Oedenburger Zeitung, 1873. Mai (Jahrgang 6, nr. 41-53)

1873-05-16 / nr. 47

F BE PT 2 . s «. »F­ EN ESTER a f % Bl­ar A sxxxsteita g z sltsy Mai 1873.·s Sonntag- Bram­merationd:Preise BürkRoco; Lanzjährig Bierteljährig dt FR, Einzelne, Nummern kosten 10 Gr. Derlag, Expedition befindet sich auf­ der Draben­runde Nr. 121 in Devenburg. — Die Nevadzion Theatergasse Nr. 11 2. Stud. — Mb Jahrgang. «Credenburger Nachrichten sociale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Sortschritt zur Ehr’ Betrachten zur Wehr’ Der Wahrheit eine Gaffe.” Im Auslande übernehmen Pränumerationen auf Inserate Die General» Agentschaft der Zeitung,,Pestek Lipisch«-Rauhen­­steingasse Nr.Hn WiemHarpt-s­tenstein , Vogler in Wien, Wall­fischg.10 Hamburg,Berlin,Leipz-sz» zig, Frankfont a/M. Basel. Inskrtion H-Gkbi'ilsr:» « 5Nlr.für die einspalti­geJl­Nkfh für die zweispaltige, 15 Nr. für­ die dreispaltige und 20 Nr. für die durclaufende Stetitzeile ex­­klusive der­ Stempelgebühr von 30 fr. Auskünfte in allen Rich­­tungen werden bereitwilligst ertheilt. 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Die"volksrwirthschaftliche Thätigkeit unserer Zeit hat uns an Außerordentliches gewöhnt.Kategorien,wie Zeit und Raum,verschwinden vor der Macht unserer Production,das Begrenzte,die Schranken,welche der Thätigkeit gesetzt,werden in immer größere Form ent­­kückt.Das bereits Geleistete vermag die Phantasie an Wunder zu erinnern und das,was noch angestrebt wird, scheint menschliche Kraft zu ü verbieten.Unsere Anschau­­ungen vom Möglichen und Unmöglichen sind schwan­­kend geworden,seitdem­­ wir gewohnt sind,alltäglich neue Wunder der­ Volkswirthschaft zu sehen.Diesem­­guinistischsten Berechnungen und Hoffnungen werden von der Wirklichkeit überboten Hoch über die rauhen Alpen legt der menschliche Gewerbefteiß immer neue und neue eiserne Wege,der ruhes und rastlose Waaren­­zug geht von Welttheilquelttheilz die nationalöko­­nomische Interessengemeinschaft reißt den Bann jahr­­hundertelanger Traditionen,die Bollwerke der Uncultur, des Racenhasses,der religiösen Abgeschlossenheit,reißt die Schranken der Urwälder nieder.Die­ Volksw­irth­­schaft,die Industrie,der Handel erweitern sichz sie wachsen. Das war nicht immer so.Jahrhundertelang war die Volkswirthschaft in sklavischer Abhängigkeit von der Natur und wie diese einem starren unveränderlichen stoss­­­lichen Kreislauf unterworfen.Dann kamen Kriege,spä­­ter die Kirche mit ihrer Ascese und kurz vor dem Ani­bruch der jungen Morgenröthe der Mercantilismus mit seiner Handelsbilanz, seiner Absperrung, seiner rein ziff­fermäßigen Berechnung des nationalen Soll und Habens. Während dieser langen Zeit fehlten der V­olfswirthichaft alle Bedingungen des Wachsthums. Erst der Freihandel, die Entwickklung der staatsbürgerlichen Ordnung, die Fortschritte der Menschen in der Erkenntniß der Natur brachten die wirthschaftlichen Kräfte zur Entfaltung und wir sehen, welche Bedeutung sie besigen. Mag auch von mancher Seite Hinwendung erhoben werden gegen den materiellen Trieb unserer Zeit, mag in der Spaltung der befigenden und befiglosen Glafjen manches Besorg­­nis Erregende liegen, die Thatjacdye wird wohl Niemand bestreiten können, daß die­­Weltwirthischaft sich immer großartiger entwickelt, daß Diese Entwicklung eine neue era in der Geschichte der Zivilisation bildet und das das großartigste Wachsthum der Volkswirthischaft eine Erscheinung ist, die stets das regite Interesse in Anspruch nehmen wird. Ein Bild dieses Wachsthums wird und die Welt­­ausstellung geben. Wer da den historischen Werde­­gang der Industrie verfolgend, den Faden der Geschichte bei der die additionelle Ausstellung bildenden Geschichte der V­olfswirthschaft aufnehmen wird und dann die Schöpfungen unserer Zeit mit prüfendem Blick betrach­­tet, dem werden ss nicht nur die Formen des wirths­chaftlichen Wachsthums, sondern auch die Stadien, und endlich die Gejege desselben offenbaren. Und Gefeße die­­ses Wachsthums zu kennen, ist eine höchst wichtige Auf­­gabe. Die wirthschaftliche Thätigkeit muß von dem Ber­­ußtsein dieser Gefege Durchdrungen sein und das wirths­chaftende Individuum muß die Natur des wirthschaft­lichen Wachsthums ebenso genau kennen, wie der Gärt­­ner das Wesen des natürlichen Wachsthums von Baum und Blume. Wir wollen versuchen, einige dieser Gefege kurz zu entwickeln. Einmal ist es gewiß, dab das wirthschaft­­liche WBachstribum ein natü­rliches und fein treibhausartiges sein darf. Maßregeln, melde dahin füh­­ren sollen, vollwirthsschaftliche Organismen und Inftie­tute auf ungeeignetem Boden hervorzuladen, werden im­­mer Schiffbeudy leiden. Wie der Pflanze muß man der Bolfswirthh­a­ft, der Industrie, dem Handel die nöt­­ige Nahrung zuführen, man darf­ ihnen nicht mothrwendige Kräfte­ entziehen. Belastung der Wolfswirthschaft durch­ irrationelle oder­ zu hohe Steuern sind and diesem Gesichtspunkte Hemmtnisse für das Wachsthums des Bolfswohlstandes. Das Wade­­thbum d­arf ferner nicht sprungsweise ge­blieben; es muß alle­ Stadien durchlaufen, welche zur vollen Neife nothwendig sind. Man kann auf dem Boden eines Agricultursftaazes nicht par force die höchste arbeiterheilige Industrie hervorrufen. Das " Wachsthum darf nicht zu Gunsten vom«« Nebenorganen von den»­Hauptorgan­ en abgeleitet werden.Die mehrconsumirenden Classen dürer nicht vor den­ productiven begünstigt wer­­­den,das Börsenspiel nicht vor dem productiven Gewerbe, die Speculation nicht vor dem­ Hande.Das Wachss­thum muß sich auf den ganzen Körper der Volkswirthschaft erstrecken Das Verhältn­ß­ zwischen Grundrente,Capitalzins un­d Arbeitslohns zwi­schen Produk­tion und Consumtion muß stets gesi­nd bleiben.Die fortschreitende Arbeitstheilung muß mit ei­­ner gleichzeitigen Arbeitsvereinigun­g hand in«Handge­­­ben. Ale Bedingungen müssen gegeben sein, um das Wachsthum zu unterhalten, zu fördern, zu siltern und dauern zu machen. Belebung und Ausdehnung des Ver­kehrs muß mit der Vermehrung und Beweglichkeit des Tauschmittels parallel gehen; der Zunahme der Taufe­werthe in einer Sphäre muß die Anerkennung neuer Gebrauchswerthe in einer andern entsprechen. Im der dauernden Reproductionsfähigkeit liegt die Erhaltung der Wirtschaft, wie die der Pflanze im Samen. Die Con­­sumtion muß productiv sein; sie darf nie gleichbedeu­­tend sein mit Zerstörung oder Verringerung der Werthe. Wir könnten no je­mande Momente aufzählen, welche für das Wachsthum der Bolfswirthischaft von Be­­deutung sind und Jeder, der den ‚Lebendbewegungen der Bolfswirthischaft Aufmerksamkeit schenkt, wird das Er­­wähnte leicht aus seiner eigenen Erfahrung erweitern können. Gewich tft­ed, dab die Geseße, welche die Ent­­wickklung der Bolkewirthichaft bestimmen, von jedem Ein­­zelnen,und­ von jedem Bolke auf das Genaueste beobach­­tet werden müssen, und da eine Abweichung von diesen Gehegen ebenso wenig möglich ist, wie von den Naturges­­egen. Dies ist umso weniger, als nur das gesunde wirth­­schaftliche Wachsthum den geistigen und Culturfortschritt befördern man. Die Weltausstellung wird für diese He­­berzeugung reichliche Beispiele liefern. Ei­ns Senilleton. Darmlose Wiaudereien. Der liebliche Mat — so singen die Dichter — nur wir andere prosaischere Menschen empfinden auffallend wenig von der dem Mai vstroyirten lieblichkeit — brachte und außer den gewöhnlichen Attributen dieses Monats als da sind : Mai- Andacht, Avancemente, Blu­­men, Butter, Coupon, Käfer Termin, Zrans, leg­terer auch Waldmeister genannt zwei Gaben, welche nicht am Repertoie für gewöhnlich stehen und diese sind: die Weltausstellung und der „große Krach.“ Die beide wer­­den uns lange im Gedächtnis bleiben, erstere wegen den riesigen Dimensionen des Aufbaues, septerer wegen jenen des Zusammensturged. · ED: In ernster Zeit und in einer solchen leben wir, ist­ wohl schwierig Heiteres zu schreiben und für derartige Seistesprodukte Abnehmer zu finden; es gibt eben Dinge von so hochwichtiger und trauriger Bedeutung, welche almser ganzes Denk vermögen, könnte man nahezu sagen, absorbiren, als dag wir noch Muse, geihmweige Yaune zum­ Scherz besigen sollten und doch wiederum ist Dur­mor nach den Plaftiten einer gesunden Lebensphilosophie oft ein nicht zu verachtendes Heilmittel für trübe Ges­danken. In den legten Tagen bildete wohl überall einzig und allein der „große Krach“ das Gouversations-Thema, so auch im einer nahezu, alle gesellschaftlichen Stellungen repräsentirenden Gesellschaft. Mandy, auf schlaflose Nächte deutendes Antlig, war darunter zu finden, die sonft hei­ tere &aune mahte diesmal einer auf aller Anwesenden fi) spiegelnden, von dem Ginfte der Situation sprechenden Miene weichen, statt harmlosen Gelächter hörte man nur lie und da teile Seufzer, mit Ungeduld­­ede man auf die Wiener Journale — 8 war am­age nach der Börse » Sperrung — endlich famen sie und als ein, wohl noch aus der Garnewald « Otagione in guten Andenken stehender Seuilletonist dieses Blattes ‚das Gouréblatt exblicte — rief er aus: „weil­ Gott, , das Gourézettel hat eine frappante Aehnlichkeit mit mei­­men Seuilleton — nichtd­ald Bedankenstriche !! — Ein allseitiger Gelächter belohnte seinen Einfall, welcher die trübe Stimmung zu bannen verstand. Und recht hat die „böse Zunge.“ Gedankenstriche sind das beste Auskunftsmittel, um einerseits seine eige­­nen Gedanken über je­mandes zu verschweigen, und auf der Seite dem Leser freien Spielraum zur Ergänzung des Anfanges zu lasfen. So beim Gourezettel. Vor einiger Zeit, da jagte man 5. D. Anglo 360, Pidfeines Papier, macht prächtige Geschäfte, laffen wird nod steigen auf 380 und dann, na dann­­ und nach dem „Krach:“ Ange ——, mm — — — — — 11 Nicht minder gelungen war die Antwort eines all­gemein beliebten Verwaltungsrathes, auf die Frage, wes­­halb er so Ärgerlich die Speisefarte wegwerfe : — „Soll mann­ sch etwa nicht ärgern, wo alles fallt, steigt’s beouf & la mode ! Und den Telegrafenbeamten bieten Die lechten Er«­eignisse hinlänglic Stoff zu billigem, aber deßhalb­ oft nicht schlech­tem Wige — vielleicht Liegt auch nur ein Bezie­­ben zu Grunde. — So langten unlängst­ zwei Börsente­­legramme an, in denen Einem statt „VBorihuß Bereins- Aktien“ "Borih » . . Bereind» Aktien” — im anderen sogar: „liebe Insolvenzen angemeldet“ statt „viele Insol­­venzen“ zu lesen war. Wie wir alle zu Genüge wissen, haben sich in jüng­­ster Zeit Personen aller Stände, beim schnell reich wer­­den wollen betheiligt und ed mag­num, die Leere der Gourgzettel bei Manchem in der Erfüllung der Berufs­­pflichten eine eigenthümliche Logik zu Tage fördern. Wäre . B. ein Lehrer der edlen­ Neckenfunft, weniger Durch sein Berjchulden, al durch einen unglücklichen, vielleicht durchaus nicht vorauszusehenden Zwischenfall ebenfalls in’s Mitleid gezogen worden, so künnte er vorkommen, daß er seinen Schülern folgendermaßen tradirt: „Nachdem wir nun die Wohnungen mit gemeinen Brüchen satte­sam durchgemacht gemacht, haben so hätten wir neu zum Dezimalsystem überzugehen. Früher habe ich Ihnen jedoch die Theorie des „großen Krach“ zu erklären, da­­mit Sie das Dezimalsystem mit Naben anwenden kün­­nen, denn Durch jenen, ‚wird man am leichtesten dezi­­mirt, wenn man namentlich zu vertrauensvoll ist.“ — Der Professor für „vaterländische Geschichte “ könnte vielleicht beim Vortrage der Geschichte der Stadt Wien ungefähr folgenden kleinen Abstecher machen: Ihr nen Allen tr­e8 bekannt, das Oesterreich-Ungarn, um seine culturelle Entwicklung der, vielleicht ungläubigen Welt zu beweisen, vor einigen Jahren beschlosen hat, eine Weltausstellung zu arrengiren. Diese, nun einen gewissen Grad der Bollendung in der Entwicklung des Boltewohlstandes zur Geltung bringen sollende Exposi­­tion wurde am 1. Mai d. h. von dem Wowarden in Gegenwart einer staatlichen Reihe von eigenst zu diesem Zweckk eingeladenen durch Geburt ausgezeichneten frem­den Personen und einer weiteren Reihe von Geisted- Kapacitäten sämmtlicher Erdentheile eröffnet. Wie alle derartige Expositionen am dem Möbelstande leiden, hab sie an dem offiziellen Eröffnungstage einerseits einem Chaos gleichen, anderseits noch­ einen beträchtlichen Man­­gel von Bra­unaggewänden anfuweisen, — so­ auch hier. Einer unermüdlichen Thätigkeit gelang es aber, diesem Uebelstande möglichst abzuhelfen und einer kleinen aber mächtigen. Clique ist zu danken, dab der, die alle gemeinste Sensation erregende, der am besten Die cul­­turelle, sittliche Entwicklung, unsered Wolfes zu Tage fördernde Erpositionsgegenstand der „große Krady” bereits am 9. d. der staunenden Welt vorgeführt werden konnte. Bei einem großem Kreise illustrer Persönlichkeiten gieng die Enthüllung dieses Erpositionsgegenstandes, wel­cher nach einstimmiger Neuerung unbedingt den 1. Preis verdient — (wer wird sich als Exponent hiezu melden?) vor sich. Und als Ars im Staunen versunken diesen mit Irrenhaus, Criminal, Seibmord umgebenen Expositionsgegenstand betrachtete, den Neb­elbildern : Bettelstab, tief eine Stimme :, Diese, nicht angemeldete Exposition wird die Weltausstellung, auf welche so viele so große Hoffnungen jeßten „Erahen“ ‚machen. W, - : 34: - | « =

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