Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1882. Januar (Jahrgang 9, nr. 2446-2470)

1882-01-24 / nr. 2464

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Hed­­­rich’s Erben, $ehässburg Gebrüder Retzer, Buch­­handlung, Bistritz Friedrich Wachsmann Nr. 187, Sächsisch - Regen Adolf Dengyel,­­­ Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos Paul Batzoni, Lehrer, Wien Otto Maas (Haasenstein & Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik, Rotter , C., H. Schalek, Pest A. V. Goldberger, Frankfurt aM. G. L. Daube & C. Der Raum einer einspaltigen Garmondzeilekoste beim einmaligen Einladen 7 fr., das zweitemal je 6 fr., das drittemal je 5 fr. 8. W. exclusive der Stempelgebühr von je 30 fr. Aus magyarischen Blättern. IL. Das in Klausenburg erscheinende magyarische Blatt der Regierungs­­­partei „Magyar Polgar“ enthält in Nr. 9 (vom 12. d. Mts.) unter dem Titels: „Die Sachsen und der Mittelschul-Entwurf" den nach­­­stehenden Leitartikel:­­­­­­ „Die Hege gegen den Mittelschulgejegentwurf seitens der Konfessionen hat begonnen. Traurig und niederschlagend ist es, in den an den Reichstag diesbezüglich gerichteten konfessionellen „Petitionen“ zu sehen, wie der Eine und der Andere eine Ertrawurst '­ verlangt. Unendlich wach ist in ihnen das Gefühl für die höheren Ansprüche und Interessen des Staates ?). Aber über Alles erhebt sich die vom Superintendenten Teutich und vom Sekretär Fritsch unterschriebene und im Namen des Landeskonsistoriums der lutherischen Kirche in den siebenbürgischen Teilen eingereichte Petition, welche nicht so sehr eine Petition, als vielmehr eine tollfühne Forde­­­rung i­. 3 „Sie ist ganz in dem Geist geschrieben, in welchem man in den jähri­gen Geschreibsein () die ausländische deutsche öffentliche Meinung gegen Ungarn zu reizen und zu erzürmnen sich bemüht. Und es wird nicht blos im Namen der siebenbürgischen Augsburger Kirche als solcher, son­­­dern auch im Namen von 200.000 „Deutschen“ aufgewiegelt und toll» fühn gedroht. Die Sadisen treten demnach an Nationalität gegen den Mittelthul-Gejegentwurf auf. Sie beginnen mit dem Westphälischen Frieden, sie zählen jedes wurmfä­hige veraltete Geieg aus den Approbaten und Compilaten auf; sie fordern für si ein unbedingtes autonomes Recht über die Schulen; von dem geießlichen *) Staats-Oberaufsichtsrecht, welches, 1) Wa die Nichtmagyaren auf dem Territorium der Stefanskrone verlangen. Haben Staatsmänner, an deren gutmagyarischem Eifer der „Magyar P­olgar” gewiß nicht den mindesten Zweifel äußert, längst ausgesprochen. So erklärte August Tre­­­fort, der jenige Minister für Cultus und Unterricht, al Abgeordneter in der 26. Ligung des Abgeordnetenhauses zu Pest am­ 22. Mai 1861, nachdem er unmittelbar vorher von den Ansprüchen der Kroaten gesprochen, wörtlich Folgendes: „Wo die Medrigen auf dem Territorium Ungarns lebenden Volks­­­stämme betrifft, so wuls ich ihre Entwicklung in nationaler Richtung nicht hindern, da Die Unterdrückung der Nationalitäten, so wenig sie sie mit der Freiheit verträgt, eine schlechte und zweclose Politik wäre. Die Serben, Ru­­­mänen, Deutschen, Slawen und Ruthenen mögen ihre Mumm­erpalangelegenheiten in ihrer Sprache führen, mögen in den Schulen die Sprache, die sie wollen, gebrauchen. Ich­­­wünsche die innere Entwicklung der Völker so in Ehren ge­­­halten, wie die Religeon, in die sie der Staat zu mischen sein Recht Hat. „Aber diese den verschiedenen Nationalitäten zu machenden Concessionen kann man nur auf Grund der Gleichberechtigung machen; und so, wie er unter der­ Religionen seine privilegirte Religion geben kann, so kann es im Gebiete Ungarns seine privilegirte Nationalität geben.” (Siehe: Der ungarische Neidydtag 186), 8 ° Pest 1861, I. Band, Geite 301). 2) Was die Interessen des Staates anbelangt, so erklärte der jenige Minister­­­präsident Koloman Tipa als Abgeordneter in der Lagung des Abgeordnetenhauses zu Veit am 21. August 1861 in seinem, von dem Abgeordnetenhause einstimmig an­­­genommenen Antrage: „Die Befriedigung welcher Ansprüche der im Lande wohnenden Nationa­­­litäten immer, welche mit der territorialen und politischen Integrität derselben nicht im Widerspruch stehen, nach in den Adressen entwickelten Prinzipien“ für eine Sordierung des Staatsinteresses. 3) Wir bedauern, daß der „Magyar Polgar“ die Drucsachen, die ihm borge­­­schwebt haben mögen, nicht näher bezeichnet hat. Wir wollen nicht Gleiches mit Gleichem vergelten und machen ihn auf eine interessante Schrift aufmerksam; sie führt den Titel: Ein Beitrag zur orientalischen Frage. Dritte, vermehrte Auflage. München, 1878. Theodor Adermann. *%) Wir ersuchen den „Magyar Polgar“, die Gefege näher zu bezeichnen, welche ihm vorgeschwebt haben, als er in der obigen Stelle den Terminus „gejeglichen” ge­­­brauchte, auch wenn er sein Gefeß aussprechen würde, schon aus der Natur und dem Meien des Staates selbst fließt, wollen sie nichts hören und verlangen zu­­­legt von der Gefeßgebung Ungarns, sie sollen ihnen zu Liebe den in Rede de. Gefegentwurf nicht einmal als Basis der Spezialdebatte an­­­nehmen. „An einer Stelle wird gesagt: in dieser bedenklichen, ja befragenswerthen Strömung gegen alle, in der bisherigen Geießgebung dieses Landes seit König Stefan I. zur Geltung gekommenen Traditionen, welche Niemand mehr zur Ruhe kommen läßt, verdanken jene Baragrafen des neuen Mittelschulgejegentwurfes ihre Existenz, welche die d­ratonischen Bestim­mungen enthalten, daß alle Maturitäts- Zeugnisse in magyarischer Sprache und etwa noch in lateinischer Ueberlegung auszufertigen seien, daß in allen vom Staate nei errich­­­teten Mittelschulen die Unterrichtssprache die magyarische sein sol, daß die Prüfungssprache aller Lehramtsaspiranten die magyarische zu sein habe, daß der Lehrplan und die Stundeneintheilung für magyarische Sprache und Literatur dem Minister zur Correctur vorzulegen, und daß er jeden Candidaten auch die magyarische Sprache und Literatur, und zwar im einem Umfange Prüfungsgegenstand zu sein habe, welcher die vorausgegan­­­gene völlige Aufhebung einer anderen Sprache als Unterrichtssprache schon an der Mittelschule zur noth­wendigen Vorauslegung hat.“ “ „Nun denn, sind Dies die so ungeheuer beschwerlichen Bünste für Die Sachsen? Wer die Verhältnisse nicht fennt, könnte glauben, daß der Mittel­­­schulgelegentwicf die Sachsen sogleich in Spieße ziehen wolle, weil sie einen so entjeglichen Lärın im Im und Ausland schlagen. Wer aber diese „„slagepunfte”" aufmerk­sam und gewisenhaft hieft, der muß, wenn er den Beistand nicht gänzlich verloren hat, zugeben, daß wir es hier mit einer fünftlich angefachten Agitation zu thun haben, daß die Petition der Sachen nicht eine fachliche Modifikation gegenüber einem Schulentwurf vom pädagogischen und didaktischen Gesichtspunkt ist, Sondern N Renitenz und Demonstration gegen die“ rechtliche und geießliche >­ Ober­ Hoheit des ungarischen Staates. „Oder wären wir schon dahin gelangt, daß eine Handvoll eines Bolfzsplitters in Zweifel zu ziehen wagt jenes unbedingte Recht des ungarischen Staates, daß wenn in Zukunft der Staat selbst eine neue Mittelschule errichtet, er in dieser die magyarische Sprache, die amtliche Sprache des ungarischen Staates, zur Unterrichtssprache mache und machen dürfe?() Ist denn so etwas erhört? So zu sprechen sollten sich beispielsweise nur die Bosener Polen unterstehen, man wirde sie beim Himmel Humanität lehren — in Berlin! Und es ist noch zu bemerken, daß die „Petenten“ am Schluß ihrer Beschwerdepunte noch thum, als ob die „völlige Aufhebung“ der deutschen Sprache als Unterrichts­­­sprache beabsichtigt wu­rde, was nichts anderes al ein unqualifieirbarer böswilliger Kniff und eine Vorauslegung ist, welche der Mittelschul-Entwurf durch nicht­­s rechtfertigt und deren Z­wec kein anderer sein man, als den Haß gegen Ungarn zu behalten. „Aber Hören wir nur, was die loyalen sächsischen Petenten noch hinzufügen: „„Der Staat hat weder ein natürliches, noch ein formales Recht, der ungestörten Pflege der Wissenschaft auch in einer anderen Sprache als der der Staatsregierung, wenn jene die Muttersprache der betreffenden schulerhaltenden Körperschaft und dazuu — wie in unserem Falle — eine eminente Kultursprache ist, Hindernisse zu bereiten. Das kann sein Kulturstaat, ohne seine eigene Zukunft zu ge­­fährden, mit Bemwußt sein wollen.“ »Mancmand wie gutwillig und objectiv immer zur Leschüre der Hermannstädter»»Pe­­tition««gegriffen haben,so ist es unmöglich,daß die­­s­ Wir­ vermissen auch hier die Aufzählung jener betreffenden positiven Gesetze, auf welchen der»Magyanolgar«seine Darstellung aufgebaut hat. O)Allerdings kann der Staat eine Mittelschule mit magyarischer Unterrichts­­­sprache errichten,jedoch unter Beobachtung des§.17 des XLIV.Gesetzartikels vom Jahre 1868»Ueber die Gleichberechtigung der Nationalitäten«,dessen Wortlaut wir in Nro.2463 dieses Blattes mit getheilt habern bezogenen Stellen sein Blut nicht sieden machen7)und er nicht sage,wenn dieses Ungarn schon so elend und schwach ist,daß seine Zukunft auch ein, nicht einmal in Betracht kommender Volkssplitter»gefährden kann«,so möge er lieber zu Grunde gehen,da er ohnehin nicht lebensfähig ist. Und es kommt Einem hiebei in den Sinn, tief zu bedauern, daß Bem seinerzeit nicht so gekämpft hat, wie Andere ihm gerathen hatten­), in jenen Gegenden, woher man diese tollsühne Schrift der ungarischen Gefeggebung hinaufzu­­­feiden gewagt hat.­­­ « »Nein.Den Schutz wahrhaft gerechter,billiger und begründeter Ansprüche und­ Interessen pflegt m­an nirgends auf der ganzen Welt so zu erbittern wied­er die Sachsen thun Aber ihnen war es auch nicht hierum zu thun,sondern um die Herausforderung.Nun gut.Sie können bald sehen,wie weit sie damit kommen.« 7)Der»Magyaerlgar«wolle uns erlauben,ihm zu sagen,daß er nicht mit der erforderlichen Objektivität an die Lek­üre der von ihm beanstandeten Petition,die für die Deutschen nur das gleiche Recht beansprucht,gegangen ist.Wir leben in einem und demselben Lande und werden durch den Uebereifer des»Magyar Polgar«darin erinnert,wie Graf Stephan Szechenyi in seiner berühmten akademischen Rede vom Jahre 1842 unter dem Eindru­cke der Erinnerung an magyarische Heißsporne wörtlich sagt: „Schon hier versinkt in Trauer meine Seele, denn ich wenigstens Tenne, mit äußerst wenig Ausnahmen, kaum einen wirklich eifrigen Ungar, — und diese Aufrichtigkeit sehulde ich umnserer Heiligen Sache, der ich jede persönliche Rücksicht unterordne­­t welcher, wenn auch noch so viel grünes Haar sein Haupt bedect, wenn übrigens auch noch so viel Erfahrung und Lebensnweisheit sein Gehirn gestaltet hätte, gleich einem Geistesverwirrten, wenn seine fite Idee an­­­geregt wird, nicht mehr oder weniger verlegen wirde die Regeln der gegensei­­­tigen Billigkeit, ja einigermaßen sogar der Wahrheit, wenn die Angelegenheit unserer Sprache und Nationalität aufs Tapet kommt. Bei solcher Gelegenheit wird der Kaltblütigste Hingerisfen, der Scarfsichtigste ist mit Blindheit ge­­­schlagen, und selbst der übrigens Allerbilligste und Gerechteste ist geneigt, zu vergessen, ja manchmal vergibt er wirklich gänzlich sogar jenes erste Gebot der ewigen unwandelbaren Gerechtigkeit — welches aus den Augen zu verlieren nie erlaubt wäre — daß man nie Anderen etwas thun solle, was man von ihnen nicht gerne empfinge.” (Meber die ungarische Akademie vom Grafen Stephan von Szechenyi, 1842, Ueberfeßt und mit Anmerkungen begleitet von Gincerug. 3” Leipzig, 1343.­ ° ®) Ohne Biweifel meint „Magyar Polgar” Hiemmt die bekannten schriftlichen Rathschläge Kossuth’s an Bem über die Art der Kriegführung im Sachsenland. Am­ 17. März 1849 schrieb der damalige „Regierungs-P­räsident” Kofjuth an General Bem wörtlich Folgendes: „Ich ertheile dem Herrn Generalen Die positive Weisung, die vorzüg­­­lichsten Leiter des sächsischen Aufruhr arretiren zu lassen und selbe dem Regie­­­rungsformissär Csanyı zu überliefern mit der Weisung, daß selbe alle Geigeln für die alsbaldige Entfernung der Auffen und friedliches Verhalten ihrer Weit­­bürger dienen sollen; und falls die Auffen nicht allsogleich sich aus dem Lande entfernen oder die mindeste Widerleglichkeit unter den Sachsen sich offenbart, werden selche, als des ärgsten Landesverrathes schuldig, vor ein S Kriegsgericht gesielt und unabweislich mit dem Tode bestraft. „Sie aber, Herr General, ziehen jede denkbare Kraft an sich — und halten Sie Hermannstadt bis auf den leyten Mann. Werden Sie angegriffen, jagen Sie dem landesverrätherischen Volke Hermannstadts, da Ihre Kanonen aus den Trümmern der Stadt sich ein Bollwerk­­­ gegen den verrätherisch ins Land gerufenen Feind bilden werden, bis ich, wenn es Noth­­tgut, mit einer neuen Armee komme, um den unerhörten Landesverrath zu züchtigen. Darum möge der Magistrat hinauswandern in das Feindeslager, mit Hinterlassung seiner Familien al­­leigeln, und als ihr einziges Rettungsmittel von den ARussen erflehen, daß sie augenblidlic aus dem Lande ziehen. „s Kronstadt sol sich übergeben, sonst wird seine Widerspenstigkeit an Her­­­mannstadt gerächt.” (Aus „Briefe Ludivig Kossuth’3 an 3.M.-L. Bem 1849. März bis Juni. Heraus­­­gegeben von Aladar Wlafray. 8 ° Belt, 1870, S. 3 -4.) | | ae 1882. Feuilleton. Stern und Irrlicht. Novelle von Wilhelm Jensen. (18. Fortlegung.) zu diesem Endziel führten, gingen über den Kreis seiner Gedanken und Be­­­griffe hinaus. Die mußte Geerbt selber wissen; wer den Adel pflügte, konnte ihm nicht dabei wathen und müßen. In Ditershude hatte er wohl Ein unbesiegbarer Wille lebte und herrschte in der hochgewachsenen Rnabengestalt, den sein noch so scharfsichtiger Menschenkenner unter seinem immer gleichmüthig stilem Außenwesen zu ahnen vermochte. Aber ab und zu kam’8 doc, daß er nicht mehr ‚Her über denselben blieb und die vebel­­­fischen, todesmüden Augen sich weigerten, länger zu gehorchen. Dann griff Geerdt Gebaur plölich in seine Brusttasche, 305 sorgsam eine blaue Schleife, in doppelten Papierumschlag gehüllt, hervor und legte sie vor sich neben das Buch, und das einsame Lämpchen im Dirkenhof brannte fort. ans Gebaur sagte nichts zu der Veränderung im Leben seines Sohnes. Nur ein einziges mal, als dieselbe ihm zuerst begreiflich geworden und Geerbt in ziemlich unklarer Weise über seine Absicht und Zukunft mit dem Bater geredet, hatte viefer foßfindend und mit einer gewissen Eierlichkeit in den Zügen geantwortet: „Du mußt’s wissen, Geerdt, die Mutter hat’s an­­gewußt. Ihr sag’s an, daß Du auf einen Prediger stubiren sollst, und sie hat’s verdient, aß ich nichts dagegen geredet, auch als sie’s nicht mehr sehen konnte. Der Beutel mit Thalern, den sie dafür gespart. Liegt im Schub; sie gab ihm mir, das war ihr Lechtes. Wenn’s Zeit ist, daß Dur ihn willst, sag’s; Du mußt wissen, wann.“ Dann sprach der Bauer nie mehr darüber. Er wußte, daß sein Sohn nicht gleich ihm Bauer würde, sondern nach dem langüblichen Anspruch „auf den Prediger ftnbirte,“ und war damit zufrieden. Aber die Wege, welche eine Zeit lang Aufsehen gemacht und war in allen Häusern darüber geredet worden, daß Geerbt Gebaur plöglich Bastor werden wollte und daß der Herr Bastor und der Schulmeister damit einverstanden wären und ihn jetzt nicht mehr wie früher für Schwach im Kopf ansähen, son­dern ihn für klüger und fleißiger erklärten als die anderen Jungen im Dorf. Dann jedoch war die Neuheit der Sache vergangen, Affe mußten, daß es so sei, und die weiter­­­gehenden Tage fanden Anderes, sich darum zu befürmern. Nur für Sivera Corde blieb es immer neun und frembdartig. Sie hatte es nicht glauben wollen, als es ihr zuerst jemand — nicht Geerbt selbst — mitgetheilt, und sie war zum Birkenhof gelaufen, um dort zu fragen. Da hatte Derjenige, der am beten von der Sache wußte, es ihr bestätigt, auf ihre erstaunte Frage stumm mit dem Kopfe geriet, und still und nachdenklich war sie nach ihrer Hütte zurückgegangen. &8 konnte wohl nicht anders sein, als daß diese Aenderung ihr täglich neu blieb, denn vom Morgen bis zum Abend wird sie daran erinnert. Der Unterricht, den der Pastor Vigelius dem Knaben ertheilte, fand am späteren Vormittag statt und sie mußte in der Frühe ihren Schulweg allein machen und kam ebenso wieder heim. Zuweilen noch lief sie unwillführlich Hastig auf dem Rückweg, weil sie das Gefühl hatte, uld müsse Geerbt wie einst in der Pappelstraße auf sie warten, und wenn sie an den Wand der­­­selben gelangte, konnte er sie wu­nderlich täuschen, als stehe er wirklich port und swhnte ihr zu. Aber er war es nie, sondern nur­ ein Flimmern vor ihren Augen das sie am stärksten blendete, wenn nun im Winter des Nachts tiefer Schnee gefallen sind. Alles gleichmäßig überdect hielt. Da war sein Pfad mehr vom Birkenhof zur Kathe ver alten Sildum Corde getreten und das Mädchen mußte sich mühsam mit ihren Kleidern hindurcharbeiten. Manchmal stand sie vor einer hohen Schneewehe, wie vor einem fast unmöglich für sie zu überwindenden Weghinderniß und blieb troß allem Aufgebot ihrer Kräfte rathlos in der Mitte des Fladengebirgs stehen. Dann sah sie umher, bis das Flimmern vor den Augen sich in zwei T­hränen verwandelte, die ihr stumm an die Mundwinkel herunterrannen. Doch Niemand gewahrte sie in ihrer Noth und sie mußte sich allein weiterhelfen, bis sie dum­äßt und vor Kälte fast erstarrt in der Schule eintraf. Aber auch Jont hatte Geerdt beinahe niemals mehr Zeit, mit der früheren Gefährtin jedes Tages wie Jost zusammen zu kommen und durch Feld und Yoush mit ihr zu streifen. Wenn er es einmal b­at, sich für Stunden von seiner rastlosen Arbeit frei machte, weil der Pastor «8 ihm dringend anbefohten, si in der Luft zu erholen, war er freundlich gegen Sivera und stete bereit, auf jeden ihrer Wünsche einzugehen, aber trog dem Doc nicht der Alte, der er gewesen. Ab und zu konnte er plöglich ohne Öruno bis zur Ausgelassenheit, zum tollen Uebermuth fröhlich sein, dann schlug er eben­­so schnell in ein wortsarg ernstes Wesen um und prängte, wie von einer Angst erfaßt, zu seinen Büchern zurück. Wenn er so summ neben ihr Herging, blickte das Mädchen oft fheu von der Seite zu ihn auf. Sie sprachen nicht mehr wie einst Alles gegen­­einander aus, was sie dachten, aber noch deutlicher empfand Sivera, daß je auch nicht mehr zu fühlen vermochte, was in Geerdt Gebaur’s Kopf und Herzen vorging. Manchmal regte sich ein Stolz und eine Freudigkeit im ihr, daß er jegt weit über allen anderen Knaben des Dorfes stand, und mit sonverbar aufflopfendem Herzen sah sie ihn, wie man die phantastische Umbildung einer fernen Wolkengestalt am Adenphimmel gewahrt, groß und stattlich doch noch jungen Angesichte, prüben im Garten des Pfarrhauses auf und ab schreiten. Aber dann zervanf dies Bild hastig, wie inhaltsloses Gewöll, daß ihr Auge sich mit einer irren Angst zu dem jegt erst halb erwachsenen noch an ihrer Seite Dahinwandernden aufschlug, als suche sie vergeblich etwas in seinem Innern zu lesen. So Schritt die Zeit, und das Korn wuchs wieder auf und neigte seine Ar­ren. Doch es war ein naßfrostiger, regenschwerer Sommer, der unab­­­lässig seine strömenden­ Welten heraufjagte und fast immervar das schdue Blau des Hingnels hinter ihnen verbarg. Nur gegen Osten hinüber lag jegt wieder die blühende Ginsterhalpe, einer kleinen, von unauslöschlicer Sonne bestrahlten Welt gleich, in der traurigen Landschaft.­­­- - Aber einmal kam doch ein trockeners Tag,an dem die­ Sch­eune von |

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