Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1896. Februar (Jahrgang 23, nr. 6730-6754)

1896-02-01 / nr. 6730

sodaätionundxldministratton Heltauergasse28. Erscheint mit zunayme Organismus-und Feiertage folgenden g sochen tagestågkig. Abonnement für Herm­annsiadh Mvnptlichsbkr.,vierteljährlich 2fl.50kr.,halb­­jährigöfl.,ganzjährig 10fi.ohne Zustellung iMO Haus,mit Zustellung1f1.,3f1.,6f1.,12f1. Abonnement mityoftversendung Fiktion-Zuwid­­viertter iZst.50kr.,halbjährig 7fl.,ganz­­ähg jährig 14 fl. Für das Ausland: ande­r RM. oder 10 Fre3., Halbjährig 14 AM. oder 20 un­­gensiährig 23 RM. oder­­ 3. Eine einzelne Nummer kostet 5 i­. d. Ws. Unfransicte Briefe werden nicht angenommen, Manuskripte nicht zurüc­gestellt. N: 6730. XXI. Jahrgang Hermannktadi, Samstag 1. Februar Siebenbürgisch-Deutsches auch österreichischerseits und Auge gefaßt sein. Aber alle Einzelzugeständnisse beruhen auf gegenseitiger Kompensation der beiderseitigen Forderungen. Nun ist aber in wichtigen Punkten auch zwischen den beiden Regierungen noch sein Einverständnis erzielt, die Auseinanderlegung der beiden Regnikulardeputationen faut­­ in der beiffigen Quotenfrage steht in weiter Ferne. Imnzwischen wird in allen Österreichischen Landtagen eine jeher entschiedene Wahrung der als bisher be­­einträchtigt angesehenen eigenen Interessen vom Kabinet Badeni gefordert, und so sind fanguinische Hoffnungen auf baldigen und beiderseits befriedigenden Abschluß des Ausgleiches durchaus nicht begründet.­­ Bränmmerations-Einladung auf das Siebenbürgisch- Deutsche Tageblatt. Mit 1. Februar 1896 beginnt ein neues Aabonnement auf das „Siebenbürgisch-Bentische Tageblatt”. Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 f., vierteljährig 2 fl. 50 Br., garbie­r! 5 fl., ganzjährig 10 fl. ohne ae­in­ Haus, mit Busteilung 1 fl., 5­8, 12 fl. — NXbonnement mit Be­passung: für da Inland: vierteljährig B fl. 50 f., halbjährig 7 fl., ganzjährig 14 fl., für das Ausland: vierteljährig 7 RM. oder 10 Fre3., halbjährig 24 NM. oder 20 Fre2., ganzjährig 38 RM. oder 40 Free. Auswärtige Monats - Abonnenten, welche vom 1. Februar an einzutreten wünsc­hen, erhalten das Blatt im Februar: im Inlan­de gegen direfte Einsendung von 1 fl. 20 8r.; im Inslande gegen direfte Einsendung von 2 Marl 33 Brennig oder 3 Francz 33 Centimes an das Hauptbureau (Hermannstadt, Heltauergasse 23.) P­räuumerationen und Inserats-Aufträge werden entgegenge­­nommen: in Hermannstadt beim Hauptbureau, S Heltauergasse 23, in der Buch­­handlung Ludwig Michaelis, Kleiner Ring Nr. 12; in der Buchhandlung ©. W. Seraphin, Heltauergaffe, Elisabethgaffe Nr. 29 bei Gustlan Gürtier, Ede ber Burger- umd Schmiedgaffe bei Sofef Zimmermann und Saggaffe Nr. 8 bei Sofef Schwarz, Kaufmann, auswärts bei den am Napfe des Blattes ges nannten Firmen.­­ Der Verlag des „Siebenbürgisch-Deutschen “ (Hermannstadt, Heltauergeffe Nr. 23 Ausgleichsschwierigkeiten. [O. W.] 96 er nun Glück oder Verdienst de Ministerpräsidenten ist, läugnen läßt sich nicht, daß er kürzlich nicht ohne berechtigtes Selbstbewußtsein im Abgeordnetenhause darauf verwesen durfte, daß er die bei seiner Berufung aufgesteckten nächsten Ziele erreicht, seine Absichten durchgeführt habe. Das erklärt wohl auch die einigermaßen überraschende Sicherheit, mit welcher Baron Banffy seiner nächsten Aufgabe, dem Abschluß des wirtschaftlichen Ausgleiches mit Oesterreich, ins Auge sieht. Er gehört sehr viel Mut dazu, schon für diese Session die Vorlage jenes Komplexes von Gelegentwürfen in Aussicht zu stellen, deren parlamentarische Durchbringung von zehn zu zehn Jahren nun schon zweimal nicht ohne große Erschütterungen und Krisen vorübergegangen ist. Die Mitglieder des Kabinets Banffy haben Einsicht genug, zu erkennen und zuzugeben, daß sie Nachfolger bedeutender Vorgänger sind. Aber der Kabinettchef vertraut offenbar seiner in der That wiederholt bewährten Ge­­wandtheit, und so knüpfte er ziemlich leichten Herzens in den ersten Tagen bei Sam­ar, begleitet von zwei Kollegen, den siezu zunächst berufenen Ins­tabern des Finanze und des Handelsportefeuilled, in Wien den Faden der Verhandlungen an, welche zur Regelung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Staaten der Monarchie führen sollen. Suzwischen haben die meisten Handels- und Gewerbekammern in Ungarn zu der Frage des Zoll­­und Handelsbündnisses, der Verzehrungssteuern und de­ W Privilegiums der Österreichisch-ungarischen Bank Stellung genommen und man könnte nicht sagen, daß durch deren Gutachten, die von der Presse vielfach variiert und zum Produkt der öffentlichen Meinung des Landes gestempelt werden, die Aufgabe der beiden Regierungen erleichtert worden is. Die Mehrzahl der Kammern hat sich für das getrennte Zollgebiet ausgesprochen und alle haben mehr oder weniger das gegenwärtig bestehende Verhältnis entweder als positive Schädigung Ungarns oder mindestens b­ald ganz vorwiegend für Oesterreich dvor­­teilhaft dargestellt. Der Gegenbeweis wird ganz besonders duch Berechnungen erschiwert, welche, wie jene des Direktord de ungarischen Landesindustrie- Vereines, neben den damnum emergens auch den lucrum cessans auf Grundlage von „Wenn“ und „Uber“ einstellen, deren realer Effekt durchaus unkontrollierbar ist. So hat Herr Maderny herausbekommen, daß die Benach­­teiligung der ungarischen Konsumenten zum Vorteile der österreichischen Industrie durch den der legteren aus den in Praft stehenden Handelsverträgen erwachsenden Holding während der zehnjährigen Dauer des Zol- und Handelsbündnisses ungefähr eine Milliarde Gulden­­ beträgt. Wie sollten si­ch die armen ungarischen Steuerzahler nicht sch­wer benachteiligt und ausgebeutet vorkommen mit welchem der politische und wirtschaftliche Separatismus arbeitet. Ausbeutung Ungarns durch Oesterreich, das ist überhaupt das wirksame Schlagw­ort. Die Bedeutung des Österreichischen Marktes für die landwirtschaftlichen Brodukte Ungarns wird entweder schlanfweg bestritten, oder wenigstens sehr verkleinert. Während si anfangs die Öffentliche Meinung am lautesten gegen die in Oesterreich geforderte Erhöhung der ungarischen Duote zu den gemeinsamen Ausgaben aussprach, verwahrt man si­­rgt dagegen nur eine sceinbare Errungenschaft in diesem Punkte, mit welcher Banffy dem Bublikum Land in die Augen streuen konnte, um s­chw­er­wiegende wirtschaftliche und gleich­­zeitig staatsfinanzielle Vorteile gebracht zu werden, welche man auf dem Ge­­biete der nach gleichen Grundlagen zu­­ regelnden‘ indirekten Steuern nach Ruder, Bier und Spiritus zu erringen gedenkt, indem jede Reichshälfte die Steuer nach dem auf ihrem Gebiete erfolgten Konsum, ganz unabhängig von der Produktion diese oder jenseits der Leitha erhalten sol, wobei der stärkere Österreichische Export auch entsprechend in Rechnung gezogen werden müsse. Die von Professor Sueß angedeutete einfache Lösung, welche den leiden­­schaftlichen Streit um eine wirklich gerechte und genaue Berechnungsgrundlage der Quote aus der Welt schaffen würde, nämlich die Erhebung einer gemein­­samen indirekten Steuer zur Redung der gemeinsamen Ausgaben, wird ungarischerseits perhorresziert, obwohl er dabei die gerechteste Partizipation nach der thatsächlich vorhandenen Konsumtionsfähigkeit erzielen ließe. Selbst orthodor ausgleichs freundliche Kreise und Blätter wie der „Pester Lloyd“ sind viel zu sehr vom Bemwußtsein der ungarischen Staatlichkeit durchdrungen, als daß sie diesem, auch schon vom ge­wesenen Ministerpräsidenten Bitto befürworteten vernünftigen Gedanken an eine neue gemein­same Angelegenheit Raum geben würden. Ein anderer als früher schon wiederholt aufgetauchter Borsschlag, dessen Durchführung den freien Verkehr zwischen Oesterreich und Ungarn auf das fchmwerste beeinträchtigen würde, die Errichtung einer Verzehrungssteuer­­zwischenlinie, wird neuerdings zur Diskussion gefielt und natürlich am lebhaftesten von jenen befürwortet, welche auf diesem Wege zu ihrem Endziele des besonderen ungarischen Zollgebietes zu gelangen hoffen. Verhältnismäßig den wenigsten Streit wirbelt die Erneuerung des Privilegiums der österreichische ungarischen Bank auf. Denn so entschieden auch das Recht auf Errichtung einer eigenen ungarischen Notenbank betont, und die Ausübung desselben für spätere Zeiten, nach erfolgter Regulierung der Baluta vorbehalten wird, so Mar ist 3 offen Einsichtigen, daß im gegen­­­wärtigen eitpunkte eine vollständige Trennung des Bank- und Kreditwesens für Ungarn selbst gefährliche Folgen haben könnte. Um so lauter reitet man auf der durch ihre ewige Wiederholung nicht berechtigter geworfenen Klage herum, daß die Bank den Kreditbedürfnissen Ungarns nicht genügend entgegen­­komme, den Wiener Pla bevorzuge und seiner genügenden Agerenz der ungarischen Regierung unterworfen sei. Das muß also alles anders werden, und „volle Parität” ist das Schlagwort, in welchem sich alle Verbesserungs­­vorschläge begegnen, unter denen die noch gründlichere Magyarisierung der Budapester Hauptanstalt und sämtlicher ungarischen Filialen einen für die P­atrioten besonders wichtigen Punkt bildet. Welche konkrete Formulierung unter dem ebenso auf den Grafen Babeni, wie auf Baron Banffy vor ihren beiderseitigen Staatsgenossen geübten Drude die gegenseitigen Ansprüche und Konzessionen gewinnen werde, ist eines der zu lösenden Nätjel des Millenniumsjahres. Schon Ende des Monats kommen die beteiligten österreichischen Minister nach Budapest, um die Verhandlungen, denen inzwischen auf Grund der Wiener Besprechungen vorgearbeitet worden ist, weiter zu führen. Nun sol ja der Forderung Ungarns, daß die Verzehrungssteuern auf Bier, Spiritus und Buder nach Maßgabe des faktischen Konsums den beiden Staaten zu Bitte kommen sollen, im Prinzip zugestanden worden sein, und auch das Fallenlassen des Präzipuums von zwei Prozent für die Militärgrenze den staatsrechtlichen Straßeln Ungarns Rechnung tragen. Schließlich ein größerer Einfluß beider Regierungen auf die Leitung der österreichisch-ungarischen Bank ? | BEESSENEENNEEBN ER . J.---»- , FE au . . ,... .­­ Wrörumeritonen und Anferate Hoeeneguen außer dem Hauptbureau, Heltauer­­gasse Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, H. Dressaandt’s Nachfolger, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, Schässburg Carl Herrmann, Bistritz G. Wachsmann, Sächsisch-Regen Carl Fronius, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos Paul Battoni, Zehrer, Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danne«­here, Budapest A. V. Goldberger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube , Co., Hamburg Adolf Steiner, Karoly­n Liebmann. Aufertionspreis. Der Raum einer einspaltigen Garmonbaeile tostet beim einmaligen Einladen 7 Tr., das zweite mal je 6 fr., da dritte mal je 5 fr. Ö. m. e2- else der Stemmelgebühr von je 30 fr. _1896 Politische Uebersicht. Hermannstadt,31.Januar. Wie ein antisemitisches Blatt meldet,hat der Verwaltungsgerichtshof in Wien die Beschwerde gegen die Auflösung der Wiener Gemeindevertretung nicht alleine abgewiesen sondern behufs Erstattung der Gegenäußerung binnen 30 Tagen, an die Statthalterei geleitet. Liberalerseits wird an diese Nachricht die Kombination geknüpft, daß da im günstigsten Falle die mündliche Verhandlung vor dem Gerichtshofe erst im legten Drittel des künftigen Monats stattfinden kann, die Neuwahlen für den Gemeinderat nicht vor Ende Februar oder Anfang März stattfinden werden. Troß des feierlichen Appells des preutischen Kaisers und des Reichsk­kanzlers, das Jubiläum der Errichtung des Deutschen Reiches durch Zustande­­bringung eines einheitlichen neuen bürgerlichen Geiegbuches würdig zu begehen, konnten sich die Reichstagsparteien über die leitenden Grundzüge der geschäftlichen Verhandlung dieses Legislatorischen Werkes bisher nicht einigen und es besteht die Gefahr, daß das bürgerliche Geiegbuch­ in dieser Session nicht zu Stande kommt. In der Sagung des deutschen Reichstages vom 29. d. M. kam der Antrag Bauth-Richert (Freisinnige Partei) zur Beratung, der dahin geht, den Schuß des geheimen Wahlrechtes zu sichern, damit die Beeinflussung von Behörden und Bargefegten aufhöre. Der Antrag wurde in erster und zweiter Zeitung mit allen gegen die Stimmen der Konservativen angenommen. Bei der Beratung kam es zu einem bemerkenswerten Bmwischenfall. Der Antrag wurde nämlich auch von den Antisemiten unterstüßt, und einer der antisemitischen Wortführer, der Abgeordnete Bindewald, richtete bei­­ dieser Gelegenheit folgende Worte gegen die, den Antrag bekämpfenden Konservativen . „Die Konservativen“, sagte er, „sind hauptsächlich deshalb gegen den Antrag, weil er sie selbst bedroht. Sie sind diejenigen, welche die größte Wahlbeeinflussung ausüben. Die Antisemiten sind stolz darauf, von Bauern und Arbeitern ale­zu stammen ; die Vorfahren der Konservativen aber waren bekanntlich Raub­­ritter. Dasselbe System möchten die Konnservativen auch Heute noch aufrecht erhalten." Der konservative Führer Graf Limburg-Stirum antwortete dem Vor­­rechner in gereizter Weise, indem er unter anderem bemerkte: Jamohl, die Konservativen wollen eine gewisse Wahlbeeinflussung, denn es ist nur gerecht, daß die Arbeiter ihre Brodherren wählen, und nicht den erstbesten hergelaufenen Gesellen. Der offiziöse „Hamburgische Korrespondent” betont in einer Berliner Buschrift, daß in maßgebenden Kreisen der weitere Ausbau der deutschen Flotte zur Zeit noch keineswegs feste Formen angenommen habe, soweit der­­selbe über den bis Schluß des Jahrhunderts in Kraft stehenden S Flotten­­gründungsplan hinausgehe. Als Angaben über eine bestimmte Anzahl von Panzerkreuzern, Panzer­schiffen zum Schuge der deutschen Küsten und überseeischen Interessen seien daher verfrüht. Auch sei in absehbarer Zeit gar nicht daran zu denen, daß die Reichsregierung mit festen Plänen herbertrete, da die ihm vermiegendsten Fragen mitsprächen. Vorläufig genüge vollauf, wenn die deutsche Nation zu ’ Benn biete 8.­ ­Schiksalswege. N­oman von Kurt Hoffmeister. (47. Fortlegung.) „Sie find mir auf den Seren!” zischte Röling, seine Fäuste ballend. „Aber wehe dem, der mir zu nahe kommt! er ist ein Kind des Todes !” „Reine Gewalt, Paul!“ bat die Alte, „um Gottes Willen Deine Gewalt ! Das könnte deine Lage nur verschlimmern. Hier hinaus!" fügte sie hastig hinzu, nach dem Hintern Fenster deutend,. „Das Fenster ist nicht Hoch. Dann den Berg hinauf und in den Wald Hinein. Ich will hinunter in die Küche und will die Leute aufzuhalten suchen, Fort, Paul! fort!“ Sie nahm die Lampe und eilte mit zitternden Knieen in die Küche hinab. War sie auch auf nichts gutes gefaßt, so wanfte sie doch entreßt zurück, als ihr ein Helm und ein Ge­wehrlauf entgegenbligten. Dennoch er­­mannte sie sich zu der Frage: „Wer sind Sie und was wollen Sie hier ?” „Wer ich bin, das sehen Sie wohl, gute Frau,“ antwortete der Gendarm kurz und barih und riß ihr die Lampe aus der Hand. — „Bewarh das Fenster,“ wandte er si nach dem weit geöffneten Küchen­­fenster zurück, Hinter welchem ein zweiter Helm funfelte, „Stanfe sol vor der Hausthür bleiben, bis ich Euch das Beichen gebe.“ Die alte Frau unsanft auf die Seite schiebend, eilte der Gendarm mit der Lampe in der Hand an ihr vorüber und polterte die Holztreppe inauf. Einen Augenblick mußte Frau Röling sich an den Thürpfosten sehnen. Aber die Angst um ihren Sohn gab ihr die Kraft zurück, dem Gendar­en zu folgen. Das Zimmer war finster. Sie hörte den Gendarm im anstoßenden Zimmer rumoren.Gleich darauf trat er mit der Lampe herein.Das hintere Fenster stand offen.Er schienen jetzt erst zu bemerken. »Hier ist er hinaus!«rief der Gendarm unter einem Fluche und leuchtete hinab,um die Höhe zu messen.Hastig setzte er die Lampe auf den Tisch,schwang sich dann auf die Fensterbrüstung und war ver­­schwanden. Frau Rölling hörte,wie er im Sprunge die Erde berührte.Ein Schriller Pfifftönte.Trappelnde Schritte kamen um das Haus herum,sie beugte sich zum Fenster heraus und sah drei dunkle Gestalten die Anhöhe hinter dem Hause hm auf einem Atemlos lauschte sie in die Nacht hinein,die Hände an die Brust pressend. Nach einigen Sekunden tönte ein Pfiff in der Ferne,worauf es wieder stillward. Dann vernahm sie mehrere Nufe,die sich weiter und weiter en­t­­fernten.Plötzlich krachte ein Schuß­ und ein zweiter folgte nicht lange darauf. Nun trat Totenstille ein. Die alte Frau fand zusammen und blieb eine Weile bewegungslos liegen. Endlich erhob sie den Kopf, blicte mit Hohlem Auge im Zimmer umher und faltete verzweifelt die Hände, „D, Gott!” stöhnte sie, „gehe nicht zu hart mit mir in’s Gericht ! Sei barmerzig und strafe nicht an meinem armen Sohne die unselige That, welche ich einst hier beging, hier an Diesem Orte, wohin deine Schidung mich nach 20 Jahren wieder zurückgeführt hat!” XXXI. F­elizitad empfand, wie Wolfgang, daß ihre süßesten Hoffnungen ver­­eitelt, ihr Glück für immer zerstört war und fühlte ihr Sch djal in seiner ganzen zermalmenden Schwere, aber sie dachte in ihrem Schmerze mehr an den Mitgenossen desselben als an sich selbst. Daß ihm ZTrost und Stärke zu­teil werde, das Unabänderliche zu tragen, daß er si im feinem Seelenschmerz nicht doch seine ungestüme Natur, fortreißen lasse, Vergessenheit und Zer­­streuung auf den Bahnen der Gefahr oder der Sünde zu suchen, war ihr tägliches Gebet. Da, hätte sie ihn wie ein Schußgeist umschweben, Gefahren von ihm abwehren, ihn wie ein Schild gegen die Bosheit der Welt, vieleicht vor seiner eigenen Leidenschaft hüten künnen! Sie würde es mit der Auf­­opferung ihres Lebens gethan haben. Dies waren die Empfindungen des weiblichen Herzens, in derselben schmerzlichen Lage, welche bei Wolfgang ganz andere Gefühle erzeugt hatte. Er ertrug das ihm auferlegte Gefeh­d nur mit Bitterkelt und Grol und sein Seelenzustand war der einer fortwährend gährenden Empörung.­­ Aber Wolfgang hatte die Welt vor si, in ihr konnte er Erleichterung und Ablenkung suchen. Felizitas hatte nichts, um die erste Schärfe ihres Hummers abzu­­stumpfen; in ihrem Dasein gab es seine Abwechslung, die ihre Gedanken von ihrem eigenen Ich ableitete. Nur Melanie war da, die noch immer, von Teßners Gastfreundschaft festgehalten, auf Göllung weilte. Wußte an Zelizitad, daß diese Gast­­freundschaft ihres Vaters durchaus Feine uneigenmüßige war, so dankte sie ihm doch im Stillen dafür, denn die Gegenwart der Freundin sc­üßte sie vor gänzlicher Vereinsamung, welche ihr in der jenigen Gemütsstimmung viel­­leicht nur unerträglich gewesen wäre. — Er giebt Umstände und Lebenslagen, two sich in wenigen Stunden die Herzen durch stärkere Bande mit­einander verknüpfen, als der vertrauteste Umgang in einem ganzen langen Leben sie zu geben vermag. Demselben Schönen Traume, den Felizitad geträumt, hatte sich auf kurze Beit wohl auch Melanie hingegeben. Felizitag wußte nun, was es­ heißt, von Falter rauher Hand daraus erwedt zu werden, und konnte die ganze Tiefe der Seelenqual ermessen, melde die Freundin schon längst schweigend ertragen hatte. (Sortfegung folgt.)

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