Prager Volkszeitung, duben-červen 1975 (XXV/14-26)
1975-04-04 / No. 14
PRAGER DAS WOCHENBLATT DER DEUTSCHEN WERKTÄTIGEN IN DER CSSR 4. APRIL 1975 $ (AHRGANG XXV. ) KGS 1,50 lamanwu Das Programm der Revolution Das Diktat von München und die Liquidation des Tschechoslowakischen Staates durch das nazistische Deutschland brachten für die tschechoslowakische Gesellschaft eine tiefe politische Krise. Sie wurden für das tschechische und slowakische Volk zum Symbol des Verrats der westlichen Großmächte, des Verrats der einheimischen Großbourgeoisie, des Kapitulantentums der Führer der bourgeoisen und reformistischen Parteien. Das tschechoslowakische Volk überzeugte sich mit Bitterkeit davon, daß die gegen das Volk und antinationale Politik der Bourgeoisie, die auf die kapitalistischen Westmächte orientiert war, scheiterte. Der einzige Verbündete, der niemals München und die Zerschlagung der Tschechoslowakei anerkannte, war die Sowjetunion. Dr. ANTOISllN FALTYS Diese Ereignisse und der gesamte Verlauf des nationalen Befreiungskampfes gegen die nazistischen Okkupanten im zweiten Weltkrieg bewiesen, daß an die Spitze des Staates und Volkes eine neue Klasse berufen werden muß. Diese konnte nur das Proletariat sein, deren Klasseninteressen in voller Übereinstimmung mit den nationalen Interessen standen. Von allen politischen Parteien war allein die KPTsch fähig die historische Möglichkeit zu realisieren, die sich der Arbeiterklasse darbot. Nach München gab es keine Rückkehr zu den Verhältnissen vor München. Auf der Grundlage dieser Erfahrungen sowie der Erfahrungen aus den Jahren 1918—1920, kam die KPTsch zur Schlußfolgerung, daß der nationale Befreiungskampf des tschechischen und slowakischen Volkes, ebenso wie nach dem ersten Weltkrieg in einer nationalen und demokratischen Revolution gipfelt, daß aber die führende Rolle in dieser Revolution nicht mehr die Bourgeoisie, sondern die Arbeiterklasse im Bündnis mit den arbeitenden Bauern haben wird. In Übereinstimmung mit dieser Konzeption setzte sich im Verlauf des nationalen Befreiungskampfes das Programm der kommunistischen Partei zur Erneuerung der nationalen Unabhängigkeit und staatlichen Selbständigkeit der Tschechoslowakei auf neuen politischen und sozialen Grundlagen, aus denen die volksdemokratische Tschechoslowakei hervorging, durch. Die Entstehung der volksdemokratischen Tschechoslowakei war das Ergebnis der antifaschistischen, nationalen und demokratischen Revolution, die nicht nur die Liquidation der nazistischen Okkupation, sondern auch die Liquidation der Machtpositionen der tschechischen und slowakischen Großbourgeoisie sowie die Herstellung der Volksmacht — garantiert durch das politische Bündnis der Arbeiterklasse und der arbeitenden Bauernschaft — anstrebte. Im Verlauf der nationalen und demokratischen Revolution wurden die revolutionären Aufgaben der Macht im nationalen Befreiungskampf erfüllt. Auf dem ganzen, von der sowjetischen Armee befreiten Territorium der Tschechoslowakei übernahmen die Nationalausschüsse alle Macht in ihre Hände, um anschließend etappenweise die Überreste der Verwaltung der Okkupanten und die Folgen des Krieges zu beseitigen, um den friedlichen Lauf der Volkswirtschaft wieder in Gang zu bringen. Die einheitliche Arbeiterklasse übte mittels der Betriebsräte eine allgemeine Arbeiterkontrolle über die konfiszierten Betriebe der ehemaligen Okkupanten und Verräter aus. Zur politischen Basis der neuen volksdemokratischen Macht wurde die nationale Front der Tschechen und Slowaken, die das Bündnis der demokratischen und antifaschistischen Kräfte der tschechoslowakischen Gesellschaft repräsentierte. Deren gemeinsame politische Plattform war das Regierungsprogramm von Kosice, als Ausdruck der neuen Staatsidee der befreiten Tschechoslowakei. Das Regierungsprogramm von Kosice, angenommen von der ersten Regierung der Nationalen Front am 5. April 1945 in Kosice, war das Program der nationalen und demokratischen Revolution. Es enthielt in Übereinstimmung mit den Zielen dieser Revolution eine Reihe politischer und wirtschaftlicher Maßnahmen, die sowohl den Entwicklungsstand der revolutionären demokratischen Veränderungen, die im Verlauf der Revolution erzielt wurden, widerspiegelte als auch gegen die Großbourgeoisie gerichtet waren. Vom Standpunkt der politischen Veränderungen waren am bedeutungsvollsten jene, die die innenpolitische Regelung der volksdemokratischen Ordnung betrafen. Im Programm war verankert, daß die Tschechoslowakei ein volksdemokratischer Staat sein wird, der die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen sicherstellt und eine Rückkehr zu einer Regierung der kompromittierten Bourgeoisie nicht erlaubt Garant dieser Veränderungen sollte das politische Klassenbündnis der Arbeiter, Bauern, arbeitenden Intelligenz und der sogenannten demokratischen Bourgeoisie sein, dessen Ausdruck die Nationale Front war. Zum Grundpfeiler der Staatsmacht und Verwaltung wurden die Nationalausschüsse, die die entscheidenden und alleinigen Organe der Volksmacht waren, und als wichtiges Glied des Mechanismus der revolutionären Staatsmacht wirkten. Sie waren die breitesten Organisationen der Werktätigen und deren direkte Vertretungsorgane. Die tiefgreifende Demokratisierung des Staatsapparates verbunden mit der Zerschlagung des alten bourgeoisen Unterdrückungsapparates, mit der Schaffung der Nationalausschüsse, dem Korps der Nationalen Sicherheit, der Tschechoslowakischen Volksarmee und dem Gerichtswesen auf volksdemokratischer Basis, schwächten bedeutend die Macht Positionen der Bourgeoisie, die diesem neuen Apparat nicht gegen die Arbeiterklasse und die Volksmassen mißbrauchen konnte. Diese Veränderungen überschritten weit den Rahmen des bürgerlichen Demokratismus. Die ideologische Basis der tschechoslowakischen Staatlichkeit war der Gedanke des einheitlichen nationalen Staates der Tschechen und Slowaken, auf der Grundlage der Gleichberechtigung und Souveränität beider Völker. Außerordentliche Aufmerksamkeit widmete das Regierungsprogramm von Kosice der nationalen Frage, die eine der kompliziertesten Aufgaben der Volksmacht war. Die nationale Frage wurde im Geiste der antifaschistischen, nationalen oder demokratischen Revolution gelöst, wobei demokratische und Klassenprinzipe Ausgangspunkte waren. Die Sehnsucht der Menschen in der Karpato -Ukraine nach Vereinigung mit dem ukrainischen Volk wurde erfüllt. Die Frage der deutschen Minderheit, die sich in ihrer überwiegenden Mehrheit zum Nazismus bekannt und sich an den feindlichen Aktionen gegenüber dem tschechoslowakischen Staat beteiligt hatte, wurde durch die Massenumsiedlung gelöst, bei der die KPTsch die Berücksichtigung der Antifaschisten durchsetzte. Das neue Regierungsprogramm lehnte eine einseitige außenpolitische Orientierung auf den Westen ab und forderte, daß die neue volksdemokratische Tschechoslowakei ein festes Bündnis mit der UdSSR schafft, und freundschaftliche Beziehungen mit allen demokratischen und friedliebenden Staaten herstellt. Neben den Schlüsselprinzipien der volksdemokratischen Staats- und Gesellschaftsordnung wurden zu bestimmenden Prinzipien der neuen Wirtschaftspolitik bedeutende Erklärungen im Programm darüber, daß die Regierung nicht zuläßt, daß Ausbeuterinteressen einzelner über die Interessen der Werktätigen Vorherrschaft gewinnen, was in der Konfiskation alles Vermögens der Okkupanten, Verräter und Kollaborateure zum Ausdruck kam. Zum weiteren ausdrucksvollen Prinzip des Wirtschaftslebens wurde weiters die Teilnahme der Gewirkschaftsorganisationen, vor allem der Betriebsräte, an der Verwaltung und Leitung der Industriebetriebe. In deren umfangreicher Vollmacht kamen nicht nur das revolutionäre demokratische Element der Volksmacht sondern auch der sozialistische Keim des Begriffs der Mit- Verantwortlichkeit und Mitentscheidung praktisch bei der Verwaltung der ganzen Volkswirtschaft zum Ausdruck. Wenn wir des 30. Jahrestages der Annahme des Regierungsprogramms vor Kosice gedenken, vergegenwärtigen wir uns, wie diese revolutionäre Vergangenheit unmittelbar mit unserer sozialistischen Gegenwart verbunden ist, in der das revolutionäre Vermächtnis der nationalen und demokratischen Revolution realisiert wird, die den Kulminationspunkt beim Bruch unserer Völker mit der bourgeoisen Vergangenheit und dem Antritt zur Schaffung einer neuen sozialistischen Tschechoslowakei, darstellt, j . . > •-r • . * ./ AW< * H , DAS GEBÄUDE, IN DEM AM 5. APRIL 1945 DAS REGIERUNGSPROGRAMM VERKÜNDET WURDE Foto CTK — Archiv