Prager Volkszeitung, duben-červen 1972 (XXII/14-26)
1972-04-07 / No. 14
e PRAGER. DAS WOCHENBLATT DER DEUTSCHEN WERKTÄTIGEN IN DER CSSR 7. APRIL 1972 # JAHRGANG XXII. # KCS 1,50 l a/CfZ £ 7TlNS14 Weltmeisterschaft und politische Atmosphäre jede Weltmeisterschaft, in jedem Sport und überall auf der Welt, hat - glaube ich ihre politische Atmosphäre. Auch bei den vier im Eishockey, die in Prag stattfanden, war dies der Fall. Die 38. Weltmeisterschaft im Eishockey, die gleichzeitig die fünfte Prager ist und die in der Sporthalle beginnt, macht keine Ausnahme. Das erste Mal war Prag 1933 Schauplatz einer Eishockeyweltmeisterschaft. Es war für die damalige Tschechoslowakei kein gutes Jahr. Land und Volk ERICH MACHLEIDT litten unter der Wirtschaftskrise und die Arbeitslosen interessierten sich nicht so sehr dafür, wer Weltmeister wird. Sie wollten gerade in der Zeit, da der Wettbewerb ausgetragen wurde, lieber wissen, ob aus dem Korn der Staatsreserven nicht endlich Brot für sie gebacken wird. Auch jenseits der Grenzen unserer Republik, im Norden und Westen, breitete sich fast gleichzeitig nichts Verheißungsvolles vor: einen Tag nach Beendigung des Championats, bei dem wir Europameister wurden - am 27. Feber 1933 legten Hitlers braune Horden den Berliner Reichstag in Brand. Das war das Signal für die Massenverfolgung der deutschen Kommunisten. In die Konzentrationslager folgten ihnen bald die Sozialdemokraten und die übrigen Antifaschisten. Auch fünf Jahre später, als in Prag wieder eine Eishockeyweltmeisterschaft begann, stand sie unter keinem günstigen Zeichen. Gerade an dem Tag, da unsere Mannschaft gegen Deutschlands Auswahl antrat, sprach Hitler. Die ganze Tschechoslowakei hörte die Drohrede gegen uns, deren Objekt die „grausam unterdrückten sudetendeutschen Volksgenossen” waren. Kaum eine Stunde nach dieser Schandrede begann der Kampf auf dem Eis gegen Deutschland, den wir 3:0 gewonnen haben. 20 Tage nach dieser Weltmeisterschaft überfiel Hitler Österreich. Sieben Monate später kam es zum Münchner Diktat. Die Weltmeisterschaft 1938 erkämpften „kanadische" Engländer für einen Staat, der in jenen Tagen der Tschechoslowakei gegenüber den größten Verrat in der Geschichte übte. 1947 kam es zum dritten Mal in Prag zur Weltmeisterschaft. Nicht ganz zwei Jahre später, nachdem das „1000jährige Reich“ vor allem von der Sowjetarmee vernichtend geschlagen worden war und in Brüche ging. Damals war bei uns eine ganz andere Stimmung als vor neun und vor vierzehn Jahren. 1947 nahmen schon die breiten Massen der Arbeiter unserer befreiten Republik Anteil an dem Weltmeisterschaftswettbewerb. Eine große Überraschung wollte es, daß unsere Mannschaft in diesem Jahr Weltmeister wurde. Österreich schlug nämlich völlig unerwartet unseren größten Konkurrenten bei diesem Championat — die Schweden 2:1. Das war eine Sensation. Der große Favorit wurde von einem Außenseiter geschlagen. So kamen wir zu unserem ersten Weltmeistertitel in der Geschichte dieses Wettbewerbes. Doch 1947 war bei uns auch noch etwas anderes möglich: an der Weltmeisterschaft verdiente nämlich der damalige Privatbesitzer des Eisstadions 8 Millionen Kronen. Bei der vierten Weltmeisterschaft in Prag, auf die unsere Hauptstadt weitere zwölf Jahre warten mußte, konnte es nicht mehr zu einem solchen „Privatgeschäft“ kommen. Denn auf den Tag genau, nach einem Jahr als wir Weltmeister geworden waren, am 24. Feber 1948, siegte in unserer Republik, unter Führung der KPTsch, die Arbeiterklasse, stand der Weg offen zum Sozialismus. 1959 wurde die Eishockeyweltmeisterschaft in sieben Städten unserer Republik ausgetragen und an dem Tag, am 15. März, dem unrühmlichen Jahrestag der Okkupation Böhmens und Mährens durch die Hitlerfaschisten, schlugen wir im lezten Spiel der damaligen Weltmeisterschaft den neuen Weltmeister Kanada und kamen hinter dem Europameister, der UdSSR, auf den dritten Platz. Zu der heute bei uns beginnenden Weltmeisterschaft hätten wir uns eine bessere internationale politische Atmosphäre vorstellen können. Die Gegner der Ratifizierung der Verträge der BRD mit der UdSSR und Polen in der Bundesrepublik werden immer aktiver. Die Opposition der CDU/CSU trägt auch zu keiner Entspannung der Beziehungen zwischen uns und der BRD bei. Dies wäre aber jetzt, auch im Interesse der Olympischen Sommerspiele in München besonders erforderlich. In Prag sind heute ungefähr 300 ausländische Sportjournalisten anwesend. Zehntausende Besucher aus dem Ausland, auch aus der BRD. Wir wissen uns zu schätzen, daß die große Mehrzahl von ihnen mit guten Absichten gekommen ist und unsere Gastfreundschaft nicht mißbrauchen wird. Wir haben alles getan, um der Welt zu beweisen, daß wir unsere Gäste in Freundschaft empfangen und willkommen heißen. Wir hoffen aber, daß jener ungenannte Redakteur, der in der 12. Nummer d. J. im westdeutschen Nachrichtenmagazin "Stern" den gehässigen Artikel "Die Prager proben den Sieg" veröffentlichte, in dem er über die heute bei uns beginnende Weltmeisterschaft Lügen verbreitet, nicht in Prag ist. Er kann seine Informationen auch weiterhin von dem Lügensender "Freies Europa" übernehmen, der täglich noch immer auch im Olympiajahr in München unsere Republik und die anderen sozialistischen Länder angreift. Und nach den Erfahrungen in Tokio, wo Jugendliche aus Bayern bei der Winterolympiade für das Eishockeyspiel BRD - Polen grobe faschistische Provokationen gegen unsere polnischen Sportfreunde ersannen, kann man bei unverbesserlichen Revanchisten auch diesmal etwas ähnliches nicht ausschließen. Dem Organisationsausschuß der Weltmeisterschaft und unserer ganzen Sportöffentlichkeit geht es aber darum, unter Beweis zu stellen, daß die heute beginnende Weltmeisterschaft, deren Ehrenschutz der Vorsitzende der tschechoslowakischen Regierung Dr. L. Strougal übernommen hat, vor der ganzen Welt nicht nur für unsere sozialistische Republik, sondern für das sozialistische System wirbt. Deshalb übernahmen große Prager Betriebe das Patronat über die teilnehmenden sechs Nationalmannschaften. 21 Fernsehgesellschaften aus 18 europäischen Ländern entsandten ihre Kommentatoren nach Prag. Das Bild schwarz-weiß und in Farbe geht auch nach Übersee. So wird das zu Ehren der Weltmeisterschaft festlich beleuchtete Prag in den nächsten zwei Wochen zum Sportzentrum der Welt. Wir alle werden uns vom Herzen freuen, wenn unsere Gäste, die Turisten, Sportler und Journalisten, nach der Weltmeisterschaft aus Prag zufrieden in ihre Heimat zurückkehren. Dies liegt aber nicht nur An uns. DIE SPORTHALLE IM PRAGER JULIUS FÚC1K KULTURPARK —DER SCHAUPLATZ DER EISHOCKEY-WELTMEISTERSCHAFT FoTo CTK mmmmmmmmmmmmmm Aus dem Gespräch des Genossen Gustáv Husák mit dem Berichterstatter des sowjetischen Fernsehens Europäische Sicherheit auf der Tagesordnung PRAG — Generalsekretär des ZK der KPTsch Genosse Gustáv Husák gewährte Sonntag dem Berichterstatter des sowjetischen Rundfunks und Fernsehens ein Gespräch. Er beantwortete eine Reihe von Fragen, die sowohl die außen- als auch innerpolitische Situation betreffen. Die Weltöffentlichkeit beurteilt die Ergebnisse der Beratung des politischen Beratungsausschusses der Mitgliederstaaten des Warschauer Vertrages, die heuer im Jänner in Prag stattfand. Wie werten die tschechoslowakischen Kommunisten die Bedeutung dieser Beratung und welche Aufgaben stellte die KPTsch im Kampf für die Verwirklichung der Grundsätze der Deklaration, die auf dieser Beratung angenommen wurde? „Die tschechoslowakischen Kommunisten schätzen die Beratung des politischen Beratungsausschusses der Mitgliederstaaten des Warschauer Vertrages, die am 25. und 26. Jänner 1972 in Prag stattfand, doch ein“ , sagte Genosse G. Husák. „Unser ganzes Volk hat ihre Ergebnisse, vor allem die ,Deklaration über den Frieden, die Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa' mit grossen Hoffnungen und großer Unterstützung aufgenommen. Alle unsere nationalen und sozialistischen Ideale sind im Einklang mit den Interessen unseres sozialistischen Staates, mit den Interessen unserer Völker, mit den Beschlüssen der Beratung des politischen Beratungsausschusses,, vor allem mit der ,Deklaration über den Frieden, die Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa'. (Fortsetzung auf Seite '<)