Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1896. Juni (Jahrgang 23, nr. 6830-6853)

1896-06-11 / nr. 6838

Redaktion und Administration Heltauergasse 23. Wrfdeint mit Ausna­ute des auf Sonn- und Feiertage folgenden Wochentages täglich. Abonnement für Hermannstadt: monatlich, 85 fl, vierteljährlich 2 fl. 50 Er., halb» jährig 5 fl., ganzjährig 10 fl. ohne Zustellung in’s Haus, mit Zustellung 1 fl. 3 fl. 6 fl. 121. Abonnement mit Polversendung: Für das Inland: vierteljährig 3 fl. 50 Er., halbjährig 7 fl., ganz­­­­si jährig«1411. Für das Ausland: vierteljährig 7 RM. oder 10 Fred., halbjährig 10 RM. oder 20 Fres., ganzjährig 28 RM. oder 40 Fred­. Eine einzelne Nummer kostet 5 ff. d Unscaniirte Briefe werden nicht angenommen, Manuskripte nicht zurückgestellt. Siebenbürgisch-Deutsches &a­mr ; A­ee N 6838, XXI. Jahrgang Hermannstadt, Donnerstag 11. Juni tt ; Promumerationen und Buferate kosom­m­en außer dem Hauptbureau, Heltauer­gasse Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, H. Dresswandt’s Nachfolger, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, Schässburg Carl Herrmann, Bistritz G. Wachsmann, Säch­sisch-Regen Carl Fronius, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos Paul Batzoni, Lehrer, Wien Otto Sn (Haasenstein & Vogler), Rudolf Mosse, A Opelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Dann Das, Budapest A. V. Goldberger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co., Hamburg Adolf Steiner, Karoly­n Liebmann. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondgeile tostet beim einmaligen Einraden 7 tr., das zweitem­al je 6 fr., das drittemal je 5 fr. 6... ex­­elesiwe der Stem­pelgebühr von je 30 fr. 1896 Die Historische Ausfielung. (L. S.) Noch lange bevor die Reihe der rauschenden Millenniums­­festliegeiten eröffnet wurde, erfreute sie das dem Eissporte auf dem Stadt­­wäldchenteiche Huldigende Hauptstädtische Publikum an den architektonischen Schönheiten der frühe fertiggestellten Burg Bajda-Hunyad, deren mondbeglänzte Türmen sich auf der Eisfläche widerspiegelten, und selbst die blasterteren Mit­glieder der ohnehin imdifferent veranlagten großstädtischen Gesellsshaft hegten die Vermutung, jene geschmachvollen altertümlichen Schloßanlagen würden als innerlich viel Schönes bieten. Diese Ahnungen haben ss im vollsten Maße bestätigt: die Historische Anstellung, deren Kern die erwähnte Burg bildet, ist die piece de resistance der ganzen, glänzend gelungenen Millenniums­­ausstellung. Es war zu erwarten, daß ein Hauptbestreben darauf gerichtet sein werde, anläßlich dieser monumentalen geschichtlichen Feier die Kulturgeschichtliche Ent­­wicklung und die bedeutenderen Momente der gewiß nicht ruhmlosen Geschichte Ungarns in unwürdiger Weise vorzuführen ; das Genie des E­rbauers, Architekten Alpar, die Munifizenz Sr. Majestät, ausländischer Herrscher, des ungarischen Klerus und Hochadels, darunter der Fürsten Esterhazy, Batthany-Strattmann, Grafen Apponyi, Bethlen, Wilczet u. a. sowie der Sachverstand und Kunst­­sinn der arrangierenden Sachgelehrten Czobor und Szendrey haben sich jedoch vereinigt, um ein — man an­ e3 ohne Ueberschwänglichkeit sagen — alle Erwartungen übertreffendes Werk zu schaffen. Besonders reich ist diesmal die römische Kirche vertreten; nicht umsonft residiert derzeit am P­rimatiasfig zu Gran — dieses Domkapitel hat besonders viel von seinem sonst vor fremden Augen sorgfältig gehüteten unermeßlichen Kichhenihag ausgestelt — ein Kirchenfürst, der, selbst einst Professor der Geh­ichte, sicherlich für die Geschichte auch soviel Sinn hat, als ihm die strammen Traditionen seiner Kirche erlauben. Die Gebäude der Historischen Ausstellung sind in drei Hauptgruppen — romanische, gothische und Renaissance — auf der Szechenyi-Insel verteilt, daran reihen sich noch — ebenfalls auf der Ansel, welche durch mehrere Brücken mit der Außenwelt verbunden ist — die Gebäude des Urerwerbes, das Historische Jagdschloß und die Fischhütte. Der Hauptzugang führt durch einen mächtigen Thorbogen, dessen Ober­­mauer von zwei Thortürmen gekrönt wird; der Kleinere ist eine Nachbildung de Schäßburger-­Bastionturmes, welcher im Jahre 1889 , anläßlich des Komitatshausbaues abgetragen wurde. l­ Links vom­ Eingang sind die Baulichkeiten romanischen Stils-ein Benediktinerkloster mit Reiher-Weilen-einem Palast(Appartement­ des Abts),welcher als sogenanntes»Königsheim«eingerichtet ist,dem Kreuzgang, verziert mit Motiven der Jaaker Kirche,und der Kapelle ebenfalls nach Mutter der Jaaker Basilika,einer der letzten Kirchen romanischen Stils in Ungarn aus dem­ 13.Jahrhundert,bereits an der Grenze der Gotik. In der rom­anischen Gruppe,als deren Stil im Anfang der ungarischen Geschichte herrschend war,sind auch die ältesten Andenken an Ungarns Vorzeit gesammelt.Daß der äußere Rahmen dieser ersten Periode—hie zum Au­s­sterben des Mannstammes der Arpaden—­ganz kirchlich gehalten ist,findet seine Erklärung darin,daß weltliche Bauten größeren Stils in dieser Zeit gar nicht entstanden;der herrschende Stamm begann eben langsam seine nomadisierenden Gewohnheiten aufzugeben und die von Westen eindringende Kultur trug ein vorwiegend kirchliches Geprägt. Aber auch von diesen kirchlichen Bauten ist so wenig erhalten,daß die Erbauer dieser Gruppe gezwungen waren,französische gleichzeitige Muster zu Hilfe zu nehmen. Spärlr sind auch die Reliquien dieser Zeit selbst gefäet; einen großen Teil machen die Gräberfunde dieser Zeit aus, die bekanntlie da I­nteresse aller europäischen Archäologen auf sich gelenkt haben. Ein interessantes Stück in der Kapelle, deren Portal ein archaisch aus­­geführtes „Lamm Gottes“ schmüct, ist das Horn Lehels, ein merkwürdiges Schlagwert aus Elfenbein, aus Jaßbereng stammend, dessen Ursprung von den Fachleuten auf die Zeit zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert angeseht wird. Geltsame Gentaurengestalten wechseln ab mit rohen Menschen- und Pferdefiguren auf der vergilbten Außenseite des Hornes, ein Stübchen des Landes ist abgebrochen. An dieses Horn knüpft sich bekanntlich eine Sage, in welcher der durch die Niederlage der magyarischen Waffen vermundete Nationalstolz Trost suchte: der im Waffengetümmel der mörderischen Schlacht auf dem Lechfelde gefangen genommene und zum Galgen geführte Lehel — eine auch sonst sagengefeierte Herrengestalt — Habe sich als legte Gunst er» beten, noch einmal sein Horn­­ blasen zu dürfen, und habe mit dem so erlangten Horne den deutschen Fürsten — der mit der Geschichte e3 nicht allzu genau­­ nehmende Volksmund nennt septeren Heinrich” — getötet. Die übrigen hier audgestellten Gegenstände, welche aus der Arpadenzeit stammen, haben größtenteil auf das Andenken des ersten Königs, Stefans des Heiligen, dessen Weisheit und Frömmigkeit auch eine aus Hartvifs „Lebensbeschreibung Stefans des Heiligen” genommene ,Aufschrift über den Säulenarkaden preist, Bezug, darunter das farbige Muster der Stuhlweißen­­burger Carula aus Byffusstoff, nach welchem Königin Gisela den Krönungs­­mantel tiehte. Dann sehen wir hier noch die in den Särgen des am byzan­­tinischen Kaiserhofe aufgewachsenen Königs Bela III. und seiner ersten Frau, Anna, Tochter Boemunds von Antiochien, gefundenen Schmuckgegenstände, die die Bohrung eines artesischen Brunnens im Jahre 1848 ans Tageslicht brachte; schließlich eine Urkunden-, Münzen und Siegel-Sammlung. Aus der Kapelle heraustretend haben wir die stolze Burg vor uns, welche der königliche Regent Ungarns, J­ohann Hunyadi um die Mitte des 15. Jahrhunderts erbaute. Königlich nennen wir ihn, denn Königlich war sein Sinn und seine Machtvollkommenheit, als ihn die Stände 1446 zum Guber­­nator des Reiches wählten, durfte er doch sogar das sonst ausschließlich dem gefrönten Könige eigene Donationalrecht ausüben. Schloß Bajda-Hunyad bildet den Haupttrakt der gothischen Gruppe, deren Gebäude die Andenken der z­­ei Blütenperioden der ungarischen Ge­­schichte, der Anjou-Dynastie und der Corviner Herrschaft in sich bergen; außer Bajda Hunyad sind aber auch viele Motive der Csütörtörgelyer Kapelle (Komitat Bips) entnommen; im Äußersten Flügel schließlich finden wir Siebenbürger abermals Bekannte, den Schäßburger Stundturm und das Treppenhaus des Kreither Schlosses. Die Hoffront Schmidt das Landeswappen, rechts davon das Wappen der­ neapolitanischen Beatung, Gemahlin Mathias­ Corvinus’, das des­ Fünft­­liebenden Erzbischofs von Gran, Thomas Balocs und das des Palatins Nikolaus Garai; links davon die Wappen Johann Hunyadis, Johann Biter, Bischof­ von Großwardein, später ebenfalls Graner Erzbischofs und der balladenbesungenen Mutter Mathias’ Elisabeth Szilagyi. In den ebenerdigen Ritter und­ der Wajda-Hunyader Burg eintretend finden wir und völlig in die eiserne Ritterzeit, und zwar in „die Zeit so taub und roh“ wie der die mittelalterliche Romantik verherrlichende Graf v. Strahwig, wenn auch mit Gegengewicht, zugiebt — besiegt. Gleich am Ein­­gange sprengen zwei von Erz starrende Ritter auf einander los, mit so furcht­­baren Lanzen, daß man eher an die Stange bed Riefen Ruperan erinnert wird, ald an Zournierwaffen des Mittelalters. Den Saal beherrscht über­­haupt Bellona, die graute Göttin des Krieges, und er könnte fäglich der Waffensaal der Ausstellung genannt werden. Mbenteuerlich geformte kriegerische Kopfbedeckungen aus verschiedenen Jahrhunderten, wie Topf und Stechhelme, Resielhauben, Kriegsschalen u. a. mw., deutsche und italienische Schwerter, ganze Nüstungen, alles in reicher Auswahl. Unter den Rüstungen erblichen wir auch die des unglücklichen Ludwigs II, mit dessen Hal Ungarns Unabhängigkeit für lange Zeit zu Grabe ging. Auch die Wände schmüden lauter Kampfes­­fgenen, darunter die nach den Wandbildern der Ziegraer und Raschauer Kirchen angefertigten Szenen aus der Schlacht bei Cserhalom,­ wo König Salomon wanfelmütigen Angedeutend — hauptsächlich mit Hilfe seiner edlen Verwandten, besonders aber des ritterlichen Ladislaus,­­späteren Königs, dieser Idealgestalt eines mittelalterlichen christlichen Helden und Fürsten, die Rumanen so flug, daß, wie der Chronist sagt, „die Schwerter trunfen wurden von rumanischem Blute.“ In Verbindung mit den hier aufgestapelten Kriegswerkzeugen mag auch des Heinen Geidingparkes gebadjt werden, welcher aus sch­werfälligen Feld­­­langen bestehend in der Nähe eines mit dem Halbmond geschmückten Bettes im Freien aufgefahren it. Wenn ein leicht erregbares Gemüt in dieser Umgebung den Schrei des Kriegsadlers zu hören vermeint, so glaubt dagegen ein religiöses im Witter­saale des Stodwerkes wohl die Taube des heiligen Geistes schmweben zu sehen: in leiterem nämlich finden wir die großartigen Kirchenschäge des 14. und 15. Jahrhunderts, besonders viele kostbare Monstranzen mit so großen Edelsteinen belegt, daß man geneigt wäre, darunter böhmisches Fabrikat zu wittern, falls die Ehrwürdigkeit der ausstellenden Domkapitel diesen @edanten nicht von im Sime erfu­den würde. Simponierend ist auch die Anzahl echter Perlen, mit welchen die Meßgewänder dicht besät sind. Ebenfalls im Stodwerke, dessen Hallen al­tesionische und dekorative Wunderwerke sind, aber in einem anderen Saal ist dasjenige Stück der Ausstellung, in welchem die Bereinigung von innerem Wert und künstlerischem Geschmach am meisten — mit Net­z be­­wundert wird, untergebracht: das goldene Kreuz oder „Salvarin König Mathiad’”, welches nicht umsonst auf eine Milion Gulden versichert ist. Eben­da sind auch die Bücher der weltberühmten Forvinischen Bibliothek, diese Kunst­­werke des Mönchfleißes, die es einigermaßen verständlich machen, wie mancher in der zweltvergessenen Abgeschiedenheit der einsamen Sclotterzelle die Bef­friedigung seines Lebens darin fand, ein solches Buch der Nachwelt erhalten­­ haben. Eine steif bürgerliche Atmosphäre weht ung an im Bartfelder Rathaus­­saale zu ebener Erde, welcher die Wappen der wichtigeren Städte, städtische Privilegien, Rechnungen, Protofole u. s. w. enthält; nicht weit davon er­­innert die Archivkammer eines Kapitels an die Rolle, welche die Kapitel und Konvente, als die öffentlichen Notare des Mittelalters im Rechtsleben besonders Ungarns gespielt haben. Mit der Pracht des Rittersaales kontrastiert eigentümlich das nebenan liegende Wohnzimmer aus dem 15. Jahrhundert, dessen einfache dunkel ge­­haltene Möbel nicht gerade den Eindruck besonderer Bequemlichkeit machen, wie wir überhaupt heutzutage wissen, daß der Heutige Begriff von Komfort den früheren Geschlechtern nicht geläufig war. Links vom Rittersaal ist eine Bibliothek aus eben demselben (15.) Jahr­­hundert eingerichtet;­­die­ meisten Besucher interessiert darin Hauptsächlich das Horostop, welches dem Sohne König Mathias’ und der Breslauer Bürger­meisterstochter, Johann Corvin gestellt wurde, und welches samt Auflösung in modernen astronomischen Zeichen auf der Wand abgebildet ist. Stilgemäßen Wandschmuch geben auch die Bilder des berühmten Kirchenredners und theo­­logischen Schriftstellers, des Franziskanermönchs Pelbart und des Striptors der wichtigen Marci chronica, gewaltige Folianten, interessante Pergamente und besonders merkwürdige alte Landkarten Ungarns — in dem Stile ausge­führt, wie die ersten Aufnahmen W Amerifas, nur geographisch richtiger , füllen den Raum. « Den Kern der dritten nämlich ausgedehntesten Gruppe,der Gebäude der Renaissancezeit,bildet wieder ein siebenbürgisches Bauwerk,der Turm der Kronstädter Katharinenbastei,daran der Flügel gegen den Teich zu ist in oberungarischem Stil gehalten,während der­ Palast auf der anderenseite spät-baroken Geschmack-nah einzelne Motive sind den Bartfelder Leutschauer und Neusohler alten Rathäusern entlehnt. In dieser Gruppe nun wird die Geschichte von der Mohacser Schlacht bis zur letzten Königekrönung vorgeführtZ nebener Eroe sind in den Gängen mächtige Gobelins­—Eigentuer,Majestät—zu sehen,welche zum­ größten Teil den Feldzug des Herzogs von Lothringen der die Vertreibung der Türken aus Ungarn zur Folge hatte glorifizieren Sämtliche Phasen derlssser Belagerung und Einnahme der Osner Festung,die für Ungarn glückliche Mohacöer Schlacht­—1687—u.s.w.sind aus diesen Kunstwerken der Weberei in anschaulicher,hie und da etwas realistisch­ blutiger Weise dargestellt.­­ Beriffeton. Der Fiebe und des Glükes Bellen. Roman von M. v. Ejhen. (28. Fortseßung.) Und er sah sie plöglich eigen an dem großen Kamin in der alten, Hohen Halle auf dem Erlenhofe, wie er in der Familiendronst stand, daß die früheren Gutsfrauen abends im Kreise der Ihrigen gethan. Und er wurde ihm eigentümlich wohl, eigentümlich wehe. Ein wunderbarer Zufall führte ihm eben die Erinnerung an seine erste Liebe vor den Sinn: Herzlose uppe­­n. Seine Gedanken wanderten zu Hilde zurück — bie aber war gar eine Künstlerin, ein Blaustrumpf! Ob Donah­an sehr viele Vorurteile abgestreift hatte, in dem Punkte war­ er diesem im Großen und Ganzen seinem Geflecht eigenen Mißtrauen treu geblieben. Ob man ihm das allzu übel nehmen darf? — Es ist doch eine nicht ungefährliche Bewegung, welche die rauen aus ihrem durch Jahrhunderte begrenzten Wirken hinaus in die neuen Bahnen treibt, ein nicht immer so glatt abgehender Prozeß, wenn die Rückwandlung eintreten sol. Un pah! Ihm konnte ja das alles einerlei sein. Es waren wirklich nur die Verhältnisse die einem immer wieder unwillkürlich derlei Gedanken vor die Seele brachten. Bräulein Hilde Moran und er hatten beide ganz andere Dinge zu thun. Er war ein Junggeselle geworden und wollte es bleiben. Und unwahr­­scheinlich, um das Glüc des Junggesellen nicht zu gefährden, wollte er Hilde nicht mehr am nächsten Morgen besuchen, wie er sich eigentlich vorgenommen hatte, und versprach dafür — um auf andere Gedanken zu kommen — dem Hauptmann Heldorf, an dem Souper teilzunehmen, welches dieser einer Hübschen Kunstreiterin zu Gefallen in dem Hotel „König Karl“ für den anderen Abend arrangiert hatte. Fräulein Hilde hörte daher nichts mehr von dem Baron, als daß er leider den legten Abend in Grünbergen in solch luftiger Gesellschaft zu­­gebracht hatte. Die Gesellshhaft war allerdings luftig gewesen, nur Helldorf und Donad nicht. Der leßtere vermochte absolut nicht, sich in die erforderliche Stimmung zu verlegen. Immer mehr übersam ihn das Gefühl, als hebe sich da ein Wall rings um ihn her, höher, immer Höher, undurchdringlich , der ihn von solchen Vergnügungen­ sschied. „Man kriegt den Kram fatt.” So meinte Heldorf, als die beiden Freunde no einmal zum rechten Beisammensein für si allein in einem Wiener Kafee eingelehrt waren, paffte seine Regalia in die Luft und schlürfte den Mofla, damit er wieder ver­­nünftig wurde: „Habe heute zum rechten Male der Stleinen einen Spaß gemacht. Zeit, daß man solide wird, Werbe Heiraten. Weiß ein Mädchen Hübsch, frisch und gesund, natürlich, munter und gescheit. Behagliche Heim, wenn man nach Hause kommt; junges, hübsches Weibchen, ein paar Jungens ins Haus, damit x une nicht erli­ht. Noch ein ganz anständiges Lebensprogramm. m? Hm.“ Und damit steht Donah auf, recht fi in die Höhe, so daß er die beiden Arme weit von sich strebt. Srclche Luft, arbeiten ungehindert und uneingeschränft durch irgend etwas, irgend­wen. Es ist das beste in ihm, was dahin drängt. * * ** Wenige Tage nachdem Hilbert von Donah auf dem Erlenhofe ein­­getroffen war, trat Bent von Windig, mit der Führung des Landratsamts beauftragt, in Bodenroda ein. Seine Verlobung mit Z­illi Rettberg hatte vorher die neueste Neuigkeit der Saison abgegeben. . Hilbert war durch jene Bergebung des Landratsamts schmerzlich ent­­täuscht,doch er ließ sich davon nicht beirren.Vielmehr ging er umso eifriger daran,das Wort wahrzumachen welches sozusagen seinen Abschied von Gründergen zusammengefaßt hatte,als er sich nunmehr in seiner Thäigkeit auf ein kleineres Gebiet als das gehoffte zu beschränken galt. Der Baron hatte immer noch etwas mehr für soziale und wiM­en Mißstände übrig gehabt, als die meisten seiner Standes und Besig­­genossen. Er Hatte gelitten, um so mehr drängte es ihn, sich gegen jedes Leib, jeden Mißstand zu wenden, natürlich auf dem Gebiet, wo ihm die Mittel zum Wirken gegeben waren. Und ob auch der ewige Notschrei der deutschen Band­­wirtschaft übertrieben ist,. gewisse buch Die Verhältnisse bedingte Beeinträchtigungen für die großen und die Heinen Landwirte nicht zu ändern sind. Hatte er si doch überzeugt, daß doch manches zur Verbesserung der allgemeinen Lage hier gethan werden kann und gethan werden muß, sollen sich die Dinge nicht immer schlimmer gestalten. Da er sein einseitiger Theoriker, wo ein duch eigenen Interessen verblendeter Parteimann war, meinte der Baron, daß alle staatliche Hilfe, wie Zölle und bergleichen, ganz gut sein möchte, daß man aber doch vor allem bei der Sache selbst auch Hier wieder bei den Menschen von innen heraus beginnen müsse. &3 Hieß die Wirtschaft im allgemeinen intelligenter, intensiver, den modernen Verhältnissen angepaßt betreiben, auch bei dem Heinen Befig. Auch der Kleine Mann müßte daher fähig gemacht, seine Lage, wie die Lage bei He verbessert werden mit Rat und That, auf Kosten der Grundherren selbst. Sie mußten einsehen, daß sie zum freiwilligen Schüßer und Leiter der sie nunmehr frei u­mwohnenden Kleinen Leute bestellt sind, wie es in der­ ure ältesten Zeit fü­r diejenigen waren, die auf ihren Hufen saßen; sie mußten einsehen, daß die Erträge früherer Zeiten heute nicht mehr möglich sind, wo jeder Befit geringer rentiert, der Arbeiter einen größeren Gewinn als sonst verlangt von dem P­rodust seiner Arbeit, die ja immer doch noch dem Befiger den Bombenanteil des Befites Täßt. Von früh bis spät konnte man jebt den Baron sehen im­ einfachen Kleid, den leichten Strohhut auf dem Kopf, im Feld, auf dem Hof, immer rührig, immer aufmerksam, ganz bei der Sache. Nicht selten legte es selbst Hand an, wenn es galt, den Leuten einen besseren Griff, die Behandlung

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