Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1882. Oktober (Jahrgang 9, nr. 2673-2698)

1882-10-02 / nr. 2673

? a Redacion und Adminiftration: Heltauergafje 23. Erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Feier­­­tage täglich. Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 fr., vierteljährig 2 fl. 50 fl., halbjährig 5 fl., ganzjährig 10 fl. ohne Zustellung ins Haus, mit Bustellung 1 fl., 3 fl., 6 f., 12 fl. Abonnement mit Bostversendung: Für das Inland: vierteljährig 3 fl. 50 De 7 fL., ganzjährig für das Ausland: vierteljährig 1 RM. oder 12 Fred., Halbjährig 18 AM. oder 24 PS­­en 36 AM. oder Ted. Unfrantirte Briefe werden nicht angenommen, Manustripte nicht zurückgestellt. Re: 2673. l. | Siebenbürgistj-Deutsches Hermannstadt, Montag, 2. Oktober Pränumerationen und Inserate übernehmen außer dem Hauptbureau, Heltanorgane Nr. 23, in Kronstadt die Buchhandlungen Heinrich Dresswandt, Heinrich Zeidner, Mediasch J. Hed­­­rich’s Erben, S­chässburg Heinrich Zeidner’s Filiale, Bistritz Friedrich Wachsmann Nr. 187, Sächsisch - Regen Adolf Dengyel, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Breess Paul Battoni, Lehrer, Wien Otto Maas (Haasenstein & Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik, Rotter , C., H. Schalek, Pest A. V. Goldberger, Frankfurt a.M. G. L. Daube & C. Insertionspreis : Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile koste beim einmaligen Einladen 7 Tr., das zweitemal je 6 &., da3 drittemal je 5 k­. d. 8. exclusive der Stempelgebühr von je 30 kr. 1882. « Prim­ma Kunst-Einladung Hiebenbürgisch-Deutsche Eugeblatt Mit dem heutigen Tage beginnt ein neues Abonnement auf das „Siebenbürgis-Deutsche Tageblatt”. 33” P­ränumerationen und Infierat3-Aufträge werden entgegen­­­enommen; in Hermannstadt beim gau­­ptbureau, Heltauergasse 23, in der Buch­­­ing Franz Michaelis, und Elisabethgasse Nr. 29 bei Gustav Gürtler, auswärts bei den am Kopfe des Blattes genannten Firmen. Der Beilag des „Siebenbürgis­­ch Tageblatt 3‘4 (Hermannstadt, Heltauergasse Nr. 23.) AN Magyarisirung. Im magyarischen Heitungswalde ist ein neues Bäumchen gewachsen. Bor uns Liegt die erste Nummer eines Blattes, das, wie schon sein Name „Magyarország, havi folyö i­at a magyarosodäs 6rdekeben“ (Ungarn, Moratsihrift im Interesse der Magyarisirung) sagt, seine Existenzberechti­­­gung lediglich in der Magyarisirung sucht und ausschließlich dieser dienen will. An Organen des unheilvollen Magyarisirungswahnes, der den Völker­­­frieden im Lande vergiftet, hat es wahrlich auch bisher nicht gefehlt; man könnte fast fragen, welches ungarische Watt dient nicht dem magyarischen Chauvinismus? Die Ausnahmen lassen si beinahe an den Fingern zählen. &3 zeugt für die tiefwurzelnde und weitumspannende Kraft Dieses Chaudinismus, wenn sich nur noch ein Blatt findet, welches seine Lebens­­­reime ausschlielich im der Atmosphäre des­­­ Magyarisirungswahnes sud­. Da wir die Erscheinungen dieser frankhaften Bewegung registriren, nehmen wir auch von der neuen Monatsschrift Akt, die der frühere Redakteur der „Pozsonyvidski Lapok“, Desiderius Arderyi in Ofenpest, herausgibt. Ein Aufruf „an die magyarische Nation“ gibt als Programmartikel die Tendenz der neuen Monatsschrift bekannt. „Die verwegene Agitation des Schulvereinesg — heißt es gleich im Anfange — Hat die Leidenschaft der Sachsen aufgewühlt; und siehe da! die blinde Wuth der zügellosen Leidenschaft veranlaßte die deutschsprechende Bevölkerung Ungarns, ich zur magyarischen Nationalität zu bekennen. "Das deutschsprechende Bolt in Preßburg, Temesvar, im Gebiet jenseits der Donau, im Banat, in der Rips, Bacska, im Thal der unteren Theiß, zwischen Weiß und Donau und in Oberungarn hat ausgesproc­hen, daß es magyarisch sei, Daß e 3 wünsche, Dies zu fein und zu bleiben. Diese Erklärung ist der Magnet, welcher die Magyaren in Ungarn eint, den Schwerpunkt von Oesterreich- Ungarn nach Dfenpest zieht. a! die ungarischen Deutschen haben sich zur magyarischen­ Nationalität bekannt. Beinahe drei Millionen deutie Würger zählen fi zu den Magyaren und sind bereit, fi der den Staat bildenden magyarischen Nation anzuschließen. Aber wo ist der Magyar? Der Ma­­­gyar von Geburt sehrmindet dahin, vernachlässigt seine Nationalität, geht zurück verneint, und die Vermehrung durech die Magyarisirung der fremde­­sprachigen Nationalitäten wird durch die Entartung der geborenen Magyaren mwerth­ 08; denn der Magyar Hat nur Karten, gesellschaftliche Klassen und den Hochmuth der Geschlechter, mit welchem er absondert, beleidigt,­­­k lägt, abstößt und erniedrigt, aber er Hat seine Gesellschaft und sein nationales Selbstbewußtsein, welches bildet, unterfragt, erhebt und gewinnt. Sind denn in die gutmüthigen Deutschen, die lutherischen Slovalen , die serbischen Bunjevazen, die katholischen W­ulgaren, die ihre Namen magya­­­risirenden Juden, sind denn nur die um die ungarische Staatsidee ich schaatenden fremdsprachigen Nationalitäten hier magyarisch?! Erwarten m wir nur vom biefen patriotische Gesinnung? it denn das @lüch genug, daß der als Magyare geboren wurdest; oder hast du eine Pflicht, einen Beruf, welchen du erfüllen mußt? Magyaren! Erwachet aus euerem tiefem Schlafe!“ u. |. w. Im diesem Tone fährt der Aufruf, der e8 weder mit den Zahlen — denn e8 gibt nicht 3 Millionen, sondern nur 1,800,000 Deutsche in Ungarn — noch mit Anderm genau nimmt, fort, das Magya­­­renthum für die Magyarisirung zu begeistern. Ein zweiter Artikel empfiehlt die Errichtung eines das ganze Land überspannenden Magyarisi­ungd-Vereines. „Gestehen wir: Die magyarische Nationalität ist nicht stark genug. Gestehen wir, daß sie gegenüber der Gesamtmtzahl der nichtmagyarischen Nationalitäten sich in der Minderheit befindet. Was ist das Ziel des Vereines? Darauf gibt jede Zeile dieser Zeitschrift Antwort: Ungarn groß, magyarisch zur machen.“ Der Grundtag der Feuilen sol diesem Vereine zur Nichtschnur dienen. „Das Mittel, die Art der Ausführung — heißt es — kommt nicht mehr in Betracht. Der Zweck Heiligt das Mittel; jedes Mittel zum Zweck­ ist gut." Findelhäuser, Kinderbewahranstalten, Schulen, Volksbibliotheken, der Unterricht der Erwachsenen, Belohnungen werden als solche Mittel empfohlen. An das Fam­tihareninstitut erinnert der Vorschlag, nichtmagyarische Kinder durch die Erziehung in magyarischen Orttschaften zu magyarisiren. Der Borschlag wird damit begründet, daß die Kinder im Alter von 14—16 Jahren das Magyarische, das sie in der Schule gelernt haben, wieder vergessen. Daher sollen nichtmagyarische gegen magyarische Kinder ausge­­­tauscht werden. Die Organe dieser umfangreichen Thätigkeit sollen der Landes-Magnarisirungs-Verein und seine ü­berall in Stadt und Land sich bildenden Filialen sein. „Ueberall bedarf man ihrer; überall mögen sie sie organisiren: unter den Nationalitäten, denn dort müssen sie wirken, aber auch in rein magyarischen Gegenden, denn auch dort ist Unmagyarisches, das auch gerottet, viel Fremdartiges, das entfernt werden muß." Eine wichtige Rolle wird den Redakteuren der Provinzblätter zugewiesen. „Sie fennen am besten ihre Gegend, deren Lage, die Nationalitätenbewegungen. Siedes Provinzblatt bleibe in seiner Gegend, suche den Gegenstand in seinem Bereiche und spreche darüber unermü­dlich, fort und fort, bis er ein Resultat sieht. Dann gehe er zu Anderm über, bringe e8 zur Reife, und der Erfolg wird nicht außbleiben.” ‚Ein besonderer, aus Schäßburg datirter Artikel ist den Sachsen ge­­­widmet. Der Kantönligeist wird aufgestachelt zur Vernichtung­­­ Her­­­mannstadts. „Die Jungsachsen einfüigen heute thatsächlich nicht mehr; nur ihr Name und die Erinnerung an sie, an welche sich so viele in Rauch auf­­­gegangene Hoffnungen knüpfen, ist geblieben. Wie hat dies geschehen können ? Wie hat sich so plöglich der fächliche Patriotismus abgewendet? Sehen wir nur nach Hermannstadt; dort ist der E­lüffel. Das sächsische Vort häuft feine Schäge in Hermannstadt zusammen; dorthin hat er seine Schulen verlegt, sein gemeinsames Vermögen. Dort ist­ die Blüte seiner Bildung, dort ist die Quelle seiner Agitation nach Außen. Hermannstadt will über den alten sächsischen Königsboden und über dessen öffentliches Vermögen herrschen. Die Übrigen Sachen sollen Knechte sein; aber ihre Hauptstadt Hermannstadt sol glänzend, strahlend, mächtig, reich sein. Dies ist das Bier. Und deßhalb verheißen sie sächsische Herrschaft, Anschluß an Oesterreich, großdeutsche Hilfe — und die durch die Nädelsführer getäuschte Menge glaubt es! Aber sehen wir uns nur um! Das Vermögen des gewesenen sächsischen Königsbodens ist gemeinsames Vermögen, welches allen Sachsen gleichmäßig gehört; und wer benügt es? — Hermannstadt. Der Mittel­­­punkt de Sachsenlandes ist Schäßburg, und welches ist trogdem die Haupt» stadbt? — Hermannstadt. Der wirthschaftliche Mittelpunkt des östlichen Siebenbürgens ist Kronstadt ; und welches ist dennoch das Mekka der Sachsen ? — Hermannstadt. — Schäßburg, Kronstadt, Mediarch, was saget ihr zu den mit jächrlicem Felde gebauten öffentlichen Anstalten in Hermannstadt ? Söhne Siebenbürgens,was unget ihr zu den in Hermannstadt konzentrirten Staats­­­ämtern? Und doch ist dieser Hermannstadt ein auf der Seite liegender Punkt, Heiner als Kronstadt, ärmer als Mediarch, abgelegener als Maros- Bafardely, auch Schäßburg ist ein besserer Mittelpunkt — dennoch ist er der Herr, der einzige Herr; ihr alle zieht nur an seinem Wagen! Deshalb agitirt Hermannstadt, liebäugelt nach Außen, denn er weiß, daß die Zeit gekommen ist zur Herausgabe des gemeinsamen sächsischen Vermögens . . . Ihr, Hermannstädter, rechnet s­­chlecht! Das Auge des sächsischen Volkes be­­­ginnt sich zu öffnen, und es braucht nur zwei — drei Führer, daß die Partei der Jungsachsen neuerdings erwache, daß gemeinsame Vermögen vertheile und­ von den in Hermannstadt zwec- und grundlog in eine Sad­­­gasse gesteckten Wemtern und anderen staatlichen Begünstigungen den ge­­­ihren Freund zu nennen, so weiß ich, daß Niemand einen aufrichtigeren hat. Sie fassen das Leben zu düster auf; micht ich allein sondern auch KR freuen sich, Ihnen einen Wunsch erfüllen oder einen Dienst leisten zu können.“ „Sie sind gut, das weiß ich," bemerkte die Kranke. „Von Ihnen glaube ich es auch, aber nicht von Unseren. Denn weshalb suchen Andere mir nicht Werger und Aufregung zu ersparen, da sie es leicht können! Ich möchte die wenigen Tage, welche mir noch beschieden sind, in in Ruhe und Frieden einbringen, aber selbst dies ist, mir nicht vergönnt." Sie beugte si­­ershöpft auf das Sopha zurück. „Sollte dies wirklich jemand gewagt haben!" rief Thomas, scheinbar entrüstet. „Ich kann es nicht glauben, Sie, die Sie nur Liebe und Güte säen, können au nur Liebe ernten !" bührenden Antheil fordert.Kronstadt,die große Handelsstadt,ver­­­dient gleiche Verheiligung aus den mit gemeinsamem Gelde eh­­haltenen sächsischen Anstalten;Schäßling,als der Mittelpunkt, Sachsenthumä,verdient,daß das sächsische Volk es berücksichtige;aber auch die übrigen alten Stühle warten mit Recht der Auftheilung des gemein­­­samen Vermögens;denn nicht allein Hermannstadt braucht glänzende Schulen,im Auslande erzogene streitsüchtige Professoren,sondern auch sie brauchen Volksschulen,kirchlichen Fundus,Ausgleichung der Gemeindes­­umlage und vieles Andere, von dem Hermannstadt viel hat, sie aber nichts !* An dem guten Willen, Hermannstadt zu verderben, fehlt es — wie man siegt — dem wadern Wanne nicht; dagegen augenscheinlich an der Kenntniß der Verhältnisse. Für die nächste Nummer des Blattes wird ein reichhaltiges Programm verheißen; wir erwähnen nur Einiges: „1. Magyarisihung des Heeres. (In ungarischen Regimentern dürfen nur in den Ländern der ungarischen Krone geborene Staatsbürger Offizierrang befleiden.) 3. Firmen und Aufschriften. (Eine nichtmagyarische Firma zahlt 100 fl. Steuer; sie kann eine andere Aufschrift oder Wiederholung der Firma auch steuerfrei ges­­brauchen.) 4. Amtliche Staatssprache. (Husschließlich magyarisc.) 8. Ge­­­werbe, Handel. (Nur eine magyarische Firma kann eine staatliche Begünsti­­­gung erhalten, auch dann nur, wenn sie magyarische Buchfü­hrung hat.) 9. Professor. (Nur eine magyarische Lehranstalt kann ein gültiges Diplom a­­us Viriliften. (Wer nicht magyarisch versteht, kann nicht Virilift ei)" in fu­ß. Dolitifige Nebelfläht. Hermannfadt, 1. Oktober. Die Saat von Tipa-Ehlar Hat begonnen, in den Pöbelerzeffen auf­­­zugeben, die sie Tage lang in P­reßburg wiederholt haben und selbst von dem Militär nicht vollständig unterdrückt werden konnten. &3 kann seine age sein, daß jeder anständige Mensch diese Ausschreitungen auf das Ent­­­schiedenste verdammt. Und wenn wir an dieser Stelle von der Juden­­hete in Preßburg Akt nehmen, so geschieht er nicht, um viele Redeng­­­arten an das zu wenden, was sich von selbst versteht. Wir sehen uns vielmehr dazu durch die niederträchtige Art veranlaßt, mit welcher von ge­­­wisser Seite versucht wird, die Deutschen in Ungarn zu Prügelm­achen für die gegen die Juden verübten Erzeife zu machen. So beginnt der Leitartikel des „Bester Lloyd“ (Nr. 296 vom 30. September I. 3.) folgendermaßen :­­­ »Die Stadt,welche unter besonderer Berufung auf ihre»Bildung« begehrt,«um jeden Preis zum Sitze einer neuen Universität gemacht zu werden,Preßburg,hat soeben gezeigt,daß es seinen Traditionen aus dem Jahre 1848 treu geblieben ist. Unvergessen ist ja, wie in dem großen Jahre jene Stadt, die ss sorgsam von allen Regungen des nationalen Geistes abzuschließen wußte, aus dem ganzen Füllhorn der Freiheit, welche die damals noch rein aristokratische Geregelung des Landes allen Bürgern bot, nur Eines sich wählte — die Freiheit, wehrlose Fuden zu plündern ! Nun denn, jener verlotterte Dieb, der gestern Abends die von Suden gehaltenen Kaufläden und Schänfen erbrach, stammt in gerader Linie von den Helden, die einst im gesegneten Monat März es als die höchste freiheitliche Errungenschaft ansahen, jüdisches Eigent­um franz und frei stehlen zu dürfen. Das derzeit noch spärlich vorhandene ungarische Element besitz in Preßburg Leider noch nicht die Macht, die Menge zügeln zu können, denn ehe man dieser in so hohem Grade peinlichen Affaire näher tritt, ziemt es sich zu konstativen, daß die ungarischen Kreise sein Verschulven treffen kann an Demjenigen, was der Pöbel gestern in Preßburg vollbracht hat. Es ist ja bezeichnend genug, daß der Antisemitismus zum V­erbrechen ausartete — nicht in jenen magyarischen Komitaten, wo die famose Zeipa» Eflarer Affaire sich abspielte, und wo seit einem halben Sabre mit allen Mitteln gekchärt wird, welche das zügnellofeste Demagogenthum nur je in An­­­wendung gebracht hat, um die Seele eines D­offes zu vergiften, daß, sagen wir, nicht die ungarische Bauernschaft, auf welche der Antisemitis­­­mus alle seine Hoffnungen gebaut hat, sie das rufsische Meuster zur Nacht „Ein größeres Unrecht kann er nicht thun, als Sie darin, daß Sie je manches befümmerte Herz glücklich machen, beschränken zu wollen.“ viel Romas. Benilfeton. Das Ringen nach Grüß. Roman von­­­ Friedrich. (47. Bortregung.) Er war nicht in der Stimmung, die lagen der alten Dame anzuhören, und noch weniger, ihr Gebete vorzulesen, und doch mußte er ihr gehorchen. Er durfte sie nicht vernachlässigen, weil er sie nicht entbehren konnte, denn er lebte fast nur ste allein. Die ruhige Wederlegung siegte deshalb bald über sein widerwilliges Gefühl; er erhob sich und kleidete sich mit Sorgfalt an. Ehe er das Zimmer verließ trat er noch einmal vor den Spiegel sich zu überzeugen, daß von dem was ihn so unwillig bewegt hatte, auf seinem Gesichte nichts mehr zu lesen war. Und, wer ihn jet erblickte, wer seine ruhigen Züge sah, konnte kaum glauben, daß in seinen Adern ein heißes, leidenschaftliches Blut floß. Er traf die Generalin wie gewöhnlich in ihrem Zimmer in Deden ge­­­hüllt auf dem Sopha. Schnell eilte er auf sie zu, erfaßte die Hand die sie ihm entgegenfliecte, und führte sie an seine Lippen. „DBerzeihen Sie, Crcellenz, daß Sie haben zu mir fehrden müssen, Ihr Diener traf mich indessen schon im Begriffe, zu Ihnen zu kommen,“ sprach er. „Ich war unwohl, font würde ich sicher nicht verfehlt Haben, mich nach Ihrem Befinden und Ihren Wünschen zu erkundigen.“ „Es thut mir leid, daß Sie frank gewesen sind," erwiderte die alte Dame mit schwacher Stimme. „Ich glaubte fon, daß Sie mich vergessen hätten. Ye älter man wird, um so seltener werden die Freunde; Von einer alten und kranken Frau halten die Meisten sich am liebsten fern, denn sie kann nichts mehr thun, um sie zu unterhalten; sie wird Anderen zur Last, wie auch ihr das Leben eine Last ist." „Ercelleng,“ unterbrach sie Thomas, „wenn ich es wagen darf, mich »Dies ist unverantwortlich,wenn er weiß,daß er Sie dadurch beun­­­ruhigt!«rief er.»Er sollte Alles,was Ihnen nur die geringste Erregung bereiten kann,von allen fernzuhalten suchen!« ,,Er hat es nicht ohne Grund gethan,er las mir einen Brief vor, in welchem seine Ehrlichkeit angezweifelt war.« »Wer kann das gethan haben?«warf Thomas ein »Der Brief trug keine Unterschrift;es war zugleich darin erwähnt, daß ich mein Vermögen geradezu vergeude,indem ich es an die Armen wegwerfe,und mein Anwalt machte mir deshalb aufs Neue Vorstellungen.« »Ich wollte,Sie sprächen die Wahrheit,allein es denken nicht Alle so milde wie Sie,«fuhr die Generalin fort.»Ehegestern war mein Anwalt bei mir,brachte mir eine Menge Abschlüsse,Rechnungen und Belege über die Verwaltung meines Vermögens und sagte mir offen,daß es ihm lieb sein würde,wenn ich diese Verpflichtung von ihm nehme.« Thomas hätte aufjubeln mögen,er wandte das Gesicht ab,weil er befürchtete,die Freude über diese Mittheilung könnte sich zu deutlich in seinen Zügen aussprechen.­­­ — »Ja,es hat mich sehr erregt«,fuhr die Generalin fort,»ich habe ihm dies auch gesagt,obschon ich wußte,daß ich ihn nicht überzeugen werde. Sein Herz versteht mich nicht weil er beich­tend was er thut,sich nur von seinem Kopfe leiten läß.Er ahnt nicht,wieviel innere Befriedigung ich dadurch gefunden habe.Mein Körper ist schwach und hinfällig,allein mein Geist ist noch frisch,mein Gedächtniß getreu.Meine Erinnerung hat das Glück,welche s ich einst genossen,treubewahrt,ich würde den Verlust desselben nicht ertragen können,wenn nicht der Gedanke,daß ich im Stande bin,das Geschick manches Unglücklichen zu erleichtern,mir Beruhigung und Genugs­­thuung verschaffte.« »An ihnen zugleich die innige Liebe so vieler Herzen verschaffte, fügte Thomas Hinzu. Die Generalin schwieg, denn sie schien sehr erschöpft zu sein. Der Kandidat richtete den Blick fragend auf sie, denn über das, was ihn am meisten interessirte, dessen Entscheidung er mit der größten Ungeduld entgegen­­gab, hatte sie kein Wort gesagt. Er ließ ihr Zeit sich zu erholen, weil er hoffte, sie werde von selbst ihm die erwünschte Deittheilung machen. Sie schwieg indessen und halb träumend, wie sie da saß, schienen ihre Ge­­­banken eine ganz andere Richtung einzuschlagen. „Sie haben ihm die Verwaltung ihres Vermögens genommen, da er es selbst wünschte ?" fragte er endlich leise, aber doch mit einem Tone, als ob sich dies von selbst verstehe. « Die Generalin richtete sich mühsam auf. »Nein,«entgegnete sie,»ich konnte dies um so weniger thun,da seine Rechtschaffenheit von Anderen in Zweifel gezogen war.Würde es,wenn ich ihm die Verwaltung genommen hätte,nicht den Anschein gewonnen haben, als ob die Zweifelbmcht ist wären?« , Ei

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