Prager Volkszeitung, duben-červen 1971 (XXI/13-25)
1971-04-02 / No. 13
PRÄGER DAS WOCHENBLATT DER DEUTSCHEN WERKTÄTIGEN IN DER ČSSR 2. APRIL 1971 f JAHRGANG XXI K CS 1,50 KXKJZOTIAJ&13 IN KOLICE VOR 28 JAHREN Im Verlauf des II. Weltkrieges änderte sich das Kräfteverhältnis zwischen Kapitalismus und Sozialismus. Auf der einen Seite stärkte sich die politische, wirtschaftliche und militärische Macht der Sowjetunion und gleichlaufend damit aktivierten sich auch die demokratischen und antifaschistischen Kräfte in der ganzen Welt im Kampf gegen den Faschismus. Auf der anderen Seite wurden die Imperialisten durch die Niederlagen der aggresivsten von ihnen — Deutschland, Italien, Japan — bedeutend geschwächt. Die Befreiung unserer Republik durch die Sowjetarmee und das neue Kräfteverhältnis schafften auch bei uns günstige Bedingungen nicht nur für die Erneuerung der Souveränität der CSR, sondern auch für die Schaffung einer Re- ARTUR ULBRICH • • f publik, die aus den bitteren Erfahrungen der Vergangenheit die Lehren gezogen hat. Dadurch war es möglich, daß am 5. April 1945 in Kosice die Vertreter der Nationalen Front der Tschechen und Slowaken mit einem besonderen goldenen Füllfederhalter das Programm der ersten Regierung der befreiten Tschechoslowakei unterschrieben — die Erklärung einer neuen, volksdemokratischen Regierung. Das Programm entsprach den gemeinsamen Interessen der Tschechen und Slowaken, den Interessen der Arbeiterklasse, der Bauernschaft, der Intelligenz sowie des antifaschistischen Teiles des Bürgertums. Dieses Programm war vorrangig gegen die faschistische Fremdherrschaft und alle ihre Helfershelfer im eigenen Lande, ohne Unterschied der Nationalität, gerichtet. Dem entsprachen auch die Maßnahmen auf wirtschaftlichem Gebiet, wie Konfiskate der Vermögen und die Bodenreform. Es war kein sozialistisches Programm, denn die befreite Republik stand erst vor der Vollendung der bürgerlich-demokratischen Revolution. Erst in deren Verlauf konnte die Frage nach der künftigen Gesellschaftsordung gestellt werden — die Kräfte für den Aufbau des Sozialismus mußten sich erst formieren. Die weitere Entwicklung bis zum Feber 1948 zeigte dann ganz deutlich, daß die Vertreter der bürgerlichen Parteien nicht aus innerer Überzeugung ihre Unterschrift unter das Regierungsprogramm setzten, sondern daß es der Wille des überwiegenden Teils unserer Bevölkerung war, deren politische Erfahrung, die den Repräsentanten der Bourgeoisie in Kosice die Feder in die Hand drückte. Nie mehr München, nie mehr sich mit denjenigen verbinden, die uns im entscheidenden Moment im Stiche ließen — das war die Erkenntnis der Massen. Die Bourgeoisie erntete die Früchte ihres Verrats von 1938. Im Kosicer Programm wurden erste grundlegende Veränderungen deklariert. An die Stelle des früheren bürokratischen Verwaltungsapparates traten die vom Volk gewählten Nationalausschüsse. „Die Regierung wird ihre Politik mittels der Nationalausschüsse durchführen und sich auf sie stützen" — so der Absatz 5 des Programms. Es ist begreiflich, daß die bürgerlichen Parteien viel lieber den früheren Bezirkshauptmann als Vertreter ihrer Interessen gesehen hätten, als den Bezirksnationalausschuß. Daß die neue Republik ein Staat zweier gleichberechtigter Nationen sein soll, der Tschechen und Slowaken, konnte erst nach langwierigen Verhandlungen festgelegt werden, wobei erst der Widerstand der Vertreter des Bürgertums überwunden werden mußte, die zum großen Teil auf der Plattform des sogenannten Tschechoslowakismus standen, laut dem die Slowaken keine eigene Nation sind und die slowakische Sprache nur ein Dialekt der tschechischen ist. Klar und eindeutig wurde schon damals der Charakter der neuen Armee definiert: Eine demokratische und antifaschistische Armee, deren Kern die I. Tschechoslowakische Brigade in der UdSSR bildet, in der „ein für allemal mit dem sogenannten unpolitischen Charakter ein Ende“ gemacht wird. Ebenso eindeutig wurde schon damals auch die Außenpolitik der CSR festgelegt. Der tschechoslowakisch-sowjetische Bündnis- und Freundschaftsvertrag wurde als das bezeichnet, was er auch heute noch ist, der Garant für die staatliche Selbständigkeit der CSSR. Der KPTsch gelang es zu verhindern, daß sich die Bourgeoisie an die Spitze der bürgerlich-demokratischen Revolution stellen konnte. Damit war der Charakter der neuen Tschechoslowakei entschieden. Die Fehler der Jahre 1918 und 1920 wurden vermieden und damit gleichzeitig die Grundlagen für den Aufbau des Sozialismus in der CSSR geschaffen. Jedes Programm ist zeitlich mehr oder weniger begrenzt — das gilt auch für das Regierungsprogramm von Kosice. Viele Aufgaben wurden erfüllt, manche von der weiteren Entwicklung in dem vergangenen Vierteljahrhundert überholt. Aber Postulate wie die Freundschafts- und Bündnispolitik mit der UdSSR, die Deklaration, nicht zuzulassen, daß in der befreiten Republik „die parasitären Interessen Einzelner oder Gruppen die Belange der Werktätigen in Stadt und Land überwiegen" und die Realisierung einer Nationalitätenpolitik, die der I. Sekretär des ZK der KPTsch, Dr. Gustav Husák, mit den Worten definierte: „damit sich alle Menschen bei uns zu Hause fühlen", werden auch weiterhin ihre Gültigkeit haben. Sie bilden lebenswichtige Faktoren für unseren sozialistischen Staat, BEZIRKSKONFERENZEN DER KPTsch Einig dem Parteitag entgegen Am vergangenen Wochenende fanden in 67 tschechischen und slowakischen Bezirken Konferenzen der KPTsch statt, an denen Mitglieder und Kandidaten des Präsidiums des ZK teilnahmen, darunter die Genossen G. Husák, L. Svoboda, V. Bilak, P. Colotka, E. Erban, A. Indra, A. Kapek, J. Kempny, I. Koreák, J. Lenárt, L. Strougal, M. Draskovic, V. Hula, M. Jakes, die Mitglieder des Sekretariats des ZK J. Fojtik, M. Moc, O. Svestka sowie ZK-Mitglieder und führende Funktionäre der Kreisausschüsse der KPTsch. Der Verlauf dieser Konferenzen bestätigte, daß die Partei eine höhere Stufe der ideellen und Aktionseinheit erreicht hat und nun fähig ist, auf allen Gebieten der Politik und Wirtschaft die anspruchsvollen Aufgaben zu erfüllen, die vor der Partei stehen. Überall kam der qualitative Umschwung in der Entwicklung der Partei und der ganzen Gesellschaft zum Ausdruck, der auf der Erneuerung des marxistisch-leninistischen Charakters der Partei begründet ist. Die Verhandlungen der Bezirkskonferenzen zeichneten sich durch das aufrichtige und zielbewußte Streben aus, sich mit der jüngsten Vergangenheit auseinanderzusetzen und aus ihr die notwendigen Lehren zu ziehen. Der Kampf gegen den Rechtsopportunismus und gegen antisozialistische Elemente ebenso wie gegen den kleinbürgerlichen Anarchismus geht nun in eine neue Etappe der positiven Aufbauarbeit für das Wohl der gesamten Gesellschaft über. Die KPTsch hat in den abgelaufenen 50 Jahren bewiesen, daß sie die Kraft und die Fähigkeit hat, sich auch mit den schwersten Aufgaben erfolgreich auseinanderzusetzen, wenn sie ideell und organisatorisch geeint ist und die marxistischleninistischen Grundsätze des proletarischen Internationalismus kompromißlos vertritt. Auf allen Konferenzen wurde die bisherige Tätigkeit der neuen Parteileitung und die im April 1969 angetretene Politik gewürdigt, als Ausgangspunkt der weiteren Tätigkeit wurden die Dokumente des Dezemberplenums des ZK, darunter die „Lehren“ einmütig gebilligt. Zum Abschluß der Konferenzen wurden die neuen Bezirksausschüsse gewählt, in denen wesentlich mehr Arbeiter vertreten sind, als in der vorhergehenden Periode. Die Konferenzen würdigten in ihren Schreiben an das ZK der KPTsch die internationale Hilfe der Sowjetunion und erklärten, daß die Partei ein festes Glied der internationalen kommunistischen Bewegung sei. An diesem Wochenende finden in weiteren 59 Bezirken die restlichen Parteikonferenzen statt. Fortsetzung auf Seite 3