Oedenburger Zeitung, 1887. Oktober (Jahrgang 20, nr. 223-248)

1887-10-01 / nr. 223

--Jc-«s«sp-«-.d:·-,-«—k« —-—-.s—«,«,«,«»s;i2 zick- -’. und Slavonien geschlossenen und mit Ende d.J.ablaufenden finanziellen Uebers­einkommens zu befassen haben,wobei gewiß auch diesmal Gerechtigkeit und Billigkeit ihre Beschlüsse leiten wird.Die Erneuerung des mit Ende des Jahreslsss abgelaufenen Gesetzes über die­ Wehr­­macht wird im Einvernehmen mit der Legislative des anderen Staates Unserer Monarchie ebenfalls einen sehr wichtigen Gegenstand ihrer Berathungen bilden.Mit sämmtlichen auswärtigen Mächten stehen Wir fortdauernd in freundschaftlichen und guten Be­­ziehungen,und wenn auch die Weltlage nicht derart ist,daß es zulässig erschiene,die größtmögliche Vervollkommnung Unserer Wehrmacht außer Acht zu lassen,hegen wir doch die begründete Hoffnung,daß, indem Unsere Regierung auch fernerhin eifrig zusam­­menwirkt mit jenen Faktoren,mit welchen vereint ihr die Erhaltung des Friedens bisher ges­lungen ist,dessen ungestörte Aufrecht­haltung auch weiterhin gesichert bleiben werde.Mit dem Ausdrucke dieser Hoffnung erbitten wir den Segen Gottes für ihre Thätigkeit,und vertrauend an ihren Eifer,ihre Weisheit und Vaterlandsliebe,erklären Wir den gegen­­­wärtigen Reichstag für erö­ffnet.«—­—— Nach Verlesung der Thronrede begaben sich sämmtliche Minister und Abgeordnete in das Parla­­ment,welches,da Alles in reiche Nationaltracht ge­­kleidet war,ein glänzendes WildboL Schriftführer Mike verlas die Thronrede,welche von der äußersten Linken mit Schweigen aufgenommen,von der Majorität mit Elsenrufen begrüßt wurde.Nach Anberaumung der nächsten Sitzung wurde die Sitzung geschlossen- Wir behalten uns wohl noch eine eingehende Erör­­terung der einzelnen Punkte in der königlichen Ansprache vor,können aber heute schon aus ihr extrahiren,daß sie den Vertretern des Landes ein reichhaltiges Arbeitsprogramm vorlegt.Den Reichs­­boten wird in Erinnerung gerufen»WieVieles auf allen Gebieten des Staats­­lebens zu thun erübrigt!«An dem Tage gesprochen,da auch die festliche Enthüllung des Desh Monumentes stattfand,gewann dieses­ Mahn­­ruf der Krone erhöhte Bedeutung. „Arbeiten“ war auch die Devise des „Weisen der Nation“. Die Thronrede eröffnet dem ungarischen Parlamente auch die Aussicht auf ungestörte, friedliche Arbeit. Die Krone hegt die „begründete Hoffnung“, daß „die ungestörte Aufrechthaltung des Friedens auch weiterhin gesichert bleiben werde... .* Die Feststimmung rauf­t horüber, nach den Zelten die Arbeit. 3­­.. Auf geraden Wegen. Oedenburg, 30. September. Der Staat ist troß Hoher, schon seiner Steigerung mehr fähigen Steuern nicht im Stande, sein Hauswesen zu bestreiten, er geht immer mehr zurück, das Defizit schwillt von Jahr zu Jahr in eiibrechenden Proportionen an und die Umkehr ist somit ein Gebot der G Selbsterhaltung. Sa, die Umkehr­ aber wohin umzehren? Ungarn hat bis jegt auf gar seinem Wege sein finanzielles Gleichgewict vor sich, und das Publikum selber ersnhwert ihm das Einschlagen der einzig ersprieß­­lichen Richtung, nämlich das Ergreifen der ängst­­lichsten Sparsamkeit. Reduzirt der Staat seine Beamtenstellen, schränkt er seine Uemner ein, so sagt man und jammert über Die Unmöglichkeit, sein Brod als Beamter verdienen zu können ; stellt der Staat jene wenigen Industrie-Unternehmungen ein, die er betrieb, ji aber als unrentabel erwiesen, so werden wieder tausende von Menschen arbeitet­­und verdienstlos. DVerfauft er seine Domänen, so werden gleichfalls Ungestellte Disponibel, die sich dann nit zu helfen wissen und den „Enikerischen“ Staat verlästern , also was thun?: Zunächst unbefümmert um das Geschrei der Menge Haushälterisch im äußersten Weiße werden , die zwecklose Bierschreiberei aufgeben und mithin im Personalstand der Aemter große Reduktionen verfügen . Luxusbauten unter­­lassen und endlich unerbittlich die pünktliche und gewissenstreue Erfüllung der Pflichten des Bürgers gegen den Staat erzwingen. Koloman v. Tipa äußerte jüngst in offizieller Nee: „Das Wort habe sich während der „Badh“-Periode daran gewöhnt, der mißliebigen Regierung wo es nur sonnte einen Shabernaf zu spielen und das Wer­r in jeder mögligen Weise zu schädigen. Nun sei aber die Briöse Gewohnheit stärker als­ die schönste Moral, und der Zabakrauder vergißt auf h­eute gerne daran, daß das Zabafmonopol eine Haupt-Einnahms­­quelle der eigenen, ungarischen Regierung sei.” Wir glauben, unser Ministerpräsident Habe die leider vorhandenen Thatsachen und Erschei­­nungen noch ein wenig beschönigen wollen, um seinen Wählern nicht gar zu unangenehm zu werden, daß die Moral im Allgemeinen immer mehr schwindet, und daß die Leute, die fleid- und immer nur auf den geraden Weg des Rechtes gehen, von Tag zu Tag seltener werden. Das zeigt sich fast bei allen dem Staate gegenüber abzulegenden Bek­nntnissen. SYeder, der es nur fan, verheimlicht Etwas dem Fiskus. Man muß eben kein besonderer Jugendheld sein, um seinen­ Meineid zu begehen. Es ist dies auch ein Verbrechen, das im gewöhnlichen Leben selten genug vork­ommt, während er dem Staate gegenüber ohne jede Gewissensstrupel verübt wird. Auf jeder Steuersassion ist die Formel hingedrudt, Daß diese Erklärung als Eid gelte und wie viele dieser Erklärungen entsprechen der Wahrheit ? Bei Einberennung der Grund- und Haus­­steuer muß man nolens volens die Wahrheit sagen, weil man dieselbe eben nicht verleugnen kann. Der Beamte ist ebenfalls nicht in der Lage, einen Theil seines Gehaltes zu verheimligen oder zu verleug­­nen. Mit der allgemeinen Einkommensteuer aber steht es ganz andere. Der Wuchrer oder Kapi­­talist pflegt eben­so wenig die ganze Summe seines Portefeuilles abzugeben, al der sonst streng ehrenhafte Kaufmmann, Wovofat oder Arzt sein gesammtes Einkommen. Das ist eine so allgemein bekannte Thatsadhe, daß selbst der Ministerpräsident hervorheben konnte, man dürfe Gründe und Haussteuer nicht erhöhen, weil diese sich nicht gleich der Einkommensteuer verleugnen lasse. Wo bleibt denn aber das Gewissfen als der Steuerzahler, wenn sie ihre Bekenntnisse an Eides ali unterschreiben ? Und von solchen Staats­­bürgern, die doch eigenhändige Unterfuift zuge­­stehen, daß sie auf frommen Wegen, ihren Pflichten entrinnen, hofft Herr von TZipa, daß sie aus Patriotismus in Zukunft das Tabalmonopol nicht verlegen werden ? Das ist in der That ein Sanguinismus, den wir unserem sonst so mißtrauischen Ministerpräsi­­denten nit zugetraut hätten. Oier hat es der Ministerpräsident mit dem steuerzahlenden Publik­­um etwa so wie der Vater mit seinem störrigen Kinde, dem er um jeden Preis einreden will, es sei gut, damit es sich bemühe das Lieb zu ver­­dienen ? Das wäre sehr gemüthlich, aber Gemüthlich­­keit geht wie P­atriotismus nur bis zur Zajche und mit Prinzipien kann man heutzutage die Menschen nicht regieren. Vergebens predigt Herr von Tipa, das es im Grunde genommen eben so verboten sei, dem Staate das was ihm gebührt, vorzuenthalten, als jeder Privatperson , daß das Verlassen des geras den Weges gegen Ledermann, also auch gegen den Staat einen Kehltritt bedeute und sonach der Schmuggel ein Verbrechen sei, ob er direkte betrieben wird, oder aber ob aus der nun schon einmal geschwärzten Waare Vortheil gezogen wird, trenn Legt eres it ja eine eben solche Hehlerei, wie das Trinken gestohlenen Weines. Das Publikum plügelt anders: Wenn es dasselbe wäre, so würde es auch vom Gefege im gleicher Weise betraft werden, was aber nicht der Fall ist. Die gegen den Staat gerichteten Vergehen werden ausschließlich duch Geldstrafen ge­ahr­det und das benimmt ihnen den beschimpfenden Charakter. Die Gesellshaft, welche sonst so exkläsiv ist, wenn es sich um derartige Vergehen im Privat­­verkehr handelt und dieselben als „unredlich“ stig­­matisirt, übt gegen dieselben Vergehen, wenn sie wider den Staat begangen werden, die weitestge­­hende Toleranz, weil eben in der Ex­klusivität der Strafe die Entschuldigung gesehen wird. Geld verloren, heißt noch immer keinen Ver­­lust am moralifgen Kapital erleiden. Hier­ann also nur ein dratonisches Gefäß Helfen, welches jeden Unterschied zwischen den besten Kathegorien von Vergehen aufhebt und die Sünder gegen den Staat, die auf dem fahlen Pferde und auf rum­­men Wegen ertappt werden, der ganzen Strenge des Geietes überliefert. Vielleicht könnte dann der Minister sogar die Personal-Erwerbsteuer herab­­legen und dennoch das Defizit allmählig deden, denn gerichste Steuern, insbesondere das Tabakmono­­pol würden das­­ Doppelte abwerfen. So lange aber die Moral‘ der Bürger in Bezug auf ihr Verhalten gegen den Staat in vielen, vielen Fällen eine so­lare bleibt, wie bisher, ist der Apl­an den­­ Patriotismus ein leerer Stall. Nur dann wird eine Besseiung der ungari­­schen Staatsfinanzen eintreten, wenn Seder sich fest und gewissenhaft vornimmt, nicht nur gegen seinen Nächten, sondern auf dem Staate gegen»­über stet8 wehtshaffen zu wandeln auf gerat den Wegen. E. M. In Wahrheit verhält sich die Sache so, die Konflittiirung der­­ gemätzigten Opposition­»Juli Am letzten Donnerstag versammelten sich die Reichstagsmitglieder der»gemäßigten Oppositions«­­Partei.Ihr gewesener Vizepräsident Ferdinand Horansky begrüßte dieBersammelten und forderte sie auf,sich zu konstituiren.Er sowohl wie Graf Albert Apponyi konstatirten, daß ihre Partei an Zahl schwächer geworden. Letzterer setzte in längerer Rede die Ursachen dieses Umstandes auseinander,die theils in der Verges­taltigung der Regierung,die sich hauptsächlich gegen die gemäßigte Opposition gerichtet,theils in de­r Abnah­me der Widerstandsfähigkeit der unab­­hängigen Elemente zu suchen sind.Zu diesem Gegenstande sprach Graf Apponyt beiläufig, Nachstehendes: »Die numerische Schwächung sei kein Grund zum Verzagen,denn die Partei habe auch neue Kräfte gewonnen und dadurch ihre Attraktionskraft bekundet.Die Regierung berufe sich an ihre Mission,doch müsse sie jetzt das Gegentheil von dem thun,was früher ihre Finanzpolitik war;die Mission der gemäßigten Opposition dagegen sei die frühere geblieben. Hedner hege die Zuversicht in die Un­­­ersgütterlichkeit der von Deut ges­chaffenen staatsrechtlichen Basis aus und l­egte dann auseinander, daß nicht die staatsrechtlichen, sondern die eigentlich politischen Fragen die Grundlage der Parteibildungen sein müssen. Die Umgestaltung von 1848 habe die innere Organisation Ungarns auf die Grund­­lage des Demokratisgen modernen Reictsstaates basiet, der Ausgleich von 1867 brachte die staatliche Unabhängigkeit Ungarns nach Außen zur Geltung. Allein die Konse­­quenzen wurden weder nach der einen, noch nach der anderen Richtung gezogen. Die finan­­zielle Abhängigkeit,in welcher Ungarn durch die Ausgleichspolitik der Regierung gehalten wird, steht mit den Entwicklungsgefegen der­­ Politik von 1867, mit den Ansprüchen der ungarischen Staatswürde , unter Verwaltungsorganismus, die Stagnation der Justiz­­reform und der Geist der Regierung mit der Idee eins unparteiischen Rechts­­taates im Widerspruche. Die Finanz­politik der Regierung gebe Anlaß zum größten Mistrauen, das Verharren in der Oppo­­sition sei daher eine Pflicht. Dabei sei nicht die Zahl der oppositionellen Abgeordneten . Die Hauptsache, sondern es frage si, mit welcher Aus­­dauer und Konsequenz die Opposition für die Er­ füllung ihrer Aufgaben kämpfe. Ozaf Apponyi ermahnte zum ferneren vertrauensvollen Zu­­sammenhalten; seinerseits werde er an den Kämpfen der Partei mit unermüdliger Thätig­­keit teilnehmen." Nach dieser, mit größtem Beifall aufgenom­­menen Rede forderte Graf Apponyi die Partei auf, ich zu Konstituiven und den Abgeordneten Hor­anßky, welcher sich um die Partei unvers­gleichlige Verdienste erworben, zum­ Präsidenten zu wählen. Stürmische zustimmende Eljenrufe folgten diesem Antrage. Horanßky lehnte jedoch unter Hinweis auf seine vielfachen Agenten die Wahl ab. Auf seinen Antrag wurde Paul Királyi zum Präsidenten gewählt, Horänßky blieb­­ Vizepräsident. Außerdem wurden Kornel Abränyi, granyfenyveffy, Ste­phan Nagy, Gkza Melczer und Adolf Zay zu Schriftführern, Ladislaus Tomcsany zum Quästor gewählt. In den Kandidations-Ausflug wurden außer dem Präsidenten Grafen Albert Apponyi, Alusius Beöthy, Alexander Bujanovics, Bela Grünwald, Emerich Hodoffy, Ludwig Horváth, Aller Kovács, Baron Stepfan Sennyey ud al Szent- Ivánpyi, gewählt. Hierauf flog die Sigung. oO Allerhöchste Auszeichnungen. Seine Majestät der König hat den Grafen Karl Erdödy um Sa Szechenyi die­ Kämmererwürde tatfrei und dem mit dem Titel und Charakter eines Hofrathes beklei­­deten­­Oberlandesgerichtsratfe in Innsbruck, Herkules Untersteiner, den Orden der Eisernen Krone dritter Klasse verliehen. OÖ Parlamentarisches. Die äußerste Linie glaubt, die Majorität werde ihrem Wunsche nach der Ueberlassung einer Vizepräsidenten­­stelle Folge leisten und kandidirt­e hiezu Heren Ignaz Helm­. O Angefochtene Abgeordneten-Mandate. Beim Präsidium des Abgeordnetenhauses sind bis jegt, wie wir erfahren, die Mandate der folgenden Abgeordneten der Petitionen angefochten worden: Defiver Guläcsy, gewählt im elvidefer

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