Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1884. September (Jahrgang 11, nr. 3258-3283)

1884-09-01 / nr. 3258

Seite 876 Hermannstadt, Montag Das Nationalitätengefäß giebt ihnen diejenige Gleichberechtigung, auf die sie ein Recht haben, und die natürliche Folge von all diesem ist, daß der Stamm gl­­ei muß in der Kultur — sowie daß er auch vor­­­schreitet — und­­­ könnte derselbe nur dann unzufrieden sein, wenn er sich nicht weiter entwickeln könnte, wenn ihm die Lebensadern durchschnitten würden.“ Der Artikel exemplifiziert nun im weitern Verlaufe Hinsichtlich der Stellung der Nationalitäten auf England, Frankreich, Belgien, Rußland und Amerika und fährt folgendermaßen fort: „Nun fürwahr, bei uns können unsere fächliichen Brüder ihr 700-jähriges Hiersein ohne alle Unterdrückung feiern. Sie können in ihrer eigenen Sprache diktionieren (diktiozhatnak). Sie erfreuen sie des Wohl­­­standes, ihre reichen Städte — Dörfer, alle, alle sind ein lebendiger Protest gegen die falsche Anklage,­­­daß sie unterdrückt werden oder jemals unter­­drückt worden seien. Nein! Ein unterdrüctes Volk kann auf solche Weise sein Zeit feiern. Keinerlei Terrorismus wird gegen sie entwickelt, nur das wird verlangt, daß sie die magyarische Staatlichkeit (allamisägos) respektieren und gegen die Amtssprache, Gejege u. dgl. des Staates nicht demonstrieren. Denn das wird man denn doch auch dort drüben nicht leugnen können, daß die staatlichen Funktionen: Gejeggebung, Rechtsprechung und Durchführung der Gejege, also die staatliche Verwaltung — die also und alles, was in diesen Kreis gehört, wie überall — so auch in Ungarn magyarisch zu erfolgen haben, denn dies ist ein Postulat der magyarischen Staatlichkeit. Im übrigen kann jedermann seine eigene Sprache gebrauchen, wie man dies auch bei uns ungetrübt thun fan; denn dies ist ein Bostulat und Erfordernis der persönlichen Freiheit. Wir Magyaren hielten diese zwei Kardinal-Wahrheiten auch bis Heute fest und werden sie auch fürderhin­­­ bewahren. Aber wie sie anderswo ge­­­halten worden, haben wir oben mit Berufung auf das Ausland dargestellt. Wir hegen unseren sächsischen Brüdern gegenüber seine vollblütigen Hoff­­­nungen (vermes remenyek [sic!]), daß sie vielleicht nach 700-jährigem Zusammenleben endlich in si) gegen — und ung alsbald die Hand zum Frieden bieten werden. Mit solchen Hoffnungen tragen wir uns nicht. Es ist uns genügend, wenn diese Tage das sächslsche Volk nachdenklich machen darüber, an wejsen Rufen es denn diese unermeßlich lange Zeit verlebt und ob denn die fortwährend propagierte Anklage der Bedrohung auf Wahrheit beruht; denn durch Aufwertung ähnlicher solcher Fragen kommt es, wenn auch nicht sofort, so doch allmälig den Charlatang auf ihre Lügen — und wird sich mit Absehen von ihnen wegwenden. Umsonst, die Wahrheit kann man nicht lange unter einem Scheffel verbergen.“ Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt. 1. September 1884. Nr. 3258 politische Webersicht. Hermannstadt, 31. August. Wir leben in einer großen Zeit. Ein Bündnis zwischen Deutsch­­­land und Frankreich erscheint Heute nicht mehr als ein unmöglicher Traum. Ein Bündnis zwischen den beiden großen Nationen ist heute allerdings noch nicht abgeschlossen, aber selbst die nüchternsten Bolizifer betrachten es als möglich. Welch’ ein Wunder! Das Verdienst, dasselbe dem Bereiche der Wirklichkeit näher gebracht zu haben, gebührt dem Eigenmußge Englands und der schonenden Behandlung der französischen Empfindlichkeit seitens des deutschen Bolfes. Bekanntlich hatte sich der Französische Botschafter Courcel im Auftrage der Barijer Regierung nach Barzin begeben, um mit dem Fürsten Bismard Rücksprache zu nehmen. Es heißt nun, der französische Botschafter De Courcel et in Warzin von gewissen Punkten der Be­­­spielungen Bismarc’3 mit dem Grafen K­alnofy in Kenntnis gelegt worden. Speziell genannt wird die ägyptische Frage. Ein in Berlin kolportierter sipruch nennt das deutsch-französische Verhältnis sein Bindnis. Dagegen einen vernünftigen modus vivendi. Ein in Paris verbreitetes und anscheinend von den Feinden des Ministeriums Ferry in Umlauf erhaltenes Gericht meldet sogar eine bevor­­­stehende Zusammenkunft zwischen dem Fürsten Bismarc und Herrn Jules Ferry. Die Nachricht stößt in Paris auf den entschiedensten Unglauben, indessen gehört es zu den charakteristischen Erscheinungen der gegenwärtigen politischen Lüge, daß der Zweifel nicht mit dem üblichen Spott über die Thorheit einer solchen Erfindung verbunden ist. Man hält es ‚keineswegs für ausgeschlossen, daß jenes Ereignis, welches fest thatsächlich außer Frage steht, in absehbarer Zukunft recht wohl einmal eintreten konnte. Schon vor etwa einem Jahre wurde von einer Begegnung der beiden Staatsmänner gesprochen. Damals war noch die Empfindung vorherrschend, daß jeder Versuch der Annäherung an Deutschland den französischen Minister-Präsidenten sofort ins Nichts des Privatlebens zurücks­hleudern müßte; heute — und das ist das Unterscheidende in der Situation — herrscht fast sein Zweifel mehr, daß eine von Seiten Frankreichs inaugurierte­­n­­der Interessengemein­­­schaft mit Deutschland zum mindesten auf den Beifall aller vernünftig und besonnen Denkenden in­ Frankreich zu rechnen haben wü­rde. Es ist wahrscheinlich, daß, außer der ägyptischen Frage, der Konflikt Srankreichs mit China den Anlaß zur Reise Courcel’s nach Barzin geboten hat. Zweifellos ist die freundliche Haltung Deutschlandg Frankreich gegenüber in dem chinesisch-französischen Konflikt. Die deutsche Regie­­­rung verbot den deutschen Offizieren, während des französisch-chinesischen Kon­­­fliktes in der chinesischen Armee Dienste zu nehmen. Die in Deutschland in China erbauten Korvetten wurden zurückehalten. Inzwischen nehmen die Operationen der Franzosen in China ihren erfolgreichen Fortgang. Nach der Zerstörung der chinesischen Kriegs­­­flotte und des Arsenals von Fu-Ticheon war die Situation der leichteren französischen Holzschiffe, welche den Einfluß noch vor Eröffnung der Feind­­­seligkeiten hinaufgefahren waren, um die Evolution des Vertrages von Tien-Tsin zu erzwingen, nicht gefahrlos. Zwischen ihnen und dem Gros der Panzerflotte, die in der Hafenbucht vor Fu-Z­icheou lagerte, da es ihr nicht möglich war, den Fluß hinaufzufahren, befand sich eine Reihe wohl­­­armierter Forts und in das Flußbett selbt hatten die Chinesen Torpedos versenkt, um den französischen Holzschiffen die Baufahrtstraße nach dem Meere zu verlegen. V­orgestern jedoch machte Adm­iral Courbet zunächst die Forts durch einen Kreuzfahrer verstummen, die Batterien längs des Flusses wurden genommen, und die chinesische Bejadung der Befestigungen von Fu-Ticheon hat mit Zurücklassung ihrer Geschüge einen auch von der „Zimes“ nicht mehr beschönigten fluchtartigen Rüczug angetreten. yu- Ticheou, eine Stadt von 600.000 Einwohnern, ist von den Franzosen erobert und das famose europäische Verteidigungs- und Kriegsmaterial, über welches die Chinesen verfügten, Krupp’sche Kanonen und Sternschanzen, vermochten diese Katastrophe ebenso wenig abzuwenden, wie vor einigen Tagen die fast wehrlose Vernichtung der teueren Eisenschiffe durch die wohlgezielten Sprengschiffe der Franzosen. Die chinesischen Krieger wußten eben weder zu Wasser noch zu Lande mit den ihnen anvertrauten europäischen Kriegsmaschinen umzugehen, und der Tjong-Li-Namen wird seht erst ein­­­sehen, wie patriotisch Li-Hong-Tichang, der gegenwärtig in Ungnade ge­­­fallene Vizefünig von Nanking, gehandelt, als er die Zöpfe der chinesischen Saatskanzlei beschwor, mit den Heutigen Defensionsmitteln China’s nicht den Kampf gegen die furchtbare­­­ Kriegstechnik einer europäischen Nation zu wagen. Seine vortreffliche Taktik läßt übrigens Admiral Courbet nicht länger als absolut notwendig in Zu=-Tjeeheou verweilen, dessen Befestigungen rasiert werden, während nach beendigter Wegräumung der Torpedos aus dem Flußbette, die im Meinfluffe­­n operierenden Holzschiffe sich wieder mit dem Gros der Panzerflotte vereinigen sollen, um sie mit zwei weitern Punkten des französischen Evomutions-Programms zu beschäftigen. Ein Teil der Courbet’schen Flotte wird die vor Kelung, dem Haupthafen der Insel Formosa (Thai- Wan), ankernde Flottenabteilung des Contre-Admirals Lespes verstärken, um — da die Befestigungen von Kelung­ zerstört sind — nunmehr auch die Bewegung des Hafens ıı und der Kohlengruben vorzunehmen, deren Ausbeutung für die französische Negierung eine wesentliche Garantie der Bezahlung jener Kostenrechnung bildet, welche man China demnächst präsentieren wird. Außer Formosa, diesem Cahpern des chinesischen Archipels,, wird die Courbet’sche Flotte die zweitgrößte, am westlichen Rande des chinesischen Meeres gelegene Insel Hainan osfupieren, welche durch ihre zentrale Lage zwischen cochinschinesisch-anamstonkingesischen Halbinsel und dem eigentlichen China-Kontinent ungefähr dieselbe strategische Bedeutung besigt, wie Malta für die Beherrschung des M­ittelländischen Meeres. E35 wird gemeldet, daß die Chinesen Beling zu befestigen beginnen. Im Monat Juni haben in Tonjing mehrere Scharmügel mit Schwarz­­­flaggen stattgefunden, welche Dörfer beraubten und deren Bewohner massa­­­krierten. Die Banden halten sich in den Gebirgen verborgen, im Delta von Tonfing herzieht Ruhe. Die Hite war in den ersten Tagen nach der Affaire von Bac­te so groß, daß die Kolonne des Obersten Dugenne und die Truppen des Generals Negrier durch Sonnenstich mehrere Leute ver­­­loren.. Infolge der schlechten sanitären Verhältnisse beschloß der Kommandant, die Operationen gegen Lang-Son vorläufig nicht fortzulegen, und gab dem General Negrier den Auftrag, si nach Bhu-Lang-Hian zurüczuziehen und sie mit Bac-Ninh durch den optischen Telegraphen in Verbindung zu seßen. General Negrier ist hiedurch gegen jeden Handstreich gesc­üßt. Die „Agence Havas“ meldet aus Shanghai vom 29. August: Die legten Nee im Rimpalpasje wurden gestern zerstört. Man glaubt, Die französische Flotte verließ heute den Minfluß und segelt wahrscheinlich gegen den Yang-Tsekiang.­­­General Millot berichtet über chinesische Truppenbewegungen an der Grenze von Huang-Si, besorgt jedoch seinen ernsten Angriff. Der französischen Regierung ist seinerlei Reklamation oder Bemerkung seitens der Mächte zugenommen. Die meisten Gesandten in Peking verständigten wahrscheinlich den Tsong-li-Yamen, daß er auf eine Vermittlung der Mächte nicht rechnen dürfe. Der „Temps“ hält es für möglich, da seit dem Bombardement Fu-Tscheous die Kriegspartei an Ein­­­fluß verloren habe. Angeblich erhielten die chinesischen Behörden aus Peking ein sehr wichtiges Telegramm. Gerichten zufolge wünscht China einen V­er­­­gleich mit Frankreich. Kaiser Wilhelm ist von seinem Unfall vollständig hergestellt. Die Dispositionen zur Kaiser-Entrevue bleiben deshalb unverändert. In Warschau trifft, nach vorläufigen Bestimmungen, der Zar am 2. September ein. Die Fahrt wird in Wilna, woselbst der russische Kaiser kurzen Aufenthalt nimmt, unterbrochen. Die Zusammenkunft der Monarchen erfolgt im fürstlich Bariatinskischen Schlosse nächst Lowicz, welches nach­ einer halbstündigen Bahnfahrt von Skierniewicze aus zu er­­reichen ist. Die Neijedispositionen können jedoch noch Abänderungen er­­­leiden, namentlich bezüglich der Ankunft in Warschau, da hierüber selbst die Behörden nicht genau informiert werden, &o heißt, daß der Zar auch der in der Nähe befindlichen Fabrik­stadt Locz einen Besuch ab­­­statten wird. Die neuen deutschen Gebietserwerbungen in Westafrika werden fortgesegt. Am 27. August wurde und zwar durch ein Privat- Telegramm des Hamburger Korrespondenten aus Madeira bekannt, das­ Generalfonsul Dr. Nachtigal auch das ganze Gebiet südlich von Kamerun und Bimbia zwischen Malimba bis Batanga hinunter durch Aufhilfen der Flagge unter Deutschlands Schuß genommen hat. Nunmehr erst hat Deutsch­­­land, das ganze Beiindungsterrain des Kamerun-Flusses, denn Malimba liegt an dem südlichsten Arme desselben. Klein- und Groß-Batanga liegen noch weiter nach Süden und bringen ung­­ehon in die Nachbarschaft der spanischen Befrgungen bei Eloby, welche wieder ihrerseits direkt an die französische Kolonie Gabun grenzen. Alle diese Orte sind bedeutende Handels­­­stationen. Die ganze an Deutschland abgetretene Küstenstrecke vom Kamerun- Gebirge bis Batanga dürfte nunmehr eine Längenausdehnung von etwa 300 Kilometern haben. Wie eine Anzahl der „Wei. Ztg.“ mitgeteilter Geschäftsbriefe interessante Einzelheiten über die Aufschilfung der deutschen Flagge an der Goldküfte gegeben hatten, so finden sich solche betreffs der Vorgänge im Kamerun- Gebiet in folgenden Privatbriefen von dort, welche der „Frankf. Big.“ zur Verfügung gestellt worden: Kamerun, 17. Juli. Wir sind zu einem außerordentlich interessanten Momente hier angenommen und fcheinen Gelegenheit haben zu sollen, wichtigen Ereignissen beizumahnen. Um das, was sich Hier vorbereitet, verständlich zu machen, muß ich etwas in die Vergangenheit zurü­ckgehen. Seit Jahren herrscht zwischen den Negerstämmen hier an der Küste und den weiter landesumwärts laufenden eine stets wachsende Spannung, die schon mehr als einmal in ernste Streitigkeiten ausartete und jeden Augenbls zu offenen Feindseligkeiten aus­­­arten kann. Die Stämme an der Küste haben ss dadurch ein faktisches Monopol für den Bwü­chenhandel verschafft, daß sie den an der Küste eta­­­blierten Kaufleuten den Durchzug durch ihr Gebiet verweigerten und sie so hinderten, in direkte Handelsbeziehungen mit den Stämmen am oberen Flusse zu treten. Der ganze Handelsverkehr mußte deshalb durch ihre Hände gehen, mit dem Resultat, daß die Binnenstämme die europäische Ware viel teurer bezahlen mußten und für ihre in Tausch gegebenen Produkte viel weniger erhielten, als dies bei direktem Verkehr der Fall gewesen wäre. Natürlich war dies sowohl den europäischen Kaufleuten wie den benachteiligten Negerstämmen gleich unangenehm, und wenn die wenigen Kaufleute sich dies gefallen lassen mußten, so waren die Binnenstämme dazu immer weniger geneigt, und deren Haltung war allmälig so drohend geworden, daß die Küstenstämme an­­­fingen, besorgt zu werden. Leßtere hatten deshalb zu Anfang vorigen Jahres die Protestion Englands nachgesucht, waren aber ohne Antwort geblieben. Dies hatte den deutschen Kaufleuten, melde hier ge­­­schäftlich, wenn auch nur an Zahl, überwiegen, Veranlassung gegeben, den „Königen” der Küstenstämme den Vorschlag zu machen, den Schuß Deutschlands nachzusuchen, dessen Kriegsruhm auch bis Hierher gedrungen war. Nach und nach war es gelungen, die, Neger zu überzeugen, daß sie unter Deutschlands Schuß besser fahren m w­ürden, als unter demjenigen Englands, das sie offenbar gar nicht als Schügling haben wolle, und er ward verab­­­redet, daß die Küstenstämme die Oberherrschaft des deutschen Reiches nach­­­suchen sollten. Eine bezügliche Eingabe ward aufgefeßt und von fast jänt­­­lichen „Königen“, nam­entlich den wegen der Lage ihrer Dörfer wichtigsten, wie „König“ Bell, „König“ Aqua und „König“ Koß unterschrieben. Natürlich darob große Aufregung unter den hiesigen Engländern, denen die Sache nicht verborgen bleiben konnte. Sie agitierten auf’3 lebhafteste dagegen, und einen Augenblick schien es, als wenn alles, was die Deutschen bereits erreicht hatten, wieder verloren gehen sollte, da die Engländer den Eingeborenen eingeredet hatten, sie würden, wenn sie unter Deutschland kämen, samt und sondern Soldat werden, um in den Krieg gegen Frankreich geschickt zu werden, da in Deutschland jedermann Soldat werden müsse. Unterstüßt durch li­berale Spenden von Rum, war das niedere Wort dadurch so in Wut gejeßt, daß­­s sich gegen seine Könige auflehnte und alle Deutschen umzu­­­bringen drohte. Einige Tage lang war es für uns Deutsche nicht rätlich, uns öffentlich sehen zu dürfen, doch ist die Sache recht wieder ausgeglichen, da­­ß den Bemühungen der hiesigen Be­treter deutscher Firmen gelang, die Neger davon zu überzeugen, daß gar sein Krieg mit Frankreich bestehe, und daß sie für deutschen Schuß nichts zu bezahlen haben würden. ns Gewicht fiel bei den Negern auch, daß ihnen gesagt wurde, Deutschland werde seine Abgaben oder Zölle von ihrem Handel erheben, während die Engländer erdrodende Zölle fordern. Um die Sache noch plausibler zu machen, wurde ein Vertrag aufgejößt, nach welchem die Könige sich bereit erklärten, ihr Gebiet nicht an Deutschland, sondern an die hiesigen deutschen Kaufleute, die Firmen Karl Woermann und Janken und Zhormälen, beide in Hamburg, abzutreten und diesen die Souveränetät zu übertragen, wogegen diese den Schuß Deutschlands versprachen, wozu sie au­­­torisiert zu sein erklärten. E 3 scheint denn auch in der That, daß die Reichs­­­regierung um die Sache wußte und ihre Einwilligung zu diesem Vorgehen im voraus erteilt hat. Man erwartet nur die Ankunft des deutschen Kanonen­­bootes „Möve“, um mit der feierlichen Proklamation der Refikergreifung vorzugehen. Die „Möve” wurde schon vor acht Tagen hier erwartet, doch hat sich ihre Ankunft unbegreiflicher Weise verzögert. Wenn damit nur nicht die Sache auf’3 neue gefährdet wird. 17. Juli. Soeben läuft ein englisches Kriegsschiff, von Cape Eoast Castle kommend, hier ein. Der Kommandant ist sofort an Land gekommen und hat die „Könige“ zu einer großen Besprechung eingeladen­ zu machen; er hat Zeit und mußt diesen Besis gründlich an­, indem er hundertmal auf denselben Gegenstand zurückkommt, als sei er niemals berührt worden. Die Batavers — Beratungen — der Neger sind denn auch endlos und zum Verzweifeln ermüdend. Der Handel von Kameruns ist, troßdem die meisten dortigen Häuser englischen Ursprungs sind, doch vorwiegend in deutschen Händen, wie denn deutsche Firmen beinahe an der ganzen Westküste etabliert sind. In Kameruns haben die beiden hamburgischen Firmen „CE. Wörmann“ und „Janten und Thormälen" Handelsniederlassungen; die erstere Firma an an anderen Blächen der Krüfte, so in der französischen Kolonie Gabun, wo sie neben dem eng­­­chen Hause Hatton und Cokjon die bedeutendste ist. Für die Auswanderung aus Deutschland wird diese Kolonie in der nächsten Zeit wenigstens, durchaus nicht in Betracht kommen, sondern nur für den Handel. In der „Kieler Zeitung” finden wir noch die interessante Mitteilung, daß in Kameruns seitens der Reichsregierung bereits eine Kohlenstation für das an der Westküste stationierte Kanonenbot „Möve” angelegt worden ist und daß der Hamburger Kohlendampfer „Betti Sauber” fürzlic) 800 Ton dahin gebracht hat. Anfänglich sollte eine solche auf der gegenüberliegenden spanischen Insel Fernando-Bo errichtet werden. Als Vertreter der beiden obengenannten Hamburger Häuser sind in Kameruns zur Zeit vier Li­beder, die Herren Johannes Voß, Heinrich Guttenz, Karl Bantaenius und Hoffmann, thätig. Lehterer ist erst seit kurzer Zeit dort. Sie wohnen bis jet nicht auf dem Lande, sondern in Hulfs, das Heißt den Rümpfen abgetafelter Schiffe, die mitten im Flusse verankert sind und sowohl als Haus, wie als Lagerraum dienen, beides eben­­so sehr aus Ge­­­sundheits- als aus Sicherheitsracsichten. Doch sollten demnächst auch eiserne Wohnungen auf dem Lande errichtet werden, t wo auch eine Plantage angelegt it. Lieutenant Wißmann nebst seinen Begleitern war sechss Tage lang Gast des Herrn Plantaenius auf der Hult Thormälen, als er sich zu seiner gegen­­­wärtigen Reise nach Loando begab. Kameruns ist, wie wir dem „Plöner Wohl­" entnehmen, zur Zeit auch der Aufenthalt der wissenschaftlichen Expe­­­dition des Dr. Baffawant aus Basel, welcher sich­ bekanntlich der Assistenzarzt des Plöner Raketenhauses, Dr. Pauli, dem ein dreijähriger Urlaub vom deutschen Kaiser bewilligt worden, angeschlossen hat. ee) Es ist für uns geradezu herzerhebend, daß es Magyaren giebt, welche die gemeine Deukungsart des „Pester Lloyd“, „Nemzet”, „Egyetertes”, „K­olozsvary KRözlöny”, „Ellenzet“ u. s. mw. nicht teilen. Das weiter unten folgende Gedicht ist ung mit nachstehendem Briefe zugenommen : Sehr geehrter Herr Redakteur! Die denkwürdige Feier der Einwanderung der Sachsen nach Sieben­­­bürgen hat in allen deutschen Herzen des In- und Auslandes begeisterten Widerhall gefunden ! Ein Sohn Siebenbürgen­? — aber nicht Deutscher von Geburt, ich bin Magyare — erlaube ich mir mitfolgend einige schlichte Berfe, die aus meinem Herzen getroffen sind, Ihnen, sehr geehrter Herr, mit der Bitte zu übersenden, diesen Epilog im „Siebenbürgisch-Deutschen Tageblatt” zum Abbruchk zu bringen. Ohne meine Nation, die magyarische, zu verläugnen, habe ich den deutschen Geist, das deutsche Vort hochschoßen gelernt. Wenn ich die Gefühle, die ich beiden Stämmen entgegenbringe, mir selbst und anderen erklären will, so thue ich es am besten so: zärtlicher hänge ich an meiner Muttersprache, am Volke meiner Bäter und liebe Ungarn wie man eine Mutter liebt ; das deutsche Volk verehre ich mit glühender Begeisterung und blide empor zu demselben, wie man einen Vater verehrt, dessen leuchtendes Vorbild man er­­­reichen möchte in seinen eigenen Thaten. Schmerzlich berührt mich jeder Zwist zwischen den Deutschen und Magyaren und reift mich heraus aus meiner Stusion, die mir so über­­­zeugend sagt: er könnte Frieden herrschen zwischen beiden. . ... . Eine Germanisierung des magyarischen Elementes perhorresziere ich, denn der Nationalstolz, den jedes Volk haben soll, bäumt si auf gegen sie; aber die Magyarisierung der Deutschen ist heller Wahnsinn. Doch, wo gerate ich bin? Ich wollte Ihnen sagen, daß ich meine Kindheit in Hermannstadt verlebte, seit meinem elften Jahre in Wien lebe und troß meiner langen Ab­­­twesenheit von meiner Heimat — ich bin lebt 36 Jahre alt — mein liebes Hermannstadt und meine Muttersprache nicht vergessen habe, und schreibe statt dieser wenigen Worte eine lange Epistel, die ihre Geduld auf harte Probe fielt. Num, ich eile zum Schluffe. Möchte jeder Deutsche so warm für das Deutschtum fühlen, wie ich, und möchte doch jeder Nicht-Deutsche unseres großen Reiches den Träger der Kultur und Humanität, den deutschen Stamm, lieben und verehren, wie ic! — — —" An die Siebenbürger Sachsen. Zur Erinnerung an­ die 700-jährige Feier ihrer Einwanderung. Der Festesjubel ist verrauscht, Und wachen wird und herrlich blüh'n, Berrauscht mit dem Gesange, Stet3 herrlicher auf'3 neue, Dem deutsche Männer stolz gelauscht, Entsprossen zwischen Kampf und Müh’n Sudes sie Bruderfuß getauscht Den Herzen, die für Ehre glüh’n, Beim frohen Becherklange. Das grüne Reis der Treue, Doch ob das rasche Wort verweht, Und wachen wird und machlen sol Doch ob das Lied verflungen : Dem deutschen Fleiß zum Ruhme­­n 3 segnet Euch, wie das Gebet, Des Landes Glüc, das ihm entquoll, Das einen Himmel Euch erfleht, Gleich deutscher Saat, die reich und­ voll Weil’ 3 aus der Brust gedrungen. Bricht aus der Aderkrume. Und wenn von First und Dachesrand Denn feit und Land dem Königsruf Der Flaggenschmuck zerstoben, Gefolgt sind Eure Ahnen, Hat scheidend Eurer Brüder Hand War’s deutsche Zucht, die Segen schuf, Um Euch und Eurer Mutterland Die selbst des wilden Rosses Huf Ein fest'res Band gewoben ! Zwang in des Pfluges Bahnen. Und ich wand der Blumen heit'rer Glanz, Da­ deutsches Herz und deutsche Hand Die sich und Fest geschlungen : Und deutschen Geistes Waffen, Euch bleibt doch reich und voll und ganz Die haben — al der Treue Pfand — Und ewig frisch der duft'ge Pranz Zum „K­önigsboden” dieses Land = Der Fest-Erinnerungen ! Dem König umgeschaffen ! D Sachenwolf! Du kamst als Gast Nun bist Du Sohn im Reiche ! D wirke segnend ohne Rast! Du grüne fort, Du starrer Ast Der deutschen Rieseneiche ! Ludwig Sendad (Pjendonym).

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