Pester Lloyd, Oktober 1855 (Jahrgang 2, nr. 229-254)

1855-10-14 / nr. 240

TelexwDepefched.»PestersLloyd,« 13. Oktober, Der Derzog und die Herzogin von Brabant sind in Paris eingetroffen. In der Stellung der Ostseeflotte hat sich nichts­ verändert: die englischen Kanonenbote sind nach Hause zurückfordert: Der „Evrtiere mercan­­tile meldet aus Sizilien, Daß die Gährung dort einen Grad erreicht habe, der eine Umswälzung be­­fürchten lasse. Die Bestätigung letterer Nach­­richt ist indes abzuwarten. Wien, Lord Stratford de Nedcliffe. West, 15. Oktober. Schon zum zweiten Male seit dem Ausbruche der orientalischen Berwiclung halten die Gerüchte über eine bevorstehende Abberufung Lord Stratford’s von seinem Gesandtenposten in K­onstantinopel die europäische Presse in Athen. Vor anderthalb Jahren sollte er dem Bründnisse Englands mit Frankreich, und heute Dem mit der Türkei zum Opfer fallen. Was Napoleon VI. nicht hat durchfegen künnen, obwohl er seinen eigenen Botschafter Baraguaypo’Hilliers vor Stellung bei der Pforte enthob, um den ersten Schritt zur Ausgleichung der, zwischen beiden Ambasladen obwaltenden Rivalitäten zu thun, das fihren von Beschwerden Des Padischah gelingen zu wollen, ja selbst die „Limes“ von eplen Lord fallen ließ und auf seine Beriegung drang. Heute freíz­lich weiß man bereits, daß auch das Cityblatt diesmal nicht ‚Die richtige Fühlung gehabt und daß Stratford vorläufig seine Krevitive behält. Sa, selbst wenn man sich in Downingstreet über seine Befeitigung geeinigt haben sollte, steht doch bereits fest, daß ein solcher DBelschluß, 9 zu sagen „latent” bleiben müßte, bis es der Intervention der Königin selber gelungen sein wird, dem empfindlichen Diplomaten eine Einwilli­­gung in ein neues Arrangement zu entladen, um die sich das Mini­sterium Palmerston, allem Anschein nach, nicht getraut ihn anzugehen. Eine solche Aengstlichkeit liegt sonst eben nicht in dem Charakter der gegenwärtigen englischen Premier’, auch Napoleon’s Sad­e it ed gerade nicht, den Bruch eines ihm verpfändeten Wortes ruhig mit anzusehen. Daß aber dem Kaiser, zur Zeit der Nachberufung Bar­az­guay­s' Hillierő , wenigstens andeutungsweise das DBersprechen ge­­geben war, Lord Stratford werde eine gleiche Ordre erhalten, uns­terliegt wohl seinem Zweifel, so wie denn alle Anzeichen dafür ‚Sprechen, daß bei der jebigen Krisis ebenfalls Herr 4. Thouvenel, mit Willen und Wissen seines Souverän’s, die Hände im Spiele gehabt. An einen Berfuch Palmerston’d, den kaiserlichen Bundesgenossen zu dupiren oder nur einen dringenden Wunsch vessellten auf die­­ leichte Achsel zu nehmen, ist natürlich­ noch weniger zu denfen. So bleibt denn zur Erk­lärung für die Unverwundbarkeit des Einen Lord M­edeliffe inmitten einer Katastrophe,, die rund um ihn politische wie militärische Kapazi­­täten mit so unerhörter Nativität abrist, kaum etwas anderes ‚übrig als die Annahme, daß höhere Rücksichten von allgemeinem Interesse ihn unentbehrlich machen, und immer wieder über jene Belleitäten den Sieg davon tragen, wie — in fat­hronischer Wie­­derkehr — bald von Konstantinopel, bald von Paris, bald von London aus seine Entfernung verlangen. Und derartige Nachsichten scheinen uns allerdings gerechtfertigt durch die Stellung, welche der Lord, mit Bezug auf den schwebenden Kampf, sowohl seinem eigenen Baterlande als Europa gegenüber einnimmt. Er ist ein Duertopf, der durch schroffes und eigenwilliges Vorgehen der heimlichen Regierung so manche Verlegenheiten bereitet, aber er fennt den Orient, wie wenig andere Staatsmänner und er hat Großbritannien dort eine konsequente, emergische Politik mit für formulirten und weit reichenden Zielen gewissermaßen zu schaffen gewußt. Er ist fähig, den vertrautesten Alliirten Englands brüss in die Parade zu fahren, aber seine Anwesenheit in Konstantinopel ist ihnen zugleich die beste Bürgschaft für eine entschlossene Kontrefahiirung von Allem, was nur irgendwie nach russischem oder rassenfreundlichem Einflusse ausficht. Wie Palmerston an der T­hemse, so ist Lord Stratford am Bosporus eine Garantie für die thatkräftige Führung des Krieges, und seit der Berflüftung des parlamentarischen Lebens in Westminsterhall könnte man eben nicht sagen, daß England noch Ueberflug an Staatsmännern befist, deren Charakter — wo es sich nicht ausschließlich um kommerzielle Interessen handelt — einen zuverlässigen Halt für das Beharren in der einmal ein­geschlagenen Nichtung darbietet. Unglaublich ist es also seineswegs, daß auch Napoleon fi mit Stratford tant bien que mal einzurichten sucht. ,Lord Nevdeliffe und Sir €. Bulmwer — so schrieb ein geiste­reicher Londoner Phamphletist kurz vor dem Ausbruche des Krieges — sind die Einzigen unter unseren Diplomaten, die sie eine Art von euro­­päischer Stellung zu erwerben gewußt, und außer Lord Nedeliffe exzistirt in unserem ganzen Gesandtschaftspersonale Niemand, der irgend etwas von europäischer Bedeutung gethan.” Jene Naivetät der Menge, welche vor zwei Jahren auf Stratford beinahe wie auf den Mann hinblicke, wer die Schlüssel zu Krieg und Frieden in seinen Hän­­den hielt; das Sobriquet des , Sultan", das ihm die Türken beilegten, waren sie nicht ver­liefte Beweid, daß schon sein bloßer Name ein in­­­altsschweres Symbol für die Politik Englands in der orientalischen Frage bildet? Er, der den Botschafterposten bei der Pforte 30 Jahre lang mit nur kurzen Unterbrechungen befleitet und bei der Konftitwirung Griechenland’ s eine hervorragende­ Rolle gespielt, der ‚Die ganze, für England töpfliche Tragweite des von Nikolai I. beabe­sichtigten Schlages wie kein Anderer ergründen konnte; wen auch per­­sönliche Motive zur Äußersten Anstrengung spannten, mußte er nicht Alles aufbieten, um Rußland ein Paroli zu biegen? Konnte die westmächtliche Alianz am Bosporus besser vertreten sein, als durch den bittergalligen Redeliffe, der als Anhänger der Derbysten für den Krieg war, der als eifriger Methodist die griechische Orthopodie hate, wer zum Ueberfluß noch Nahhe zu nehmen hatte für die ihm selber widerfahrene Demüthigung, daß Rußland fi 1833 seine Accrevitirung am Petersburger Hofe auf’8 Bestimmteste verbeten ? ! Auf Brusferien nach allen Seiten hin mußte man freilich gefaßt sein von dem Manne, der schon 1849 bei Gelegenheit der Flüchtlinge frage den Admiral Parker auf eigene Faust, ja gegen B­almerston’s Willen in die Dardanellen rief! Wollten die Alliirten Die Energie eines Charakters zu ihrer Verfügung haben, bei dem europäische und englische, politische und religiöse, persönliche und Parteiinteressen in buntem Wirr­­warr durcheinanderwirften: so mußten sie auf Querstrihe von vorne herein gefaßt sein! Man mußte si in Paris, London und Konstan­­tinopel dann damit begnügen, daß es im Großen und Ganzen für den gemeinsamen 3wed eben seinen bequemeren Sturmbad gab, und durfte sichh Die Mühe nicht verdrießen lassen, daheim in Frieden und Freundschaft wieder auszugleichen, was der Irrlichtehb­ende in der Fremde embrouillirt! Bisher hat man,in Konstantinopel,sowie diesseits und jenseits des Kanales,an dem bezeichneten Grundsätze festgehalten:man hat dem Vorgehen des Lord Stratford de Redcliffe die allzu schroffen Kanten und Ecken abgebrochen,ohne deshalb das brauchbare Werkzeug selber in den­ Winkel zu werfen.Sobeidanänkereien mit Baraguay d’­Hilliers; so bei dem Ansinnen,daß die Pforte für das neue Ansehen die Darda­­nellenschlösser verpfänden solle,so bei jenem berühmten Zirkular zur Ausführung des Tansimat,das alle britischen Konsule anwies,sich mit Beschwerden über tü­rkische Beamten direkt an ihrer Majestät Ge­­sandtschaft zu wenden,so bei seine Intriguen gegen Lessep’s Pro­­jekt zum Suezkanal,so bei taufend anderen Gelegenheiten­. Wir glauben,daß auch diesmal der Berget,den Lord Sitar­­ford dem Padischah durch seinen unziemlichen Protest gegen die Rückbe­­rufung Mehemed Ali Pascha’s ins Ministerium angethan,zu keiner Katastrophe führen wird!Und wir glauben,daß die kriegführenden Versi bündeten Recht haben,­das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten, daß sie Recht haben,den edlen Lord nach dem Grundsatze zu behandeln: ,,ihm ist viel vergeben,weil er viel gehasst hat!«"—denn das Ta­­lent»rechtschaffen zu hassen«­ist heute zu Tage für Napoleon und Pal­­merston Goldwerth bei dem Manne,der Lord Stratford de Red­­cliffe’s Posten bekleidet! R.Wien,12.Oktober­.In mehreren auswärtigen­ Blättern lese ich,daß die Westmächte,namentlich aber Frankreich gegenwär­­tig nicht abgeneigt wären,in Friedensunterhandlungen einzugehen,und daß namentlich die Regierung des letzteren Staa­­tes ein diese Angelegenheit behandelndes Memorandum bereits an die auswärtigen Kabinete habe abgehen lassen.Ich erwähne hier dieses Umstandes,weil es mir scheint,daß diese ganze Nachricht lediglich eine Version des ihnen von mir bereits unter dem 3.d.M.mitgetheilten Berichtes ist,der damals von verschiedenen deutschen Journalen benützt wurde,und nunmehr als Originalmittheilung wieder die Runde durch alle Blätter macht. Wie ich Ihnen unter dem 3. und dann unter dem 8. b. mitgetheilt habe, ist Ftankreich allerdings geneigt, in die Wieder­­aufnahme der Friedensverhandlungen einzumilligen, und es hat Herr von Walew ist diese Geneigtheit sowohl mündlich vem Freiherrn von Profefch gegenüber als auch schriftlich Durch eine Zirkularnote von aus­­wärtigen­ Regierungen gegenüber ausgesprochen, hiebei jedoch einen ganz besonderen und unter den gegenwärtigen Verhältnissen auch leicht bei greiflichen Nachdruch auf den Vorbehalt gelegt, daß 1) die Initia­­tive der neuen Friedensvorschläge von Nußland ausgehen, und 2) Leb­­teres vor Allen erklären müsse, daß eS die vier Garantiepunkte unbe­­dingt und ohne Rüh­alt annehme, und die legalen Konsequenzen wer bis­­her von den Westmächten errungenen Kriegsresultate anerkennen wolle. Diese zwei Punkte müssen von dem Petersburger Kabinett genau erfüllt werden, da er nur dann allein Hoffnung hat, daß seine Propo­­sitionen von den alliirten Mächten berücksichtiget werden. Von dem Abschluffe eines Waffenstillstandes zwischen von krieg füh­­renden Mächten ist seine Reve, und zwar hauptsächlich aus zwei Grün­den, denn 1) wollen die Westmächte noch vor dem Eintritte der schlech­­ten Witterung ein entscheidendes Resultat in der Krimm erringen, 2) soi man in Paris im Resibe positiver, aus Petersburg stammender Nachs richten sein, denen zufolge das russische Kabinet den Abschluß eines Waf­­fenstillstandes sehnlichst wünschen sol, um während dieser Zeit die ent­­sprechenden militärischen Maßnahmen zur weiteren Berbheinigung der tau­­rischen Halbinsel zu treffen. Die beiden Briefe, welche der Kaiser Napoleon GI. Heiligkeit dem Paleste geschrieben hat, sind, wie mir von bevorzugter Hand mitgetheilt wird, auch hier zur Einsicht vorgelegt worden; ob von französischer oder päpstlicher Seite weiß ich nicht genau anzugeben. Ueber den Inhalt derselben verlautet, daß dieselben Sr. Heiligkeit allerdings die Einführung mancher Verbesserungen in den Staates anrathen, jedoch bestätiget es spruche stehen könnte, Freiherr des Briefstelers oder der Administration des Kir­­sich durchaus nicht, was sie, wie von mehreren Seiten unzweifelhaft in tendenziöser Absicht gemeldet wird,­­in einer Sprange abgefaßt sind, die nur in irgend einer Beziehung mit der erlauchten Würde DES Adressaten im MWiver­­wieder in migung aller h­öchsten Geneh­­der Sr. Majestät dem Kaiser unterbreiteten Finanzvorschläge wird hier nicht am Geringsten geg­ei­­felt, erwartet man die dringenden Bedürfnisse gewordenen Hypothesenbant als auch alle übrigen neuen Finanzmaßregeln der „Selbstständigkeit offizielle Bekanntmachung allgemeiner und leicht begreiflicher Spannung, guten Einpruch hat hier die Wahrnehmung gemacht, daß sowohl der Plan ge­gen Grundlage son­dern auch, Des . Den Manen eines Hochverdienten­, auf dem österreichischen Geldmarktes” ba­­ffren, und daß als Haupttheilnehmer an dem neuen Kreditinstitute nicht bloß Banquiers, die vorzüglichsten Kavaliere des Kaiser­­staates genannt werden , ein Umstand, wer ganz geeignet ist, die öffent­­ae Meinung immer mehr zu Gunsten des neuen Kreditinstitutes zu immen. G Wien, 12. Oktober. Bei der Niedergabe der Staatspomänen handelt es sich, wie Jevermann­ begreifen wird, hauptsächlich warum, dak die Bedingungen vorhanden sind, Daß Die Güter leicht, schnell und vortheilhaft veräußert werden künnen. Der Alt ver Heberlasfung an und für fi kann zur Wiederaufrichtung unseres Geld» wesenő nicht führen, und wenn es auch vollkommen wahr ist, daß nament­­lich die ehemaligen werthvollen ungarischen Krongüter in die Hände der Nationalbank übertragen worden sind, so ist darum für den Werth­­er Bankfvaluta noch nichts gewonnen ; die Bank braucht Geld, um ihren Notenumlauf mit ihren Bankfonds in ein angemesseneres Ver­­hältniß zu lesen, und diese Güter müssen daher vor Allem zu verkaufen gesucht werden. In dieser Beziehung habe ich nun nähere Mittheilungen bekommen, und sol die Veräußerung durch folgende Maßregeln bewers­­steligt werden. Ein Theil der übergebenen Domänen soll von einem zweiten, später in’S L­eben zu rufenden Institut übernommen, der andere aber an Privatunternehmer parzellenweise verkauft werden. Um nun den Verlauf in jährlichen größeren Abtheilungen zu erleichtern, will man günstige Kaufbedingungen stellen. E83 werden nur zwei Fünftel des Kaufschillings gleich zu erlegen sein, die andern drei Fünftel aber in Form einer nach dreißig Jahren erleichenden, jährlich mit 6 Pros­zent zu berichtigenden Annuität Calfo blos zu 4 Prozent Zinsen berechnet) grundbücherlich einverleibt werden. Diese dreißigjährige sechöpräzentige Annuität o­ in Silber zahlbar be­dungen werden. Auf­­ Diese Weise würden also schon in der ersteren Zeit, ohne Die Betheiligung des neuen Kreditinstituts, 62 Millionen Gulden Gyer Fünftel des MWerthes der Staatsdomänen­ der Bant in barem Gelde zufliegen, die sie wann je nach Umständen entweder zur Verminderung des Notenumlaufes oder zur Fundirung desselben verwenden könnte. Ueber die politischen Er­­leichterungen, welche der Staat den Käufern gewähren würde, habe ich Ihnen Schon früher geschrieben. Die Nationalbank wird aber muthmaß­ sicher­ Weise über eine größere Geldsumme verfügen können. Die neue Kreditanstalt wird nämlich einen Theil der Staatspomänen übernehmen, der Nationalbank die entfallende Summe bar entrichten und mit dem so erworbenen Grundsompler als Grundeigenthümer ihre Geschäfte er­­öffnen.­­ Die Anstalt sol sich zuvörderst und hauptsächlich mit dem Hy­p­os­thesengeschäfte befassen ; sie wird aber auf jenen Nealbesis feine Geldzeichen ausgeben, sondern Pfandbriefe und diesen Papieren nament­­lich im Auslande Abfall zu verschaffen suchen. Auf diese Weise wird also die Nationalbank in den Basis von größeren Geldmitteln gelangen und so muß allmäßig auf Grundlage eines kaufmä­ßigen Verhältnisses 1 zwischen Barfonds und Notenumlauf ‚die Rehabilitirung der Landes­­währung ‘bewirft werden. Bis zu welcher Zeit das neue Institut in’s Leben gerufen werden soll und durch welche Kräfte, darüber ist noch nichts Endfgiltiges festgelest, doch dürften hier aufgenommenen Unterhandlungen zu einem sicheren Resultate führen. — Meft, 13. Oktober. Die gesammte magyarische Presse konnte nicht Worte der Anerkennung und des tiefsten Bedauerns genug finden, für den am 24. 9. M. verstorbenen, um die Interessen seines Baterlan­­des, und insbesondere um das volfswirthschaftliche Gedeihen Oberun­­garns vielfach verdienten Herrn Eduard von Bujanovitsch. Heute erhalten wir eine ausführliche Biographie des Dahingeschiedenen aus der Feder eines Mannes, der demselben sehr nahe gestanden und am besten in der Lage war, seinen männlichen Charakter, seine patriotische Aufopfe­­rung, seine rastlose, dem­ gemeinsamen Fortschritte gewidmete Thätigkeit zu würdigen. Vielleicht spornt das Andenken an ihn Andere zu analogem Wirken an; wahrlich, Ungarn bedarf gerade sei der Patrioten auf fold­praktischem Gebiete mehr denn je. Der Nefrolog beginnt : „Am Schluffe der Regierungsepoche der Kaiserin Maria T­heresia, am­ 2T. Juli 1778 in Wien geboren, war Eduard I. Bujánovics von seinem Vater Karl, einem der r­enommirterten ungarischen Hofagenten, zum Berufe eines Rechtsver­­treters oder eines Staatsbeamten herangebildet worden. Durch geistige und körperliche Vorzüge, so wie Die feineren Manieren eines Mannes von Wehtlaus­­und von Wien Errichtung Bruch wird zurückerwartet; einer bereite nächten Montag, Tängsteng Dienstag, zum an der Einen Perselben mit besonders nn nn Lu­nn nn nn U nennen e 1 Sonntagsbrief. D Volksliteratur. — Kalender in Ungarn. — Kaspar Hauser in Ungarn. — Frösche als Hochzeitsgefehent, — Anekdoten aus dem Leben eines alten Schauspielers,­ A, D. Wenn einer nach dem Grundzug der sammtlichen modernen Lite­­n­­tur fragt , so kann man darauf Fühn antworten, Daß es das Volksthum: Liche sei. Zwei mächtige Bedürfnisse vereinigten si, unt den Schriftsteller von hoher vereinsamter Stellung auf den Markt herunter zu holen, wo das Bolt feiner har­t : das Bedürfnig der Belehrung, und mindestens oberflächlicher Kenntnis der Naturgesebe, wie der Weltereignisse,­­ und das Bedürfnig nach Geld. Ein Bogen Löschpapier mit irgend etwas Lesenswerthem bebruht, und in 10—20, oder gar 40,000 Exemplaren verkauft, wirft sicher ein Gewinn ab, als ein Bogen Belinpapier, der seine größere Bestimmung hat, als auf einigen Fostbaren Xefe­­tischen für gelegentliche Langeweile umherzuliegen. Dazu kommt noch die­ geistige Befriedigung für den Berfaffer des Löschpapierenen Buches, so viele ehrliche Lefer zu finden, die das Buch wie einen Schach heimtragen. Oben an in der volksthümlichen Literatur stehen die Anlender, und weil sie einträglich sind, so versehönern sie sich von Jahr zu Jahr, zu immer beiz­­erem Papier kommen auch noch immer bessere Holzschnitte, abgesehen davon, daß sich tüchtige Ledern beeilen, Dem Borggeist ihr Neujahrsgeschenk zu bringen. So kommt es,daß Diestafen der literatur zu einer immer ergiebigeren Quelle der Literatur überhaupt wird, und wenn dies irgendwo der Fall ist, so kann man es von den ungarischen Kalendern ganz gewiß behaupten. Indem si die Schriftstellerei in Ungarn popularisirte, folgte sie erstens der allgemeinen Strömung in der europäischen Geisteswelt, und zweitens einen ganz speziellen in Ungarn vorfindlichen Bedürfniß. Der ungarische Schriftsteller hat zweierlei Leser : Die große Menge derer, die nur ungarisch sprechen, und deshalb nur auf ungarische Lektüre hingewiesen sind, und die vornehmere, gebildetere Menge derjenigen, die ihre geistigen Bed­­ürfnisse Durch andere, als blos ungarische Mittel zu deden gewohnt sind. Lettere sind in der Minderheit, eine große Anzahl der ungarischen Schrift­­­­steller ist daher auch wegen der eigenthümlichen Beschaffenheit des Leserfreises genöthigt, populär zu sein. Uebrigens sind die ungarischen Kalender auch eine schaltbare Duelle für die Kenntniß des Landes, indem sie zahlreiche interessante Beiträge zur Ge­­schichte und Beschreibung von Städten, Instituten, Persönlichkeiten u. s. w., mit­­unter auch gelungene Dichtungen in populärer Form mittheilen. Ohne und in eine detaillirte Beschreibung der heutigen ungarischen Kalender einzulassen, wollen wir nur den Inhalt einiger, Die uns vorliegen, andeuten. Der­ „Prote­­stans Naptár" son Dr. Ballagi Mór bringt außer unwerthvollen historischen und biographischen Beiträgen, gelungene nationalpoetische Arbeiten, wie z. B. „Pusztai kép" (Puttenbild) von Mentosic, , Dombi János" eine poetische Erzählung von Szatács 3., die einem romischen­­ Volkestod als Grundidee dienen konnte, ,, Hatvani monda," die poetische Bearbeitung einer Art Tauffrage von Arany, u. s. w. Bahot Smre’s , Magyar nép naptára" bringt unter, andern sich abeng­­werthen Beiträgen die Geschichte eines ungarischen Kaspar Hauser, des , Hans Istók" nämlich. Obwohl dieser manchem unserer Leser bekannt sein dürfte, so wollen wir Doch einiges davon mittheilen. Sítót war ein etwa zehn­­jähriger Knabe, welchen zwei Silber in der Mitte des vorigen Jahrhunderts im Sumpfe Hanfag gefangen, der Sage nach, mit ihrem Nebe herausgefischt, und nach fapuvár zum Sürsten Nikolaus Esterházi gebracht haben. Der Knabe war ganz nact, und hatte eine schuppige Haut; am Tiefsten aß er rohe­ Fische,. Am 17. März 1749 wurde er getauft, und erhielt den Namen Sítót János. Die Kleider, die man ihm anlegte, zerfebte er, Sußbekleidung Duldete er seinen Aus­genblich, sprechen lernte er niemals, und zu etwas Anderem als Wasser tragen und Braten drehen konnte man ihn nicht verwenden. Er hatte für seinen Men­­schen irgend­eine Anhänglichkeit, nur für Zulissa, die Tochter des Kastellans hatte er Vorliebe, denn er hatte einmal bemerkt, daß die Haidugien ihn auf ihre Bitten mit der Peitsche verschonten. Merkwürdig ist es, in welcher Weise Sítót einmal seine Liebe für die Dame seines Herzens an den Tag Iegte. Ein Jahr, nachdem er ins Schloß ge­­bracht worden war, heirathete Zulissa. Alles war mit dem Fest beschäftigt, und feiner achtete SföPs , der an diesem Tage mehr Freiheit­­ hatte, als sonst. Man hatte ihm ganz vergessen. Als nun Alles beim Hochzeitsmahl saß, kam er plößlich in den Saal gerennt, ging triefend von Wasser wie er war, auf den Tisch zu, und warf auf die Speisen eine Handvoll Frösche, die er eben aus Den­ Teich geholt hatte. Er mag die Frösche für eine Delikatesse gehalten haben, mit welcher er Julista reguliren wollte. Nachdem diese fort war, begann er traurig zu werden, er ging murrend umher, und schaute in die Fenster. Er wurde immer wilder, begann auf allen Vieren zu gehn, und endlich verschwand er. Wahrschein­­lich entkam er dur den Schloßgarten in die Raab, und von da in seine Sümpfe. Der Fürst Esterházy versprach demjenigen, der den Entkommenen wieder aufs­tände, eine große Belohnung ; der Schloßgraben wurde abgeleitet, alle nahen Schäffer wurden von Fischern Durchsucht, aber man fand nichts, als einige Ferien vom Dolmany des Entflohenen. Drei Jahre Darauf versicherte ein Zish­er, er habe Jítót im Königsreich gesehen, derselbe sei aber schnell wieder unter­­getaucht. Einer der reichhaltigsten Stalender, besonders was ungarische Stoffe be­­trifft, ist der ebenfalls von Babot herausgegebene „Nagy­képes Naptár." Herr Bahot geht in der Verbreitung heimischer Daten praktisch zu Werke; er macht nicht viel Phrasen, um zum Studium deffen, was in Ungarn interessant, und doch für In- und Ausländer gleich sehr incognito ist, anzuregen; er theilt In­­teressantes mit, und man liest seine Mittheilungen oder die ihm­ gelieferten Bei­­träge gewiß eben so gern, als irgend eine erotische Wundergeschichte. Wenn wir jedoch unter den geschriebenen Beiträgen Dieses Bilderkalenders etwas zu tadeln haben, tr ist es die Lüdenhaftigkeit im , Budapesti útasító"" (Pest-Diner Weg­­meiser), in­ welchem bei aller Genauigkeit, die übrigens beobachtet wurde, Doc manche hiesigen Institute, wie Das deutsche Theater und die deutschen Journale, die hier erscheinen, gar nicht angegeben sind. Je genauer alles Medrige ist, desto auffallender wird eine solche Lüde. Doch um von dem eigentlich Kalenverischen Inhalt nicht weiter zu reden, sollen wir zu den übrigen Beiträgen bemerken, daß darunter ungarische Zustände in noch interessanterer Weise vertreten sind, als in dem vor Diesem erwähnten Stalender. Da finden wir Topographien von Schemnik, Gyöngyös und Unghe­var, Charakterfu­ggen der drei ungarischen Dichter Garay, Vörösmarty und Gzako, und mehrere interessante Beschreibungen aus Siebenbürgen. Die Haupt­ wor

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