Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1881. Februar (Jahrgang 8, nr. 2166-2188)

1881-02-01 / nr. 2166

- Reduktionundxdministratiom Heltauergaffe 23. Erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Steier­­­tage täglich.­­­ Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 fr., vierteljährig 2 fl. 50 fl., Halbjährig 5 fl., ganzjährig 10 fl. ohne Zustellung ins Haus, mit Zustellung 1 fl. 3 fl. 6 fl., 12 fl. Abonnement mit Bostversendung: Für das Inland: vierteljährig 3 fl. 50 en Deaderg 7 fl, ganzjährig Für das Ausland: vierteljährig 1 RM. oder 12 Fre3., halbjährig 18 RM. oder 24 he 36 RM. oder tc9. Unfransirte Briefe werden nicht INTER, Manuskripte nicht zurü­ckgestellt. M­­lesp Siebenbürgistj: Deutsches Tageblatt. Hermannstadt, Dienstag 1 Februar DEE Des h. Feiertages wegen erscheint Die nächte Neummer d. BL. Donnerstag den 3. Februar. Gentry und Bürgertum. X. Meusche Wahrheiten müssen sehr oft wiederholt werden, bis sie tief und feit genug in das öffentliche Bewußtsein eindringen, um auch zur Bethätigung der entsprechenden Ko­nsequenzen zu führen. Do oft auch bisher darauf hingewiesen­­­ worden war, daß eine moderne Entwicklung des ungarischen Staatswesens nicht denkbar sei, solange die früher privilegirte politische Nation. Die magyarische adelige Grundbesiterflaffe, exklusiv das öffentliche Leben beherrsche, so war es doch in den auch heute politisch herrschenden Kreisen als halber Verrat­ am Vaterlande betrachtet worden, wenn man an dem anachronistisch gewordenen „Mittelstand“ Ungarns, mit andern Worten an dem magyarischen Zunferthum zu rütteln oder es richtig zu kennzeichnen wagte. Besonders groß war dies Verbrechen, wenn es von nichtmagyarischer Seite erfolgte. Nun ist die Sache von patriotisch u­nan­­­fechtbaren Händen angefaßt worden. Zwei eifrige bewährte Anhänger der Regierung, also politische Gesinnungsgenossen, haben sich in den Spalten des „Ellener“ ein journalistisches Treffen geliefert, in welchem zwar beide ihre Klingen sichtlich mit möglichster Eleganz und gegenseitiger ritterlicher Schonung zu führen suchten, dabei aber eine alte Wunde unseres Staats­­­lebens bloß legten. Vor einem Artikelcyclus über das „gesellschaftliche Defreit“ stellte der Abgeordnete Ludwig Lang in Abrede, daß hier zu Lande die Grundsteuer drücender, als jede andere Steuer, und die ungarische Gentry schwerer als irgend eine andere Klaffe belastet sei. Man künne ja von ihr nicht erwarten, „daß sie als h­errschende Klaffe Sich selbst Die größten Zarten auflege.“ Hiemit Hat also der getreue Schildm­appe Tika’3 Die freilich Längst bekannte, aber von den maßgebenden Streifen stets in Abrede gestellte Wahr­­­heit zugegeben, daß Ungarns Volfsvertretung eine oligarchische K­orporation, die I­nteressenvertretung einer herrschenden Gesellschaftsklaise ist, und natur­­­gemäß ihr Klasseninteresse nicht leicht zu Schaden kommen lassen wird. Die einfache Konstativung dieser socialen Situation findet jedoch ein anderer treuer Anhänger des Ministeriums Tipa, der Vicepräsident des Abgeordnetenhauses, Paul Szontag von Neograd sehr anstößig und tritt für die Uneigenmügigkeit der herrschenden Slaffe ein, indem er gegenüber Lang behauptet: „Diese Herrschende Safe, Lieber Freund, Hat Jahrzehnte hindurch in ruhigen Zeiten und in einer Frage des Beutels den Löwentheil der Lasten nicht „niemals“, sondern „immer" auf fi) genommen... Und ich bin bereit, eine Wette anzubieten, daß ich vor einer aus Grund­­­besißern und Beamten gebildeten Jury beweisen werde, daß in einzelnen Theilen des Landes, Auf beträcht­igten Gebieten, der Landwirth nicht 29:16", seines Einkommens (was schon an und für sich eine horrende Steuer ist) sondern inclusive der Kommunalstener 50%, als Steuer zahlt.“*) Der Abgeordnete Szontag vergißt aber, daß nicht nur die Gentry, oder sagen wir wichtiger, weniger die Gentry als der Bauern stand, diese horrende Grundsteuer trägt.­­­ Mit Kummer und Zweifel sieht der Vicepräsident des Abgeordnetens hauses den Niedergang der Gentry und das Aufsteigen des modernen Bür­­­erthums. Leider hat si der Einfluß des bürgerlichen Mittelstandes auf die Geießgebung des Landes, deren Konsequenzen er aber mit tragen muß, bis fest so wenig geltend gemacht, daß die Befürchtung Sontags, von der wir zu wänscchen, daß sie sich, in einem gewissen Sinne wenigstens, möglichst bald verwirklichen möge, vor der Hand noch seine politische Aktuo­­­lität besigt. Allerdings ist das Junkertrum in unserem Abgeordnetenhause nicht im Verhältni von 99 Percent, aber immerhin noch viel zu starr vertreten. Noch heute besteht, was vor beinahe jedig So der damalige Reichstagsabgeordnete Steinacher in der Budgetdebatte aussprach, daß unsere * reiche unsern Auffaß „Die Grund- und Bodenkrise” in Nr. 2155. Je 11a Zustände jegt nicht so schlecht wären, daß nicht in so hohem Maße an die Opferfähigkeit der Landesbewwohner appellirt werden müßte, wenn schon seit Jahren die Vertreter der die positive Arbeit und nüchterne Berechnung repräsentirenden Bürgerklasse im Abgeordnetenhause in größerer Anzahl ge­­genwärtig gewesen wären. Noch heute sind Wahrheit die Worte, mit denen Steinacher seine Rede schloß: „Wenn ich das Land, der Reichstag und die Regierung mit den twichtigsten bürgerlichen Tugenden, der Spartamteit und allen nicht befreunden, wird Ungarn nie seine Finanzen ordnen. Ungarn wird mit bestehen, wenn er sein B­ürgerthum ausbildet." Diese Schilderung, die damals als Verrath galt, wird nun von einem Manne der Regierungspartei als richtig bestätigt. Der­ in seiner „Das sich entfernende und das kommende Ungarn“ betitelten Antwort an Sontag führt Lang zum Beweise dessen, daß die Gentey nicht ummatü­rlicher Weise die höchs­ten Lasten auf sich genommen habe, die Haussteuer an, welche er für nicht weniger drühend, als die Grundsteuer hält, und deren schwersten und größten Theil ‚nicht die Gentry, sondern das bürgerliche Element ent­­­richtet. Zang leu­gnet, gesagt zur haben, daß er mit der Gentry in Zukunft abwärts gehen mü­sse, meint aber dann: „Die Gentry als Klasse, als Erbin der Gefühle, welche ihre Ahnen beseelten, wird verschwinden;­ aber damit ist nicht gesagt, daß die Nachkommen jener Familien, welche heute zur herrschenden Kaffe gehören, nicht auch in Zuk­unft zur herrschenden Kaffe gehören sollen. Schon recht sehen wir adelige Familien in großer Anzahl, welche als Grundbeliger verarmt sind, aber als Pächter reich werden und bei der jüngern Generation finden wir, wenn auch im gerin­gerer Zahl, adelige Sprößlinge, welche sich dem Handel, dem Gewerbe oder andern nugbringenden Beschäftigungen zuwenden. Wahr ist es, daß die herrschende Klasse der Zukunft nicht mehr ausschließlich die heutige Gentry sein wird, daß sie vielmehr alles in sich aufnehmen und affimiliren müssen wird, was aus dem Kreise der bürgerlichen und d­och tiefern gesellschaftlichen Klassen fs doch seine Arbeit und Intelligenz Geltung zu verschaffen wissen wird. Aber das ist sein Möbelstand,, wegen dessen man mit Be­­­sorgniß in die Zukunft bilden müßte. Der Mittelstand der Nation wird um Elemente reicher werden, welche dessen Scraft stärken und den Ummand­­­ien­­en werden , welchen die Richtung unserer Zeit kate­­­gorisch fordert." Herr Lang deutet an, daß der bisherige „Mittelstand" die hervor­­­ragenderen Elemente des Bürgerthums gewissermaßen auffaugen und politisch zu fi) emporheben werden. Der Afsim­­ilirungsprozeß muß sich aber gerade im entgegengelegter Weise vollziehen , d. h. der Kleinadel muß im Birger­­­thume aufgehen. Die bee der politischen Herrschaft muß si in die An­­­erkennung der politischen &­leichberechtigung verwandeln. Sind aber auch diese Ideen noch nicht zum Durchbruch gekommen, oder sc­heut man sich mindestens vor der praktischen Durchführung derselben, so ist immerhin die Erkenntniß der Unhaltbarkeit der heutigen social-politischen Verhältnisse, wie sie in der Klage des Abgeordneten Sontag und in der Voraussicht des Be Lang zum Ausdruck kommt, ein erfreulicher Schritt zum Bessern. Von der weitern Verbreitung ,dieser Erkenntniß und der prak­­­tischen Verhän­gung ihrer SKkonsequenzen hängt eine Negeneh­rung der ge­­­sammten socialen, wirthschaftlichen und poistlichen Verhältnisse Ungarns ab. Eine Gentry im wirklichen europäischen Sinne dieses Wortes wird dann neben einem modernen, kräftigen Bürgert­um und einem freien, tüchtigen Bauernstand immer ihre Berechtigung­ und ihren Plan behaupten können. Die Redaktion. u un —n . Prämumerationen und Inserate übernehmen außer dem Hauptbureau, Heltauergasse Nr. 23, in Kronstadt die Buchhandlungen Heinrich Dresswandt, Fr. Wilhelm Frank, Heinrich Zeidner, Mediasch J. Hedrich’s Erben, Schässburg C. F. Erler’s Buchhandlung, Bistritz Friedrich Wachs­­­mann Nr. 187, Sächsisch-Regen Adolf Dengyel Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos Paul Battoni, Lehrer, Wien Otto Maas (Haasenstein + Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik, Rotter , C., H. Schalek, Pest A. V. Goldberger, Frankfurt a. M. G. L. Daube & C. Infeitionspreist Dchaum einer einspaltigen Garmondzeile kostet beim einmaligen Einrücken 7kr.,das zweitemal je 6kr.,das dritte mal je 51r.ö.W.exclusive der Stempelgebü­hr von je 30kr. 1881. Hermannstadt, 31. Jan­tar. Wie das mit bligartiger Geschwindigkeit ging! Kaum hatte am 29. d. M. im Reichstage die Abstimmung in der Generaldebatte über das Konsumsteuergefet stattgefunden, als auch in der Zeit von nicht mehr als 30 Minuten die Specialdebatte beendigt wurde. Es ist Dieses einerseits wohl auch eine Eigenart unseres parlamentarischen Lebens, nämlich langathmige Generaldebatten, wo über alle Sachen und ob­ einige dazır gesprochen wird, dann schnelles Hin­weggleiten über die Spezialdebatte, weil man mit einem streng fachlichen Eingehen, wobei manche Härten eines Gefeges vielleicht doch abgeschliffen werden könnten,­­­ sich nicht gerne befassen will oder Fan. Aber andererseits muß freilich auch der beste Wille erlah­men, da von vorne­­­herein jede Aussicht auf einen Erfolg als ausgeschlosfen erscheint und nur der Wille des Ministers, getragen von einer blindlings folgenden Majorität, allein maßgebend ist. Von den sächsischen Abgeord­neten stmmten Bacon, Burßnern, Hoffgräff, Schreiber mit der Regierung, Arz, Gebbel, Graffius, Kästner, Kaiser, Zach gegen dieselbe. Wie der Finanzm­inister zu verstehen gab, wird tiefes Gefäß mit dem 1. April ins Leben treten: « Mehrere Wiener Blätter ergehen sich in längeren Auseinandersetzungen darüber,daß diese neue Konsumsteuer ein Bruch des vor 2«-s·«Jahre 11 zwischen Oesterreich undl­ngaru abgeschlossenen Zoll-und Handelsbündnisses sei,und messen namentlich Graf Taaffe eine große Schuld bei­ daß er das Zustandekommen dieses Gesetzes nicht bei Zeiten verhindert habe.Diesseits der Leitha findet man es nicht der Matt­erwert­,den erhobenen Anschuldigungen­­­von drüben eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Im preußischen Abgeordnetenhause wurde der ba1ternde Ste11ers­­­nachlaß von 14 Millionen Mark angenommen.Der unermüdliche Gegner des Fürsten Bismarck der ultramontane Abgeordnete Windhorst,hat einen neuen Antrag eingebracht,daß nämlich für die katholischen Bisthümer das sogenannte Brodkorbesetz aufgehoben werde. Die römische Brief scheint vom Fü­rsten Bismarck an Kaiser Wilhelm appelliren zu wollen.Ein katholisches Blatt weiß zu melden,daß Jakobini gegenüber­ dem Kardinal Hohenlohe die A­ußerung gethan,dchapst werde sich direkt an den Kaiser um seine Intervention zur Einleitung neuer Ver­­­handlungen wenden.Die»Kreuz-Zeitung«bemerkt zu dieser Mittheilung, daß neue Verhandlungen nur dann zum Ziele führen könnten,wenn die von Preußen gestellte Conditio sine qua non bezüglich der Anzeigepflicht beim Papste Annerkennung sfände. Die französische Kammer hat den Verbesserungsantrag Floqu­et’s, die Presse unter das gemeine Recht zu stellen und die besonderen Preß­­­vergehen abzuschaffen,mit 271 gegen LZZ Stimmen an den Ausschuß ver­­­wiesen.Floquet sagte bei Begründung seines Antrages unter Andernn : »Was ist die Presse unter dem alten Druck geworden.Wir sehen nur no­ch große finanzielle Mündungen zur Beherrschung der politischen Ideen.Finanzmänner verbergen sich hinter dem politischen Schriftsteller und beuten ihn nur auf,um sich die Ersparnisse des Landestribun­­pflichtig zu machen.Diese bedauerlichen Privilegien werden nur dann verschwinden,wenn jeder volle Freiheit hat,seine Ansichten ü­ber die öffent­­­lichen Angelegenheiten durch die Presse auszusprechen.« Das englische unterhaus beschäftigt sich unausgesetzt mit der irischen Bill Gladstone hielt eine lange,die Politik der Regierung ver­­­t­eidigende Rede,wobei er erwähnte,seit Eröffnung d­ Parlaments habe die Regierung aus allen Theilen des Landes Zustimm­ungskundgebungen für ihre Politik erhalten.Bezeichnend fü­r die Zuständeiquland ist die offizielle Liste über das Wacher des dort verübten­ K­r­fuges.Im Januar fanden 26 Meetings statt und 114 Gräuelthaten,im Februar 15 Meetings und 97 Gräuelthaten,im März 22 Meetings und 83 Gräuelthaten,im April 4 Meetings und 67 Gräuelthate­,im Mai 18 Meetings und 88 Gräuelthaten, im Juni 17 Meetings und 90 Gräuelthaten, im Juli 17 Meetings und 84 Gräuelthaten, im December 190 Meetings und 887 Gräuelthaten. Der Feldzug der Engländer gegen die aufständischen Boers in S­üd­­­afrika hat mit einer Niederlage begonnen. Ein Telegramm aus Durban, 28. v.M., meldet: „Die Avantgarde der englischen Kolonne, bestehend aus einem Detachement des Regiments Nr. 58 und Kavallerie, griff die Stellung der Boers in Laingsnes an. Der Angriff gelang zuerst; dann aber erhielten die Boers be­deutende Verstärkung, schlugen die Engländer zurück und brachten ihnen beträchtliche D Verluste bei. Die Boers erlitten ebenfalls ernstliche zum geni nn­­en mn nun onen Jeuilleton. Ein Freund in der Noth. Novelle von Levin Schading. (6. Fortlegung.) „Herr Bließner," sagte der Diener herankommend, „ist nicht daheim; er ist gestern zum Z Treibjagen zum Grafen Königsfeld geritten und die Nacht da geblieben ; aber er wird vor Mittag zurück sein!“ Markwart wandte sich deßhalb, um die Zeit bis zur Nachkehr des Freundes mit der Besichtigung der Fabrik einzubringen. Er machte den kurzen Weg dahin mit der Betrachtung beschäftigt, daß Bließner doch ein wenig leichtsinnig sei, wenn er nicht bloß so viel Mittel, sondern auch seine gute Zeit, die er auf Treibjagden bei benachbarten Aristokraten verschwende, daran seße, um den äußern Schein seiner guten Lage aufrecht zu erhalten. Dover seine Lage mußte sich ganz merkwürdig plößlich gebessert haben — und dann war es eine Schlechtigkeit von ihm, daß er es Markwart geheim gehalten hatte! ‚In der Nähe der Fabrik erhielt dieser ein hochaufgeschoffenes, roth­­­lediges und sommersproffiges Menschenkind in elegantem Anzuge, das hinter ihm rein desselben Weges gekommen war, zum Begleiter. Nachdem der junge Mann guten Morgen gewünscht, fragte er: « »Sie wollen zum Hüttenwerk?« »Ich will zum Hüttenwerk,nun es mir anzusehen——bedarfes einer Erlaubniß dazu?« »Durchaus nicht­—·und wenn es so wäre,könnte ich sie ihnen geben;ich bin Komptoirist des Herrn Fließner.« »h,———Sie sind Komptoirist auf dem Hü­ttenwerk! Betrieb?Befriedigend?« ,,Befriedigend—das hätte ich Ihnen vor zwei,drei Jahren geant­­­wortet — heute, wo auf den­­­ meisten andern Werfen eine große Stollung eingetreten ist, darf ich sagen: mehr als das. Wir sind ganz vorzugsweise begünstigt, theils durch unsere Lage und theils durch bedeutende Aufträge nach Afforden, die noch zur Zeit der hohen Lohnfage gemacht worden sind und die uns noch ein paar Jahre hindurch beschäftigen werden. Unsere legte halbjährige Bilanz war glänzend, ganz glänzend.” — Markwart zuchte die Achseln. Ein renommirender Reife-Onfel­ dachte er im Stillen. „Herr Sließner hat große Verpflichtungen von früher," sagte er nach einer Raufe wie um den Hohen Ton des „Reife-Onfele" ein wenig zu dämpfen. „Zeutoburger-Aktien sind ein unangenehmer Befit geworden... ." „Zeutoburger-Aktien!" rief der Comptoirift mit einem Ton fröhlicher Berachtung aus — „freilich! Aber das war's ja eben, Herr Fliefner hat den guten Einfall gehabt, Alles, was er davon besaß, Loszuschlagen, ale die Aktien noch 147 standen, vor zwei Jahren schon . . ." Markwart blieb stehen, „Bester Herr," sagte er : „Sie brauchen sich nicht so anzustrengen, mir die Verhältnisse Ihrer Firma in einem Lichte darzustellen, das der Wahrheit nicht entspricht. Ich gehöre selbst ein wenig Dazu, ich heiße Markwart und bin der technische Direktor der Spinnerei in Haarbrüch: „Sie, der technische Direktor der Spinnerei?" antwortete der Komproirift : „darauf sollte ich Ihnen auch antworten, daß, was Sie sagen, der Wahrheit nicht entspricht; denn wenn Sie es wären, müßten Sie doch auch unsere Geschäftslage kennen, unsere fette Bilanz . .­­­" D M Markwart sah ihn mit seltsam ioxen, unsicheren Blicken an. Er las in den sommersproffigen Zügen des jungen Mannes nur einen Ausbruch aufrichtiger V­erwunderung. « »Nun,sehen Sie das Werk sich an,«sagte dieser sodann auf die vor ihnen liegende Stätte der lärmendsten und angestrengtesten Thätigkeit deutend, und dann wandte er sich ab und schritt auf ein abgesondert liegendes Ge­­­bäude zu,in welchem sich die Komptoire befinden mußten­ Markwartschritt langsam,wie von einem schwer und schwerer auf ihm lastenden Gedanken bedrängt,vorwärts;er sah sich das ganze Hütten­­werk an,sprach auch mit einigen der Werkführer,erkundigte sich nach der Zahl der Arbeiter,musterte einen Erweiterungsbau,der im Entstehen war, von Porrath an fertigen Arbeiten,die für die unmittelbare Abfuhr vor­­­bereitet wurden­.Und dann verließ er das Werk wieder.Desselben schweren, lan­gsamen­ Schrittes,wie er es betreten.Auf dem Rückwege zu Fließners Villa setzte er sich auf ein niederes Felsstü­ck,das sich zur Seitenchtraße aus dem abgestorbenen Rasen hervorstreckte. Es war keine Frage mehr,erwarben­ Wert Es war einmal wieder auf’s grausamste,empörendste mit ihm gespielt worden.Dieser Fließ versaß dem Glücke im Schooß.Und nun noch reicher zu werden,als er schon war, hatte er ihn im Schweißef einer Stirn sich abarbeiten lassen;daß erdem« Bankrottnaherei,daß er sich todt schießen wolle,hatte er ihm vorgelogen, Vorgeschauspieler»,um ihn für seine Spinnerei in veröden Gegend,wohin kein anderer tüchtiger Mann gewollt,als Leiter zu gewinnen,ihm dort die höchste,angestrengteste Kraftleistung auszupressen.Es war entsetzlich,in ähnlicher Weise war der Edelmuth,die Freundschaft,die Gutherzigkeit eines Menschen noch nie ausgebeutet worden——von einem Schurken!—­­­Und daß das nun wieder ihn geschehen1nußte——ihm,Markwart, mit dem schon einmal ein so furchtar empörendes Spiel getrieben worden war!War er denn vorbesti­mmt dazu,daß der schändlichste Egoismus frei das Beste,was in ihm lag,seine Liebe,seine Freundschaft mißbrauchen sollte,um ihn am Ende zum lächerlichsten Thören zu machen? Bei Gott,er wollte sich an Fließner dafü­r rächen,daß dieser wenigstens bereuen sollte,was er gewagt!—­­­ V. Während Markwart in unbeschreiblicher,nur immer wachsender Ent­­­rüstung über die heillose Art,wie er mißbraucht worden,grollend so auf­­­feinem Steinefaß,und an die unsere ganze Gesellschaft bedrohende Er­­­bitterung dachte,deren immer weiter fressendes Feuer solche Menschen,solche Herren vom»Kapital«nur schüren und nähren konnten,währenddessen kam Herr Fließner sehr sorglos,sehr wohl aussehend und ein wenig stärker geworden von einer andern Seite daher­ geschritten Durch eine sich ent-­­blätternde Waldung,über den mit vergilbtem Laube bedeckten Weg näherte er sich seiner Billa­—gekleidet in ein elegantes Jagdkostüm,ein schönes­ Reitpferd hinter sich am Zügel führend und dazu noch in angenehmer Be­­­gleitung,die ihn auch wohl veranlaßt hatte,abzusteigen und zu Fuße zu Wie ist der

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