Oedenburger Zeitung, Januar 1935 (Jahrgang 68, nr. 1-26)

1935-01-01 / nr. 1

Seite2.——Nr.1. Neujahr. Mieder it ein Jahr vorbei mit allen jeinen Sorgen, und es wird die Frage neu! Was bringet uns der Morgen? Manches bitt’re, jhwere Leid gab Urjach' oft zur Klage, und die bitterböje Zeit hatt’ wenig Freudentage, Bange richten wir den Blid der Zufunft entgegen: Mas wird uns das neue Jahr für Lebenstage geben? Viele MWünfche Höret man in diefen wichtigen Tagen, feiner aber von uns fann der Zukunft Bild erraten. Zwedlos fragen wir. daher: Mas wird die Zukunft bringen? Dies maht nur das Leben fchwer, läßt uns nit Ruhe finden. Denke nit an das, was war, weil nur Sorg’ fich fnüpft daran, fürdte Not nicht und Gefahr, biet’ die Stirm ihr, wie ein Mann. Glüklih foll Die Gegenwart für uns fi hier geitalten: Sei das Leben noch jo hart, Es Heißt zujammenhalten. Helfend zueinanderjteh'n in allen Lebenslagen, und einander auch verjteh'n in guten, böjen Tagen. Sedermann jei hilfsbereit, teile gern fein Stüdchen Brot mit den Armen diejer Zeit, deren Los die bitt’re Not. Arbeite, wer Arbeit hat — und diene dem Gemeinnuß, da gen Not in Dorf und Stadt werde dies ein feiter Schuß. Diejen Vorjat jollen wir ins neue Jahr mitnehmen. dann nur gibt es — glaubt es mir — für uns ein Auferjtehen. Sohann Neubauer, Nenjahrs : Geichente billig und in gröfter Auswahl nur bei Balatit, Szechenniplak 20, Tel. 353 Stampiglien - Erzeugung Bi Mayer Fritz Osdenburg, Neustiftgasse 46. Geschäfts- und Amtsstampiglien. Ex-;·,-;«·«.-·s—»-O;s-P-":is·t RIEMAN» TWMkaOJTZT’-ZJ.TI,WH"Hxxxsckzxs'«s-i·-.j Dedenburger Zeitung Srrihtung einer neuen Spinnerei. Erweiterung des Betriebes der Baummwollinduftrie U.-G. Dedenburg, 31, Des. Wie wir erfahren, wird nad Neujahr die Hiefige Baummwollindujtrie W.-G. (Eifnmann und Boartöf) ihren Betrieb mit einer Spinnerei erweitern, wodurd abermals vielen Arbeitern das tägliche Brot gejihert wird. Zweds Errichtung der Spinnerei mit zitfa 10.000 Spindeln joll neben der großen Fabrilsanlage auf den Kraut-Wedern ein neuer grogmädtis ger Arbeitsijnal erbaut werden, womit aud dem Hiejigen Baugewerbe gedient wird,“ Der Bau dürfte eheitens in Anz griff genommen werden. Cs ijt aber au nicht ausgejählojjen, da die Spinnerei in den Derzeitigen Privatwohnungen Der 48er Kajerne untergebragt wird, Sn diejem Zalle mühten Die Snwohner — gegen Entjhädigung — die Wohnungen räumen, Unjerer Anfiht nad, wird leh­­terer Plan nit zur Durchführung gelan­­gen, nahdem die Umbauarbeiten mehr foften würden, als der Bau eines neuen Kabrifsobjefkes. Kleine Nachrichten. Wie aus dinefiiher Quelle gemeldet wird, jind im der Umgebung der zwei» hundert Meilen nördlih von Nanking gelegenen Stadt Tingfiangpu taufende PVerjonen von der jhwarzen Peit befallen worden. Aerzte und Hilfsmittel werden in aller Eile in diejes Gebiet gejendet. Der Barijer Stadtrat Hat beichlofjen, die frangöfiiche Hauptitadt mit einem Sta­­be weiblicher Polizeibeamten zu verjehen, Es joll jedoch vorläufig nur ein Verjug gemacht werden; erit wenn die Ergebnille befriedigend ausfallen, wird eine Erwei­­terung diejes Polizeiftabes vorgejehen. Dünger aus dem Meer joll in Nor: wegen gewonnen werden. In der General­­verjammlung einer großen norwegilhen ı Stieftoffirma wurde mitgeteilt, dag man ein neues Werk errichten werde. Es Joll jährlih 20.000 Tonnen jtidjtoffhaltige Düngemittel erzeugen, die praftiih) dem Chilejalpeter gleihen. Es handele fi um ein neues Verfahren, das auf der Ausnußung des Meeresjalzes beruht und von einem norwegijchen Ingenier erfun­­den fJei. Im kommenden Iahre joll in Tadici­­filtan ein Verjuchsbetrieb zur Gewinnung von Radium und Uran errichtet werden. Auf der Injel Tichelefen (KRajpijches Meer) wurden VBerjuhe zur Gewinnung von Radium aus den radiumhaltigen Ge­­wällern gemadt. In Bufareit wurden japaniihe Gum­­milchuhe zum Preife von 25 Lei ange: boten. Ametifa beabjichtigt, die Razifitinfel Für FHderren, Damen die schönsten und praktischesten Neujahrs - Geschenke sne«: in Modewarenhaus Raidl. oO] Besnciieberäe Kommissionslager und Uerkaufssteille der Fürstlich Esterhäzyschen Forst- u. Sägeprodukte Julius Läng, Dampfsänswerk und Holzhandiung sopron. Raaberbahnnoi Telephon 351. Bezimmertes Bauholz, Breiter, Latten, Dielenholz, Buchenholzkohle, geschnittenes Bauholz, Eichen­­und Buchen-Schnittmaterial, Fichtenstangen (Ratten), Rad-Felgenholz, Weinstecken Bucben-, Eichen und Fichten- vergessen un Kinder aha EB ki a as Samen | Dienstag, 1. Ianuar 1935. Guam, deren Verteidigungsanlagen nun­­mehr nad) Kündigung des Flottenvertras ges ausgebaut werden jollen, für die je­­panilhe Einwanderung zu jperren. Auf Guam befinden fi 280 Japaner, die ji bereits jtarf mit der einheimijchen Bevöl­­ferung vermijcht haben. Auch jonjt will man alle Bejtimmungen jtrenger handiha= ben. Aufenthaltsgenehmigungen werden nur noch für drei Monate erteilt, und je= des Shiff, das die Injel anläuft, muß die Erlaubnis der Behörden nadhjuen. ] Yedenburger Zhenter. „Ma ejjel szabad vagyok.“ überjpannter Gejhmads- Operette in 3 Aufzügen von Michael Eijemann, Tert von Johann Baherg. Was man in den Tagen der Gegen ales wart unter dem Titel „Operette“ mufgetijcht befommt, davon bietet die jo­­genannte Operette „Ma ejjel Rabad vr gyok“ ein eflatantes Beilpiel. Es ijt ein trauriger ZUg verirrung, wenn es joldher Erzeugniffe bedarf, um das Interejje für Das Thea­­ter aufzujtacheln. Ein heillojes Kunter­­bunt von objzönen Dialogen, Fitjchigen Handlungen und Strandizenen, die die Marnung „nicht für junge Mädihen“ voll: fommen rechtfertigen. Ob die Warnung ih nicht auch auf „Nicht für Iünglinge“ eritreden jollte, bleibt Dabei eine offene Frage. Aljo die auserwählte Schar der „Erwachlenen“ ijt es, denen zugemutet wird, daß fie an diejem neueiten „Operet­­ten-Schlager“ Gefallen finden jollen. — Direftor Tolnay trifft feine Schuld. Er will eben nichts unverjuht lajjen. In bunter Reihenfolge bringt er zur Auffüh­­tung, was gegenwärtig nud) in der Haupt­­ftadt die verjehiedenen Theater auf dem Repertoire Haben. Und jeine wadere Garde ijt bejtens bemüht, allen: Anforde­­zungen gerecht zu werden, die jeitens des Autors an fie geitellt werden, wenn es ihnen auch häufig gegen den Strich geht. &o waren aud in em Shauftüd „Ma eijel Habad vagyof“ Stefi Sandor, Sari Berenyi, Agi Mekaros, Mi­­hael Sugar, Sulius BPolgar, Emil Tanay, Rats Badap, Andor Roma und alle übrigen Darjteller bemüht, ihrer Aufgabe nah beiten Kräften gereht zu werden. Der Beifall galt ihren jpielfreus digen Bemühungen, weniger dem Autor, Neubauer. Kurden des Kebens Noman von Grete Zimmermann-Waubfe, [47 Der Mann aber, der Ilonas Mutter verlajfen hatte, würde fi troßdem zum Richter über ihn aufwerfen. Und war es mit feinem Schwager Heribert nicht ganz ähnlich? Der Hatte doch auch jo eine Liai­­fon mit einem jungen Mädchen, einer Kontoriitin. Und Ilona Rastalloe jhren ihm auch zu gefallen. Wie war ihm doch? Sollte Heribert nit die Baronefje Edla heiraten? Ah! Und da regte man ich auf, wenn er jih für eine jehöne Tänzerin interej­­fierte? Da mußte ex fich von Irmeland jo behandeln Tajien? Sonderbar — fürwahr! Doch Baron Harald date im näditen Augenblid anders vparüber. Es jtand nicht fejt, dag Irmeland nur deshalb jo verlet­­zend fühl zu ihm war, weil fie noch jet von ihrer Iugendliebe erfüllt war. Er gab den Anlak zu ihrem Verhalten, davon fonnte er fi nicht jo ohne weiteres frei­­jpreden. Was fein Schwiegervater getan hatte, was Heribert vornahm, das durfte fein Maßitab für ihn fein. Nun ijt es leichter, gute Vorfäße zu fallen, als fie in die Tat umzufegen. Shlieflih Hatte au Baron Hiddefamp jeinen Stolz, Tetten Endes liebte er die FREE"? er diefe: dumme, mit ISrmeland allein ausmahen mußte. Sie war noch jung, tief verlegt obendrein — er würde ihr Zeit Iajjen müllen. Und das hätte er fi wahrlich früher überlegen follen. Sett konnte er fie auf feinen Fall über die Zujammenhänge auf­­flären, nicht ihres Vaters alte Schuld er> wähnen. Zu dumm, daß er Heribert nicht längft aufgejucht hatte, um mit ihm zu jprechen, ihn zu bitten, vorerjt Diskretion zu wah­­ren. Wenn der Chwager jih in Ilona Rastallo verliebt Haben jollte, jo war er der jhönen Tänzerin gewiß verfallen — das fannte er doch aus eigener Erfahrung. Und dann dürfte Heribert no hier in Berlin weilen. Kurz entichloffen rief er einige Hotels an und erfundigte fich. Gr erfuhr, daß jein Schwager zwar im Atlantithotel gewohnt hatte, aber am Abend des Tages abgereijt war, an dem er jelbit die Tänzerin auf: fuchte. Er hörte ferner, dak Graf Heribert vermutlich nach Düffeldorf gereijt jei. Da­­vauf fonnte fih Baron Harald natürlich feinen Reim madhen, da er die Urjadhe und Umjtände nicht kannte, die den Schwager zu diejer Neije veranlakt hatten. Immerhin war er mit dem Refultat feiner Umfrage zufrieden. Heribert würde inzwifchen faum daheim gewejen jein. Mienn nur Srmeland von diejer verrüdten Geihichte nichts erfahren hatte — mit jei- Frau ja do, die nun die Mutter feines Rindes werden Jollte, Und er hagte fich, ı er jhon fertig werden. nem Schwiegervater und Heribert wollte , So fuhr er bald darauf zurüd. Gein e, verrüdte Geihichte Ausbleiben mochte Irmeland vielleicht doch geängitigt haben. Das tat ihm leid — aber wenn es fie veranlajjen jollte, Die Konjequenzen daraus zu ziehen, jo Hatte auch das jeine gute Geite. Man glaubt nur zu gern das, was man glauben möchte, um einer Torheit die bei­­jeren Seiten abzugewinnen... Von Mela Heithujfen wurde mit fei­­nem Wort mehr geredet. Quer durh Mitteldeutichland fuhren fie dann nach Berlin zurüd. Dort beitand Edla darauf, Ilona Rastallo MR zu jeben. Sein Einjprud), den er erhob, war nur Ihwad). Als fie in der Loge jahen, beobachtete Edla ihn unauffällig. Do als die Rass fallo auftrat, fand er auf und ging aus der Loge. Zuerjt wußte fie nicht recht, wie fie das einichägen Jollte; dann aber atmete fie auf. Die Gefahr fchien überwunden zu Baronejje Edla brachte es fertig, Graf Heribert zu einer Nheinfahrt zu bewegen. Die nächten Tage waren jchön und jonnig, Sie fuhren bis Rüdesheim, wo fie zur Nacht blieben, von dort aus nah Wiesba­­den Hinüber, wo man Belannte traf, die dort zur Kur Wweilten. Graf Heribert war ziemlich jhweigjam, nur ab und zu in ausgelafjfener Laune, die jedoch — das merfte Edla nur zu gut — nicht echt war, * %* Spielplan: Montag, 411 Uhr abends: Großes Sil­­veiterfabarett. Gropjtadtprogramm. Dienstag (Neujahrstag) 4 Uhr nachmit­­tag: „Sands vitez“, Singipiel. Dienstag abends 8 Uhr: Wiederholung des Gilweiterfabaretts. fein, feine Neigung nur feinem Zwiefpalt entjprungen, den die Ungewikheit über Melas Verhalten auslöfte. Und das ver­­itand fie. Enttäufcht war fie nur injofern, als er auch nad der Vorjtellung nichts verlauten ließ, was an jenem Tage zwilchen ihm und der Tänzerin vorgefallen war, als fie ihn — nicht ganz zufällig, wie er noch immer glauben mochte — auf der Strake getrof- RN fen hatte, unweit der Privatpenfion, in der Ilona Rastallo wohnte. Denn daß etwas vorgefallen fein mußte, jtand feit für fie. Sie faken im Iheaterreitaurant. Edla hoffte, daß auch die Tänzerin hierher. fom­­men würde. Aber auch in diefer Annahme wurde fie getäufcht. Allerdings fam Ilona Rastallo, erblidte jedoh Graf Heribert und deffen Begleiterin eher — und 309 fi} jefort zurüd. Seltjam genug: Ilona dachte jofort an Edla von Sadeburg. Ja, diefe Vermutung war ja bejitimmt, daß fie ihr eim Halb ichmerzliches, Halb überlegenes Lächeln entlodte. Sie lieh fi zu ihrer Wohnung fahren, wo fie eine böfe Stunde verbradte. Co flüchtig fie die junge Dame auch gefehen hatte — fie empfand doch, dap fie es hier mit einer ebenbürtigen Rivalin zu tun hatte, die, wenn au nicht an Schönheit überlegen, jo doch an Klugheit ihr nicht nachitand. (Fortfeßung folgt.)

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