Oedenburger Zeitung, 1873. Mai (Jahrgang 6, nr. 41-53)

1873-05-04 / nr. 42

EN Ca · - Sonntag Finzeline Nummern koften LO Gr. 4. Mai 1873. 3 ti Bierteljährig cn. RE VI. Zabrgang. - Oedenburger L Motto: „Dem Fortschritt zur Ehr’ Berrücten zur Wehr’ Der Wahrheit eine Gaffe.” E­in x | Yes # Be Im Auslande übernehmen Pränumerationen auf Inserate Die General» Agentschaft der Zeitung „Bester Lloyd“ Kaufen­steingasse Nr. 7 in Wien, Sr­fenstein - Vogler in Wien, Wal­fig. 10 Hamburg, Berlin, Leip­zig, Stansfurt /M. Basel. Infertions-Gebühr: 5N Nr. fire die einspaltige, ION. für die zweispaltige, 15 Nr. für die dreispaltige und 20 Nr. für die durchlaufende Bet­tzeile ex­k­­lusive der Stempelgebühr von 80 fr. Auskünfte in allen Rich­­­tungen werden bereitwilligst v­ertheilt. Das Blatt erscheint jeden Mittwoch, Freitag in Verlag, Expedition und Redak­­zion.befindet sich­­ auf der Graben­­runde Nr. 121 in Oedenburg. — Alle für das Blatt bestimmte Sen­­dungen, mit Ausnahme von Prä­­und Intertiondge­­bühren sind an die Redaktion ‚ portofrei einzusenden. 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Die Hauptverkehränder zum Weltausstellungsplane, die Praterstraße, bot heute in den frühen Morgenstun­­den schon ein erfreuliches Bild frisch putsirenden Lebens, das sich immer intensiver gestaltete, obgleich regendro­­bende Wolfen das nichtfahrende Publitum Anfangs in der Befriedigung seiner Schauluft wesentlich beeinträch­­tigten. »­­ Immer reger war das Treiben, je näher die Er­öffnungsstunde — 9 Uhr — herannahte, immer dichter folgten einander die unzähligen Wagen mit den seitlich gekleideten Insassen, man sah, wie heute alle die größte Pünktlichkeit als Ehrenpflicht betrachteten und den zahl­­reichen Damen, welche kurz nach 8 Uhr bereits in ele­­ganter Toilette nach dem Seftplage fuhren, gebührt diese Talls alle Anerkennung. Das unfreundliche Wetter konnte nicht hindern, daß die Menge der Neugierigen vajch fi mehrte und für den endlosen Wagencorso die Praterstraße und Die Hauptalle hinab Spalier­ bildete. Tausende von Fußgängern strömten dem Festplatze zu,die Tram­waineerschaft schien ihren gesamm­ten Wagenanhieher beordert zu haben und jeder Wagen war vollgepfropft,und von der Stadtgutgasse aus er­­goß sich eine Unzahl von Omnibuswagen in die Wurstels­pritters Allee Um 1O Uhr konnten die Wagen­ nunmehr im Schritt fa­hren­ und begannen sich allmässig zu stauen. Die Polizei hat alle Mühe, um Verwirrung hinte anzubhalten. In der Wagencolonne werden die Equipas­ten vorherrschend, man sieht glänzende, weichbetternte Uniformen, ungarische Magnaten in überreich goldges­tu­fter Nationalitat, Minister und Gesandte, Hofs und militärische Würdenträger und auch der Glerus ist der Cardinal Naujcer repräsentirt. Gespannt sieht Alles der Auffahrt des Allerhöchsten Hofs selbst sowie der hohen Säfte aus Deutschland, England und Dänes­mark entgegen. «Ithr.Unser Bericht von raterstern muß sich leider von Neuem zu einem meteorologischen gestalten. Der bisher feine Regen wird immer derber und em­­pfindlicher,­­allein das Publikum hält unerschütterlich aus und würdigt durch gute und schlechte Wihe das Komische seiner Situation; ein dichter Wald von Ne­genschirmen wäc­hst empor. Nach 11 Uhr paffiren die Grgherzoge Rainer, Karl Ludwig Ic. bald darauf der deutsche Kronprinz rammt Familie und Suite. Nach halb zwölf Mahr endlich kamen in einem sedespännigen Hofgalawagen ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin und unmittelbar nach ihnen Kronprinz Rudolph; die kaiserliche Familie wurde vom Publikum Sympathike begrüßt. &5 war nahe an 12 Uhr, und noch dehnte sich die Praterstraße hinauf eine endlose Wagenreihe. II. Im Prater und vor dem Hauptportale Schon in aller Morgenfrühe begann ungeachtet des zweifelhaften und wechselvollen Wetters der Andrang des Publicums zu dem Ausstellungsgebäude. Um 8 Uhr sammelten si­chen die geladenen Gäste und eine Stunde darauf war der Wagenzug ein ununterbrochener. Abtheilungen berittener Sicherheitswache hielten den Dienst bei dem großen, in Flaggenschmuch prangenden Einfachportale. Eine dichte Menschenmenge bildete ein beredtes, mit musterhafter Ordnung aufrecht gehaltenes Spalier für die ankommenden Gäste. Schritt für Schritt konnte sich der Wagenzug nur fortbewegen und stagierte gar bald bis in die Praterstraße hinauf. Die Ordner und die Sicherheitswache walteten jedoch mit rühmens­­werther Thatkraft und Umsicht ihres Amtes. Die abzie­­­enden Wagen mußten auf dem weiten, nächst der So­­phienbrüde angelegten Standplage halten, der sichh­alde bald so­ umfangreich­er auch ist, mit­ langen Wagen­­reihen füllte. Dasselbe war auch der Fall auf dem gros­sen, auf 500 Wagen berechneten Standplag, der sich auf­ der andern Seite der Allee längs des äußern Aus­­stellungsgebäudes, diesem gegenüber ausdehnt. Die etwas weitere Entfernung des erstern Standplages wird mittels einer elektrischen Verbindung behoben, die, zwischen dem Standplage und dem Ausgangsthor angebracht ist. Der­­ ausgehende Gast nennt blos die Nummer seines Wagens, worauf dieser erscheinen man. Nach 10 Uhr verschlim­­merte sich das Wetter, der heftige Wind und der sich ihm zugesellende Negen vermochten jedoch nicht die neu­gierige­ Menge abzuhalten, die fi Die ganze Nobelallee entlang zu beiden Seiten aufpflanzte, um die ankom­­menden Gäste, die si in ihren Wagen Auberst lange­sam fortbewegen konnten, zu mustern. Inzwischen kamen der dichte üdseite, auf allen Wiesenstegen von der Sophienbrüce Menschenschaaren herbeigeströmt, die auf der gegen den Einlaf gewendet, Porto gefaßt und einen von Minute zu Minute wachsenden undurchdringlichen Knäuel bildeten. Der Omnibus und Trammwayperfekt, der heute zum Ausstellungspalaste begonnen, beför­­derte eine große Menge von Leuten zu dem östlichen Portale. Gehe Allee hütet, wälzt si ein drängendes Dienjchen­­gewoge in den Geitens Alleen den Ausstellungst­oren zu. Ein buntes Sprachengewirr schallt den sich Durch­­drängenden entgegen. Japanesen-Gruppen in ihren Na­­tionaleGostumen erregen heitere Aufmerksamkeit und ru­­fen Bemerkungen hervor, die mit Bligeöfschnelle verbrei­­tet, und belacht werden. Inzwischen erhebt sich ein Sturm und nasses Schneegeftöber. Doch Jeder steht unerschütter­­lich auf seinem Plage, s­ofort werden tausende von Regenschirmen gespannt und zwei unabsehbare Menschen­­reihen stehen in einem total gedecten und improvisirten Raume. Unaufhaltsam mehrt fr, trog Wind und Re­gen, die Menge; jedes freie Plägchen wird sofort occu­­pirt. St­mmtiche Bäume sind beid hinauf belegt und auf den Wänden de Einlafgebäudes wimmelt es von Schaulustigen, die st stundenlang mühselig auf den warfenden Posten zu erhalten suchen. Plöglich geht ein dumpfes Braufen durch die Menge. „Der Kaiser kommt“, schallt es von Mund zu Mund, und im Augendliche krauften die von jecs Schimmeln gegogenen Wagen Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin vorüber. Weithin schallende Hochrufe ertönen; die Menge schweikt die Hüte und zerstreut ji nach allen Richtungen, sobald der legte Hofwagen vorüber ist. Um 9 Uhr begann der Ginlah bei sämmtlichen Thoren des Ausstellungsplages. Der stärkste Zudrang Während der eine Theil mauerfest den Saum der­­ Zeuilleton. Briefe einer deutschen Frau. Bon Julie Gmeinwieser. 1. Nun so wären wir denn ganz wohlbehalten in dem frohen, genußreichen und fünftsinnigen Wien und bereits hat mein Gatte mir in die Gipfel eingeführt, in denen er aus seinen Studienjahren her noch ein lies­ber und gern gesehener Gast ist. Da gibt es nun für mich, die ich zum Erstenmal für längere Zeit die Nesii denz besuche, viel des Neuen und Interessanten, zumal die Reifen, die ich­­m Arme meines lieben Mannes betrete,­ ganz dazu angethan sind, vielfache Blide in die für Geist und Gemüt bedeutenderen Sfären des Künst­­lerischen, besonders des literarischen Lebens der Gegen­­wart zu werfen. Und da dürfte ed nicht ganz ohne Interesse sein, wenn ich mein Versprechen, von meinem Thun und Trei­­ben in der Hauptstadt Nachricht zu geben, damit einlöste, dass ich die auf diesen Gebieten gemachten Erfahrungen in der schlichten Weise erzähle, welche einer Frau eigen sein kann, die seinen Anspruch auf s­chriftstellerischen Ruhm e­rhebend nur die Stimme des Gemütes und einfachen, natürlichen Verstandes sprechen läßt. — Da hat ec mir nun vor ganz Kurzem geglück, einen recht genußreichen, freundlichen Abend in dem Hause der verwitweten Baronin B. zuzubringen, in deren Gas­ton sich an bestimmten Abenden regelmäßig eine eben­so gewählte, wie angenehme Gesellschaft zusammenfin­­det. Der dort herrschende Ton ist bei aller Feinheit ein so ungezwungener und heiterer, da man in unglaublic kurzer Zeit si heimise fühlt und die ergib­­ende, gei­­stige Anregung, die von einem der ofte auf den andern übergeht, ist die belebende, erfrischende Atmosphäre, welche Diese eleganten, Geschmad und seine Bildung im gan­­zen Arrangement befindenden Räume durchzieht. Aus den mannigfachen Personen, die ich durch Die Liebenswürdigkeit der Baronin an diesem Abend kennen lernte, will ich vor Allen nur eines erst seit Kurzem vermalten Paares erwähnen, das sich der besonderen Gunst der anmutigen Wirtin zu erfreuen sehren. We­­nigstend hatte sie mir die Beiden mit der freundlichen Bemerkung vorgestell: „Herr dr. 3. und seine Frau Gemalin, mein liebes bescheidenes Schwarzblättchen.* — Das Aussehen, der jungen Frau rechtfertigte wohl zum Theil diese Worte, aber erit als ich durch diese an« geregt eine Gelegenheit suchte, mich mit der Dame zu unterhalten, da ward es mir klar, wie sinnig und zart jener Vergleich war. Das im ersten Moment so ziem­­lich ohne Bedeutung scheinende Gesichtchen, das mit sei­­nen Dunklen Augen so harmlos in die Welt hinein­schaute, gewann ein ganz anderes Leben, sobald die Dame, von irgend­einem Thema gefesselt, mit Interesse auf die Unterhaltung horchte, in die sie gezogen war. Wir hat­ten und in zwanglossen Gruppen im­ Salon zerstreut und die, in welcher ich mich, befand, war aus der Frau des Haufes, dem erwähnten Ehepaar, einem alten Ma­­jor, der seit Langem das gastliche Haus besuchte, meinem Gatten und mir gebildet. Um einen der Zijche gruppirt, hatte ich soeben ei­­nen Blid der jungen Stau belauscht, welchen diese auf ihren, ihr gegenüber figenden Gatten geworfen. Und — mögt ihr Alle darüber lächeln — aber mit diesem Eis nem Dlid, hatte Stau v. a. meine ganze Seele gewon­­nen; und ic war im Stande, das BETEN­NEN“, Schöne Lächeln zu begreifen, mit welchem der glückliche Mann seinem Weibchen für Diesen Blid danfte. Es gibt einzelne Momente, die wie Licht, blige hell und funfelnd das Innere eines Menschen ent­hüllen, Blaver und sicherer, als er jahrelange Beobach­­tung im Stande wäre. Und so war es hier der Fall, wo dieser eine belauschte Blid mir die sichere Bestäti­­gung gab, da diese kleine, zarte Frau zu den Besten ihres Geschlec­htes gehöre; daß aber auch ihr Gatte ein Mann in des Wortes vollster, edelster Bedeutung sei, der im Stande, den Wert dieses bescheidenen Mielend « zu fassen,der es verstehe,den­ reichen Schatz zu heben, der in deinen gem­einen Herzen dieses Weibes ruhke., Hatte der mir unvergeßliche Ausdruck von kindlich naii­ver Und doch himmlisch tiefer Liebe in dem ich der Dame mir das schön­e Räthsel ihres Herzens enthüllt, so hatte Leptered mir das Mare, glücliche Lächeln dieses Mannes gejagt, in dessen aRreicke von freundlichen Zü­­gen, ed wie lichter Sonnenstrahl spielte, Ich weiß nicht,­ wie «8 fam; aber der Anblick die­ser Beiden hatte mich so innig erwärmt und freudig ger stimmt, dab ich fast unwillig auf den Major blidte, als dieser jegt sich direkt an Frau v. 3. wendend, diese veranlacte, dad mir jegt so interessante Gesichtchen ihm zuzuwenden. — „Denken Sie nur, gnädige Frau, hatte er gesagt, daß Sie heute Nachmittag sehr lange den Gegenstand und Inbegriff meines vegsten Nachdenkens bildeten. — „Und welchem glüclichen Ungefähr Hätte ich wohl diese Ehre zu danken, lächelte die Angesprochene freund­lich entgegen.“ „De nun, ein glücliched Ungefähr kann ich er eben nicht nennen, war die walsche Antwort; die Vers­anlassung war. im Gegentheil eine im erster Linie mich unangenehm berührende und der Gedanke an Sie ente­stand durch die­dee, die ich nun einmal nicht süß werden kann, dab­ei eigentlich eine Art von Verpflich­tung für Sie wäre, einem immer mehr um si greif fenden Krebsschaden der Gesellschaft zu steuern.“ — „Ich sollte zu einer solcgen il­­ion berufen sein? — 8 lag etwas Tieblich Neizendes in dem halb fr­genden, halb ungläubigen Lächeln, mit welchem Frau v. 3. auf den alten Heren­­ blichte, der ganz ernsth­aft geworden unter Aller Aufmerksamkeit erregt hatte. (Schluß folgt.) Aus ie en ee. = A

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