Oedenburger Zeitung, 1877. April (Jahrgang 10, nr. 39-51)

1877-04-22 / nr. 48

Sonntag,22.April 1877. x.Jahrgang. Gedenk­ Dad Blau­erjeint jeden Mittwoch, Freitag u. Sonntag. Pränumerations-Preise. Sür Loca: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 4 fl.50 kr., Bierteljährig 2 FL. 25 fl., Monatlich 1 fl. Er Auswärts: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig 6 fl., Bierteljährig 3 fl. Alte für das Blatt bestimmte Sendungen, mit Ausnahme ».Inseraten, Pränumeratione- u. Infertions­­gebühren sind an die Diedaction portofrei einzusenden. I­mer > (Yotmacs,,Oedenburger Nachrichten«.) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für sociale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zur Eher? — Berrückten zur Wehr? — Der Wahrheit eine Gaffe.“ Administration, Verlag, Expedition: Grabenrunde Nr. 121.­­Hotel „Rose“ Nr.19, 2. Stock. Redaktion: Einzelne Nummern tosten MED Kreuzer. Nikas. Ps SEE­en Inferate vermitteln: die Herren Hanfenstein , Bagler B Waltfishenn­e 10, Wien, Budapekt, X. Oppehil, I, @tus­er 2, Wien, Heinr. Espalet, I Singerstrasse 5 Bien. 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Der dem Ministerpräsidenten nahestehende „&llener“ nimmt in folgenden Worten Position : „… wird eine Großmacht gesucht, nur eine ein­zige, welche der Lüge und Angesicht zu Jagen wage, sie jet verlegen, der Unrechtmäßigkeit, sie jet unrechtmäßig. Die Times weist darauf hin: England suht einen entschlossenen, zuverlässigen Bundesgenossen England gibt dem Londoner Protokoll seine wahre Deutung: die Zurückweisung der Schuwaloffschen Glausel berührt Europa nicht, und Europa kann daher Rusland nicht der im Protofol übernommenen Ver­pflichtung entbunden ansehen. 8 ist Died ein Auße«­gangspunkt, von dem aus man noch immer auf Ne» julte kommen kann, an die der Moöfowiter nicht denkt. Nur eine Großmacht wird gesucht, welche diese Interpreta­­tion unbedingt adoptirt und es leidet seinen Zweifel, dab der Mostowiter nicht so leicht den Pruth über­­schreitet. Ob es auf diesem Erdenrund, unter dem hohen Himmel noch eine solche Macht gibt, wissen wir nicht. Aber wenn es eine gibt, eine geben kann, so ist es unsere Monarchie; unsere Monarchie muß es sein. Und es ist unsere Mederzeugung, unser fester Glaube, dass, wenn der drohende Conflict noch nicht so weit ist, blos vom isolirten Standpunkt des xufsish-türkischen Konflicts beurtheilt werden zu müssen, unsere Monarc­hie auf die Aufforderung Englands mit der Antwort des Anschluffes nicht schuldig bleiben kann. Und das Unterbleiben dieses Anschluffes würden wir alle Vorzei­­chen einer so allgemeinen Konflagration ansehen, das im Hinblick auf dieselbe,das ganze russisch-türkische Jncideng zur Zwerghaftigkeit zusammenschrumpft,eine Conflagration,derfatumgemäße Gewißheit so vollstän­dig ist,daß jedes Bestreben nach Verhinderung des russisch-türkischen Präludiums vergeblich wäre". Das sieht nun nicht mehr nach einer Cooperation mit Rußland aus,wie sie,mindestens in Form einer selbstständigen Parallelaction in Gestalt einer Occupa­­tion Bosniens von vielen Seiten als möglich und wahrscheinlich hingestellt wird,selbst der Verfechter der Andriässy’schen Politik und somit den Dreikaiserbünd­­nisses,der Pester Lloyd,welcher freilich auch den Strö­­mungen im ungarischen Ministerium geschicktest Bech­­nung zu tragen versteht,erklärt,wir können ebenso wenig Hand in Hand mit Rußland eine flavische Po­­litik im Orient verfolgen,als eg und möglich war Hand in Hand mit Preußen eine deutsche Politik zu ver­­folgen denn Oesterreichs U­ngarn kann nur in den Grundlagen seiner heutigen Ordnung die Ga­­rantieen des Bestandes finden,und wie skeptisch auch die offenen und geheimen Gegner des Dualismus sich dieser Aufstellung gegenüber verhalten mögen,sie wer­­den die Thatsache nicht leugnen können,daß die Mo­­narchie auf dieser Grundlage(?)gefunden ist Eine Erwerbungspolitik müßte aber die Machtverhält­­nisse im Innern verschieben(d.h.auf deutsch die ma­­gyarische Suprematie beseitigen)und zur Zertrümmer­­ung der bestehenden Ordnung Gruer eine Million oder andertha b­illionen Slaven mehr bedeutet jedenfalls einen Zuwachs für diejenigen Ele­­mente,die dem Dualismus feindselig gegenüberstehen... In keinem Falle kann Oesterreichs Ungarn der­ Pflichten der Selbstvertheidigung entbunden sein,sobald einmal die nordische Invasion seinesjtachtsphäre bedroht«. Diesen Anschauungen entspricht die Nachricht,daß in Siebenbürgen ein aus 30 ungarischen Regimen­­tern bestehendes Observationscorps zusammengezogen werde.Vielleicht kommen die Pester Blätter auch noch auf die im Sommer betonte Nothwendigkeit zurück, Oestekreichsungarn solle,wenn schon durchaus interves­tert werden müsse,in Serbien einrücken.Auch eine Veranlassung hiezu weiß Nemzeti Hirlap bereits.Der Thron Milan’5 sei nämlich stark im Schwanken,sind es mal drei Revolutionscomité’s gegen ihn agitiren,eines in Belgrad, eines in Kragujevacz und eines auf ungar­iishem Boden unter den landesverrätherischen inländis­chen Serben. Nur der Ort und die Theilnehmer des Complotted sind so nicht von der Tika’schen Polizei erub­t. Freilich werden auch Nachrichten entgegenge­­legter Tendenz colportirt und­ geglaubt. „Közvelemeny* läßt ich telegraphiren, daß in Wien der Einmarsch nach Bosnien in dem Augenblicke, in welchem die Russen den Pruth überschreiten, beigloffene Sache und auch vollständig vorbereitet sei. Diese „Ge­­fahr” einer Occupation Bosniend bringt auch „Petti Naplo“ außer Rand und Band. Statt derselben ver­­langt er die Belegergreifung der untern Donauländer, um Rußland von der Balkaninsel fern zu halten, aber er verzweifelt selbst an der Erfüllung dieser Hoffnung, und sieht bereits die Resultate des Krieges voraus wenn die Monarchie ss nicht im gegebenen Momente einmischt. Die ganze Südgrenze wird von südslavis­chen Staaten umgeben sein, welde dem Machtworte Ruhlands gehorchen, und damit werde auch der Zerfall der also von Slavismus umschloffenen dualistischen Mor­­archie besiegelt sein. Ist doc dieser Krieg nach Ans­­ccht NapIo’B das Werk der in Rußland dem Czar über den Kopf gewachsenen panslavistischen Propaganda, die natürlich seinen andern Gedanken hat, alle Ungarn zu theilen und die Magyaren vom Erdboden zu vertilgen. Die Localisirung des Krieges sei deshalb nicht zu er­­warten, nur müsse eben Ungarn resp. die Monarchie einen günstigen Moment zum Losschlagen erwarten. erartige Apostrophirungen sind nun allerdings geeignet, die weltbekannten Sympathieen für die Zar­­fen in unserem Baterlande zu nähren. Die magyarische Gefühlspolitik wird nun nächster Zeit wieder eine Gelegenheit zur Weuberung haben. It auch die projectirte Gegenvisite der Sofias in Budapest unterblieben, so wird sich doc ein Adjutant des Sultand nach der Hauptstadt Ungarns begeben, und die seit der Eroberung Dfend dür die Türken in Konstantinopel aufbewahrten „Corvina“, d. i. Bruch­­suücke der seiner Zeit von König Mathias Corvinus angelegten hochberühmten Bibliothek, alle Geschens der ottomanischen Brudernation zu überbringen. „Selter Lloyd“ sucht zwar in einem offiziösen Artikel dem pa­triotischen Enthusiasmus der löblichen Universitätsju­ Jeuilleton. Die Eigeunerin von Orjova. Eine Episode aus den Türfenfriegen 1788. „Yarbleu!" sagte der alte Baron, „wenn ed Ihnen im legten Türfenfriege so gegangen wäre, wie mir, so würden Sie gewiß von einer leichten Schramme nicht so viel Welend machen.” „Was, Schramme ... ein Säbelhieb, der mir fast den Hirnschädel gespalten hätte und mich, weiter gehend, leicht mitten entzwei hätte hauen künnen.“ „Das ist Alles nichts, sage ich Ihnen, im Ver­­gleich zu den at Blessuren, die ich in jener abscheus­lichen Geschichte bei Drjova davon getragen habe, wno ich die achtzig Stel­erhußaren, die mich begleitet hatten, auf dem Plage ließ, und von wo ich nicht mehr zurück­kommen sollte .. . Das verdammte Weib hatte doc die Wahrheit gejagt !“ „Di !" riefen alle jungen Offiziere, an den alten österreichischen Baron heranrücend, als sie ihn in der Laune sahen, zu erzählen ; „theilen Sie und dody diese Geschichte mit... .“ „Sie ist zu schredlich, ed wird übrigens schon spät ... . Wenn ich sie erzählen wollte, so würden Sie vor Furt zittern, wenn Sie si in Ihre Zelte zurück­­begeben.“ · .Sei sie so schrecklich,als sie mag,«sagte der Lieutenant,,,so ist sie doch nicht ärger als die Kanonade der Franzosen,und Sie wissen,ob uns diese gestern zittern gemacht hat»..« »O was daran belangt,schabt Ihr das Feuer wacker ausgehalten....« ,Wir haben also Muth genug,um Sie anzuhören.« »Das ist wahr...Dagegen läßt sich nichts eins ,wenden.­—Ich beginne also . Und nachdem er sich einen Augenblick gesammelt hatte, strich ji der Baron auf militärische Manier seinen Schnurrbart, huftete und fing dann an: &8 war im Frühling des Jahres 1788. Ich war erst vor wenigen Tagen mit den Nefruten aus Sieben­­bürgen zum Regiment gestoßen. In­ einer dem Feld­­lager naheliegenden Ortsschaft wohnte eine Zigeunerin, welche zugleich das Geschäft einer Wahrsagerin und einer Marfetenderin betrieb. Dad war das rechte Mittel, um immer Soldaten um sich zu haben. Meine Niefruten, sehr abergläubische Leute, wollten so wie die Anderen hingehen. Sie baten mich darum, und ich erlaubte es ihnen; ja ich begleitete sie sogar, um mich über sie lustig zu machen. Diese Zigeunerin war ein großes, blasses Weib, runzlig und fleischlos; sie konnte etwa sechzig Jahre ählen, aber troß ihres Alters und ihrer Magerfeit ere­nnten sie so immer kräftig genug. Ihre hohlen und eingefallenen Augen unter den dichten, grauen Wimpern waren noch lebendig und vor Feuer; es schien mir trogdem, daß mehr Schauheit als Begeisterung aus denselben hervorleuchtete. Meine Soldaten waren bald erwedirt. Zu dem Einem sagte sie: „Deine Braut stirbt aus Sehnsucht, Didy wieder zu sehen" ; zu dem Andern: „Im zwei Zahren bist Du Hauptmann." Den Einen versprach sie, dab sie in ihre Heimath bald wieder gelangen würden, den Anderen wieder, daß sie ihre Garriere in der Armee machen würden; aber Allen wiederholte sie: „Ihr werdet glüclich­ sein, Ihr werdet bei dem nächsten Siege eine große Beute machen* — und Alle entferns­ten sich zufrieden, nachdem sie die Zigeunerin gut­ ber­­ahlt hatten. Da ich sah, daß ich es mit einer gewöhnlichen Zigeunerin zu thun habe, wollte ich schon mit den Anderen fortgehen und warf meinen Gulden in den Korb, als sie mich mit den Worten bei der Hand ergriff: „Nun, mein schöner Offizier, wollen Sie nit auch Ihre Zukunft wissen? . . . Dber zahlen Sie viel» leihyt im vorhinein ?* Diese Worte, welche ich nit erwartet hatte, da ich sie für wohlzufrieden mit ihrer Bezahlung hielt, ohne daß sie mir etwas gesagt hatte, tegten mich in Berlegenheit und ich zog meine Hand nicht zurück. Sie sammelte fi einige Aagenblide, um sie anzusehen, blidte mir dann finster an und sagte mit einem tiefen Rehllaut: „am z­wanzigsten August.” Ich bat sie um eine Erklärung und sie wieder,­holte mir statt aller Antwort die Worte. Achselrudend entfernte ich mich und sie rief mir no nach: „Am zwanzigsten August.” „Der Teufel hole die alte Närrin und ihre Prophe­­zeihung !“ sagte ich damals. Aber das geheimnisvolle Datum, welches sie mir gesagt hatte, wollte mir trogdem nicht aus dem Ger­dachtnifje Shmwinden. “ Die Mühseligkeiten und Gefahren der Armee mehr­­ten si mit jedem Tage und ich theilte sie alle... &5 wird Ihnen wohl bekannt sein, daß die Türken in diesem Kriege keine Gefangenen machten. Ihre Befehls­­haber hatten es für gut befunden, für jeden Christen­­kopf, den sie in’d Lager braten, einen Dukaten zu ver­sprechen. &8 war eine­ystematisch gegen und organisirte Schlächterei. Dieser ganz zu den Gewohnheiten der Muselmanen stimmende Handel, in welchem die Köpfe unserer Leute im Detail verkauft wurden, hielt sie in Uthem und bereicherte sie. Sanitiharen und Spahis ga­­ben sie demselben mit Vorliebe hin und unsere Bore­posten hatten jeden Tag mehr davon zu leiden. Die Türken re fie jede Nacht mit überlege­nen Kräften an; sie kamen, um Köpfe zu suchen. Ihre Unternehmungen waren mit so viel Geheimniß und Geshhdlichkeit ausgeführt, das sie fast immer glühten, und wenn unsere Patrouillen bei Tagesanbruc ihre * , I - Sa TEA. Er Er ” e E­ne * a ige a ne

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