zu be­ten. „An eine Allianz mit den Türken“, fließt das Bla­t denkt außer den Bester Studenten wohl Niemand in Europa.“ nur habe Aus dem ungarischen Reichstage. — Abermals der Orient. — die Duotendeputation gewählt. — Budapest,2. Ma. Präsident Koloman & hi c 3­9 eröffnet­e die heutige Situng des Abgeordnetenhauses um 10 Uhr. Auf den Mini­­sterfauteuils : Tipa, Szél, Zréfort, Berczel, Pechy, Szende, Bedefovich. » Nach Zumeisung einiger Einläufe an die betreffenden Ausschüsse wird das Anträge- und­­ Interpellationsbuch verlesen. In demselben sind drei Interpellationen angemeldet : die erste von Raul So­mifi­c über die Haltung der Negierung in der Orientfrage, die zweite von Daniel Jranyimegen Vorlage aller auf die Orientriie bezü­glichen Mftensüüh­le , die dritte von Ernstt Mi ST ás­to­vic3 in Angelegenheit der Militärgrenze. Die Interpellationen werden vor Sigungsschluß moti­­virt werden. Hierauf folgt die Abgabe der Stimmzettel für die Mitglieder der Duoten.Deputation. Das Wahlresultat wird in der morgigen Gi­ung pu­­blizirt werden. Nun kommt der Beschlußantrag des Ministerpräsiden­­ten auf die Wahl zweier aus je 15 Mitgliedern bestehenden Kommissionen zur V­orberathung der Ausgleichsgelegentwürfe an die Reihe. Julius Gullner reiht einen Beiklub an ein, laut welchem sämmtliche Ausgleichsvorlagen einem au 31 Mitgliedern bestehenden Ausschusse zugewiesen werden sollen. Ion. D­elf­y und Graf Fero. Zi­ch­ny unterstoßen diesen Antrag. Nach einigen Gegenbemerkungen des Ministerprä­denten Koloman Zi $­a folgt die Abstimmung, w ob der Beschlußantrag der Regieru mit großer Majorität angeno­men wird. Folgt die Fortlegung der Generaldebatte über Vormundschaftsvorlage. Weiteres im Morgenblatte. “ „Im Hafen der Kirche!" „Das geht ums nichts an, mich wird sie nicht bes fehren und Dich noch weniger. Jedenfalls muß sie eine ungewöhnliche Persönlichkeit sein, sonst hätte sie nicht einen der bedeutendsten Geister so lange um sich zu fesseln vermocht. Langweilig kann sie selbst als Bet. Schwester nicht sein.” „So habe eine Aversion gegen ex­travagante Weiber, vor Frau von Stael würde ich die Flucht ergriffen haben und den gefeierten Göttinen der Ro­­mantiker hätte ich den Rüden gedreht. Ich halte er dem philisteösen Wort fest, daß die Zyrau die beste, von der am wenigsten gesprochen wird.“ „Deshalb kannst Du mich doch zur Gräfin be­gleiten", meinte Klemens, dem Freunde einen PBaletot umbhängend. Einige Tage später fuhren die Herren zu früher Morgenstunde aus, im dicht geschloffenen Wagen, denn die Luft war eisig. So kompafte Nebelmassen lagerten über der Campagna, daß die an der Straße liegende Kirche S. Lorenzo fuori le mura mit ihrem ernst« großartigen Camposanto faum in den Umrisfen here bortrat. i „Seßt verstehe ich, warum selbst der Nermste hier zu Lande im Befit eines weiten Mantel ist, den er bis zur Nasenfolge Heranfzieht", bemerkte Klemens, sich fröstelnd in sein Plaid einwicklnd, „so ein italienischer Frühlingsmorgen erinnert auffallend an einen deutschen Winterabend! Bis um neun Uhr flappert man vor Käfte und danach­ beginnt das Transpiriren — fon« Benedikta. Roman von Zar Detlef. Erster Band, Erstes Kapitel. (Fortlegung.) „Dachst Dir viel Ansprüche ?" „Schönheit verlange ich nicht, ob die Nase Hasji­ch, oder der Mund ideal ist, wide mir gleich sein. Eine Frau nämlich, darf nach Feiner Richtung bin auffallen, weder durch Schönheit, noch dur­ Häß­­lichkeit , ein intelligenter liebenswürdiger Augsbruch, tadellose Manieren, ein Ruf, an dem sein Flecktchen Haftet, gute Herkunft — das sind die Bedingungen, die ich stelle. Sehr mäßige Bedingungen und scheinen doch nicht leicht erfüllt zu werden.“ „Unter guter Herkunft verstehst Du von Adel ?" Nicht absolut, obgleich ich auf die Kleine Schwache meiner Mutter Rücksicht nehmen möchte. Ich meine damit, daß meine Zukünftige in geordneten, for­michen Verhältnissen aufgewachsen sein muß, ihr sollen nicht nur Streng sittliche Grundlage, auch geselliger Tat anerzogen sein.“ CS ist eigentlich nicht viel, was Du verlangst, und doch, wenn ich jegt die jungen Damen meiner Be­­kanntschaft Revue paffiren haffe, finde ich Feine einzige, die dem vollkommen entspricht." Jak Ste paffiren, wir wollen uns nicht um Dinge plagen, die immer noch früh genug kommen ! Der Reine Negierungsrath theilte diese Ansicht, vorläufig war es ihm wichtiger, seinen Freund zum Vertilgen eines ganzen Beefsteafs zu bewegen. Nach der Collation nahmen die Herren einen Wagen, um in die Campagna zu fahren und sich Appetit zur table d’hôte zur Holen. „Eine rein thierische Existenz,“ sagte Harry, der auf dem Balkon seine Cigarre rauchte und dem „Eine rein thierische Existenz," sagte Harry, der auf dem Balkon seine Cigarre rauchte und dem Man jchen der Brummen horchte, „ich werde sie nicht mehr lange aushalten.” „Webermorgen sind wir bei unserem Gesandten zum Diner eingeladen, wir werden dort eine Menge Seite treffen, bei denen Du Deine Karte abgeben mußt. Nach und nach werde ich auch meine Empfeh­­lungsbriefe an ihre N Treffen befördern. Einer dar­­unter ist an die Gräfin Suwanny ; sie muß eine mert­wirdig interessante rau sein und ich bin neugierig, mir ein Urtheil über sie zu bilden.” „Nachdem sie mit ihren Liebschaften Halb Europa erfüllt hat ?" „Liebschaften ? Der Plural ist zu Hart, eigent­­lic sol man ihr nur eine große Leidenschaft nachjagen künnen, das Uebrige ist Verläumdung.“ „Das Nachtjagen ist eben das Schlimme.“ „Die Zeit der Stürme ist vorüber, sie ist im Hafen eingelaufen. * Ungeswenigkeiten. Budapest 2. Mai. Hinter den Conliffen. Die Aristokratie zieht sich in auffälligerweise von den Türkendemonstrationen zurück. Ger­stern glänzte sie durch ihre Abwesenheit im Nationaltheater. Minister Bédy fühlte sich auch sehr unbehaglich auf seinem Site und verließ nach dem­ ersten Akte das Haus. Der im Nationalfasino aufliegende Subskriptionsbogen des Bürger­­somites ist­ noch mit feinen Tinten fle­ziert­­ und so rein als er übergeben wurde. Bankettkarten wurden feine genom­men. Die Meester Lloydgesellsschaft hat im ganzen zwei Karten genommen und Herr von Poser blos etliche hundert Gul­­den gesammelt. Heute sind drei verspätete Telegramme zur­­

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