Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1884. Mai (Jahrgang 11, nr. 3155-3180)

1884-05-01 / nr. 3155

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In der Zeit des tiefsten Friedens, die wir jet durchleben, vermag der ruhige Beobachter troßdem kaum des beflemmenden Gefühles Herr zu werden, daß die europäische Staatengesellschaft auf einem Wulfane ruht, der eines schönen Morgens mit einem verheerenden Ausbruche plößlich die friedenzselige Welt i­berraschen könnte. Dieses beflemmende Gefühl durch­­­bricht namentlich in unserem Vaterlande Ungarn häufig die Schranken diplomatischer Vorsicht, und die Unvermeidlichkeit eines Krieges mit Ruß­­­land ist geradezu ein Glaubenstag geworden, der in den Verhandlungen des ungarischen Reichstages, in der Presse und in Broschü­ren wiederholt zum Ausdrucke gelangt. Wir erinnern nur an die vor einigen Wochen im Preiter Abgeordnetenhaufe stattgefundene Debatte über den Ausbau der ungarisch-galizischen Verbindungsbahn, der mit der russischen Kriegsgefahr­­­rechtfertigt wurde, an die von Zeit zu Zeit aus den Peter Redaktions- Schuben unheimlich aufschwirrenden friegerischen Zeitungsartikel, sowie an die in magyarischer Sprache erschienenen Brosc­hren: „Die­ Gefahr der rus­­­sischen Invasion“, „Konstitutionelle Geheimnisse“ und „Der Sturz der staatsrechtlichen Basis“, durch welche fi­­­dag Dogma vom russischen Striege wie ein roter Faden durchzieht. Die Ueberzeugung ist allgemein, daß die orientalische Frage, namentlich die Staatenbildung auf der Balkanhalbinsel, dur­ den Berliner Friedensvertrag noch lange nicht zum Abschlusse gelangt ist, und dieser Ueberzeugung ist wohl mit die jüngste Orientreise unseres Kronprinzenpaares, namentlich der Besuch an den jungen Königshöfen in Bukarest und Belgrad, entsprungen. Die Umgestaltung des russischen Heeres, auf die ein weiter unten mitgeteilter bemerkenswerter Artikel des „Pester Lloyd“ hinweist, der Bau der an die russisch-galizische Grenze hinführenden strategischen Eisenbahnen, die Halbfertigkeit der noch im Flusse befindlichen Staatenbildung auf der Balkanhalbinsel, die wohl nur durch die Rücksicht auf die Möglichkeit eine Zus­ammenstoßes mit Rußland bestimmte flauen­­­freundliche Richtung der inneren Politik in der österreichischen Reichshälfte — alle diese Momente wirken zur Festigung jener Leberzeugung zusammen. Dazu kommt noch die Kursänderung der auswärtigen Politik Rußlands, welches in allerjüngster Zeit eine Annäherung an das Deutsche Reich und durch dasselbe an den mitteleuropäischen Bund gesucht und auch erreicht hat. Ueber die Genesis dieser Annäherung Rußlands giebt die offiziöse „Schlesische Zeitung“ folgende Enthüllung zum Besten: „Bei der Sichtung der Papiere des verstorbenen Fürsten Gortscharoff stieß Herr v. Gier3 auf eine, wenn auch nicht amtliche, je­­doc mehr als private Korrespondenz zwischen dem Fürsten Bismarck und dem Fürsten Gortscharow. Ersterer macht in dieser Korrespondenz Ausland, und zwar zu einer Zeit, da das deutsche österreichische Bündnis noch nie abgeschlossen war den Antrag zu einer engeren Vereinigung. First Gortichafow hat von dem Inhalte dieser Korrespondenz nie et­was verlauten Lassen. Die P­olitik Gortichafow’S ging dahin, sein rechtes Vertrauen zwischen Rußland und Deutschland aufkommen zu lassen, Al daher Herr v. Gier die Kor­­­respondenz dem Kaiser vorlegte, war derselbe nicht nur erstaunt, sondern auch nicht wenig erbittert über die Täuschung, der er von Seite des ver­­­storbenen Fürsten ausgefeßt worden war. Die­­­ Folge hievon war die Reise des Herrn dr. Gier nach Barzin, wo der Minister im Auftrage des Kaisers dem Fürsten Bismarc rückhaltlose Mitteilung vom Verhalten des ver­­­­storbenen Fürsten Gortscharow machte, und nun seinerseits den Anschluß ee an die deutsch-österreichische Allianz antrug. Was nun folgte, ist bekannt.“ Die Annäherung Rußlands wird von den leitenden Journalen in Wien und Pest mit unverkennbarem Mißtrauen betrachtet. Ein Ausfluß dieses Mißtrauens ist wohl auch ein Allarmartikel, welchen der „Belter Slady“ im feiner­­legten Sonntags-Nuummer (vom 27. April 1. 3.) über die russischen Heeresreformen mitteilt. Der militärische Mitarbeiter des „Reiter Lloyd“ weist in diesem Artikel auf die Heeresumgestaltung hin, an welcher die national-russische Partei und an ihrer Spite der­ ‚General­­­stabschef ‘ und der Generalstabgoberst Suchotin arbeiten. „Das Raisonnement dieser Gesellschaft, welche vom Geiste der Katkow, Fadejerw, Tichernajerw beseelt ist, zugleich aber auch die Macht in Händen hat, ihre Ideen in greifbaren Gestaltungen zu verwirklichen, ist — schreibt der „Peter Lloyd“ — in Kürze folgendes: M­ußland hat eine männliche Bevölkerung von 42, Millionen und vermag daher ohne alle Anstren­­­gungen, wenn nur annähernd ein gleicher Pelzentrag ,wie in den anderen europäischen Staaten zu den Waffen gerufen wird, eine Armee von 2­, Millionen Soldaten auf die Beine zu bringen. Dabei hat Rußland einen Pferdereichtum, wie sein zweites Land der Welt. Die statistischen Tabellen lassen ersehen, daß Rußland über eine Million kriegstauglicher Pferde befiht. Warum nüht also Rußland seine enorme Weberlegenheit nicht aus? Und was hindert uns, so fragt der große Anhang der Obrutihem und Suchotin, im Besis einer jed­en Heberlegenheit eine Reitermaffe von 300.000 Dragonern und Kosaken ins Feld zu stellen? Man sagt, es sei finanziell unmöglich, die Radres einer solchen ungeheuern Reitermaffe im Frieden zu erhalten. Das ist allerdings richtig, sobald man Menschen und Pferde im europäischen Stile organisierem und reilen will. Aber welchen militär­­r­ichen Wert Hat denn eigentlich der ganze Blunder der Pferdedresfur und Manege-Reiterei? Die Deutschen und Ungarn maltraitieren ihre Leute und ihre Pferde ein halbes Jahr und darü­ber auf der Reitschule mit Nieh­­tigkeiten und Schwierigkeiten, die im Felde seinen Kopeten wert sind und höchstens noch eine Berechtigung hatten, so lange die Neiterei in großen, erschloffenen Körpern Duarrees­­­ sprengen und die Infanterie niederzu­ Nibeln vermochte. Aber was soll heute, in der Nera der Präzision­sgewehre, in der Nera der Hinterlader und Repetirgewehre, die geschloffene Attaque auf Fußtruppen? Der Reiterführer müßte verrückt sein und an der ihm anvertrauten Truppe freveln, der dieselbe leichtsinnig zur Attaque gegen Infanterie führen wollte. Und da die geschloffene Attaquie bei der heutigen vernichtenden Feuerwirfung der Infanterie eine bare Unmöglichkeit ist, so ist es auch ganz überflüssig, bei der alten Methode der Deutschen und Ungarn zu verbleiben und Zeit, Geld und Müühe auf die Dressur des Pferdes und eine Ausbildung des Mannes aufzu­wenden, von der im Kriege keinerlei Naben mehr zu erwarten ist. Säbel, Lanze und Neiter-Choc haben ihre Rolle ausgespielt und das Pferd hat lediglich den Zweck, den Mann rascher vorwärts zu bringen, ihn beweglicher zu machen. Das Pferd soll nicht mehr Kampfmittel, sondern Beförderungsmittel sein, und der Reiter soll nicht mehr mit der Handwaffe, sondern mit der F­euerwaffe zu Fuß sümpfen. Nur dadurch wird derselbe der Infanterie, welche nach den modernen Kampfmitteln die Hauptwaffe und Trägerin der Schlachten ist,­nicht nur ebenbürtig, sondern sogar überlegen, da die Dragoner und Kojaten flinter von einem Punkte auf einen anderen geworfen werden können, nicht durch Fußmärsche ermiüdet, sondern mit frischen Kräften auf dem Gefechtsplage erscheinen und endlich während des Kampfes nicht durch­ den schweren Sad und Pad beengt und belästigt sind, unter dessen drückendem Gewicht der erschöpfte Fußsoldat einherkeucht, sondern allen Ballast von den abgeseffenen Dragonern und Kojafen auf den Hinter der Gefechtslinie ste­­­henden Pferden zurücgelassen wird. Nach­ dieser russischen Auffassung, die auch thatsächlich schon in der allgemeinen Bewaffnung der Kavallerie mit Berdangemwehren, bei den Dragonern sogar in allen zwei Gliedern mit Bajonneten, und in dem neuen Reglement zu autoritärem Ausbruch gebracht wurde, hat die Kavallerie zu Pferde Hauptächlich den Sicherheits­­­und Nachrichtendienst zu versehen, den Kampf aber weniger mit der braufen Waffe, als vielmehr mit dem Gewehre zu Fuß zu führen. Darnach hat sie auch die Dressur der Pferde und die Ausbildung der Mannschaft viel kürzer und einfacher zu gestalten. Alles Schönheiten und Schulreiten ist Zitrus. Daher: kurze Bügel, hohe Kniee, rotes Gefäß. Mit einem Worte, die russischen Generale erklären das Naturreiten ihrer Steppenwölfer auch für militärische Zwecke ausreichend. Eine etwa vier Monate dauernde Ausbildung von Mann und Pferd genügt, um beide Kriegsbrauchbar zu machen. Unter den geschilderten Modalitäten ist also Rußland im­­stande, ohne sich im Frieden durch einen hohen Präsenzstand der Kavallerie finanziell zu erschöpfen, 300.000 Reiter im gegebenen tyalle über die Grenze brechen zu lassen, um, sei es Galizien, sei es­­hosen oder Ostpreußen mit Reiter- Schaaren zu überschwe­mmen und schon in der ersten Periode des Krieges den Gang der Mobilmachung in Galizien oder Preußen zu stören. Die Konzentrierung der Truppen zur verhindern, den Schweden in die vom Mi­­­litär entblößten Dörfer, Märkte und Städte zu tragen, überall zu plündern und zu brennen, daß er eine Art hat, und damit die materiellen Hilfs­­­mittel, falls diese nicht der russischen Armee dienstbar gemacht werden können, zu zerstören, damit nicht die österreichische ungarische oder deutsche Armee von denselben Nuten ziehe. Kurz, den russischen Generalen schweben die aus dem großen nordamerkanischen S Kriege bekannten, furchtbaren „Raidg“" vor Augen. Kein Wörterbuch einer europäischen Sprache, fein Konver­­­sationg- oder Fachlek­ten giebt uns heute noch Auskunft über Abstammung und eigentliche Bedeutung des Wortes „Raid“. Wir begegnen demselben nur in den Schriften, welche die Kämpfe der Konföderierten gegen die Union­­­struppen­ schildern, und es bezeichnet Streifritte größerer Neiterkörper, teil­­­weise als improvisierter, Kavallerien, tief ins gegnerische Land hinein, in den Rüden der feindlichen Armeen, um dort soviel nur möglich zu ver­ wüsten und zur verwirtsc­haften, damit dem Gegner die Mittel zur Fort­­­führung des Krieges je eher benommen werden. Diese in Europa bisher also noch kaum dem Namen nach genannten „Raids“ wollen nun Die Rufen zu ihrer Spezialität machen mit Hilfe der erdrücenden Uebermacht ihrer Dragoner und Kosaken, ihrer Tataren und Basschkiren, ihrer Kalmücen und Kirgisen.“ Die geringschäbige Beurteilung, welche ein deutscher Reiter-Offizier in einer so eben erschienenen Schrift: „Was haben wir von der russischen Kavallerie zu erwarten?“ der oben geschilderten Umgestaltung der russischen Reitermaffen angedeihen läßt, wird von dem militärischen Mitarbeiter des "Lester Lloyd" nicht gebilligt. Der Lektere schreibt: „LBugestanden, daß die enorme Ausdehnung des Zarenreiches und der Mangel an Kommuni­­­kationen es von vornher unwahrscheinlich mache. Rußland werde vor dem Ausbau eines weitverzweigten Bahnwetes, also vor Verlauf mehrerer Jahr­­­zehnte einen Kriegsschauplag in Europa wirklich mit jenen ungeheueren Mengen leichter Nesterkörper überschwemmen können, wie die Obrutscherv und Suchotin es wünschen, so genügt Schon die Hälfte der von den heutigen russischen Kavallerie-Organisatoren in Schwung gebrachten Zahlen, um im Kriegsfalle ein furchtbares Elend über die unmittelbar betroffenen a g heraufzubeschwören. &o hieße die Russen absichtlich unterschagen, wollte man si nicht vor Augen Halten, daß die gegenwärtig im Auge befindliche durchgreifende Umgestaltung der gesamten russischen Reiterei in Ronilleson. Immer tapfer voran! Aus dem Italienischen des Salvatore Farina. ]; „Es handelt ss um eine Grenzmauer”, begann­ der mir so werte Gast ; doch ich unterbrach ihn mit einer Entschuldigung und bat ihn, mir zunäc­hst seinen V­or- und Zunamen, Wohnort und Beruf anzugeben. „Benanzio Solera aus Cuggiono, Befiber.” Ich schrieb diesen Namen und Wohnort eiligst auf das erste beste Blatt Rapier, als ob die größte Gefahr des Vergessens gewesen wäre, dann präparierte ich ein Lächeln, welches etwa bedeuten sollte: „Wir Advoluten „Leht gehe aber“, rief meine Frau mir zu, „und laß ihn nicht warten!“ „Laß ihn nur warten,“ ermwrderte ich luftig, „ich habe auch lange genug auf ihn gewartet. ih will mich rächen.“ Doch schon ehe ich ausgeredet, wurde ich von einer düsteren Angst er­­­griffen, mein erster Client möchte, ich selbst überlassen, sein gutes Vorhaben bereuen und sich hinterlistig wieder aus dem Staube machen. Ich war noch nicht einmal so recht sicher, ob es wirklich ein leibhaftiger Mensch wäre, ob­­­gleich er ganz hübsch die und rund aussah: es konnte eine Vision sein, ein Schatten, der sich betrüglich mit Fleisch und Blut einer streitenden Partei be­­neidet. Alle Rachegelüste entwichen aus meinem Herzen, wafch­­­ete ich mich in Bewegung, durchmaß das Zimmer mit vier Haftigen Schritten und trat in das Bureau, ohne auch nur den nötigen Waltenunwurf gelehrter Würde in meiner äußeren Erscheinung zur bedenken. Mein Client war seineswegs ent­­­schlüpft, und während ich mein Antlik mit nie gesehenen Ernst durchfurchte, mußte ich recht von Herzen die thörichte Angst belächeln, die mir Durch den Kopf gegangen war. „Bitte... nehmen... Sie... Blau, sprach ich, und sprach’s mit Solcher Feierlichkeit, die Silben so vornehm auseinanderziehend, daß mein erstes Opfer anfangs so ungefähr Hätte glauben künnen, ich wolle es ver­­­suchen, si unsichtbar zu machen und mir die Mühe zu sparen,­­­ tragen eine so verwirrende Menge von Namen im Kopf herum!” .. . Und Herr Benanzio Solera lächelte ebenfalls und wollte damit vermutlich sagen: „a, ja, die Herren Movokaten . . .” Doc ich unterbrach ihn, mich zu neuem Ernte sammelnd: „Also um eine Grenzmauer handelt es sich?“ „Sa wohl, Herr Rechtsanwalt, um eine Grenzmauer.” Und nach und nach, zuerst mit der Gemessenheit, die ihm meine feier­­­liche Haltung aufnötigte, nachher mit der wachsenden Heftigkeit einer streit­­­baren Natur, die sich an den eigenen, seit Jahresfrist ausgestandenen Seelenleiden noch mehr erhitte, sang mit Venanzio Solera seine Jliade von­­­ gewissen Nägeln, die er aus einer Mauer entfernt wissen wollte. Mein Client hatte die gegründetsten Ansprüche auf die Ausübung eines geheiligten Recht, das ihm durch die Klugheit seines seligen Großvater gesichert worden; zu seinen Gunsten sprach ein notarieller Akt, das Gefebbuch, die Wissenschaft; gegen sich hatte er nichts, als einen gewissen Heren Luigi Magni, den Sohn des verstorbenen Pietro Magni — und die Nägel blieben in der Mauer. „Sie schmerzen mich”, sagte Herr Venanzio treuherzig und faßte an seine Brust, als ob ihm die Nägel mitten durch den Leib getrieben wären. Doch ich vermochte ihm weder Mitleid noch Bewunderung entgegen zu bringen ; sein Leid erschien mir als eine der wunderbaren Erscheinungen, die sich auf Erden offenbaren, um die Braris eines jungen Advokaten in Gang zu bringen . 'ene Mauer mit ihren Nägeln sah ich vor mir hoch und stattlich gleich einem Rettungswall. „Hinter jener Mauer Liegt deine Zukunft“, sprach ich im Geiste zu mir selber, „hinter jener Mauer uwogt die stolze Zahl deiner Clienten; Hinter jener Mauer harren deine forensischen Siege, har­t Evangeline’s und deines Sohnes Glüd.” Und bei diesen Gedanken spürte ich in meiner Brust eine sonderbare Bewegung, “in welcher meine fünftliche Gravität sie verlor; und mit dem rednerischen Feuer, das in meinen Wagen bliste, mischte ich das behagliche Lächeln eines glücklichen Familienvaters. Ich sagte sein einziges Wort, doch ich mußte ein ganzes Gedicht­­­ auf der Stine geschrieben tragen, denn mein Client, der zulegt etwas langsamer sprach und die Augen nur von meinem­ Gesicht ließ, verstummte auf einmal und grinste. „Sprechen Sie nur, bitte, sprechen Sie nur —” stotterte ich und versuchte meiner entflohernen Würde wieder habhaft zu werden. „Ich habe Sie gefragt, ob Sie meine Sache übernehmen wollen, und Sie haben den Kopf geschüttelt.” „Entschuldigen Sie“, sagte ich, „ich war zerstreut, Gericht gehen und werden den Prozeß gewinnen.” „Wird es ein langer Handel werden ?” Ich leugnete Fühnlich: „Eine ganz kurze Sache, wir haben alles zu unseren Gunsten; geben Sie mir nur die Vollmacht ad lites, und für alles übrige Waffen Sie mich sorgen.“ Und ohne ihm Zeit zur Ueberlegung zu geben, legte ich einen Bogen starren Rapiers­ vor mich hin und schrieb darauf in Riesenlettern: „Solera contra Magni”, dann erhob ich das Haupt und sagte: „Zertig”. Das sprach ich mit einer gewissen triumphierenden Miene, die mir später, wenn ich daran dachte, sehr seltsam vorkommen wollte, in jenem Augenblick aber so natürlich war, daß sie meinen Ölienten wirklich täuschte: er hielt sich für verpflichtet, meine Aufschrift mit vorgebeugtem Kopfe aus der Nähe zu bewundern und gab mir zu verstehen, daß meine energische Art, den Dingen zu Leibe zu gehen, seinen vollkommenen Beifall habe. Ich fürchtete schon, er wolle mich zum Beten haben, und ohne ihm ins Gesicht zu sehen, bat ich ihn um Angabe dessen, was er von seiner Seite zur Ver­­­meidung des Prozesses gethan habe. Vermeidung des Prozesses! — Ya, ich Hatte den verzweifelten Mut, diese Worte auszusprechen, und als ich die Silbe für Silbe hergesagt, ohne den kleinsten Buchstaben zu verschluden, hob ich die Augen auf. Ich war ge­­­faßt, das Furchtbarste zu erleben. Benanzio Solera bereute, daß er Luigi Magni, des verstorbenen Pietro Sohn, hatte vor Gericht ziehen sollen, dankte mir unendlich für­ den guten Gedanken, den ich ihm eingegeben, stand auf, drückte mir die­ Hand, trat aus der Thür und... , verschwand! Doch nein! Mein Client rührte sich nicht; längst war ihm die Luft vergangen, mit „diesem ungezogenen Bären” im Guten zu verhandeln, er war gekommen, weil der Zanf endlich aufhören mußte, und er dachte nicht daran, wieder zu gehen, ohne daß er nicht seine Sache in meinen Händen wüßte. Gott segne dich! wollte ich­­m­ ungestümer Freunde ausrufen. In wir erden bor

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