Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1881. August (Jahrgang 8, nr. 2315-2341)

1881-08-05 / nr. 2319

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Hedrich’s Erben, Bistritz Friedrich Wachsmann Nr. 187, Sächsisch: Regen Adolf Dengyel Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos Paul Batzoni, Lehrer, Wien Otto Maas (Haasen­­­stein & Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik, Rotter , G., H. Schalek, Pest A. V. Goldberger, Frankfurt an.G. L. Daube & C. Infertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile foftet beim einmaligen Einraden 7 fr., das zweitemal je 6 fr., das drittemal je 5 fr. d. W. exclusive der Stempelgebühr von je 30 kr. 1881. Der „Xefler Lloyd“ und die „Bedrohung der Hadrifen“, I. ALS zweite Beschtwerde der Sachen, sagt „Lloyd“, werde „der Welt­­­ aufgetu­cht“, daß Heinrich Kästner nicht zum Briegespan des (neuen) Her­­­mannstädter Komitates kandidirt worden sei, und weit zur Entkräftung dieser „Beschwerde” auf das Geset Hin, wonach eben die „Kandidations­­­kommission” das ausschließliche Necht des Vorschlags Habe. Wen diese nicht vorschlage, der künne nicht gewählt werden. So ist’s; aber der „Lloyd“ hat hier zweierlei nicht gesagt: einmal, daß nach jenem Gejeß der „Komi­­­tatsverfassung“ die Kandidationskommission, unter dem Vorfig des Ober­­­gespang, aus drei von ihm ernannten und drei vom Komitatsausschuß erwählten Mitgliedern besteht, die Wirksamkeit der Kandidationskommission daher illusorisch ist, indem immer die vier Regierungsstimmen entscheiden, was mit der Selbstergänzung der alten sächsischen Kommunitäten ph­­nlich nahe verwandt ist; dann: daß derselbe Obergespan, der Kästner nicht kan­­­didiren ließ, wiewohl eine fachliche Einwendung gegen ihn nicht Taut wurde, bei der Vornahme der Wahl des einzigen Kandidaten, der ihm gefällig gewesen, den Fehler machte, daß er nicht mit ja und nein abstim­­­men ließ und dann noch seinen Günstling, auf den bloß 27 von 150 Stimmen gefallen waren, als den Gewählten in das erste Amt des Komi­­­tates einlegte. „Sie nennen es Freiheit!" Meinister und Reichstag haben die Verfügung aufrecht­­erhalten. Das „dritte Gravamen“ der Sachssen, sagt „Lloyd“, richte sich gegen den Vorgang, wie das Organisationsstatut der sächsischen Universität durch den Minister zu Stande gekommen sei; der unschuldige Mann habe eben nichts anderes thun fannen, als wieder eine „Ordonanz“ zu erlassen. 8 sind wieder eine Menge allgemeiner Aufragen, Phrasen ohne greifbaren Inhalt. Thatsächlich it die Sachlage folgende: Nach der Bestimmung des XII. Gejekartikels von 1876, der das alte fächliche Municipalrecht vernichtet, feßt die Generalversammlung der fächsishen Universität (der Vertretung des „Königsbodens“) ihre eigenen Berathungsstatuten und die Geschäftsordnung des Centralamts „mit Genehmigung des Ministers des Sunern“ fest. Mit „Genehmigung“ heißt es im jenem Gesekartikel, der Minister versteht darunter Verfügung. Nicht genug damit, daß er das von der Universität beschlossene Organisationsstatut nicht genehmigt: sein Organ, der Obergespan, dem er eigenmächtig und­­­widerrechtlich 2000 Gulden Gehalt aus dem jüdisi­chen Nationsvermögen anweist, befiehlt, die Reifungen des Ministers in das Statut aufzunehmen, und spricht Die Aufnahme unter Zustimmung von zwei romänischen Stimmen gegen sechszehn fährliche als Beschluß der Universität aus, den dann der­­­selbe Minister am 19. November 1877 genehmigt. Wenn ein sehr­ geach­­­tetes Organ der öffentlichen Meinung in Deutschland das „eine absichtliche Mitachtung des Rechts, eine Haßerfüllte Beleidigung, einen V­ernichtungs­­­krieg gegen alles Deutsche” nennt, der unparteiliche Zurift und Historiker wird auch nicht anders künnen. Als vierte Beschwerde der „Sächsischen Agitatoren” führt „Lloyd“ an, daß der Kultusminister dem Kronstädter römisch-katholischen Gymnasium gegen den Willen der Universität aus dem Vermögen derselben eine Jahres­­­unterftügung von 500 Gulden flüssig gemacht habe. Und in der That ist das, vorausgesegt, daß das Eigenthum heilig ist und Gehege geachtet werden müssen, eine überaus schwere Verlegung dieser beiden Principe, wie sie in einem Rechtsstaat doch nicht sollte vorkommen dürfen. Denn der oft er­­­­wähnte, das sächsische Municipalrecht vernichtende Gesebartikel XII : 1876 bestimmt 8 7: „über das Vermögen der sächstichen Universität verfügt innerhalb der Schranken der Stiftungen und mit Aufrechthaltung des Aufsichtsrechts der Regierung die Generalversammlung der sächsischen Universität." V­erfügt, so sagt das Geieg, und diese Verfügung unterliegt der „Genehmigung“ der Regierung. Was geschieht nun? Das römisch-katholische Gymmnasium von Kronstadt schreitet um eine Jahresunter­­­stüßung von 500 Gulden ein. Die Universität, die gejeglich das Ver­­­fügungsrecht über das Vermögen hat, weist aus jährlichen Gründen das Petit ab; da befiehlt der Meinister dem "Hermannstädter Obergespan, der zugleich Vorfiger der Universität it, jenen Betrag trug alledem aus­­­zuzahlen. Und das soll Recht, nicht Gewalt sein! „Was der „Lloyd“ weiter in Dieser Richtung jagt, st­eßt von Unmwahr­­­.­ Die „jährlichen Gymnasien in Hermannstadt, Kronstadt, Schäßburg, Neciajch und Bistrng“ beziehen aus dem sächsiichen Nationalvermögen nicht eine Jahresdotation von je 10.000 Gulden ü.­M. sondern von je 5000 Gulden und Allerhöchst­­­e. Majestät Haben diese Stiftung fü­r sächstiche Schulen aus sächsischem Nationalvermögen nicht nur zu betätigen, sondern auch „mit Wohlgefallen" zur Kenntniß zu nehmen geruht, wohl mit darum, weil diese sächsichen Gy­mnasien zu ihrer Unterstügung seinen „Studien­­­fond“ haben, wie das römisch-katholische Gymnasium in Kronstadt, auch feine es vom „Staate“ wie andere Gymnasien, obwohl die Sachen ihrer Steuer z u ebenso nachkommen, wie die anderen Landesgenossen. Und wie ungerecht diese Sachsen bei der „Verfügung“ über jenes Vermögen vorgehen, erhellt auch daraus, daß sie in den legten zwanzig Jahren sehr bedeutende Summen zu Schulzweden neu gewidmet haben, die für das Jahr 1881 nicht weniger als 37.560 fl. betragen, darunter nur 3000 fl. für eine evangelische, d. i. die Hermannstädter, von fast 50pet. nichtevan­­­gelischer Schüler besuchte Oberrealschule, wohl aber 7000 fl. für griech. DEREN Schulen und 4000 fl. für das reformirte magyarische Gymna­­­sium in Broos, wiewohl die reformirt-magyarische Bevölkerung des „Königs­­­bodens“ bloß 4426 Seelen, darunter in Broos 875 zählt, die nach den Mittheilungen des 1. ungarischen statistischen Bureaus im Jahre 1870 im Ganzen nur 328 die V­olksschule besuchende Schüler hatte, darunter in Broog selbst 58. Eben­­so unrichtig gibt „Wloyd“ die Bevölkerungsz­­iffern von Her­­­mannstadt an. Die "i­ristische (lutherische) Kirchengemeinde“ zählt nach den amtlichen Aufnahmen von 1880 nicht 7500, sondern 8918 Seelen. Die römisch-katholische Gemeinde hat nicht 5500, sondern 4769 Seelen. Sit et in Unkenntniß, daß „Lloyd“ dort 1418 zu wenig, hier 731 zu viel an­­­gibt? Und weiß „Lloyd“ nicht, daß die von der Stadt unterstüßte evan­­­gelisch-deutsche Schule nicht ausschließlich evangelische Schüler aufnimmt, sich vielmehr zahlreichen Besuches auch anderer Glaubensgenossen erfreut und so eine Bildungs und Erziehungsanstalt auch fü­r Diele ist? So war das evangelische Gymnasium und die evangelische Realschule im Jahre 18830 von 60pet. evangelischer und 40pet. nichtevangelischer Schiller besucht, wo­­­von 2ipet. der römisch-katholischen Kirche gehörten. Wäre es darumm nicht gerechter, wenn der „Lloyd“, anstatt die städtische, auf zweifellosem Rechts­­­titel beruhende Unterfrügung dieser Schulen anzufeinden, etwa Studien in der Richtung machte, tote diesem, gewiß so kulturfördernden Schulwesen eine eben­­so ausgiebige Unterfrügung zu Theil werden könnte, als sie dem römisch-katholischen Schulwesen dur die Gründung des Theresianums in Hermannstadt von 1768 zu Theil wurde ! ! Bemerkt muß hier noc werden, wie es abermals eine Un­wahrheit ist, daß „mancher fächsiiche Pfarrer auf Grund der Zehntentschädigung eine Jahresrente von 4000 Gulden bezieht." Sein einziger fächsiicher Pfarrer bezieht eine solche Jahresrente, dagegen Leider mehr als einer weniger, als die Staatsdotation der Drlather katholischen Pfarre beträgt. Geradezu lächerlich ist, was „Lloyd von der „Verrüdung der Deutschen durch die Sadisen“ sagt. Es ist wieder nur freche Phrase, keine Thatsache, die man prüfen konnte. Zum Glüc wird es ihm hiedurch nicht gelingen, einen Gegentag in die Kreise der Denkenden und Urtheilsfähigen von beiden Seiten hineinzubringen. Da ihre Einmüthigkeit, die sie auch bei den a­­ars in at­­t bewiesen, ihm ohne Zweifel sehr unan­­­genehm­ ist. Wenn der Lloydkorrespondent endlich sich bemüht, die am Schluße des vorigen Jahres erlassene Weisung des Hermannstädter £. Gerichtshofes, wonach deutsche Eingaben von Advokaten vor demselben nicht mehr an­­­genommen werden s­ollen, als harmlos und berechtigt darzustellen, so spricht hingegen gradezu der Wortlaut des Gesehartsfeld 44 : 1868 ($ 9), wonach den Advokaten vor dem Hermannstädter Gerichtshof der Gebrauch der deutschen Sprache in Eingaben gebetlich zusteht, wie das der Sch­ttz­­­minister selbst 1876 in offener Reichstagsfigung zu erklären sich gedrungen fühlte. Nun soll die eigenmächtige Aufhebung dieses Geheges durch Beschluß­­­ einer hiezu inkompetenten Stelle seine „Bedrohung­“ in sich schließen, und der Komitatsversammlung, die, wieder gejeglich, ein Alles umfassendes Petitionsrecht hat, wird die Ausübung desselben zu Gunsten jenes verlegten Rechtes zum Vorwurf gemacht! Soll sie denn nur ums die Wiederherstellung Polens oder um eine eigene selbstständige ungarische Armee petitioniren dürfen ? l Zum Schluß nur Eines noch. Der Loydkorrespondent sagt: „Die Sachsen sprechen einen fürchterlichen Jargon,“ der nach seiner Ansicht nicht einmal „wirklich deutsch“ ist; dann wirft er der sächsischen Universität vor, sie habe einem sächsischen Verein „zur Drulclegung alter Eichenzettel und Marktpreise“ wiederholt Hunderte von Gulden gegeben. gradezu böotish. Die Redaktion des „Pelter Lloyd“ frage über die sächsische Mundart einmal bei deutschen Akademieen, über die „Quellen zur Geschichte Siebenbü­rgens aus jähhrlichen Archiven" — denn die mir fann der Artikel­ DT meinen — bei der ungarischen Akademie der Wissensc­haften an, ob sie dann wohl nicht ein bisschen roth wird, daß sie einem solchen Gesellen die Spalten ihres Blattes geöffnet hat? Wir aber gedenken des deutschen Helden von Zorndorf, der da sagte: Sehen Sie, mit solchem Gesindel muß ich mir Herumschlagen ! Beides ist Dou­in­he Neberficht, Hermannstadt, 4 August. Während die Welter Yblätter über die legten Ministerberat­ungen in der ungarischen Hauptstadt sich in Schweigen hüllen, wird dafür der „Wiener Allg. Ztg.” aus Dienpest ein Langes und Breites betreff dieser Minister­­­berathungen telegrafirt. Die diesbezü­gliche Mittheilung lautet : „Die wichtigsten Gelegentwürfe sind flizzirt worden und auch dag: Zoll- und Handelsbündung mit Oesterreich wuurde einer Erörterung unter­­zogen. ALS erste Gejegvorlagen dürften dem neuen Parlament der schon früher geplante Gejegentwurf betreffs Erhöhung der dreijährigen Mandats­­­dauer der ungarischen Abgeordneten auf fünf Jahre und ein oder zwei Vorlagen betreff Verstaatlichung kleinerer Eisenbahnen vorgelegt werden. Außerdem sind für den Anfang zwei Vorlagen betreffs Ausbau von Biennalbahnen zu erwarten, welche wir übrigens in den Testen Tagen wiederholt erwähnten. Was den schon im Abgeordnetenhause eingebrachten Geseßentwurf über die Civilche, respective Die Che zwischen Christen und Nichtchristen betrifft, so ist wieder die Aussicht ge­­­schwunden, daß diejse Vorlage zu Beginn der nächssten Gesjtion berathen wird, zumal in den legten Minister-Conferenzen diese Frage nicht besprochen wurde und es nunmehr für den Anschein hat, als ob die Vorlage über die Civilehe überhaupt niemals, in der gegenwärtigen Gestalt zum mindesten niemals, auf die Tagesordnung des ungarischen Reichstages gejegt werden würde. Von einer Reform der Verwaltung, welche in jedem Program­mn der politischen Parteien Ungarns eine erste Stelle einnimmt, wird im nächsten Parlamente ebenfalls seine Rede sein. M­inisterpräsident Koloman von Tipa hat selbst erklärt, dab am dem gegenwärtigen Verwaltungssystem in der nächsten Zeit nicht gerüttelt wird. Dagegen wird das Budget sehr früh im Parlamente eingebracht werden und die YBudget-Debatte sehr zeit­­­lich beginnen. Nach den weit vorgeschrittenen Arbeiten im Finanzministerium ist die Vorlage des Budgets für die ersten Ligungen zu erwarten, so zwar, daß nach Erledigung des Budgets im Finanz Ausschaffe die Budget-Debatte zur selben Zeit wie im Vorjahre, also zu Anfang der neuen Session statt­­­finden wird.” Das erwähnte Wiener Blatt hat sich in ungarischen Dingen oft als gut unterrichtet erwiesen­­­­­­en. “ Seuilleton. Die Entführung. Novelle von Stanislaus Graf Grabowski. (29. Zortfegung.) Keinem der Männer war dieses überraschende Ereigniß entgangen, da sie den Tauten Schrei der Frau deutlich vernommen hatten; ihre eigenen Schrecensrufe begleiteten denselben fast. Der Graf und seine Diener hatten jedenfalls alle Geistesgegenwart verloren, sie rührten si nicht; die Helgo­­­länder indessen, die auf der See mit so vielen sie plöglich heimsuchenden Gefahren zu kämpfen haben, verlieren, wenn sie auf ihrem Clemente sind, nicht so Leicht den Kopf. Der Alte warf das Steuer herum und suchte, die Schaluppe beizulegen, der eine jüngere Mann griff an die Segelleine, und der andere handelte noch entschiedener; im Nu warf er seine Jade ab und sprang in die See. Er durfte sich auf seine Geschichlichkeit als Schwimmer schon verlassen, und die Wellen waren nicht so hoch, daß es unmöglich er­­­schienen wäre, si auf ihnen zu halten. In diesem Augenblice brach der Mond Hell durch die Woffen, die ihn zum Theil bisher beredt hatten; sein Licht erleichterte jedenfalls die Aufgabe des rüstigen Schwimmers, den sein Gelbgebot, sondern das eigene brave Herz getrieben hatte, sein Leben an das eines Andern zu seßen. Die Schaluppe lag fast unbeweglich, nur auf dem Wasser hin und her schlendernd; von den darauf Befindlichen sprach keiner ein Wort; — man konnte wohl sagen, die Herzen standen ihnen still. Eine Drinute, Höchstens zwei, und der junge Helgoländer brachte die unglückliche Frau zurück und mit Hülfe seines Kameraden und der Diener an Bord; er schüttelte sich das Wasser ab und sagte nur: „Gott sei Danf, daß sie gerade zur rechten Zeit wieder auftauchte!“ — und der alte Schiffer fegte scheinbar ruhig Hinzu: „Brav gemacht, San! Bringt sie nur in die Cajüte hinunter !" Was sagte Graf Ludolf dazu, während dies geschah? — Kein Wort! Er saß unbeweglich da, vornübergehengt, wie gewöhnlich. Als sein Kammerdiener zu ihm trat, wich er erschroden mit dem Rufe zurück: „Der Herr Graf ist tobt, — der Schlag muß ihn gerührt haben !" Graf Ludolf war tobt; nach allen bisherigen Anstrengungen und Auf­­­regungen mußte ihn dieser Letzte Schlag zu tief erschüttert haben. Die Helgoländer hatten, da sie sich no fo nahe bei ihrer Insel be­­fanden, durchaus feine Luft, eine Weiche und eine Ohmmächtige, die augen­­­scheinlich der sorgfältigsten Pflege bedurste, bis nach Hamburg zu bringen; sie Sprachen dies unverholen aus und berathschlagten mit den Dienern, die auf einmal, wie umgewandelt, die Partie der Gräfin gegen den todten Grafen nahmen und die Lestere als ihre rechtmäßige Herrin zu betrachten schienen. Das Resultat dieser Verhandlungen war, daß die Schaluppe wandte und nach dem Strande zurückkehrte; die Leiche des Grafen brachte man einstweilen nach dem Badehaufe, die ohnmächtige Gräfin in ihr altes Quartier, dessen Einwohner darüber natürlich in seine geringe Aufregung geriethen. Der alte Schiffer ging mit dem Kammerdiener sofort zum Gou­­­­verneur, um Bericht zu erstatten. — x Die Untersuchung gegen den ehemaligen Lieutenant von Preiß wurde noch fortgeführt oder vielmehr in die Länge gezogen. Bis man im Stande sein würde, auch die Gräfin Hollfeld zu vernehmen, die ihr Gemahl, wie er dem Gerichte anzeigte, selbst von Helgoland abholen wollte. In Betreff des Fägers Daxelhofer konnte Harry nur aussagen, daß ihm derselbe, wer ihn begleiten gewollt, auf unbegreifliche Weise verschwunden sei; man schenkte dem aber noch seinen rechten Glauben. Da traf die Nachricht von den zulegt geschilderten Ereignissen auf Helgoland, zugleich mit der Leiche des Grafen Hollfeld, welche der Leib­­­jäger begleitete, ein; der Kammerdiener war, wie er schrieb, zur Dispo­­­sition der todesfranken Frau Gräfin auf der Insel zurückgeblieben. Sah das nicht beinahe wie ein Gottesurtheil aus? — Aber wie könnten unsere modernen Richter dem Lieben Gotte auch nur ein Stückchen von ihrer Justiz einräumen? — Bedauert wurde das plögliche Ende Graf Ludolf’S gerade nicht. Im­­­ Regentheil gab es sehr Viele, die sich darüber freuten, besonders alle seine Guts- und Schloßangehörigen. Man bestattete ihn natürlich mit allen Äußer­­­lichen Ehren in der Familiengruft. Gegen die Gräfin ließ sich nun eigentlich nicht mehr viel thun, denn es fehlte der Ankläger gegen sie; da sein Testament vorlag, ging sogar der größte Theil des­ bedeutenden Vermögens auf sie über, e8 sei denn, daß man ihr ein gemeines Verbrechen nachzuweisen vermöchte, wie die Theilnahme an dem Diebstahle, und die entfernten Verwandten Graf Rudolf’8 unterliegen natürlich nicht, dies geltend zu machen. Dies Alles konnte aber auf den Prozeß gegen Harry von Preiß seinen Einfluß haben, er blieb einstweilen Dieb und Mörder. Auf den Fäger Darelhofer hatte die Polizei bisher vergeblich ge­­­fahndet. Da ging ihr — es waren etwa vier Wochen seit dem Attentate auf Schloß Buchenthal vertroffen, — auf einmal von den preußischen Be­­­hörden die Benachrichtigung zu, daß der Mensch unter dem Namen eines Lieutenants von Brunow, als eines neuen Diebstahls überwiesen, schwer verlegt, in dem fernen Ostpreußen in Haft genommen worden sei, daß man eine bedeutende Geldsumme bei ihm gefunden, und daß man ihn, wenn er diesseitig wegen seines Verbrechens verurtheilt worden, gern dem jenseitigen Gerichten zur Verfügung stellen würde. Daxelhofer hatte übrigens dort schon Aussagen gemacht, die seinen Zweifel daran ließen, daß er, zuerst in Betreff der­ Entführung im Einverständnisse mit Lieutenant von Preiß und Gräfin Hollfeld gehandelt, aber schließlich sich, im eigenen Interesse, von denselben losgelöst und heimlich entfernt habe. Dadurch mußte die Untersuchung gegen Harry nun allerdings, zum großen Verdruffe seines Inquirienten, der ihn gern in das Zuchthaus gebracht hätte, eine andere Gestalt gewinnen. Es wurde sofort eine Gerichts-Com­­­mission nach Preußen gesandt, um sich mit dem, dortigen Gerichten in Betreff Dorxelhofer’s ins Einvernehmen zu fegen, und von höchster Stelle angeordnet, daß man den Herrn von Preiß nicht zu seharf behandle. Darelhofer war ein des­­perater Kerl, aber das Gewissen mochte in ihm doch noch nicht gänzlich tobt sein, oder er hatte es satt, eine Molle weiter­­zuspielen, die ihm doch nicht zu dem erstrebten Ziele führen konnte. Ale a

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