Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1882. November (Jahrgang 9, nr. 2699-2724)

1882-11-01 / nr. 2699

Seite 1020 Hermannstadtz Mittwoch Siebenbürgischss Deutsches Tages­law St. Keglevich stehen mit zwei, die Herren Virg. Szilagyi und Graf Paris, in eine größere Anzahl von Maueranschlägen ab, welche vom Komite von Paris unterzeichnet waren und anzeigten, daß Häuser und die. F. Zichy je mit einer Frage in Verein­hhaft. Seit der leßten Veröffentlichung im „Peter Lloyd“ über die Occupation, nach welcher diese wichtige M­aßregel bereits zwei Jahre früher beschlossen worden war und die p. t. Delegationen mit schönen Worten, die Graf Andrassy in Fülle zu Gebote standen, die ganze Zeit eingehalten wurden, wird man übrigens solche Wortparaden, wie sie ss aus dem Fragen und Antworten ergeben, gar nicht mehr ernst nehmen können. Die „Opposition“ wird in den Delegationsverhandlungen an drei Punkten ihre Hebel anregen. Der erste Punkt ist die Forderung der Armeeverwaltung, der zweite die Kompetenzfrage und der dritte die Vorlage des gemeinsamen Finanzminister. Die „Opposition” beh­­­in­­­dersen wohl, heißt aber nicht. Wer hätte es wohl gedacht, daß Herr Ludwig v. Tika, der in der Wahl seines Bruders fo Hug und weile gemesen ist, auf einmal im Auslande unvorsichtig politischen Staub aufwirbeln würde? Und doch soll er es gethan haben. Wenigstens wird dem „tonangebenden" Piester Blatte über Berlin aus Beterburg gemeldet, Daß die Rede des Herrn 2. v. Tipa als Präsident der Delegation wegen der besonderen Betonung der Nothwendigkeit der militärischen Kräftigung der Monarchie, worin sein Staat ungestraft innehalten dürfe, im Petersburger politischen greifen große Sensation gemacht habe. Der Verdacht steigt dabei indeß auf, daß das Pester Blatt dem Bruder des Herrn Ministerpräsidenten nur ein Kompliment machen, und eine höhere politische Folie Hat verleihen wollen. S­eine Gesdienke erhalten die Freundschaft. In Paris ist die Stimmung noch immer gedrückt, und werden die Zugänge zum Elysee-Balaste seit einigen Tagen streng polizeilich überwacht. Ueber neuere anarchistische Kundgebungen wird berichtet, daß im Quartier Latin revolutionäre Plakate auftauchten, welche das Bild eines Dolches vo und den Tod der „Wulfanger“ verlangen. Die Polizei von Courbevoie ei has eine von Courbevoie in die Luft gesprengt werden sollen. Der Präsident und einige Mitglieder des Stadtrathes von Paris erhielten Drohbriefe. Große Befürchtungen erregt in Paris der bevorstehende Strch­ der Möbeltischler, durch welche eine Armee von 40.000 brodlosen Sozialisten geschaffen würde. Nachdem das gambettistische Organ „Paris“ das Eiß ge­­­brochen, bringen auch andere Blätter Enthüllungen. So veröffentlicht der „temps“ eine vollständige Schilderung der Ziele und Organisation der anarchistischen Komites in Frankreich. Eine officiele Note Tonstatirt eben­­­falls, daß eine geheime Berichwörung einft­re, die im Auslande geleitet werde. Indessen, da die Regierung die Anschläge dieser Geheimbünde über­­­wache, habe die öffentliche Meinung seine Ursache, allzu sehr besorgt zu sein. Die Regierung sei entschlossen, energisch die verbrecherische Aktion zu bes­­­trafen und die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten. Seitens mehrerer Vertreter fremder Mächte ist der französische Minister des Neußern auf den Zusammenhang der anarchistischen Bewegung mit der Genfer Internationale aufmerksam gemacht worden, und hat in tyolge hievon die französische Regierung ihren Gesandten in Bern, Arago, zur persönlichen Berichterstattung nach Paris berufen. Beide Häuser des englischen­­­ Parlamentes haben der Armee und der Tylotte „aus Anlaß der Unterdrückung der militärischen Rebellion gegen die Autorität Sr. Hoheit des Khediven, den Dank votlrt. Im Oberhause verlief Alles glatt. Auch im Unterhause unterstügte der Führer der „allergetreuesten” Opposition Sir Northcote die Motion Gladstone’s. Ein Radicaler, Sir Lawson, war der Hecht, der die behäbige Gesellschaft, mit recht fpigen Worten störte. Er trat einem Dantesvotum entges­­sen, und meinte, dafür sei sein Grund vorhanden, man müßte sonst auch dem Kriegsminister dafür danken, daß er den S­rieg eingeleitet, dem Bre­­­mserminister dafür, daß er den Krieg angezettelt habe. Die egyiptischen Soldaten, sagte er ferner, die den englischen Dregmal gegenüber gestanden, seien die schlechtesten von der Welt. Und weil England mit seinen uns geheuren Hilfsquellen die fe­­hlenden Soldaten, die schon beim Anblick des g­eindes geflohen sind, besiegt Habe, stimme man nun Hallelujah im ganzen Königreiche an. Das sei eine wahre Farce. Nicht der englischen Armee, sondern den egyptischen Soldaten sollte man Dani votiren, daß sie so rasch davonzulaufen verstanden haben. Wenn in diesem Falle fon die Peerd­­­­raft und reiche Geldentlohnungen den englischen Feldherren gegeben wer­­en, was werde das Land thun, wenn die Armee einmal gegen einen wirklichen Send zu kämpfen haben werde? 8 sei ja möglich, daß Eng­­­land über kurz oder lang einen Krieg mit Nukland zu führen haben werde. England mache si in den Augen der Welt ein wenig lächerlich durch die Bankete und Danfgebete und feierlichen Truppeneinzü­ge. Daß das große England nach ungeheueren Vorbereitungen und Anstrengungen ein paar miserable ägyptische Soldaten in die Flucht geschlagen Habe, das sei doch wahrlich nicht der Mode­­werth­­­e Bon gut unterrichteter Seite erfährt der Berliner Korrespondent des „Daily Telegraph”, das die Krönung des Kaisers Alexander — nämlich seine Salbung — wirklich stattgefunden habe. Russische Staats­­­männer hegten Zweifel, ob das Thronfolgerecht die gegenwärtigen Thron­­erben nicht angefochten werden könnte, wenn sein Vater stürbe, ohne mit heiligem Del gesalbt gewesen zu sein. E83 wurde folglich beschlossen, daß die Salbung in Moskau in Gegenwart der höchsten Staatswürdent­­äger stattfinde und ein Protokoll der religiösen Handlung, durch welche, wie man glaubt, die göttliche Sanction für die Negierung des gegenwä­­rtgen Kaisers erlangt worden, aufgenommen werde. Dieser Blan wurde wärhend der jüngsten Anwesenheit des Zaren in der alten mossowitisschen Hauptstadt ausgeführt. Wehnliche Nachrichten gehn auch der „Kölnischen Big.“ aus Petersburg zu. Ueber die Zustände in Serbien sol sich ein hervorragender serb­­ischer Politiker also geäußert haben: Man stehe vor einer neuen Epoche. Im Serbien gebe es jeßt ein Frauen-Regiment und eine Familien-Politik. Die heutigen Verhältnisse seien unhaltbar. Riftic habe „Genie“, aber keine Partei im Bolfe. Für die Radikalen sei die Zeit noch nicht gekommen. Auf ver­­­fassungsmäßigem Wege seien die Wirren nicht zu Lösen, darin liege die Gefahr der Situation. Man befinde sich bereit am Beginn des Aufstandes. Die Thronrede mit welcher in Buk­rest König Karl am 29. Oktober die außerordentliche Kammersession eröffnete, enthält die Ber­­­eicherung der zufriedenstellendsten Beziehungen zu allen Mächten. Diese ergebe es aus den beständigen Anstrengungen der Nation, durch frirbliche Entwicklung im Innern ein Element der Ordnung und des F Fortschrittes der europäischen Civilisation zu werden. Sie konstatirt die vorzügliche Ernte dieses Jahres, sowie den wohlthätigen Einfluß der agricolen Creditanstalten und des Eisenbahnrückkaufes; ferner erwähnt sie den Bau der vollsten Eisenbahnlinien, welche theils fertig, theils in Vorbereitung sind, und an« erkennt die befriedigende Entwicklung der Armee und der öffentlichen Ar­­­beiten mit der Bemerkung, daß in anderen Zweigen der nationalen Thätig­­­keit noch Manches zu thun übrig bleibe. Besondere Genugthuung Spricht die Thronrede über den Stand der Tym­anzen aus, nachdem die Budgets der legten Jahre und besonder das de Laufenden Jahres Weberschüsse ergeben, während seine neuen Steuern eingeführt und keine anderen Anleihen als zu produktiven Bauten gemacht worden seien. Z Unfere Schulprogramme 1881/2. IV. (Schruf.) Außer der Arbeit Albert’s bringt das Schäßburger Programm die Fortlegung des fachwisssenschaftlichen Kataloge der Gymnasialbibliothek von W. Berwerth und Th. Fabini. Der Katalog konnte auch beser nicht zu Ende geführt werden, weil die fette Abtheilung betreiben (Hungarica und Transilvanica) allein so umfangreich ist, daß sie den Rahmen eines Schul­­­programmes vollständig ausfüllt, und es nicht wünschenswerth schien, gerade diese Abtheilung zu trennen. Das heutige Programm enthält die Abtheilungen 12—18 und 21 der ursprünglichen Gintheilung (Pädagogik, Jurisprudenz, Kunst, Enchilopädien und Wörterbücher, Vereinsschriften, Gelegenheitsschriften, Zeitschriften und Vario); die Abtheilungen 19 und 20 (Dissertationen, Disputationen und Handschriften) sind ausgeblieben, da es in den meisten Fällen sehr schwer zu erüh­en war, ob die Verfasser der betreffenden Disser­­­tationen nicht aus Ungarn oder Siebenbürgen stamm­ten, während die vor­­­handenen Meaniseripte alle von Einheimischen herrühren. Es werden daher diese bei den Abtheilungen dem nächstjährigen Schulprogramm, welches außer­­­dem Alles enthalten wird, was die Bibliothek aus dem Gebiete der vater­­­ländischen Wissenschaft besitz, beigefügt werden. Unter dem Titel 20 (Nachtrag) sind diejenigen Werke angeführt worden, welche durch D Versehen in die betreffenden Fächer, zu denen sie gehören, nicht aufgenommen worden sind. Auch die hier mitgetheilten Bücher sind ein Beweis für die Neich­­­haltigkeit der Bibliothek. 7. Das Mühlbächer Programm bringt eine Abhandlung von Ferbd. Baumann: Zur Geschichte von Mühlbachd. 53. ©. Urk. bis 76. Es thut in der reidvollen Gegenwart wohl, immer wieder aus der V­ergangen­­­heit zu lernen, an der Betrachtung ihrer Nöthen die Kraft zu stählen; besonders an einem so arg bedrohten, schwer umkämpften Posten wie Miühl­­­bach ist es sicher angezeigt, den Spuren frühern Glanzes und steigenden Lebens nachzugehen. Baumann hat um die Lokalgeschichte Wühlbachs sich viel Verdienst erworben; seinen Untersuchungen ist die Aufhellung mehrerer auch für unsere gesammte Geschichte wichtiger bisher dunkler Fragen, die mit Mühlbach zusammenhängen, zu verdanken. So ist es kaufenswert, wenn der heimische Sorscher hier im Zusammenhang die äußere Geschichte Mühlbachs bis 1526 darstellt und Viele auch außerhalb Mühlbachs werden sich freuen darüber. Die Methode ist eine vorsichtig die Duellen prüfende , wo sichere Nachrichten fehlen, verdedt­­­er Verfasser nicht die Lichten, die Darstellung ist eine gleichmäßige. Kraftgewaltig treten die Gestalten der Erk­­­gräfen aus den Bauerngemeinden uns entgegen, wielversprechend die zünftige Arbeit im 14. Jahrhundert, umständlich die vielen Prozesse des Kapitels mit dem Bischof, rührend die schwere Zeit der Türkenkriege. Vielleicht kommt der Verfasser einmal dazu, auch die innere Geschichte der Stadt in so eins­­tehender Weise darzustellen. Gewiß verdient sie es! Den Anhang bilden 24 fast alle bisher nicht veröffentlichte Urkunden auf die Gefichte Mupt­­­bachs bezüglich, eine willkommene Beigabe. Das sind denn die Arbeiten unserer legten Schulprogramme; sie sind, wie oft schon früher eine Widerlegung der allgemein gehaltenen Anfragen der Konfessionellen Anstalten, al ob sie „Schlupfwinkel der Umwissenheit" 1.November 1882 Nr. 2699 seten; unfern Ansteh­en gegenüber strafen auch diese Programme den V­or­­­wurf Rügen. Zum Schluß sei es gestattet, dem Gedanken Ausdruck zu geben, daß es uns nicht angezeigt erscheint, die Programmarbeiten anders als deutlich zu schreiben. Das Programm ist da immer auch ein Vermittler zwischen Elternhaus und Schule; da versteht es sich nun von selbst, daß dieser Ver­­­mittler nicht lateinisch oder griechisch reden darf, will er verstanden werden. Und das soi er doch Korrespondenzen. Marktschelten, Ende Oktober. (Orig.-K­orr. des „S.­D .Tagbl.“) Haben Sie auch schon von einem Steuersammler gehört, der seine Steuer­­­zahlungen annehmen will? Nun, ich Bin in der Lage, Ihnen einen solchen nennen zu können und es ist sein Anderer als der unfrige. Die Erzfullons­­­trommel wirbelt in der Gemeinde. Die Steerträger laufen in die Ges­­meindekanzlei um ihre Steuern zu zahlen und der Steuersammler­­­ weist sie zurück. Die Sache verhält sich nun so: Die Gemeinde Markischelfen hat als solche für ihre Steuerobjekte einen bedeutenden Steuerrückstand. Um diesen zu bedfen beschließt der Vertretungs­­­körper derselben Anfangs September vorigen Jahres eine 20 perzentige Ge­­­meindesteuer. Gegen diesen Beschluß wird recurrirt und nachgewiesen, daß der in $ 119 des XVII. ..­. vom Jahre 1871 vorgesehene Val­­no nicht eingetreten sei. Ohne aber die die bezü­gliche Entscheidung der K­omitats­­­versammlung abzuwarten, macht die in ihrer Mehrheit rumänische Orts­­­behörde eine neue Umlage und zwar nach dem Schlüssel des BViehbesites und dazur gleich auf 4 vertroffene Jahre, die sie auch Anfang November einzutreiben beginnt. Die Rechtspartei verlangt Hierauf eine Abschrift des diesbezüglichen Kommunitätsprotokoll, erhält aber zur Antwort, daß hierüber sein Kommunitätsbeschluß bestehe, sondern Die Gemeindebehörde diese Umlage im Auftrage des Steuerinspektorates und des Bizegespans­­­amtes selbst gemacht habe. ULF sie dieseg vernommen, reicht sie eine Be­­­schwerdeschrift beim Vizegespangamte ein, in der sie der Ueberzeugung Ausdruck gibt, daß das Töhl. Vizegespansamt sowie das j. ung. Steuer­­­inspektorat ihre Aufträge wıre so gemeint Haben können, daß die Gemeinde­­­behörde eine diesbezügliche Vorlage mache, diese dem Vertretungskörper zur Beschlußfassung vorlege und dann den gefaßten Beichluß $26 des XVIIL. GA. vom Jahre 1871 zur Genehmigung dem Komitate einsende, und bittet um Annullirung dieser Umlage. Am 6. März L. 3. erhält sie den Bescheid, daß Diese Umlage annulirt worden sei und das Stuhlrichteramt den Auftrag habe, die Gemeindebehörde anzuweisen, daß sie die Sache im Wege des Gefeges zu Stande bringe. Am 12. Mai 1. 3. wird dann mit Nicht­­­berücsichtigung des Necurres die 20 perzentige Gemeindefreier von der Komitatsversammlung genehmigt; die Necurrenten recurriren nicht weiter und warten auf die Vorschreibung dieser Steuer. Die wird aber nicht vor­­­genommen. Nich­tdestoweniger beginnt die Gemeindebehörde Anfang Sep­­­tember 1. 3. die Gemeindesteuer von Neuem einzutreiben und zwar nun nicht nur Die genehmigte 2Operzentige, sondern auch die nach dem Vieh­­­befig repartirte und vom Bizegespangamte annullirte Umlage: Man geht zum Stuhlrichter zeigt ihm die diesbezüglichen Bescheide und nun fiftirt derselbe die Eintreibung beider, nicht nur der annulirten, sondern auch der genehmigten. Aber er muß sich hernach doch anders besonnen haben. Denn später wurde unter Trommelwirbel bekannt gegeben, daß die Gemeindesteuer zu entrichten sei bei Vermeidung der Crefution, worauf die Steuerträger mit ihren 20 Perzenten eilen, um sie dem Steuersammler zu übergeben und im Steuerbüchlein sich quittiren zu lassen. Dieser aber weist sie ab, weil sie nicht auch die vom Vizegespangamte annulirte Steuer auf das Vieh zahlen wollen. Lieber will er gar nichts annehmen. Nicht wahr, das ist ein recht interessantes Bild d zustände auf dem Lande a­­­l­­s a­­n EIRLESIONIEN Das Ringen nach Glük,. Roman von %. Yriedrid (66, Bortjegung.) xVvI. 8 war noch ziemlich früh am Morgen. Bolten pflegte diese Zeit, in der er selten von Kranken in Anspruch genommen wurde, zu benußen, um in seinem Fache weiter zu arbeiten und sich mit den neuesten Forschungen und Errungenschaften der Wissenschaft bekannt zu machen. Er hielt auch jegt ein Buch in der Hand, sein Auge blickte jedoch über dasselbe hinweg. Er dachte an Merkel, den er am Tage zuvor Besucht hatte und der Groß alter erzwungenen Heiterkeit nicht im Stande gewesen war, ihn zu täuschen. Der Freund war durch den Verlust der Freiheit tief gebeugt, die Ein­­­samkeit hatte mächtiger an ihm gerüttelt, als er zeigen wollte, und doch­­­ gab es sein Mittel, um ihn vor der Zeit aus dem Gefängnisse zu befreien. „Nehe nur Lilli nicht ein, daß ich ein gebrochener und einsamer Ge­­­fangener sei.“ Hatte er zu ihm gesprochen. „Die Ratten und meine Ge­­danken leisten mir getreulich Gesellschaft. Ich will nicht in Abrede stellen, daß beide unbegum werden können, und zwar die Gedanken noch mehr als die Ratten, aber mit der Zeit kann man beide ganz zahm machen. Unter den Ratten ist bereits eine, welche mich halb unverschämt und halb zutraulich anblicht, sie speist regelmäßig von meinem Morgenbrobe und ich gönne ihr dasselbe, weil es ihr besser schmecht ale mir. Süße ich noch einige Wochen hier, so würde sie mir ganz gemüthlich aus der Hand treffen und sied — dahin bringt man die Gedanken schwer. Glaubt man sie völlig gezähmt zu haben, so bäumen sie sich plöglich wieder auf, streifen jede Fessel ab und stehen in voller Kraft und ungebändigt da. Es ist wenigtens eine Wohlthat, daß der Gefängniß-Inspektor, der nie einen Gedanken gehabt hat, vonselben die Flucht aus diesen Mauern nicht vermehren kann: er würde es gern thum, wenn es im seiner Macht stände, denn bei aller Beschränktheit seines leichten Kopfes hat er doch eine Ahnung davon, daß die Gedanken das Mächtigste und Gefährlichste sind, was es giebt. in einziger großer Ge­­­danke kann die Erde in Aufruhr bringen !* Bolten hatte sich erboten, si zu verwenden, daß er­­­ täglich eine längere Zeit spazieren gehen dürfe, allein Merkel Hatte ihn wit Erregung und Haft unterbrochen. „Ich danke Dir für Deine Freundlichkeit”, hatte er er­widert, „allein der Genuß, den Du mir verschaffen willst, ist ein mehr als zweifelhafter­ Oper hältst Du das für eine besondere Erholung täglich einige Stunden auf dem engen, von hohen Gebäuden eingeschlosfenen Hofe auf- und abzu­­­gehen wie ein Pferd in der Delmühle? Frische Luft schöpft man nicht, denn auf dem engen Hofe entwickeln sich Dünste und Gerüche, welche nicht zu den angenehmen gehören: eine Unterhaltung darf man mit seinem der Ge­­­fangenen ank­üpfen und ich habe 5ie sei auch wenig Luft dazu verspürt, es figen fast nur Verbrecher in biesem Hause, und ich bin so hochmüthig, mich für etwas Besseres zu halten. Mean darf auch die Augen nicht empor­­­richten, thut man es, so ruft der Here Inspector aus seinem Zimmer mit seiner Unteroffizierstimme, daß man auf die Erde zu bliden Habe, und er fügt regelmäßig noch eine Drohung oder einen Fluch Hinzu." Bolten dachte noch an den freund, als Leupold’s Diener mit den sichtbaren Zeichen der größten Erregung bei ihm eintrat. „Helfen Sie, Herr Doctor, retten Sie die unglückliche Frau!" rief der Diener. „Was ist geschehen ?” fragte Bolten erschrect aufspringend. „Er mißhandelt sie zu Tode — er ist wahnsinnig und zu Allem fähig “" fuhr der Diener nach Athen singend fort. „Ich bin ihm mit Mühe entflohen, weil er auch mich heute georgens tödten wollte! Er hat geschworen, Alle niederzuschießen, welche sich in der Grabenburg befänden oder dieselbe zu betreten wagten; er­­st wahnsinnig und wird noch ein entsetzliches Unheil anrichten, wenn nicht zur rechten Zeit Hilfe kommt !" “8 gelang Bolten mit Mühe, den Erregten zu bewegen, das Geschehene im Zusammenhange zu erzählen. „In der Grabendburg ist ein Raum, welcher schlimmer ist als ein Gefängniß“, berichtete der Diener endlich. „Nur von oben fällt Licht Hinein, die Mauern sind dich, eine doppelte Thür verschließt den einzigen Eingang. Kein Hilferuf kann aus ihm nach außen dringen, dort kann ein Wiensch elend verkommen oder zum Tode gemartert werden, ohne daß Semand davon etwas erfährt. Im diesen Raum brachte der Wahnsinnige die unglückliche Frau als er sie nach der Grabenburg zurückgeführt hatte Den Schlüssel zu der Thür führte er fietS bei si, Niemand durfte zu ihr, Ex verbot sogay Iedem, sich dem Maume zu nähern, in welchem er feine rau­­ale electrig ı Wlhelm Lud­wig, Großherzog von Baden Nr. 50. — Zu Oberlieutenants | die Lieutenants: Emerich Ludwig, des Vuf.-Megts, Alexander L. Raiser Gefangene hielt. Die Speise, welche sie täglich erhielt, brachte er ihr selbst, und auf dem Boden über dem Raume, wo ich das Ohr auf die Erde legte, habe ich sie mehrere Male laut jammern hören, wenn er bei ihr war; ich bin überzeugt, daß er sie mißhandelt hat.“ “ „Weshalb sind Sie nicht früher zu mir gekommen ?“ unterbrach ihn ob­en. „Ich konnte die Drachenburg nicht verlassen, er Hatte das Thor ver­­­schlossen und trug den Schlüssel bei sich." "Das Haus hat doch mehr Ausgänge als den einen.“ „Er bewacht sie alle und schwor, uns niederzuschießen, wenn wir den Versuch machen würden, das Haus zu verloffen. Ich weiß, das er seine Drohung ausgeführt haben würde, und die Furcht hielt­­ung zurück.“ ig ee fien den Worten des Dieners nicht ver Glauben zu enten. »Er konnte unmöglich Sie Tag und Nacht lis waen,«warek. .,Doch,Heervcter,«versicherte der Diener. "l­­­er $ ge­­halten hat, ist mir unbegreiflich. Tag und Nacht wanderte er ruhelos umher, sein Bett berührte er gar nicht mehr, auch das Essen rührte er kaum an, er trank aber viel Wein, während er früher sehr mäßig war. Den Revolver trug er fiet ® bei fi. Im der Leiten Nacht, als Alles ganz stil im Hause war und ich nicht schlafen konnte, glaubte ich Hilferufe von einer Frauen­­­stimme zu vernehmen. Ich sprang auf und eilte zu dem Raume, in welchem die unglücklice Frau gefangen gehalten wird. Da trat Leupold aus dem­­­selben, sein Gesicht war entseglich entsteh­t. Als er mich erblickte, riß er seinen Revolver aus der Brusttusche seines Rades und flioß nach mir. Ich hörte die Kugel an meinem Kopfe vorbeipfeifen und stürste zurüc­­kn mein Zimmer, dessen Thüre ich hinter mir verriegelte. Der Wahnsinnige folgte mir, er versuchte die Thüre gewaltsam zu erbrechen und als ihn dies nicht gelang verschloß er die Thüre von außen. Die Angst vor ihm raubte mir die Kraft. Konnte er nicht auch mich einschließen und gefangen halten wie seine Frau? Als der Tag hereinbrach, ließ ich mich an einem Stride aus dem Fenster und floh. Mit Deüke habe ich mich bis hierher geschleppt und mich an Sie gewandt, weil Sie ihn und die unglückliche junge Frau rennen,” (Bortfegung folgt.) Botal- und Zaaed-Shronik, (Aus dem Verordnungsblatt für das­ 1. Heer.) [HFort­­­fegung.] In der Infanterie wurden ernannt zu Hauptleuten erster Klasse die Hauptleute zweiter Kaffe: Adam Rojd­en, des Saf.-Regts. Friedrich Wilhelm Ludwig, Großherzog von Baden Nr. 50; Ernst Groß, des Inf. Neg. Wilhelm III, König der Niederlande Re. 63 (5. Rat) ; Yeliz Beith, des Taf Regts, Erzherzog Heinrich Nr. 51; Wolf Barth­, des Suf.-Regts, Friedrich Wilhelm, Großherzog von Mecklenburg-Strelik Nr. 31; Franz Baner, de Suf.-Regts, Friedrich Wilhelm Ludwig, Großherzog von Baden Nr. 50; Friedrich Korel, des Inf.-Regts. Karl Wierander, Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach Nr. 64, — beim Inf.-Negt. Alexander TIL, Kaiser von Ruhland Nr. 61 (5. Bat.). — Zu Hauptleuten 2. SL, die Oberdiens­­tenants: Anton Turic, des Inf.-Megts. Alexander I, Kaiser von Rußland Nr. 2; Georg Evergh­, des Inf.-Megts. Friedrich Wilhelm Ludmig, Großherzog von Baden Nr. 50; Wired Mitkrois, des Inf.-Megts, Friedrich Wilhelm, Großherzog von Medienburg-Strelif Nr. 31; Valek Schofberger, des Inf-Megts. Friedrich Wilhelm, Großherzog Medienb.-Strelig Nr. 31 (d. Rat) ; Karl Ramber­­g 1, bei Sa­­v rn

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