Pester Lloyd - Abendblatt, September 1857 (Jahrgang 4, nr. 198-222)

1857-09-21 / nr. 214

Wes-WAR- f Die einzelne Nummer fostet 1 tr. EM. Kim— WI —HE EI Va —H bendblatt des Petter Floyd. 214. WEI -U­— ee At Redaktiong- Bureau, Do­­rotheagaffe Nr. 12 im­­ ersten Stoc. He—uo—t* Stontag, 21. September. ro, Pen, 1857. Politische Rundfehen, 21. September. Wir sind nur wo vier Tage von dem berühmten Kaiserrendezvous in der württembergischen Hauptstadt entfernt, und bereits wird die Ankunft des Ezaren Alexander in Darmstadt gemeldet. Die "Patrie" widmet der Stuttgarter Zusammen­­kunft folgende seltsame Betrachtungen: „Am 25. September 1857 wird wahrscheinlich ein großes Datum in die Ge­­schichte Europas eingetragen werden. Dieses Datum wird in Stuttgart die beiden Kai­­fer , den Kaiser von Rußland und den Kaifer der Franzosen, vereint sehen. Man­ere wartet am 24. September in der Hauptstadt Württemberg Se. Maj, den Kaiser Alex­­ander II. und glaubt, das­se, Majestät der Kaiser Napoleon III. dort an demselben Tage ankommen werde. Man war ungewiß, ob die beiden Kaiserinnen ihre erhabe­­nen Gemahle begleiten würden; es wird jedoch versichert, daß der Gesundheitszustand der Kaiserin von Rußland derselben nicht gestatte, dieser Zusammenfunft beizumahnen, und daß sich die Kaiserin der Franzosen ebenfalls nicht nach Stuttgart begeben werde. Diese feierliche Zusammenfunft erinnert uns an diejenige, welche unter ganz anderen Um­­fänden zu Tilsit stattfand. Der Kaiser Napoleon hatte damals gerade die Schlacht von Friedland gewonnen, und dieser große Sieg verfegte die formidable Koalition, welche er geschmeichelt hatte, die fast europäische Souverainetät Napoleon’s zu vernichten, in Ohnmagt. Fünf Tage nach der Schlacht von Friedland hatte der Kaiser sein Haupt­­quartier nach Zilsit verlegt. Dort empfing er den Borschlag zu einem Waffenstill­­stande, der ihm von dem Fürsten Labanomw-RostomwsFt überbracht wurde. Am 21. Juni 1807 wurde der Waffenstillstand zwischen Rußland und Frankreich unterzeich­­net. Was Preußen betrifft, so war seine Rede von ihm. Der Kaiser Alexander I., welcher Preußen in die Koalition hineingezogen, hatte geringschägiger Weise, ohne das­­selbe unterhandelt." Hier folgt eine nicht sehr passende Stelle über die allverehrte Königin Louise von Preußen. Am 25. Juni fand auf dem Niemen die Zusammenkunft zwischen Kaiser Ale­­xander und Napoleon statt. Die beiden Souveräne, nachdem sie die beiderseitigen Ufer des Flusses­ verlassen hatten, traten auf ein gegebenes Zeichen gleichzeitig durch entgegengefegte Thüren ein. Auf diese Weise wurde Die Brage wegen des Borranges umgangen. Der französische und der russische Generalstab befanden sich in Schalup­­pen, während die beiden Kaiser, lange mit­einander eingeschlossen, sie mit den An­­gelegenheiten der Welt beschäftigten. Fünfzig Jahre später sollte sich derselbe impo- Auftritt zw­ischen den beiden Erben der zwei zu Tilsit verfühnten großen Kate er erneuern. Als Beweis, wie innig die französisch-russische Allianz zu werben brot, führt man unter Anderem an, daß der Hofmaler Winterhalter den Auftrag er­­halten, das Porträt Alexanders II. zu fertigen, und daß man höherw Orte beabsichtigt, das Bildniß des Czaren in dem Museum zu Bersailles aufzubewahren. Der , Montrem" vom 18. meldet, der Herzog von Cambridge und Lord Cardigan sein am 17. im Lager bei Chalons eingetroffen, der Herzog sei enthusiastisch begrüßt worden und m werde einige Tage im Lager vermeilen. Dem , Nord" zufolge wußte man in Paris, daß der Untionspartei au bei den moldauischen Wahlen der Sieg gesichert sei, obschon der Bürger- und Bauernstand keine solche Begeisterung für die Fusion gezeigt, wie der Klerus und der große Grundbefig. Branfreih erhält bei dieser Gelegen­­heit vom „Nord” das Lob, „es habe nichts gethan, als sich auf den Stant­­punkt zu stellen , den Nußland von Anfang an in der Fürstenthümerfrage einge­nommen !" Nach einer Berliner Deyeshe der „Presse" stellt der „onsti­­tutionnel” in Aussicht, die beiden Kaiser würden sich in Stuttgart über die Wahl eines Mitgliedes einer fürstlichen Familie Europas verständigen, welches, unbefehndet der Schubherrschaft der Pforte, an die Sorge der Fürsenthü­­mer gestellt werden solle. Wie aus Stockholm vom 15. berichtet wird, hat König Détmar am 12. in einer zusammengefechten fehmwenischen und normwegischen Staatsrathe­­fitung den Beschluß gefaßt. Die Durch die Neidsatte bestmmte Interims­­regierung zusammenzuberufen, um den femwegischen Reichsständen und dem nor­­mwegischen Storthing einen Antrag vorlegen zu lassen, statt dieser aus 10 fehwenischen und 10 nor­wegischen Staatsräthen bestehenden Sinterimsregierung Die Regent­s hhaft während der Ehrantheit des Köniigdbd dem von prinzgen zu übertragen. Ale Staatsräthe flimmten diesem Plane bei, der sofort an den Netc­stag und GStorthing erpedirt ward und über dessen Annahme bei der von Allen, mit Ausnahme „Aftonbladet’s" au von der ge­sammten Presse eingesehenen Unm­äthligkeit der „Zwanzig Männer-Negierung” kein Zweifel herrschen kann. Wie "Dagbladet" in Erfahrung gebracht, haben drei Mitglieder der hol­teinischen Stände, die zugleich Holstein in dem, den pänisihn G­esammtstaat repräsentirenden Reicherathe vertreten, die Barone Scheel Pleffen und Blome, so wie der Kaufmann N­einde aus Altona, ihren Austritt aus dem Reichsrathe angezeigt. Nach Turiner Berichten vom 17. foi in dieser Woche die piemon­­tesische Deputirtenkammer aufgeldst und sollen die Wahlkollegien auf den 15. Oktober einberufen werden.­­ Eine aus London eingelangte Depsfche und die ausführlicheren Berichte der britischen Journale haffen die Lage in Indien als eine günstigere erleinen. Die Depesche meldet nämlich aus Kalkutta vom 8. , báf General Sivelno damal. Iulivers fäh­rt gegen VAU now marshíre, und nicht wie er anfangs hieß, in Camwapore flehen blieb. Berner ist die Nachricht, als wäre der Entfalt von Agra mißlungen, der­ die ausführlichen Berichte in befriedigender Weise aufgeklärt : es wurde nämlich­ von Dinapore aus der Berfud gemacht, einige Europäer, die sich in Arrah in eine Beteiligung zurückgezogen, aus der Gewalt der Nebellen zu befreien, ein Versuch, der allerdings, wie wir weiter unten sehen werden, in höcst ernsthafter Weise mißlang. Dem „Nord“ wird aus London vom 18. eine Nachricht telegraphirt, die mit allen übrigen Korrespondenzen in direktem Widerspruge sleht. Sie lautet: „Ein hiesiges Handlungshaus hat auf Indirektem Wege folgende Mach nicht erhalten: Die englischen Truppen vor Delhi haben die Belagerung aufgehoben und sich auf Agra zurückgezogen. General Reed (der erkrankte Vorgänger Wilson’s, des sebigen Oberkomman­­danten vor Delhi) ist an der Cholera gestorben.” Valent quantum! Die Privati­rrespondenz der „ZTimes“ aus Bombay ist noch immer nicht angenommen. Wir geben indeß eine Darstellung der rechten Ereignisse, in welchen "General Havel­od die Hauptrolle spielt, nach "Bombay Tim­s", " Bombay Telegraph" und "Bombay Gazette" vom 15. August. Die ge­sammte anglo-indische Presse­ preist den tapfern General als einen gottgesandten Retter und gibt sich der zuversichtlichen Hoffnung Hin, daß die Empörung einen Wendepunkt erreicht und ihre Muth ausgetobt habe. Die Stärke des Havelod’schen Korps, als­ es vor Camnpore fand, belief sich auf 1300 Europäer und etwa 700 voter 800 Síffe, während der Feind 13000 gut bewaffnete, von Nena Shih selbst befehligte Sepoys zählte. Der Gene­­ral beschloß, als er die Position der Rebellen gemahrte, sie in der Flanke zu fasfen,­­hob seine Hochländer gerade vor, auf der Kinten gedecht Durch die Madras­­füsiliere, und die vom 64. und 84. Königlichen Infanterieregiment mit den­ Ka­nonen ‚rechts außer Lehmeite des Feindes. Die Hochländer gingen dur Kar­tätfchen-, Bomben- und Slintenfeuer ruhig und Faltblüie vor, und feuerten seinen Schuß, bis sie dem Feinde auf 50 Yards nahe waren; dann brachten ihre Gewehre und in unaufhaltsamem Sturmlauf nahmen sie die drei, eben wieder geladenen 24 Pfünder. Gleichzeitig erstürmten die vom 78. ein Dorf mit Dem Bajonnetz dies lag reils von­ der­­ feindlichen Position und so war Sahib’s Olante umgangen. Wie die Engländer dur das Dorf auf die rechte ölante des Beindes zustürzten, eröffnete dieser von Neuem sein Feuer aus einem großen Geschosstüch, das ihm geblieben war, und die Engländer mußten hal­ten und auf ihre Artillerie warten, allein ihre Zugochsen waren so lahm und abgemattet, das nur eine kleine Feldkanone, die gegen die große des Feindes nicht aufkam, in Position gebracht werden konnte. General Havelod, rasch ent­­schlossen, gab Brießl zu stürmen, und eine Kompagnie des 78. leichten Infan­­terieregiments nahın Die Kanone, ehe man­­ die Hand umdreht, trob eines heftigen Geners. Damit war der Sieg­­ entschieden. In Ermangelung von Kavallerie aber machten Die Truppen Halt und lagerten die Nacht außerhalb der Stadt. Ueber den DBerlust der Engländer sind Die Angaben shmwankend. Nach dem "Bombay Telegraph" richtete Die feindliche Artillerie wenig Schaden an. Dis­gegen bemerkt der schon oben zitirte Militär , die Meuterer hätten verwünscht gut geshoffen, und von je 15 Europäern fei­n gelictet oder verwundet. Am 17. Morgens rückten die Engländer in Cawnpore ein, und ihr erster Gedanke war, wie man sich denken kann, ihre gefangenen Landsleute zu erlö­­sen. Man eilte nach den sogenannten Asembly Nooms, dem Hauptquartier Nena Sahib’3, wo dem Gerüchte nach 175 Frauen und Kinder eingesperrt sein sollten. Aber zu spätl­os war ein Anbliff zum B Versteinern oder Sterben. Abgehärtet und auf alle Schreien gefaßt, wie die Sieger waren, — was sich da ihren Bliden bot, Übermannte sie — ! die Leute meinten wie die Kinder und brachen in verzweifelte Muth aus. Ein Holländer schreibt, Daß er selbst einen Eid in den entfeblichen Brunnen warf „Eine Empfindung“ (sagt der „Bombay Telegraph"), Ich redlicher als Nache durft, regt sich Einem bei solchen Nachricten in der Seele ; die gottesfürdü­nften Gemüther behaudern beim Gre­danten, daß der Allmächtige eine solche Prüfung zu verhängen für nothwendig halten konnte. Aber wir Fünnen von den begangenen Scheußlichkeiten nicht weiter­geben ; sie übersteigen allen menschlichen Glauben und dabei zu verwris­ten erschüttert die Vernunft auf ihrem Throne.” Havelock’s Truppen rasteten von ihren erschöpfenden Eilmärschen 1,2 Tage in Cawnpose,und rückten dann gegen Lucknow weiter.Auf dem Wege dahin suchten sie Bithoor,den Schlupfwinkel Nena Sahib’s,heim,allein der unsau­­bere Vogel war ausgeflogen,und das Raubnest leer.Sie schleiften und brann­­ten daher Bithoor in Grund und Boden,und führten 15 meinmit fort.. Nena Sahib,hieß es,beabsichtigte nach Lucknow zu ziehen,aber als er an den Stromkalthritikbxmfeines Kavallerie sammt der Infanterie davon.Die Fama behauptet,er habe seine Familie ermordet und stehentleibt,doch wollen Wenige der Lage Glauben schenken,und es ist ein Preis von 5000 Rupien auf seine Gefangetnnehmung gesetz.Die Einäscherung Bithoow fand am 19. Juli statt.Am 20.meldete General Havelock dem Oberkommandanten in einer aus Nawabg ungedatirten Depesche:»Nena Sahih’s Anhängtische kam ihn zu verlassen.Wir fanden gestern 13 Kanonen in Bithoor.General Neill ist mit einer ansehnlichen Verstärkung britischer Soldaten zu mir gestoßen.·«Aus den Zeitungen erfährt ma­n,daß Havelock später den General Neill in Bitdoor ließ und selbst gegen das 50 engl.Meilen von Cawnpore entfernte Lucknow weiter ging.Offenbar sollte Neill ihm den Rü­ckken gegen Nena Sahib decken­ wie der Missionar Hayerklaihen hat;i­n seinem Bericht Vom­ 21.sagt Havelock: »Ich kann jetzt den Ganges ü­berschreiten.Nena Sahib’s Streitmacht bei Bi­­thoor ist ganz auseinandergesprengt.««)Lange stießen die englischen Trup­­pen auf gar kein Hinderniß,aber am 30.Juli,etwa 20 engl.Meilen von Lucknow,begegneten sie dem ungefähr 10.000 Mann starken Feinde,welchem sie (wie aus den telegraphischen Depeschen bekannt)eine tüchtige Niederlage bei­­brachten und wieder 16 Kanonen abjagten.Aber nach den Bomhap-Blättern war auch der Verlust der Engländer nicht gering,da sich der Feind hartnäckig wehrte..,Die Hochländer««, schreibt der»Telegraph«,»haben sich mit Ruhm be­­deckt;keine Macht auf Erden kann der Wuth ihres Anpralls widerstehen und sie geben keinen Pardon.«« Hier­ am Vombend der gehofften und ersehnten Errettung Lucknow’s, bricht die Erzählung ab.Man weiß nur,daß Havelock,nach dem Entsatz Luck­­now’­s,nach dem 170 M.von dort entfernten Delhi weitermaschinen wollte. Das Auswärtige Amt hat heute folgende Botschaft aus Indien durch die Admiralität erhalten: „Sagh­art, an den Sekretär der Admiralität in London. — Der „Benfind” is am 9. b. um 10 Uhr Abends in Suez eingetroffen. Seine Daten sind Kalkutta, 10. August, Point de Galle, 21. August, Aden, 3. September. Lord Elgin erreichte Kal­­kutta am 8. August auf Ihrer Majestät Schiff „Shannon“, begleitet von 3. M. Schiff „Beark.” Diese Fahrzeuge hatten 300 Extrafeesoldaten und 300 Landsoldaten an Bord. Nach der Meuterei von Dinapore wurde eine kleine, aus 160 Mann von Ihrer Majestät 10, Regiment und eben­so vielen Mann vom 37. bestehende Abtheilung ausgefchict, um ungefähr 8 Europäer, die von den Meuterern in Arrad eingefehloffen gehalten ag D" 4 se ae, —

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