Prager Volkszeitung, duben-červen 1974 (XXIV/14-26)

1974-04-05 / No. 14

$ Q DAS WOCHENBLATT DER DEUTSCHEN WERKTÄTIGEN IN DER CSSR 5. APRIL 1­974 Q JAHRGANG XXIV. # KVS 1,50 l­uarnnwu PR4GGI Alle Jahre wieder... ... kommt der Monat der Sauberkeit und ich denke dabei immer auch an ein anderes Kinderlied Nur stimmt der Mo­nat nicht, denn alles neu macht nicht der Mai sondern der April. Das reimt sich zwar nicht und ist auch nicht ganz richtig. Er macht nicht alles ,,neu” oder sauber und auch nicht „ alles”. Es bleibt jedes Jahr leider immer ein Rest... Der Monat der Sauberkeit beginnt am 1. April, doch ist dieser so oft beachtete, beschriebene, in den Witzblättern be­handelte Monat absolut kein Aprilscherz! Wie ernst wir ihn nehmen geht schon daraus hervor, daß wir ihm jedes Jah einen Artikel auf der ersten Seite unse­rer Zeitung widmen. Im Vorjahr erschien er in der 16 Nummer am 20. April 19/3­ ★ • Im vorigen Jahr wurde in diesem Arti­kel auf eine Karikatur in unserer humo­ristischen Zeitschrift „Dikobraz” hinge­wiesen, die sich das bekannte Sprich­wort „Oben hin unten pfui” zur Ziel— ERICH MACHLEIDT scheibe setzte. Damals war die Karika­tur gegen die Hausbewohner gerichtet, die zwar vor dem Haus sauber gemacht haben, aber im Hof altes Gerümpel bis zu den Dächern auftürmten. Auch heuer kann ich mit einer Karikatur aus dem "Di­kobraz" dienen. Sie zeigt Erdarbeiter, die schon einige Gassen ausgegraben haben und einer von ihnen sagt: „Hier ist es nicht. Morgen werden wir in der Straße nebenan graben, vieleicht ist es dort!” Das „es" kann variiert werden, manchmal ist es eine Rohrleitung, ein andermal eine Kabelleitung, die „ge­sucht” wird. Diesmal richtet sich die Spitze der Karikatur nicht gegen die Bevölkerung, sondern gegen jene „Tech­niker“, die ganz unverantwortlich An­weisungen zum Aufgraben, Aufhacken, Ab- und Einreißen erteilen. Könnten sich nicht die Unternehmen vorher verständigen, damit auch mehr­maliges Zuschütten und Wiederaufgra­ben in ein und derselben Straße vermie­den wird? Das kostet doch unnötig viel Geld, das aus unserer gemeinsamen Tasche geht! Ein anderes Beispiel, für den Monat der Sauberkeit wie gemacht! Ein Leser schrieb im Zusammenhang mit der Unord­nung und dem Schmutz auf dem Engels- Kai in Prag 2 an die "Vecerní Praha": „Man kann nicht länger dulden, daß die verschiedenen Institutionen die Verant­wortung für Ordnung und Sauberkeit auf­­einander abwälzen. Wir haben schon viele Brigadestunden auf dem Engels-Kai gearbeitet — aber der Erfolg blieb aus!” Nicht nur die Bürger dort, auch anders­wo in Prag und in allen Städten und Orten unserer Republik haben im Laufe der freiwilligen Brigadeschichten sehr viel und sehr nützliche Arbeit geleistet, die aber dann von anderen Menschen mißachtet und zunichte gemacht wird. Wir können aber unseren Lesern und den Mitgliedern des Kulturverbandes, die jetzt im Rahmen des Monates der Sauberkeit wieder bei der freiwilligen Arbeit in den Aprilbrigadeschichten, zu denen die Nationale Front aufgerufen hat, ihren „Mann stehen“ werden, nicht die Freude an der Frühjahrsarbeit ver­gällen, weil sie ja wissen, daß Schmutz ungemein lästig ist und — wie der Phy­siker Lenard definiert — „Materie am falschen Platz ist”, die man eben ent­fernen muß. Oder sie kennen das Sprich­wort: „Waschen und Zinsen soll man nicht aufschieben — es kommt immer mehr dazu!" Und hat nicht Wilhelm Busch recht, wenn er in seinen Versen in „Schnurrdiburr oder die Bienen” sagt: „Ja, Reinlichkeit macht viel Mühe, doch später macht sie auch Pläsier”? Und dieses Vergnügen sollten wir uns alle schließlich auch mit Rücksicht auf unse­re Mitmenschen gönnen, mit denen wir täglich in der Straßenbahn fahren, die Wohnung oder den Arbeitsplatz teilen ... Ja, schon im Vorjahr haben wir die Frage gestellt — warum müssen wir je­des Jahr — immer im April — an Ord­nung und Sauberkeit erinnert werden? Man sollte nicht nur im April vom Reini­gungshimmel gepackt werden, sondern das ganze Jahr intensiv daran denken, was zu machen ist, daß wir Ordnung und Sauberkeit um uns, an uns und in uns erhalten. Es gibt da eine Menge von Rezepten, wie man Herz, Hände und Kleider, Haus, Hof und Stadt vor Schmutz bewahren kann. Schon die alten Römer... Zum Beispiel Ovid hat in seiner „Lie­bekunst” mancherlei Ratschläge gege­ben: „Die Nägel sollst du nicht zu lang und peinlich sauber tragen und aus den Nasenlöchern soll'n dir keine Haare ra­gen ..." und fast 1900 Jahre später be­hauptet wieder Wilhelm Busch in der „Frommen Helene” . mit Recht: „Wie fröhlich ist der Wandersmann, zieht er das reine Hemd sich an.” Doch schon vierhundert Jahre früher hat Hans Sachs in einem seiner Fastnachtspiele ein lapi­dares Rezept gegeben: „Wer sein Haus will halten sauber, hüt­ sich vor Pfaffen und Tauber.” Bei den Pfaffen meinte er es bestimmt nicht nur wörtlich ... Jo­hann Heinrich Pestalozzi hat einmal be­hauptet: „Durch das Baden können die Unreinlichkeiten des Leibes abgewaschen werden; aber gegen die Unreinlichkeiten der Seele hilft weder gemeines noch ge­weihtes Wasser." Für „Seele“ möchten wir den uns näheren Begriff „Charakter“ wählen. Seinen Charakter kann man nicht mit Seife reinwaschen. Um ihn klar zu hal­ten, braucht man in unserer sozialisti­schen Gesellschaft vor allem das klassen­bewußte, prinzipientreue Zugehörigkeits­gefühl zu der Millionenfront aller Men­schen, die für Fortschritt und Frieden kämpfen... Nach einem russischen Sprichwort „schreiten saubere Stiefel schneller!" Es möchte ergänzt werden — zum Ziel, das wir uns nicht nur im April setzen, denn nur der Frieden gewährt uns die Ordnung und Lauterkeit des Le­bens, um die wir noch lange werden kämpfen müssen. EINE „WISSENSCHAFTLICHE“ BETRACHTUNG DER­­ FRÜHJAHRSBOTEN . FOtO CTK

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