Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1893. Januar (Jahrgang 20, nr. 5796-5820)

1893-01-24 / nr. 5814

J­ ­edakiionundxtdministration Heltauergasse28. spftsitseknt mit xtusnah­me des aufgmnns und Feiertage folgenden g soctsm tagestägkich. gbonnement für germannstadt ·nwnatslich 85kr.,»vierteljährlich 2 fl.50kr.,halb­­jährig 5 fl., ganzjährig 10 fl. ohne Zustellung in’s Haus, mit Zustellung 1 fL, 3 fl., 6 fl., 12 fl. Abonnement mit Bostversendung: F­ür das Inland: bierteljährig 3 fl. 50 Er., halbjährig T fl, ganz­­jährig 14 fl. Für das Ausland: bierteljährig 7 RM. oder 10 Sres., halbjährig 14 RM. oder 20 2 ganzjährig 28 RAM. oder 5tcH. Eine einzelne Nummer kostet 5 Er. d. W. Unfrantirte Briefe werden nicht angenomm­­enufteibte nicht zurückgestellt. m N 5814. XX. Jahrgang - Siebenbürgisch-Deutsches Sage Hermannstadt, Wienstag 24. Sanıar »Pränumerationen und Inserate übernehmen außer dem Hauptbureau, Heltauer­­gasse Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, H. Dresswandt’s Nachfolger, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, Schässburg Carl Herrmann, Bistritz G. Wachsmann, Sächsisch-Regen Carl Fronius, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos Paul Batzoni, Zehrer, Wien Otto Maas (Haasenstein & Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Dannen­berg, Budapest A. V. Goldberger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co., Hamburg Adolf Steiner, Karoly­n Liebmann. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile tostet beim einmaligen Einraden 7 fr., das zweite mal je 6 fr., das drittemal je 5 fr. d. W. ex­­clusive der Stempelgebühr von je 30 fr. 1893. Der Jahresbericht des Handelsministers für 1891. (Fortlegung.) Was das Gewerbegefeg betrifft, verdient erwähnt zu werden, daß der Handelsminister einem Wunsche der gewerblichen Kreise gemäß ausgesprochen hat, daß das Gewerbe des Webers, des Töpfer und des Gieb- und Reuter­macers in die Reihe der Gewerbe gehöre, zu deren selbständigem Betriebe der Nachweis der erworbenen Befähigung erfordert wird. Um einem weiteren Wunsche der auf dem 2. Landeskongreß in Arad versammelt gewesenen Gewerbe­­korporationen zu entsprechen, ist ferner verordnet worden, daß aus dem Gesichts­­punkte des Ge­werbegefeges dem nichts entgegenstehe, daß auf dem Gebiete einer und verselben Gewerbebehörde bestehende benachbarte Gemeinden eine gemeinsame Gemwerbekorporation errichten oder aber fi einer schon bestehenden anschließen. Es läßt sich freilich darüber rechten, ob diese Inter­­pretation de­r 122 des Gemerbegeheges nicht über den von der Gesehgebung beabsichtigten Rahmen hinausgehe. Denn dort wird ausdrücklic gesagt, daß Gewerbekorporationen in Städten und in solchen Gemeinden, wo die Zahl der ein an den Nachweis der Befähigung gebundenes Handwerk betreibenden Gewerbetreibenden wenigstens hundert beträgt, errichtet werden können. Im Motivenberichte zum Gewerbegefege heißt es: „HBur erfolgreichen Wirksamkeit von Genossenschaften und Korporationen ist e8 unbedingt erforderlich, daß Die Zahl ihrer Mitglieder groß genug sei, denn nur so ist e8 möglich, die materielle und geistige Kraft dem genossenschaftlichen Leben gehörig zu sichern, ohne die eine körperschaftliche Wirksamkeit überhaupt nicht denkbar ist. Außerdem erfordert er die Wirksamkeit solcher Korporationen, daß das Gebiet, auf dem sie wirken, den Korporationsmitgliedern bekannt sei, die Mitglieder sich gegen­­seitig fennen und in fortwährender Berührung mit­einander stehen; anders ist es unmöglich, die einander interessierenden Sachen körperlich zu ordnen und zu befördern. 8 erschien demnach unnötig, dafür Sorge zu tragen, daß solche Korporationen auch an anderen Orten als in Städten entstehen können, Korporationen, welche auf ganze Gegenden, beispielsweise vielleicht auf das Gebiet eines Stuhlrichterbezirkes sich erstrebten, könnten im Interesse der Gewerbetreibenden kaum heilsam wirken und führten in ihrem Endergebnisse vielleicht nur dazu, daß die Ge­werbetreibenden wohl die Mitgliedertaten be­­zahlen, aber der Vorteile eines korporativen Verbandes kaum teilhaftig würden.“ Zum Ueberfluß spricht $ 149 desselben Gefäßes aus, daß die eben daselbe oder verschiedene Gewerbe in einer oder in mehreren Gemeinden selbständig betreibenden Gewerbetreibenden sich zur Beförderung ihrer gemein­­samen Interessen zu Gewerbe-Genossenschaften zusammenschließen können. Offenbar leuchtet aus dieser verschiedenen Zeitstellung des territorialen Gebietes der Korporation und der Genossenschaft, wenn man jene Stelle des Motiven­­berichtes und Auge faßt, die untergeordnete Bedeutung hervor, welche die Geiesgebung den Genossenschaften beigemessen hat. Eine weitere hieher gehörende Verfügung, die ss auf das Geieg über das staatliche Schankgefälle fragt, verordnet, daß Geschäfte, die sich ause­­chließlich mit dem Getränkeausscanf befassen, den Bestimmungen des Gewerbe­gesäßes nicht unterliegen. Ferner wurde den Gewerbebehörden nachbrüchlich eingeschärft, daß Aktien­­gesellschaften, sowie Er­werbs- und Wirtschaftsgenossenschaften auch gehalten sind, den Geschäftsbetrieb im Sinne des Gewerbegeregels anzumelden. Es hatte fi nämlich vielfach der Brauch, entwickelt, daß mit Nachsicht auf die P­rotokollierung der Firma die Anmeldung des Ge­werbebetriebes als überflüssig unterlassen wurde. Ueber die Gewerbekorporationen äußert sich der Bericht, daß diese Institution den an sie geknüpften Erwartungen entsprochen habe, insofern die Korporationen einerseits auf die Hebung des Bildungsgrades und Gelest­­gefühles der Handwerker, andererseits aber auf die wirksamere Vertretung ihrer Literetten und im­nteresse der Eintracht unter den Gewerbetreibenden einen wohlthätigen Einfluß ausübten. — Freilich wird darauf Hinge­wiesen, daß Gewerbekorporationen gerade in den gewerbliche Mittelpunkte bildenden größeren Provinzstädten fehlen. Webrigens erwarnt der Minister, daß auf die im In­teresse der Einbürgerung dieser Instituten an die Ge­werbebehörden erlassenen Verordnungen die Zahl der Korporativen zunehmen werde, da ihn in zahl­­reichen Orten solche errichtet worden sind, beziehungsweise die Errichtung angebahn­t worden ist. Sonstituiert haber sich 1891 zusammen 12 Korporationen, davon eine in Siebenbürgen, in Öyergd-Di­ro. In die Details des auf die Gewerbelehrlingsschulen fi be­­ziehenden Teiles des Berichtes sol an dieser Stelle nicht eingegangen werden, da diese Frage für fi ausführlich um nit als ein Teil der ministeriellen Berichtes behandelt werden sol. Es mag nur mitgeteilt werden, daß 1890/91 im ganzen Lande 298 Gewerbelehrlinsschulen bestanden haben mit 1631 Lehrern und 56.843 Schülern, ferner 70 niedere Handelsschulen mit 282 Lehrern und 4.243 Schülern. In dem Abschnitte über die Fa­zifsinspektion Heißt ed, daß die Inspizierungen der Zabrifen gleichzeiti auch Die zweckmäßigste Kon­trollierung der Durchführung der übrigen Bestimmungen des­ Ge­werbegesetes bilden, dem bei diesen Gelegenheiten i­ e& den mit der Inspektion betrauten Fachorgaen möglich, an Ort und Stelle fs durch unmittelbare Erfahrung die Überzeugung zu verschaffen, ob die zur Durchführung des Gewerbegefeges in unter Instanz berufenen Behörden ihre ihnen von Gefege auferlegten Viligen erfüllen und ob die Behörde der zweiten Instanz die in ihren Wirkungpreis gehörende Kontrol-Aufgabe erfülle, und endlich ist ihmen Gelegenheit gegben, die Wirkung des Geheges in der Praxis zu beobachten. Die mit der Durchführung de Fabriksinspektion betrauten Gewerbe­­inspektoren sind, wie in den meisten Staaten des Auslandes, auch bei ung Fachorgane des gewerblichen Regiment, deren Aufgabe es ist, einerseits mit­­zumilfen bei der möglichst erfolgreicen Anwendung der Verfügungen zum Schuße der Arbeiter, bei der möglicften Ausgleichung der zwischen Kapital und Arbeit fr­ eigebenden Differenzen andererseits jede gewerbliche Bewegung im Lande mit Aufmerksamkeit zu werdigen, zu studieren und die gewerblichen Verhältnisse der verschiedenen Gebiete des Landes kennen zu lernen, sowie mit den gesan­melten Erfahrungen die an die Förderung des Gewerbes gerichtete Politik der Regierung unterfrügen zu. Thatsächlich heißt es in dem schon einmal erwähnten Gefegentwurfe über die Unfallverhütung und die Gewerbeinspektion, daß der Handelsminister die Kontrolle über die Vollziehung kr auf die gewerblichen Angelegenheiten sich beziehenden Gefege und Verordnungen und die Agenden in Sachen der Förderung der­­Industrie durch die Gewerbeinspektoren ausübe. Nach diesem Gefegentwurf haben die Inspektoren die Untersuchung der Fabriken rücksichtlich der auf das Fabrik­wesen bezüglichen gejeglichen Bestimmungen vorzunehmen und „bei den Industrie-Förderungs-Agenden mitzuwirken.“ Was dies heißen soll, wird Har, wenn man die Bestimmungen des Gelegentwurfes näher ins Auge faßt. Danach habe die Inspektoren über die Lage und die Lohnverhältnisse der in ihrem Bezirk befindlichen gewerblichen und Yabruts­­arbeiter statistische Daten zu fammen und auf dem Laufenden zu halten, ferner von Beit zu Zeit sämtliche in ihrem Bezirke bestehenden gewerblichen Lehrwerkstätten zu kontrollieren, in den Gewerbelehrlingsschulen zu erscheinen und den Gang des Unterrichts zu überwachen, die ihnen im betreff der Ent­­­wickelung der Hausindustrie überzogenen Agenden zu versehen u. dgl. m. Das ist wohl doch ein wenig zu dich. Im Mutterlande der Fabriksinspektion, in England, Haben sie ss ausschließlich mit dem auf den Vollzug des Fabriksgefeges bezüglichen Funktion zu befassen. Allerdings haben auch diese Inspektoren sich „nicht nur in die Dinge im der Fabrik zu kümmern, sondern auch um das soziale, das noralische, um das häusliche Wohlbefinden des Arbeiters. Sehnlich steht die Bade in der Schweiz Km­ Deutsche­land „i­­em das Lehrlingswesen, die Wohlfahrtseinrichtungen im weitesten Sinne, mit denen der Inspektor auch bestimmter­ Vorschrift fi zu befassen und worüber er zu berichten hat. S re ist verpflichtet, über die wirtschaftlichen und sittlichen Zustände der Arbeiterschaft Auskunft zu geben. Er ist endlich technischer Berater der Behörden”. Die österreichischen Inspertoren haben neben dem auf das Fabrikswesen bezüglichen Wirkungskreise auch über die gewerbliche Ausbildung der jugendlichen Arbeiter Aufsicht zu führen. G3 ist begreiflich, daß die durch die fortdauernde Inspizierung der Fa­­briken gewonnene Einsicht in die Verhältnisse und Bedürfnisse der Fabrik­­­arbeiter, sowie in die Lage der Industrie überhaupt eine Mitwirkung dieser Organe bei verschiedenen Arbeiten wünschenswert macht. Troßdem muß es als sehr zutreffend bezeichnet werden, was der ausgezeichnete eidgenössische Fabrissinspektor Dr. $. Schuler in einem gediegenen Aufgabe über die Fabrifginspektion in dieser Beziehung bemerkt: „Aber groß alledem soll der Inspektor weder zum amtlichen Statistiker werden, wo zum Auskunfsgeber für die Behörden in den verschiedenartigsten technischen Fragen, wo zudem ein Chemiker oder Mechaniker vom Bad, ein Arzt 2c, meist ebenso gut am Plabe wäre. Der Inspestor sollte seine Hauptthätigkeit nicht ins Bureau verlegen müssen, sondern in die Fabrik, in den Verkehr mit Arbeitern und Arbeit­­gebern. Jeder Tag, den er auf allerlei schriftliche Arbeiten, auf amtliche Sigungen und Reisen zu denselben zu verwenden hat, entzieht ihn eben seiner Hauptaufgabe. Sa e3 besteht die Gefahr, daß der Suspestor schließlich das, was nur als nebenhergehende Leistung von ihm gefordert wird, zum bevor­­zugten Gegenstand seiner Thätigkeit werden lasse. Wie nahe muß sie z.­­B. für die italienischen Imspektoren liegen, welchen die Verpflichtung auferlegt ist, über alles zu berichten, was ihnen geeignet scheint, die nationale­ndustrie zu fördern. Wie weit ab vom ursprünglichen Ziele mag manchen der italienischen Aufsichtsbeamten dieses so snchende Nebenthema führen!” 3 geht aus diesen Ausführungen wohl hervor, daß der Gelegenttwurf über die Fabriksinspektion den Kreis der Agenden zu weit zieht. Nimmt man noch Hinzu, daß die Zahl des Inspektionspersonales auch nach der vor kurzem verfügten Vermehrung kaum ausreichen wird, damit alle der Inspektion unters­torfenen Betriebe des Landes alljährlich wenigstens einmal besucht werden, ist es ‚nicht zu bezweifeln, daß man zufrieden sein muß, wenn die Fabrik­­­inspektion ihre wesentlichen und zunächst liegenden, wichtigen Aufgaben er­­füllen kann. Im Jahre 1891 haben vier Gewerbeinspektoren ihres arbeitsvollen schweren Amtes gewaltet. Es war selbstverständlich nicht möglich, alle Fabriken zu inspizieren, zwei Sammelbezirke entbehrten sogar alle I­nspektion. Was die siebenbürgischen Landesteile betrifft, wurden sämtliche Fabriken des Klausen­­burger und des Marosch-Barb­arhelyer Bezirkes besucht, während im Fron­­städter bloß 29 Etablissements inspiziert werden konnten. Ob die im Hunyader Komitate bestehenden Betriebe der Inspektion unterzogen worden sind, läßt sich aus dem Berichte nicht feststellen, da dieser Komitat zum Wrader Bezirke gehört und die Ergebnisse nur fammerbezirkämweise ausge­wiesen­ erscheinen. Einen interessanten Ausweis enthält der Bericht über die Fabrik­­­industrie des ganzen Landes. Darnach bestehen im Lande 3063 Fabriken. x u hier die Zahlen für die siebenbürgischen Landesteile nach Kammer­ ezirten. Kronstädter Kammerbezirk: *) Einschließlich der Brauereien. r %., Frenilleton. Unter biendender Hülle. Kriminalnovelle von Gustav Höder. (13. Fortseßung.) IX: Rudolf Verdacht, in welcher am Hochzeitstage in ihm aufstieg, war halb und halb wieder eingeschlafen gewesen. Die Gründe, welche der Vater dagegen anführte, hatten nach ruhiger Ueberlegung auch bei dem jungen Manne Ein­­gang gefunden. Wie konnte sich auch unter dieser holdseligen Hülle die sch­warze Seele einer Meuchelmörderin bergen? Wie hätten diese zarten, Heinen Hände die würgende Schlinge um den Hals seiner Mutter fegen können! Wie konnte unter diesem schönen, ruhigen Antlig das Bewußtsein einer so grausigen That wohnen? Nur das getrübte Urteil über die ehemalige Geliebte, die sein Herz so schwer verwundet hatte, mußte ihm zu jenem umnwürdigen Verdachte verleitet haben. Mit solchen Gründen hatte Rudolf in den legten Wochen seinen Ylrg­­wohn zum Schweigen gebracht. Das Geständnis des sterbenden Schmugglers aber warf das Gebäude dieser Selbstbeschwichtigung wie ein leichtes Karten­­haus über den Haufen. Der Mann, der im Lerker seinem Urteil entgegen­­bangte, war unschuldig. Die Vorkommnisse sam Hochzeitsmorgen bei Zante Sophiend Ankunft und deren verräterisches Tuch wiesen, in Zusammenhang mit dem eben Gehörten gebracht, mit furchtbarer Deutlichkeit darauf hin, daß Flora mit raffinierter Berechnung aller Umstände, welche sie dabei begünstigten und sie über jeden Verdacht erheben mußten, die entjegliche That an der Mutter begangen, deren Stelle sie jegt mit eherner Stirn einnahm. Mit diesen Gedanken eilte der junge Mann nach Hause und klopfte oben­­ die Thür des Wohnzimmers. FF Der süße Wohllaut der Stimme, welche „herein“ rief, durchzuchte ihn: e8 war die Stimme Floras. Er trat ins Zimmer, wo er beim Schimmer der Lampe die junge Frau allein fand. „Ich Suche den Vater,“ sagte er nach kurzem Gruß. „Er ist ausgegangen,“ antwotete Flora, die sich erhoben hatte und dem Stiefsohne einige Schritte entgegen sin. „Wo bist du gewesen, Rudolf?” fragte sie befremdet. „Du siehst so bleich, so verstört aus, als wäre einlinglnd geschehen.“ „Ich komme eben von einem Sterbenden.“ „Wer liegt denn im Sterben ” wollte Flora wien. „Kandler,” antwortete Rudolf: „Settes Mann? Steht er dit so nahe, daß dich das so erschüttern ann ?" „Nah oder fern, e3 ist etwas ief ergreifendes, wenn man ein D Menschen­­leben zu Ende gehen sieht. Zwar si­e3 auch Ausnahmen, — e3 giebt Leute, welche mit alten Blute an einem Sterbelager stehen —" „Zum Beispiel die Werzte,” mit Flora dazwischen. „Ich gehe noch weiter; e3 debt sogar Menschen, welche mit gemalt­samer Hand einem andern dieses Erde bereiten — zum Beispiel die Mörder !* Er heftete bei diesem Worte einen Blid­ durchdringend auf Flora. Sie ruete zusammen. Bei jedem andern würde sie einen solchen Blid, der dem dorausgegangenen Worte die Becherung eines direkten Vorwurf gab, mit jener ehernen Ruhe hingenommen haben, welche die Herrschaft über ihre Mienen ihr jederzeit verlieh. d­er geheimmigbollen Gewalt aber, die der ehemalige Geliebte auf sie ausübte, vermochte sie nicht zu tragen. Sie fühlte die Notwendigkeit, ihm ihre vorübergehende Bewegung zu erklären. „Es scheint Leider wahr zu­fen, daß Liebe und Haß dicht beieinander wohnen,“ sagte sie. „So hat sich auch das warme Gefühl für die Geliebte in dir zum Hasse gegen die Stiefmutte vertwandelt. Das mußte ich schon am Morgen meiner Hochzeit erfahren. Ein er entging mir nicht, welche schwarze Gedankenreihe Tante Sophiend mittilsame Zunge und ihr unglückeliges Hals­­tuch in dir hervorgerufen Hatten.“ „D, daß ich dich haffen Tinntel” entgegnete Rudolf im Tone der Selbstanklage. „Wenn ich das Tümte, so Hätte ich dich vielleicht an jenem Morgen mit meinem Vater nicht an den Traualtar treten lassen. Aber noch hielt mich, der Zauber, mit dem du mein armes Herz umstrict hast, so ge­­­­fangen, daß ich mich zwang, lieber gut von dir zu denken, als dir das Schlim­mste zuzutrauen.“ „Und was hat deine gute Meinung von mir so plößlich wieder geändert ?” fragte Flora. s „Die feste Ueberzeugung, daß jene schlimmen Gedanken, die du an deinem Hochzeitstage auf meiner Stirn lafest, begründet waren,” sagte Rudolf mit Fertigkeit, „denn ich weiß nun, daß der Mann, welcher als Mörder meiner Mutter angeklagt ist, unschuldig im Gefängnis fißt.” „gülide unschuldig?“ rief Ilora. „Die Beweise für seine Schuld sind erdrücend.” „So schien er,” versehte Rudolf mit vorwurfsvollen Blide auf seine junge Stiefmutter. „Dem wirklichen Mörder hat bei seiner That das Glück, in unerhörtem Maße zur Seite gestanden. Dieses Glück wollte, daß der einzige Zeuge, welcher den unschuldig Angeklagten hätte entlasten künnen, sich selbst auf verbotenen Wegen befand und deshalb die Wahrheit verschwieg.D­­­a verstehe ich nicht,“ schüttelte Flora in ungeheuchelter Verwunderung­en Kopf. „Die Schatten des nahen Todes haben diesem Zeugen die verstocte Zunge entsiegelt,“ fügte Rudolf Hinzu. „Du fagtest vorhin, du fämst von Kandler, der im Sterben liege ?“ forschte Flora aufmerksam. „Er hat sich zum Morde an dem Grenzjäger berannt, der kürzlich im Walde erschoffen gefunden wurde,“ fuhr Rudolf in steigender Aufregung fort. „Die Wunde, die er selbst dabei empfing, ist tötlich, und im Angesichte des Todes hat er mir auch gestanden, daß er vor Gericht falsches Zeugnis abgelegt habe, denn wirklich Hat er um die Zeit, wo meine Mutter unter Mörderhand ihr Leben aushauchte, mit Züllide am „Grünen Kreuz“ gesprochen. Kandler hat si dem unehrlichen Gewerbe des Schmuggels ergeben und befand ich damals auf Schleichwegen. Nur aus Furcht, si zu verraten, hat er vor Gericht die Begegnung mit Züllide geleugnet und ihn, den Unschuldigen, ins Gefängnis gebracht." Rudolf hatte seinen Blick von seiner Zuhörerin verwendet, deren schwarze Augen während seiner Mitteilung unftät umherrollten. (F­ortfegung folgt.) x , . Be =

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