Pester Lloyd - Abendblatt, Oktober 1863 (Jahrgang 10, nr. 223-249)

1863-10-14 / nr. 234

Mittwon, 14. Oktober. Ar. 43A. (Die einzelne Rummer Eoftet A fr. ö. @.) Abendblatt as Pest an. In der gestrigen Sigung des Abgeordnetenhauses. In Wien gab der Herr Finanzminister v. Plener folgende Er­­lärung ab: Es sei unmöglich , das F­inanzgefeg noch im Laufe dieses Monats auf verfassungsmäßigem Wege zu erledi­­gen Mit Ende Oktober laufe die im vorigen Jahre ertheilte Bewilligung zur Steuererhöhung ab und nach dem Verhältniß der Einnahmen und Ausgaben unterliege es keinem Zweifel, das die Staatsfinanzen diese Erhöhung nicht entbehren können. Eine Fortlegung der Erhebung sei aber nur im verfassungs­­mäßigen Wege durch ein Gefeg möglich und deshalb nehme die Regierung die Bewilligung zur Sorterhebung der erhöhten Steuer für die Dauer von zwei Monaten (November und De­­zember) in Anspruch , innerhalb welcher das Sinansgefeg zu Ende geführt werden dürfte. In Folge allerbönhfter Ermächti­­gung Sr. Majer tät­ege er deshalb diese Befegesvorlage auf den Tisch des Hauses und beantrage nun zur raschen Erledi­­gung eine Umgangsnahme von der Geschäftsordnung. Der Abgeordnete Taschert stellte den Antrag, das Haus wolle don Gegenstand sogleich dem Finanzausschusse zur Berichterstattung zumelfen. Dieser Antrag wurde angenommen. Für die Not­wendigkeit der neuen Steuern tritt die „Wiener Abendpost“ in einem Artikel ein, in welchem die Anspannung der Steuerkräfte für unerläßlich gehalten wird. Es sei zwar eine heilige Pflicht sämmlicher Faktoren der Ge eugebung, mit dem Gute des Volkes zu geizen, aber wenn es it, einen gefährlichen Abgrund zu fehltefen, der die Früchte er angestrengtesten Bemühungen ganzer­­ Generationen ver­klingt,­­ dann erwachfe an für jeden Staatsbürger die oralische Pflicht, nach Maßgabe seiner Kräfte dazu bei­­utragen, ten, 13. Oktober. Heute wurden unter den Ab­­geocdneten die Substriptionsbogen für das Festeilen zu Ehren er Siebenbürger ausgegeben. Es geht auf Rechnung er Abgeordneten und Herrenhausmitglieder, melche daran beilnehmen wollen, . Die­ Minister wurden heute von , Abge­­odneten gefragt, ob Se. Erzelleng der k­öniglich siebenbür­­tische Hofkanzler Graf Nádasdy auf der Ministerbant er­­einen werde? Die Antwort war: Selbstverständli, Damit­nd nun bie­gehn Ministerflühhle. im Abgeordnetenhause befegt nd eg Ak für einen anderen Minister weiter sein Plag mehr­en. Wir befiten aber außer den zehn noch zwei Minister­­ e, Erzellenz den königlich ungarischen Hofkanzler Graf For- Hund Se. Durchlaucht Fürst Esterházy. Außerdem haben ir noch einen S Hofkanzler, Herrn 9. Mazuranie, der aber tát Minister il. Bekanntlich tít der Unterschied ber, daß­­ Minister Sig und Stimme im Kabinete in aller dem Mi­­serrathe vorliegenden Fragen hat, während der Hofkanzler­­ seine reffortmäßigen Angelegenheiten vertritt. 3 Graf Forg d wurde bekanntlich zum Hofkanzler und zum­inister ernannt. Im Abgeordnetenhause gloffirte man heute fes­t räumliche Ende” und man­ äußerte scherzend, für, Se­­zellenz den königlich ungarischen Hofkanzler Herrn Grafen vgäch fet sein Diag im Reichsrathe: Der Artikel der , Díto. 9”, welcher einen Kongres zur Lösung der polnischen Erage vorschlägt,, brüht durchaus seine Regierungsidee aus, Graf Redberg dennt an seinen Kongreß mehr. Rußland hat ihn abgelehnt, was jegt wo? Und ein Kongreß ohne Rußland hätte ja schon den Charakter einer Reak­tion, wie will man die acht Ver­­tragsmächte dazu bringen?! Ich glaube nicht zu irren, wenn ich die Spee eine­­ französische nenne, und Sie werden sehen, daß sie in Paris am meisten Spektakel machen wird. Die Entscheidung ist übrigens noch nicht getroffen. Es herrscht hier ein merkwürdiges Schwanken ; Ebbe und Fluth von Krieg und sieben. R, Wien, 13. Oktober. Während die Abgeordneten Niederösterreichs noch immer nicht mwissen, welche Stellung sie zur deutschen Frage einnehmen sollen und die diesfälligen Ver­­handlungen ganz fruchtlos geblieben sind, haben die steierischen Abgeordneten bereits ein Programm aufgestellt und den Be­­fluß gefaßt, den nächsten deutschen Abgeordnetentag zahlreichst zu befinden. Es ist paper nicht unmöglich, dag Wien auf demselben nicht vertreten ist, während Graz und andere steies r­ohe Städte Delegirte absenden. — Kaufleute in Galizien, welche font einen starren Verkehr mit Rufsisch-Polen unter­hielten, haben sich nach Wien gewendet und die Vermittlung der Regierung angefucht, um ihre in Rustisch-Polen einlagern­­den Waarenvorräthe wieder zu erhalten. Dieselben haben näm­­lich Getreide, Mehl, Leder u. dgl. in großen Quantitäten in Rufisch-Polen angekauft, um sie nach Desterreich zu importiren. Inzwischen erlieh aber der Generalgouverneur von Kiew das bekannte Ausfuhrverbot und die Österreichischen Kaufleute konn­­ten trog aller ihrer Bemühungen nicht zu ihren Waaren gelan­­gen, obwohl sie dieselben, wie fan erwähnt, vor Publizirung des Ausfuhrverbotes angefauft hatten. Es bleibt alzumwarten, ob die Regierung alüdlicher sein wird. — Neuestens wird von verschiedenen Seiten behauptet, die Stellung des Handelsmi­­nisters sei eine vollkommen gesicherte und er denke nicht doran, seine Demission zu geben, trogrem die für Wien projefiirte Weltauss­tellung bi­finitiv nicht zu Stande kommt. Ich erfahre Dagegen von vollkommen bewährter Hand, daß Graf Widen­­burg nur mehr eine kurze Zeit seinen Posten behalten werde, und daß wahrscheinlich Freiherr 9. Poce, der Statthalter von Mähren, sein Nachfolger werden wird. Politische Rundschau, 14. Oktober. Ueber die große Angelegenheit des Tages, die bevorstehende Par­teinahme Oesterreichs in der polnischen Sache, beobachten sämmtliche Blätter ein vollkommenes Stillschweigen, und die einzige uns zugenommene diplomatische Nachricht ist, das Zürst Ladislaus Ey­artoryszt in London an­genommen ist und bereits eine lange Unterredung mit Earl Ruffel Hatte, — Aus DoTen erfahren wir . Am 11. war in Walihen Haussuchung im B­ra­bo­we EP­fen Palais in der Welshstraße. Es sollen Waffen, Par tronen und Uniformen vorgefunden worden sein; der Hausei­­genthü­mer und die männlichen Bewohner des Hauses wurden verhaftet und das Palais militärisch cerütrt. — In der , Pos­stgei-Zeitung” macht der Oberpolizeimeister bekannt, daß, da während des Kriegszustandes keine Art von Waffen angefertigt werden darf, auf höheren Befehl also allen Fabrikinhabern eingeschärft wird, darauf zu achten, daß ihre Arbeiter diesem Verbote nicht zuwider handeln. Im Falle die Arbeiter einer Fabrik, in verselben (auch ohne Willen des Inhabers) Waffen anfertigen, so wird der Inhaber der Fabi vor das Kriegsge­­ne, Exzels­­ Yen, 1863, nicht gestellt und die Fabrik konfiszert. Der Insurgentenflißrer IsLtra,dessen eigentlier Name Sofolowski ist, wurde wegen Mißbrauchs seiner Befugnisse und wegen an Privatpersonen be­gangenen Gewaltidaten auf Befehl­ der Nationalregierung vor ein Kriegsgericht gestellt und erschossen. Bon der ruffisch-polnischen Grenzye wird geschrtieben : In Podolien, W­olhynien und­ der Ukraine, wo auch der verlängerte Zahlungstermin, für die den Gutsbefigern in­ diesen Provinzen auferlegte Kontribution abgelaufen ist, wird dieselbe nun mit großer Strenge eingetrieben, und da die Mehrzahl der Gutsbefiger theils aus Geldmangel (zu helfen Bortdauer bas noch immer bestehende Verbot der Ausfuhr von Getreide und Schlachtvieh viel beiträgt), theils in Folge Auf­­munterung der geheimen Komtiss nicht freiwillig zahlt, so finden zahlreiche Lizitationen der Mobilien stat. Da aber die polnische Bevölkerung sich der Berheiligung an denselben ganz, und auch die jüdische zum größten Theile enthält, so sind die Käufer meistens Rufen, besonders Beamte, welche hier wieder Gelegenheit zu rascher Bereicherung finden. Dagegen werden von den Bauern nicht nur die den Gutsbesigern schul­­digen und nach der neuesten Anordnung der Regierung, einzu­­treibenden Ablösungsquoten nicht erhoben, sondern selbst direkte, verfallene Steuern des Bauernstandes nicht egequirt, um diesen nicht zu reizen. Das hieraus entspringende Defizit in den Staatswaffen sol aber die Kontribution deben. Die französische und die englische Post sind heute ausgeblichen. Ein preußisches Wahlmanifest. Die reaktionäre Partei in Preusen entwdelt im Angeflößte der bevorstehenden Wahlen eine große Thätig­­keit. Während der Handelsminister an alle ihm unter­­stehenden Beamten ein Rundschreiben im Sinne des weun Ken Erlasses des Ministers des Janern richtet und somit Das ganze Personal der Posten, Eisenbahnen­de, zu Agenten für reat­ionäre Wahlen refratirt, fuhr die Par­­tei selbít vorzüglich durch die Presse auf Die Stimmung der Bevölkerung einzumieten. Ein Produkt Dieser Art, i­n den preußischen Rolfeverein als Ringblatt ausgege­­ben und mit Nr. 6 bezeichnet, theilen wir unseren Lesern mit. Es lautet : Macht endlich die Aunen auf! Als die „neue Arra“ begann, thaten sich die Liberalen und Demokraten zusammen un bildeten eine große und mäde­lige Soitfah­rtspartei. Bald aber begann der Häus­iche Streit um den Seenantheil an der Beute, und „wenn sich die Diebe tanzen, kommen die ehrlichen Beute zu ihrem Recht... Die demokratische Volkszeitung erklärte ganz offen : „Die lib­eralen Minister seien Beute, welche den Fürsten ihre Rechte mit Toyalen Phrasen abzuschwindeln suchten“, während die Demokraten dasselbe wollten, aber es offen verlangten, so un­­gefähr , wie man es damals in Italien und fett wieder In Polen verlangte. . Mit der Zeit aberwuebenbieberrennoch diekstek. Statt der königlichen­ Armee verlangten sie ein Parlaments­­heer,statt de«öniglichen Regimentseine Kreisrichterregie­­rung­ und der letztesutistentag in Mainz beschloße Nicht mehr der König habe zu verkündigen,was im Lande Geseß sein solle,sondern derMchter habe selbst nach eigenem Gut­­dünken darüber zu entscheiden,nach welchen Gesetzen er rich­­ten wolle und nach welchen nicht.Zuletzt erklärte der große Volksfreund Schulze aus Delitzsch anfvechantfutter Ab­­geordneten tagesanz unverdohlen.»Wir müssenP­eufendzeu Großmachttigel grimdlich vertreiben!«Exerklärte alsopor den Feinden Preußeno,er wolle mit seinen Anhängern sein Vaterland ruiniren­! · « Daß der König mit solchen Leuten nicht länger regieren kann,liegt auf der­ Banv-Dassinvt eine Fortschritts«son­­­dern Umsturzmänner, Und ob jemand seine Sand in die Tale seines Nächsten steht, um vemselben fünf Thaler zu stehlen , oder ob er seine Hand nach der Rinne eines Königs ausstreckt, das bleibt sich gleich, wenn Raub ist Raub und Diebstap! ist Diebfaph! Aber nicht allein

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